de

High End 2017: Rückblick auf die größte Messe ihrer Art

High End 2017: die Lautsprecher

Gibt es das eine „wichtigste“ Segment im HiFi? Ja. Es sind die Lautsprecher. Keine Kategorie ist vielfältiger, hat mehr Formen, Farben, Faszination, für keine Komponente wird mehr Geld ausgegeben. Auf der High End sind immer auch sehr große Lautsprechersysteme zu finden, gern Hörner wie die von Cessaro Horns (siehe Seite 1), von Avantgarde Acoustic oder von Living Voice. Aber in der Regel schießen die alten Western Electric Hörner aus den US-amerikanischen Kinos der 1940er Jahre (in Verbindung mit den Silbatone Röhren) den Vogel in Bezug auf Verzerrungsfreiheit und Dynamik ab. Auch dieses Jahr machten die Uralt-Lautsprecher wieder auf ihre unnachahmlich dynamische Art fassungslos: Wie können so alte Lautsprecher nur so gut klingen?

Silbatone mit den Western Electric aim Messerückblick High End 2017
Wie jedes Jahr immer proppevoll: die Vorführungen bei Silbatone mit den gigantischen und über 60 Jahre alten Western Electric Kino-Hörnern (Foto: R. Vogt)

Allerdings mussten sich Western Electric Hörner in diesem Jahr mit Platz 2 der am meisten beeindruckenden Vorführungen zufriedengeben. Platz 1 ging ohne Gegenstimme an die Kino-Spezialisten von Ascendo (AIA), die einen Subwoofer mit 50 Zoll Treiber (das sind 127 Zentimeter!) präsentierten und spielten. Ich hatte den SMGS 50 schon auf Bildern zur Preview der High End gesehen, aber so gewaltig hatte ich ihn mir nicht vorgestellt. Auf der Messe wurde er – wie gesagt – mehrfach eingeschaltet, was für die Zuschauer des AIA-Kinos ein Erlebnis war, für die Standnachbarn von AIA aber ein ernsthaftes Ärgernis: „Ist er an, hüpfen alle Abtastnadeln hier auf dem Gang aus der Plattenrille“, erzählt AIA-Geschäftsführer Stefan Köpf. „2 Hertz ohne Pegelabfall sind ja auch schon eine Ansage und bei entsprechenden Lautstärken sicher nicht gesundheitsförderlich. „Wir haben einen Beipackzettel beigelegt“, sagt Köpf schmunzelnd, „auf dem wir von höheren Pegeln abraten…“

Der AIA SMGS 50 im Messrückblick High End 2017
AIA Salesmanager Geoffrey Heinzel mit dem SMGS 50. Der Tieftöner misst stattliche 127 Zentimeter, die eingebaute Endstufe bringt 3.000 Watt und die untere Grenzfrequenz liegt bei 2 Hertz. Der Preis? Das Ganze kostet knapp 60.000 Euro. Aber einen ultimativeren Subwoofer gibt es derzeit nicht… (Foto: R. Vogt)

Zum Einsatz kam der SMGS 50 im wirklich überzeugenden AIA-Heimkino. Hier hatte die Mutterfirma Ascendo auch ihren neuesten Lautsprecher-Streich integriert: die nun serienreife Live 15, ein Schallwandler, der PA-Technk mit HiFi verbindet. Ein sehr Live-haftiges Erlebnis – wie LowBeats schon im Test bestätigen konnte.

Eine der überraschendsten Lautsprecher-News kommt von Heco. Gut: Bei genauem Nachdenken hätte man drauf kommen können, dass die Rheinländer ihre Retro-Serie nach der Zweiwegebox Direkt und der Dreiwegebox Dreiklang (ebenfalls sehr bald im Test) nun noch eine Einwegebox (Name: Einklang) bringen. Dennoch: Ein Lautsprecher mit Breitbänder von dieser Marke? Das ist zumindest ungewöhnlich. Aber auch überraschend klangstark. Ich hatte die Möglichkeit, fast eine halbe Stunde ungestört zu hören und kann nur festhalten, dass die Einklang richtig homogen und fein spielt. Das ist High End für sehr wenig Geld!

Vorwärts Zurück
Die Heco Retro Familie im Messerückblich High End 2017
Die Heco Retro-Familie von links: Einklang, Dreiklang und Direkt. Man sieht, wie riesig die Dreiklang im Vergleich zur Einklang ist (Foto: R. Vogt)
Der Hochtonkegel des Heco Einklang Breitbänders
Der Hochtonkegel des Breitbänders ist aus anderem Papier als der Tieftonkonus (Foto: H. Biermann)
Der Treiber der Heco Einklang im Messerückblick High End 2017
Der Breitbandtreiber der Heco Einklang ist ein eigenentwickelter Hochleistungs-Treiber (Foto: H. Biermann)
Vorwärts Zurück

Ganz und gar zu erwarten war, was Dynaudio anlässlich seines 40 Geburtstags präsentierte: eine kleine schnuckelige Zweiwege-Kompaktbox mit dem Namen Special 40, deren Hoch- und Tiefmitteltöner genau so aussehen, wie Dynaudio-Treiber eben schon seit vier Jahrzehnten aussehen. Und doch ist die kleine Special 40 ungewöhnlich – nämlich ungewöhnlich gut. Schon die neue Dynaudio Contour 20 ist ja klanglich ein absoluter Hammer – siehe Test. Die Special Forty dürfte ihr – obwohl mit 3.000 Euro deutlich günstiger – in vielen Punkten kaum nachstehen.

Vorwärts Zurück
Enthüllung der Dynaudio Special 40 im Messerückblick High End 2017
Dynaudio Produktmanager Roland Hoffman bei der Enthüllung des Geburtstags-Speakers Special Forty (Foto: R. Vogt)
Die Dynaudio Special 40
Die Dynaudio Special 40 im richtigen Licht. Das überragend natürlich klingende Sondermodell kostet 3.000 Euro pro Paar (Foto: R. Vogt)
Vorwärts Zurück

Bei Quadral stand die Überarbeitung der Platinum-Serie an. Drei Modelle hat Entwicklungsleiter Sascha Reckert zur Messe fertig gestellt. Aber wie chic sind die denn? Nach vielen Jahren mit eher sehr traditionell gestalteten Lautsprechern war ein solcher Design-Aufschlag von den Hannoveranern nicht zu erwarten. Edler Lack, keine Schraube auf der Schallwand und eine durch und durch stimmige Erscheinung. Wenn Platinum dann auch noch so gut klingt, wie es aussieht, muss das ein Erfolg werden.

Quadral Platinum im Messerückblick High End 2017
Quadral Entwickler Sascha Reckert mit dem neuen Platinum Flaggschiff. Die Standbox hat zwei unsichtbare Tieftöner, die über Öffnungen hinter der schwarzen Abdeckung abstrahlen. Der Paarpreis liegt bei 5.000 Euro (Foto: H. Biermann)

Von Focal (Vertrieb: music line) hatten wir auch schon länger nichts Neues mehr gehört. Für die High End 2017 haben die Franzosen zwar keine neue Linie aus dem Boden gestampft, aber doch zumindest zwei der „großen“ Utopia-Linie verbessert: mit neuen Weichen, verbesserten Treiber-Aufhängungen und einer attraktiveren Farbpalette. Ich hatte nicht allzu viel Zeit, um die neuen Evo-Modelle zu hören, bin mir aber ziemlich sicher, dass die neuen EVOs von der Homogenität her das Beste sind, was Focal jemals gemacht hat.

Focal Maestro EVO und Scala EVO im Messerückblick High End 2017
Focal Maestro EVO (links) für 56.000 Euro und die kleinere Scala EVO für 32.000 Euro. Beide haben neue Weichen, Bi-Wiring-Anschlüsse und verbesserte Aufhängungen der Treiber. Keine Revolution, aber eine dezente, gut hörbare Evolution (Foto: R. Vogt)

Bleiben wir in Frankreich: Auch Triangle (Vertrieb: Reichmann Audio) hat seine Oberklasse-Serie Esprit um das Flaggschiff erweitert. Die Australe EZ ist eine Dreiwege-Konstruktion mit drei Tieftönern und das einzige Modell dieser Serie, das einen Hochtöner auf der Rückseite hat. Die Standbox wird Mitte Juni einen ausführlichen LowBeats Test durchlaufen.

Vorwärts Zurück
Die Triangle Esprit Australe EZ im Messerückblick High nd 2017
Jürgen Reichmann von Reichmann Audio mit der Triangle Esprit Australe EZ. Sie ist der einzige Lautsprecher der Esprit-Serie mit einem Hochtöner auf der Rückseite. Der Paarpreis wird bei 3.800 Euro liegen (Foto: H. Biermann)
Triangle Esprit Australe EZ von hinten
Triangle Esprit Australe EZ mit Hornhochtöner  hinten (Foto: H. Biermann)
Vorwärts Zurück

JBL gibt wieder Lebenszeichen. Das ist schön. Zum einen mit dem Monitor 4367, einem Zweiwege-Hochleistungs-Lautsprecher mit 38 Zentimeter Bass und Mittelhochtonhorn. Der 4367 lief auf der High End 2017 fast die gesamte Zeit und klang – abgesehen von einem etwas zu üppigen oberen Bass – überragend dynamisch und detailreich. Etwas kleiner ist das Jubiläumsmodell zum 70. JBL-Geburtstag: Es ist eine Neuauflage des 4312, eines vergleichsweise kompakten Dreiwege-Monitors mit 30 Zentimeter Bass. Den Vorgängern 4310, 4311  und 4312 haftete immer der Nimbus des besonderen Studio Sounds an. Ich habe den Hype um diese Lautsprecher nie verstanden, weil sie immer sehr eigenwillig tönten. Doch der Jubi-4312 soll nach Aussage der Harman Leute vor Ort sehr viel ausgewogener, zeitgemäßer spielen.

Vorwärts Zurück
Der JBL 4367 im Messerückblick High End 2017
Der JBL 4367 ist ein Zweiwege-Monitor mit faszinierenden Hochpegel-Eigenschaften. Paarpreis: etwa 16.000 Euro (Foto: R. Vogt)
Der JBL 4312
Blickfang mit weißer Bassmambran: Der Dreiwege-Monitor 4312 ist das Jubiläumsmodell zum 70. JBL-Geburtstag. Sein Paarpreis liegt bei 3.800 Euro (Foto: R. Vogt)
Vorwärts Zurück

Elac hatte wie auch die letzten Jahre ein großes Bündel an Neuigkeiten mitgebracht; im Messerückblick High End 2017 kommen die Kieler gleich dreimal vor. Die gerade fertig gewordene Concentro M – hier im Bild – war leider nicht zu hören, aber schon anzufassen.

Elac Concentro M im Messerückblick High End 2017
Die Elac Concentro M ist die etwas kleinere Ausführung der im letzten Jahr vorgestellten Concentro – hier im Hintergrund. Nicht nur die Proportionen scheinen bei ihr sehr viel gefälliger, sondern auch der Preis: die M kostet 30.000 Euro pro Paar (Foto: H. Biermann)

Neu bei Audio Reference im Programm sind die Subwoofer und Satelliten-Speaker von Miller & Kreisel. Die Amerikaner sind überwiegend im Heimkino und im Studio zu Hause und haben deshalb etwas andere Schwerpunkte als klassische HiFi-Anbieter: hohe Belastbarkeit, hohe Präzision im Bass (weil wahrscheinlich wandnaher Einbau) und eine kontrolliert eingeschränkte Abstrahlung. Auf der High ließen es Miller & Kreisel für die Presse mal kurze 10 Minuten richtig krachen. Das war ziemlich beeindruckend und wurde von vielen Pressekollegen als ausgesprochen highfidel beurteilt…

Miller & Kreisel im Messerückblick High End 2017
Durften kurz mal zeigen, was in iohnen steckt: die Heimkino-Speaker der Miller&Kreisel S300-Serie. Das klang ausgesprochen gut (Foto: R. Vogt)

Bei Dali hielten sich dieses Jahr die Messe-Neuheiten in Grenzen. Und doch gab es etwas: die Dali Phantom S 280 ist ein  Einbaulautsprecher mit hohem Klang- und Pegelpotenzial. 3.000 Euro kostet das Paar. Aber damit kann man richtig ambitioniert hören –  ohne dass man etwas sehen muss.

Einbaulautsprecher Dali Phantom S280
Die Dali Phantom S280 ist eine ausgewachsene Zweiwegbox mit zusätzlichem Bändchen-Superhochtöner und zwei großen Passiv-Radiatoren (oben und unten) zur Bassunterstützung (Foto: H. Biermann)

Das Thema Einbau oder Inwall, wie der Angelsachse sagt, wird uns zukünftig sehr viel mehr beschäftigen. Da bin ich sicher. Einfach, weil immer mehr Menschen HiFi nicht mehr sehen, aber trotzdem guten Klang haben wollen und weil der Wandeinbau auch verschiedene akustische Vorteile hat – zum Beispiel sehr viel weniger Probleme mit dem Bass. Der englische Lautsprecher-Pionier KEF ist in diesem Bereich schon seit Jahrzehnten aktiv und hat mit der Ci5160RL-THX (im Bild rechts) ein beeindruckend gutes und auch optisch ansprechendes Flaggschiff im Programm.

Inwall Lautsprecher KEF Ci5160RL-THX
Die klangstarken Einbaulautsprecher aus der KEF CI-Serie sind noch vergleichsweise neu. Im Vordergrund die große Ci5160RL-THX mit farblich abgesetztem Koax (Foto: H. Biermann)

Der absolute Kracher von KEF aber ist die neue Q-Serie, die bei KEF traditionell der größte Umsatzbringer ist. Das Flaggschiff der Linie, die Q 950 (im Bild hinten rechts), läuft sich bereits im LowBeats Hörraum warm und klingt äußerst vielversprechend (zum inzwischen fertiggestellten Exklusivtest hier klicken). Die neuen Q-Modelle gibt es nur noch in Schwarz und Weiß. Dafür aber sind sie – auch das gibt es – günstiger geworden. Das Flaggschiff Q 950 beispielsweise kostet knapp 350 Euro pro Paar weniger als der Vorgänger:

Q150 Regallautsprecher: 230 Euro, Q350 Regallautsprecher: 279 Euro
Q550 Standlautsprecher: 499Euro, Q750 Standlautsprecher: 650 Euro, Q950 Standlautsprecher: 775 Euro
Q650c Center-Lautsprecher: 550 Euro.

KEF Q-Serie 2017
KEF Produktmanager Frank Eschholz mit der neuen Q-Serie auf der High End 2017 (Foto: H. Biermann)

Seite 1    Messerückblick 2017: Resümee, Plattenspieler
Seite 2    Lautsprecher
Seite 3    Elektronik
Seite 4   Vorführungen, Best Sounds Of The Show, Best Sound Outside The Show

Autor: Holger Biermann

Avatar-Foto
Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.