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Test RME ADI-2 Pro: ADDAC-Headphone-Preamp

So hat der ADI-2 Pro auch beachtliche Leistungsmerkmale vorzuweisen: AD/DA-Wandlung in PCM bis hin zu 768 Kilohertz sowie DSD bis 256-fach – letzteres auf Wunsch sogar nativ bis hin zu den Analogausgängen, dann jedoch DSD-Prinzip-bedingt ohne Signal-Processing und Lautstärkesteller. Ehrensache, dass der RME sowohl im A/D- wie auch im D/A-Zweig umschaltbare Digitalfilter zur Klangoptimierung bereithält.

Auch in Sachen Konnektivität lässt der ADI-2 Pro kaum Wünsche offen: So gibt es digitale Ein- und Ausgänge jeweils XLR-symmetrisch (AES 3), koaxial und optisch (S/P-DIF), letztere wahlweise auch im Mehrspur-ADAT-Standard (Spuren 1 und 2).

Anschlussfeld
Das Anschlussfeld beim RME ADI-2 Pro: Die analogen Ein- und Ausgänge sind symmetrisch wie asymmetrisch ausgeführt. Der Anschluss von Digitalquellen via AES-3 (XLR) und koaxial (RCA) erfolgt über ein mitgeliefertes Breakout-Kabel. Praktisch: Der DC-Anschluss für das externe, 24 Watt leistende Schaltnetzteil ist verriegelbar (Foto: J. Schröder)

Universell nutzbar zeigt sich auch die USB-Schnittstelle. An diese können nicht nur Mac- oder Windows-Computer, sondern dank „Class Compliant“-Kompatibilität auch iOS-Gerätschaften wie iPad & Co zum Aufnehmen oder Wiedergeben andocken. Darüber hinaus bietet der USB-Class-Compliant-Betrieb die sehr interessante „Multichannel“-Option: Mit dieser lassen sich über die Ausgänge 1/2 und 3/4 zeitgleich unterschiedliche Stereo-Signale ausspielen.

Ein wahrer Segen beispielsweise für alle Profi- und Hobby-DJs, die den Computer für ihre Sets nutzen; entsprechende Programme wie zum Beispiel die beliebte Freeware „Virtual DJ“ bieten die Möglichkeit, die Vorauswahl von Tracks via Kopfhörer über separate Audio-Wege vorzunehmen, ohne das laufende Set zu stören.

Für solche Anwendungen ist der RME ADi-2 Pro also ebenfalls bestens geeignet. Darüber hinaus lässt er sich auch als Digitalformat-Konverter nutzen. Eigens hierfür steht der Modus „Dig Thru“ zur Verfügung, bei dem das zu konvertierende Signal sogar abgehört werden kann.

Alles im Blick

Zum korrekten Einpegeln beim Aufzeichnen sind gute Aussteuerungsanzeigen bei A/D-Wandlern naturgemäß Pflicht. Auch in dieser Hinsicht bietet der ADI-2 Pro deutlich mehr als seine Mitbewerber. Per Knopfdruck auf den unteren Drehgeber zeigt das Display zunächst eine Schnellübersicht, die die aktuellen Pegel sämtlicher Ein- und Ausgänge vertikal nebeneinander darstellt.

Bei jedem weiteren Knopfdruck erscheint dann – getrennt für Analogeingang, Ausgang 1/2 und 3/4 – ein kompletter Terzband-Analyser, ergänzt um einen waagerechten, höher auflösenden Pegelmesser mit Spitzenwert- und Peak-Hold-Anzeige.

Dabei nutzt der Terzband-Analyser nicht das zumeist verwendete FFT-Prinzip mit nachlassender Auflösung zu tiefen Frequenzen hin: Vielmehr basiert er auf – wie es bereits der analoge Analyser-Klassiker DN60 von Klark Teknik tat – echten Terzbandfiltern mit ihrer gehörrichtigen und augenfreundlichen Darstellung.

Analyser view
Kein Spielzeug: Der Echtzeit-Analyser des RME ADI-2 Pro arbeitet mit digital programmierten, echten Terzband-Filtern. Er steht allen Ein- und Ausgängen zur Verfügung und zeigt das Frequenzspektrum unabhängig von ihrer Pegeleinstellung an (Foto: J. Schröder)

Sehr nützlich ist auch das sogenannte Status-Display: Hier erfährt man ebenfalls auf Knopfdruck, an welchen Digitaleingängen Signale anlegen nebst ihrer Abtastrate, ob der interne Abtastratenkonverter aktiviert ist oder auf welchen Taktgeber der ADI-2 Pro aktuell synchronisiert.

Hörtest: Die Hohe Kunst des Nicht-Klangs

Über das, was „guten Klang“ bei Musikwiedergabe ausmacht, existieren durchaus unterschiedliche Auffassungen. Während es der eine eher mitreißend und charaktervoll haben möchte, würde der andere am liebsten die Streicher in einem Orchester zählen können.

Es gibt sogar Menschen, denen sind gute digitale Live-Aufnahmen „zu dicht am Original“ – wörtlich so erlebt während eines Live-Workshops auf der High End 2014. Für mich bedeutet „guter Klang“ bei Musikwiedergabe Transparenz, natürliche Klangfarben, blitzschnelle Transienten und definierte Konturen.

Dabei braucht es keineswegs immer perfekt zu klingen, aber ich erwarte von den Bausteinen in einer guten Anlage, dass ich die Ursache hierfür sofort heraushören kann. Die „Durchlässigkeit“ eines Wiedergabesystems hat bei mir also klare Priorität vor ihrem musikalischen Interpretationsvermögen – das darf sie gern mir überlassen.

In diesem Sinne ist der RME ADI-2 Pro geradezu mein „Idealpartner“, wie er im Hörtest bewies. Dramatische Klangspektakel sind nicht seine Sache – vielmehr beeindruckt er durch selbstverständliche Objektivität, der jedoch nichts Belehrendes anhaftet.

Langeweile kommt dabei definitiv nicht auf, denn der RME fasziniert mit außerordentlichem, jedoch niemals zur Schau gestellten Detailreichtum. Filigrane, atmosphärische Tracks wie das wunderschöne „Echoes Of A Shattered Sky“ auf der CD The Master Tracks von Friedemann Witecka werden dadurch zu einem wahrhaften Erlebnis.

2016-11-cd-cover-friedemann-the-master-tracks
Friedemann – The Master Tracks (in-Akustik)

Und weil wir schon mal beim Thema „Durchlässigkeit“ sind, hier die Original-Notizen aus dem Hörtest-Protokoll: „Klingt sehr ästhetisch, offen, luftig, nicht aufhellend, eher seidig-warm. Sehr aufgeräumt und fein; überzeugende, räumliche Staffelung. Flüssig – dynamisch eher kultiviert als spektakulär: Eher leicht und federnd als drückend-schwer. Alles in allem unglaublich fein und sehr genau.“

Dass sich der ADI-2 auch technisch an der Grenze des derzeit Machbaren bewegt, wird sofort klar, wenn man einen Kopfhörer einstöpselt. Viele Headphone-Amps geben sich sehr viel Mühe, feinste klangliche Details herauszuarbeiten. Das hat der ADI-2 Pro gar nicht nötig – weil er sie nämlich gar nicht erst verdeckt.

Ich kenne keinen Kopfhörer-Amp, der selbst bei vollaufgedrehtem Lautstärkesteller derart wenig Eigenrauschen produziert wie der ADI-2 Pro. Entsprechend tief kann man mit ihm in die Musik abtauchen, um Details oder Texturen wahrzunehmen, die man ansonsten bestenfalls erahnt.

Diese unglaubliche Rauschfreiheit hat jedoch auch eine Prinzip-bedingte Kehrseite: Speziell im Hi-Power-Betrieb sollte man tunlichst auf die aktuell eingestellte Lautstärke achten, bevor man den Kopfhörer aufsetzt – der untenstehende Warnhinweis ist also absolut berechtigt.

Hi-Power Mode Warning
Schützt Ohren und Kopfhörer vor hohen Lautstärken: Bei aktiviertem Hi-Power-Modus erscheint beim Einstöpseln des Kopfhörers automatisch ein Warnhinweis (Foto: J. Schröder)

Während des Hörtests keimt bei mir die Frage auf, ob der A/D-Wandler des ADI-2 Pro wohl die gleichen Qualitäten wie seine D/A-Wandler besitzt.

Daraus entwickelte sich ein kleines Experiment: Man nehme einen extrem klangkritischen, unkomprimierten Musiktitel als Digitalfile und spiele dieses über den D/A-Wandler aus. Den verbinde man über ein kurzes Kabel auf analogem Wege mit dem Eingang des A/D-Wandlers, um den Musiktitel erneut digital aufzuzeichnen. So ensteht eine digitale Kopie mit einem kompletten D/A-A/D-Wandlungsvorgang, die sich direkt mit dem Original vergleichen lässt – ein echter Worst-Case-Test, weil sich die Fehler der Wandler hierbei addieren.

Gesagt – getan: Als passenden Musiktitel wähle ich „Djole“ aus dem Album Modifié der Stuttgarter Trommlerinnen-Band Matadi als unbearbeitetes 24-bit-File direkt aus dem Tonstudio. Mit seinem Transientenreichtum und den kritischen Klangspektren verschiedener Percussionsinstrumente ist „Djole“ eine echte Herausforderung für D/A- wie A/D-Wandler – noch dazu bei einer Abtastrate von 44,1 kHz, liegen doch hier die Filter so dicht am Übertragungsbereich, dass man jeden Einfluss sofort heraushören kann.

Das Originalfile lade ich in ProTools, um es über den D/A-Wandler des ADI-2 Pro am Ausgang 1/2 auszuspielen. Den wiederum verbinde ich über ein 1 Meter langes, symmetrisches Mikrofonkabel (Mogami #2549) mit dem Analogeingang des A/D-Wandlers, um das File zeitgleich über ProTools wieder aufzunehmen.

Cover Matadi Modifié
Matadi: Modifié (Cover: Matadi)

Das Ergebnis dieses Experiments ist derart verblüffend, dass ich es euch nicht vorenthalten möchte. „Mäuseohren“ seien hiermit aufgefordert, die beiden untenstehende Files miteinander zu vergleichen: Wer ist in der Lage, Original und Kopie zu identifizieren?

Antwort einfach per e-mail senden an: [email protected] – unter den Einsendern mit der richtigen Antwort verlosen wir eine kleine Belohnung. Beide Tracks lassen sich übrigens als Original-24-bit-Files downloaden, sodass man sie zum noch intensiveren Vergleich in ein Mehrspur-Sequencer-Programm (z. B. Audacity) einladen kann.

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Fazit: Vielseitiger Klangkünstler

Kompromisslose Technik, hervorragender Klang, ungewöhnlich reichhaltige Ausstattung und dazu noch jede Menge praktische Features – RME gelingt mit dem ADI-2 pro ein universell einsetzbares Produkt, das kaum Wünsche offen lässt.

So schafft er es, gleich mehrere Anwendungsbereiche unter einen Hut zu bringen: Ob als leistungsfähiger Kopfhörer-Verstärker, als universeller Monitor-Controller, als hochwertiger A/D-Wandler, als digitaler Formatkonverter, hochkarätiges Audio-Interface für Computer-basierte Mess-Systeme oder aber für alles zusammen – für jeden, der irgendwie mit Musikproduktion oder Wiedergabe zu tun hat, ist etwas dabei.

Das macht den RME ADI-2 zum „Swiss Army Knife“ – jedoch ohne dadurch irgendwelche Kompromisse eingehen zu müssen. Für all das Gebotene – noch dazu „Made in Germany“ – fällt der Preis mit 1.600 Euro daher ausgesprochen attraktiv aus. Da kann es bei LowBeats nur ein Testergebnis geben: 5 Sterne.

RME ADI-2 Pro
2016/11
Test-Ergebnis: 5,0
überragend
Bewertung

Bewertungen:

Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Hervorragender Klang; A/D wie D/A
Enorm vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Extrem leistungsfähige Kopfhörer-Ausgänge
Unzählige, praxisgerechte Features

Vertrieb:
Hörzone GmbH
Balanstraße 34
D-81669 München
Telefon: 089 721 10 06
www.hoerzone.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
RME ADI-2 Pro: 1.600 Euro

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.