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Smart fortwo
Nummern-Schildbürgerstreich: Sehr witzig, uns für SFT (Spiele, Filme, Technik) Reklame fahren zu lassen. (Foto: S. Schickedanz)

Fahrtest: Smart fortwo mit JBL-Sound-System

In der Kürze liegt die Würze::Den ersten Smart fand ich ganz clever als „Du-darfst“-Lösung für Fahrrad-Fans und Autohasser, die auch mal trocken auf vier Rädern ankommen wollten. Nach meinen eigenen Maßstäben konnte ich ihn als Auto nicht ganz ernst nehmen; es glich eher einer Spaßaktion, mal von meiner damaligen Freundin das Steuer ihres Plastikbombers zu übernehmen. Und auch was das Sound-System betraf, gab es keinerlei Berührungspunkte. Das änderte sich mit der zweiten Generation, die im letzten Jahr in Berlin vorgestellt wurde. Der Smart fortwo sah mit seinem angedeuteten Kühlervorbau endlich wie ein Auto aus und fuhr zu meiner Überraschung ein zünftiges JBL-System mit 240 Watt auf.

Nachdem ich zuletzt in einem Straßencafé beim Schlürfen zahlreicher Espressi ständig auf einen parkenden fortwo in Mattsilbergrau mit glanzschwarzem Rahmen – als sei er ein Mercedes AMG – starren musste, war klar, dass ich das Vehikel ausgiebig testen sollte.

„Haben Sie’s nicht etwas kleiner?“

Jetzt fahre ich in Möhringen aus der Tiefgarage, in die ich zuvor doppelt so viel PS reingestellt habe, als ich jetzt rausbekomme. Letztes Mal war das noch anders. Ich fuhr mit einem Mini Cooper S hinein und kam mit einer AMG-S-Klasse mit der dreifachen Leistung raus.

Dennoch gleicht sich das breite Grinsen auf den Lippen. Der neue Smart fortwo hat was. Er ist die vermutlich innigste Verbindung aus Vernunft und Vergnügen, die jemals auf vier Räder gestellt wurde – zumal in Deutschland, der Heimat der PS- und Blech-Fetischisten.

Smart fortwo Zentralbildschirm
Das Bedienkonzept mit Zentralbildschirm ist farbenfroh, aber intuitiv beherrschbar (Foto: S. Schickedanz)

Apropos: Für einen, der selbst den Bugatti Veyron 16.4 mit 1001 PS im oberen Drehzahlbereich noch als etwas träge empfand, habe ich ausgesprochen viel Spaß an dem Schub, den die 90 Pferdchen im Heck entwickeln.

Ich glaub es selber nicht, wie leicht ich manchmal zufrieden zu stellen bin. Diesmal fehlt es nach meinem Geschmack nur unten, unter 2.000 Touren etwas an Biss und vor allem an Laufkultur. Der aufgeladene Dreizylinder reagiert dann auf Gasbefehle träge und vibriert wie ein Vierzylinder, der ganz kurz vorm Kollaps steht.

Dafür geht über diesem untertourig wirkenden Bereich die Sonne auf: Der Motor nimmt willig Gas an, fühlt sich an wie 250 PS in einem normalen Auto und knurrt wie ein Porsche Carrera, was an der ähnlichen Oberwellenstruktur von 3- und 6-Zylinder liegt. Ebenfalls Sportwagen-like: Die Höchstleistung wird erst bei 5.500 Touren erreicht.

Smart fortwo innen Blick durch Frontscheibe
Rock ’n Roll auf Rädern: Der Smart macht mit JBL-Audio-System und 90 PS mächtig Spaß. Für die Stadt gibt es eigentlich kein besseres Auto (Foto: S. Schickedanz)

Das wirkt. Ich bin begeistert wie selten zuvor von einem so schwachen Gefährt (schon mein zweites Auto in den frühen 80ern hatte mehr Leistung). Und der Verbrauch nimmt sofort stefanische Dimension an. Zwischen 7 und 8 Liter kann man auch mit einer ausgewachsenen Limousine schaffen.

Ja, das gelingt selbst mir, wenn ich von laschem Motorensound und smoother 8-Gang-Automatik eingelullt werde. Aber das hier, das ist Rock ’n Roll on Wheels. Ich fahre nach Gehör, bringe instinktiv den Motor in den Bereich, wo er sich wohl fühlt und lustvoll röhrt.

In der Stadt reichen mir die unteren drei Gänge des handgeschalteten, knackig einrastenden 5-Gang-Getriebes, um Schub und Sound auf Kosten des Verbrauchs voll auszukosten. Immerhin kann ich ihn wenigstens einmal auf einer beschaulichen Überlandfahrt ohne Klimaautomatik, dafür mit langem Gefälle von Degerloch nach Stuttgart hinunter auf 6,2 Liter drücken.

Smart fortwo Detailansicht Hochtöner und Seitenspiegel
Die 2,5-cm-Hochtöner im Spiegeldreieck tragen auf der Abdeckung das JBL-Logo. (Foto: S. Schickedanz)

Die Anlage untermalt die stimulierende Wirkung des Motors: Noch nie habe ich in einem so kleinen Wagen so gut Musik gehört. Erst recht habe ich mich niemals mit knapp 2,7 Metern Gesamtlänge so gut amüsiert.

Das sehr neutral und breitbandig abgestimmte JBL-System im Smart fortwo setzt auf acht Hochleistungs-Lautsprecher. In den beiden Türen sitzen passiv angesteuerte Zwei-Wege-Systeme mit 2,5-cm Hochtönern im Spiegeldreieck und 16,5-cm Bässen in der Verkleidung.

Ein 8-cm Center-Speaker stabilisiert die Bühne, während zwei weitere 8-cm-Chassis in den hinteren Dachsäulen als Surround-Lautsprecher den Raumeindruck erweitern. Die Abbildung wirkt zwar trotzdem leicht diffus und nicht übermäßig stabil, aber immerhin sehr weiträumig, was in einem so winzigen Auto positiv zu werten ist.

Der als Kunststoffbox ausgeführte Subwoofer im Kofferraum verfügt über einen 16,5-cm Tieftöner. Der JBL DSP-Verstärker unterm Fahrersitz stellt insgesamt 240 Watt an sechs Kanälen bereit.

Wer möchte, kann sogar Klassik auflegen, ohne dass ihm die Haare zu Berge stehen. Die Sauberkeit der Wiedergabe reicht dafür genauso wie die Tonalität.

Für Leute von heute sind zudem AUX-/USB-Schnittstelle, Bluetooth-Schnittstelle mit Freisprechfunktion, Audio Streaming für Musikübertragung und Smart Cross Connect App für iOS und Android an Bord, sofern der Besitzer dafür den entsprechenden Aufpreis zahlt.

Smart fortwo von vorne
So klein kann Fahrfreude sein: Smart Fortwo mit 2,7 Metern Gesamtlänge und 6,95 Meter Wendekreis. (Foto: S. Schickedanz)

Was mir außer dem Klang der Anlage äußert positiv auffällt, ist das pfiffige, bunte aber intuitive Bedienkonzept mit 7-Zoll Touchscreen, die vollwertige Ausstattung und die großartige Fahrwerksabstimmung. Man darf ja nicht vergessen, dass wir es mit 1,87 Metern Radstand und hohem Schwerpunkt zu tun haben.

So gesehen machten die Ingenieure bei der Kooperation zwischen Mercedes und Renault ihre Sache genauso gut wie die Sportsfreunde von Lotus, deren Elise übrigens auch auf zwei Sitze, dahinter angeordnetes Aggregat, Metallrahmen und Kunststoffbeplankung setzt.

Smart fortwo: Wendig wie ein Wiesel

Der Smart liegt straff, aber keinesfalls hart auf der Straße, wankt kaum in Kurven und reagiert erstaunlich ruhig, dabei gleichzeitig komfortabel auf Bodenwellen. Zwar lasse ich es lieber ruhig angehen und bleibe in meinen Lieblingsausfahrten gut 40 Kilometer unter meinen Benchmarks, doch der Fun-Faktor liegt eher noch höher als mit meinem eigenen Auto.

Der Smart fortwo will mit seinem sportlichen Leder-Multifunktionslenkrad aktiv gefahren werden und fühlt sich bis 140 km/h selbst in Kurven sehr gut an. Die restlichen knapp 20 Stundenkilometer bis zur elektronischen Abregelung lassen dann den Adrenalin-Spiegel etwas steigen, wirken aber noch lange nicht unsicher.

Einzig in Wechselkurven spürst Du den hohen Schwerpunkt. Das Verhalten beim Umsetzen erinnerte mich – bitte nicht lachen – etwas an meine Flugstunde in einem antiken Bell-Helikopter.

Smart fortwo Vorderansicht
Smart, aber herzlich: Mit dem Smart fortwo wieselst Du selbst durch die gigantische Dauerbaustelle namens Stuttgart. (Foto: S. Schickedanz)

Das Verhalten beim Parken, Rangieren, Abbiegen und Wenden ist dagegen ohne Gleichen. Wenn man denkt, diese Kurve wird aber verdammt eng, kann man feststellen, dass es immer noch etwas enger geht. Das ist genial und mal eine Ingenieursleistung, die sich nicht an zweifelhaften Faktoren wie irrationaler Weltangst (SUV voller Airbags), Protz (SUV an sich) oder Unsinn (SUV Coupé), sondern am Bedarf des täglichen Lebens im Großstadt-Dschungel orientiert.

Der Wendekreis von nicht mal 7 Metern ist grandios hilfreich und geht letztlich auf den in Kleinwagen unüblichen Hinterradantrieb zurück, weil Du die Gelenke der Antriebswellen eines Fronttrieblers nicht beliebig knicken kannst.

Driften ist eigentlich auch eine Heckantriebs-Domäne, doch es fand sich kein loser Untergrund, um es materialschonend und innerhalb der Möglichkeiten des 1-Liter-Triebwerks auszutesten. Aber hätte mich schon gereizt – ein Smart fehlte noch in meiner Sammlung.

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Detailansicht JBL Subwoofer
Der Subwoofer im Kofferraum lässt sich dank Schnellverschluss und Steckverbindung herausnehmen, um mehr laden zu können. (Foto: S. Schickedanz)
Detailansicht JBL Mitteltöner
Das Interieur ist einfach, doch auf Kopfsteinpflaster keineswegs klappriger als das anderer Autos. Unter dem weißen Kunststoff versteckt sich ein 16,5-cm Tief-Mitteltöner. (Foto: S. Schickedanz)
Detailansicht Armatur mit Touchscreen
Der 7-Zoll Touchscreen lässt sich zwischen Navigation und Entertainment aufteilen. (Foto: S. Schickedanz)
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Wer nicht die Grenzen des Autos, sondern die des Ladevermögens ausreizen möchte, kann den Subwoofer im Kofferraum nach dem Lösen eines etwas fest sitzenden Schnellverschlusses sowie einer Steckverbindung einfach herausnehmen. Dann reicht das Ladevolumen für große Einkäufe allemal aus, sofern der Fahrer nicht auf schwedische Möbelhäuser steht.

Fazit Smart fortwo

Der Smart fortwo schont trotz seines in dieser fast schon sportlichen Motorisierung nicht gerade rekordverdächtigen Verbrauchs die Ressourcen und vor allem Parkräume. Der Kraftzwerg erweist sich als sooooo praktisch im urbanen Alltag. Auch sein rund 550 Euro teures JBL-System weist in die richtige Richtung: Spaß und Vernunft lassen sich sehr gut verbinden.

Während der Mini Cooper in der dritten Generation richtig erwachsen und fast schon ein wenig bieder wurde, schärften die Smart-Entwickler trotz zahlreicher Extras wie Rückfahrkamera (!) den Charakter des City-Express nicht zuletzt durch eine Wendigkeit, mit der Du im Stadtverkehr um den inzwischen recht langstreckentauglichen Mini Kreise fahren kannst.

Das Infotainment-System mit sehr guter Smartphone-Anbindung und Split-Screen-Funktion, um neben Navigation noch das Albumcover des laufenden Songs und weitere Infos angezeigt zu bekommen, zählt gerade auch von der Handhabung zu den besten, die wir kennen – unabhängig vom Preis.

Und der Show-Effekt unserer Lackierung reichte locker, um es in Stuttgart mit einem Porsche aufzunehmen. Einmal reckten sich sogar an der roten Ampel bei einem Pärchen im ebenfalls mattsilber lackierten Mercedes SL die Daumen, dann ging die Scheibe runter: „Geile Farbe!“

Smart fortwo mit JBL-Sound-System
2015/10
Test-Ergebnis: 4,3
SEHR GUT
Bewertung
Anlage
Auto
Fahrspass

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Homogene Abstimmung mit vollem Bass, großzügiges Raumgefühl
Sehr gutes Infotainment-System mit toller Smartphone-Einbindung und intuitiver Bedienung
Sehr wendig, über 2.000 Touren auch sehr agil, gekonnte Fahrwerksabstimmung
Wenn man den Motor bei Laune hält, entspricht nicht nur Fahrspaß, sondern auch Verbrauch dem eines deutlich größeren Autos

Vertrieb:
Daimler AG
Mercedesstraße 137
70327 Stuttgart
www.smart.mercedes-benz.com/de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Smart fortwo ab 10.425 Euro, JBL-Sound-System 550 Euro

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Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.