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RME ADI-2 Pro Front view
RME ADI-2 Pro; 1.600 Euro (Foto: J. Schröder)

Test RME ADI-2 Pro: ADDAC-Headphone-Preamp

Der brandneue RME ADI-2 Pro stellt ohne Frage einen weiteren Meilenstein in der nunmehr 20-jährigen Firmengeschichte des deutschen Audio-Spezialisten dar. Das aus gleich mehreren Gründen: Zum einen richtet sich der ADI-2 Pro erstmals direkt auch an HiFi-Anwender, zum anderen ist er uneingeschränkt ohne Computer nutz- und konfigurierbar, da er vollständig auf externe Steuersoftware verzichtet. Zwar erlauben auch die meisten anderen RME Produkte den Stand-Alone-Betrieb ohne Computer, lassen sich jedoch am bequemsten über die RME exklusive Software „Totalmix FX“ konfigurieren (siehe dazu den Test RME Babyface Pro).

Von seiner Funktion her ist der RME ADI-2 Pro ein extrem vielseitiger A/D-D/A-Wandler, inklusive Lautstärkesteller und Preamp-Ausgang mitsamt zwei unabhängigen Kopfhörerverstärkern in einem ultrakompakten Gehäuse. Bestückt mit einer bidirektionalen USB-Schnittstelle zur Aufnahme/Wiedergabe, stellt er also die perfekte Desktop-Steuerzentrale dar – beispielsweise in Verbindung mit hochwertigen Aktivmonitoren. In der HiFi-Anlage hingegen dürfte er seinen hauptsächlichen Einsatzbereich vor allem als ultraflexibler DAC sowie als hochwertiger Kopfhörerverstärker finden, da er auf eine Lautstärke-Fernbedienung verzichtet.

Allerdings wäre es zu wenig, den ADI-2 Pro ausschließlich funktional zu betrachten. Vielmehr stellt er nach dem Willen von RME Mastermind Matthias Carstens ein technisches Referenz-Design dar, welches RME als Vergleichsmaßstab zum Überprüfen der Audio-Eigenschaften weiterer Entwicklungen nutzt, aber auch als unbestechliches Frontend für messtechnische Anwendungen einsetzen kann. Und wer Matthias Carstens kennt, weiß, dass er solch hohe Zielsetzungen nicht nur perfektionistisch, sondern auch mit außergewöhnlichem Ehrgeiz verfolgt.

Natürlich wäre der ADI-2 Pro nicht von RME, würde er sich nicht auch durch ebenso ungewöhnliche wie nützliche Features sowie ein flexibles Bedienkonzept auszeichen. Hierzu findet sich in der sehr ausführlichen und wirklich lesenswerten Bedienungsanleitung denn auch der Absatz „Unendliche Welten“, dem eigentlich nichts hinzuzufügen ist:

„Der ADI-2 Pro ermöglicht erstmalig Konfigurationen, Einstellungen und Anwendungen, die viele Fragen beantworten können. Gibt es wirklich einen klanglichen Unterschied zwischen verschiedenen DAC-Filtern mit verschiedenem Impulsantwortverhalten? Probieren Sie es aus!

Gibt es wirklich einen Klangunterschied zwischen DSD zu PCM und DSD Direct? Probieren Sie es aus!

Klingt eine A/D-D/A Wandlerstrecke per PCM je nach Samplefrequenz unterschiedlich? Probieren Sie es aus!

Klingt die gleiche Wandlerstrecke anders, und wie klingt sie überhaupt, wenn man DSD benutzt? Probieren Sie es aus!“

RME ADI-2 Pro: (Nicht nur) für Kopf-Hörer: Ganz simpel angefangen, verfügt der ADI-2 Pro über diverse digitale Ein- und Ausgänge, über einen zweikanaligen Analogeingang sowie zwei voneinander unabhängige, zweikanalige Analog-Ausgänge – bezeichnet mit 1/2 sowie 3/4. Während Ausgang 3/4 primär zur Kopfhörerwiedergabe gedacht ist, steht Ausgang 1/2 zunächst einmal zur Ansteuerung von Aktivlautsprechern, Endverstärkern oder auch analogen Aufnahmegeräten zur Verfügung.

Auf Wunsch lässt sich Pärchen 1/2 – beispielsweise für einen direkten Vergleich zweier Kopfhörer – ebenfalls zum Kopfhörerausgang umschalten – selbstverständlich mit eigener Treiberstufe und frontseitiger Buchse. Äußerst praktisch für diese Anwendung ist, dass sich die Lautstärke beider Ausgänge unterschiedlich einstellen lässt, um Wirkungsgradunterschiede der Kopfhörer auszugleichen.

Damit nicht genug, lassen sich die Lautstärkesteller beider Ausgänge per Linked-Modus sogar miteinander verkoppeln: Somit ermöglicht der ADI-2 Pro trotz Wirkungsgradanpassung nach wie vor eine synchrone Lautstärkeeinstellung für beide Hörer – klasse Idee!

Ohnehin erweist sich der ADI-2 Pro als echter Kopfhörer-Spezialist. Beispielsweise bieten beide Ausgangs-Pärchen 3/4 und 1/2 wahlweise auch einen High-Power-Modus, in dem sie Ausgangsleistungen von bis zu 1500 Milliwatt an 32-Ohm-Lasten bereitstellen können; das dürfte auch für äußerst unempfindliche Kopfhörer ausreichen.
Ein weiteres Highlight für Kopfhörer-Freunde ist der sogenannte „Advanced Balanced Phones“-Modus: Wie der Name bereits verrät, erlaubt dieser den Anschluss symmetrischer, also erdfrei verkabelter Kopfhörer, was je nach Modell klangliche Vorteile mit sich bringen kann.

Symmetrischer Betrieb funktioniert allerdings nur mit einem Hörer, weil der Balanced-Modus beide Kopfhörerausgänge 3/4 und 1/2 belegt. Hierfür ist ein Adapter passend zum Anschlusskabel des Hörers erforderlich – zumeist als Variante mit zwei 6,3-Millimeter-Stereo-Klinkensteckern auf eine vierpolige XLR-Female-Buchse nach folgendem Schaltschema.

RME ADI-2 Pro Schaltschema Adapter für symmetrischen Kopfhörer-Anschluss
RME ADI-2 Pro: Schaltschema Adapter für symmetrischen Kopfhörer-Anschluss (Grafik: RME)

Das Attribut „Advanced“ für den Balanced-Modus beim ADI-2 ist dabei definitiv kein Marketing-Gag: Im Gegensatz zu den meisten seiner Konkurrenten arbeitet er mit zwei D/A-Wandler-Einheiten pro Kanal tatsächlich vollkommen symmetrisch über den kompletten Audiopfad hinweg.

Symmetrischer Betrieb heißt beim ADI-2 Pro daher nicht wie üblich nur verdoppelte Ausgangsspannung bei massefreiem Anschluss, sondern zusätzlich auch noch geringeres Rauschen und reduzierte Verzerrungen – sprich nochmals gesteigerte Dynamik. Selbstverständlich steht auch in der „Balanced Phone“-Betriebsart der High-Power-Modus zur Verfügung.

RME ADI-2 Pro Advanced Balance Headphone Circuit
Die „Advanced Balanced Headphone“-Konfiguration beim ADI-2 Pro mit Inverterstufen vor den Zweifach-DAC-Chips reduziert das Rauschen und senkt zudem nochmals die Verzerrungen bei symmetrischem Kopfhörer-Anschluss (Grafik: RME)

Eine weitere, für Kopfhörer-Fans sehr interessante Funktion ist die für die Ausgänge 3/4 und 1/2 separat zuschalt- und einstellbare Crossfeed-Einrichtung: Diese bewirkt ein definiertes, frequenzabhängiges Übersprechen zwischen beiden Stereo-Kanälen, wie es auch bei normaler Lautsprecherwiedergabe der Fall ist.

Auf diese Weise verhindert Crossfeed das beim Hören mit Kopfhörer häufig übertriebene Stereo-Panorama und wirkt somit auch der Im-Kopf-Lokalisation mittig platzierter Schallquellen entgegen. Eine von der Wirkung vergleichbare Einrichtung besitzt auch der in der HiFi-Szene sehr beliebte Kopfhörer-Verstärker SPL Phonitor 2 – anders als dieser realisiert sie der RME ADI-2 Pro jedoch nicht analog, sondern per digitalem Signalprozessor.

RME ADI-2 Pro: gezielte Klanggestaltung

Eben dieser sehr leistungsfähige DSP ist es denn auch, der dem ADI-2 Pro in seiner Klasse wohl einzigartige Möglichkeiten zur Signalverarbeitung beschert. Beispielsweise kann der neue RME auf Wunsch eine sehr umfangreiche Klangsteller-Sektion ins Spiel bringen.

Das beginnt mit für die Ausgänge 3/4 und 1/2 getrennten Bass- und Hochtonstellern für schnelle Klangkorrekturen. Ehrensache, dass Anhebung oder Absenkung sowie die Eckfrequenzen für Bass und Hochton separat einstellbar sind. Noch gezielter und feinfühliger geht’s allerdings mit den 5-bändigen, vollparametrischen Equalizern, die sich nicht nur den beiden Stereo-Ausgängen separat, sondern auch dem Analog-Eingang zuschalten lassen – im Dual-EQ-Modus sogar individuell einstellbar für linken und rechten Kanal.

RME ADI-2 Pro Parametric EQ
Beiden Ausgängen sowie dem Analog-Eingang lassen sich 5-bändige, parametrische Equalizer hinzu schalten. Das erlaubt gezielte Klangoptimierung – das Bild zeigt eine Resonanzkorrektur für den Sennheiser HD 800, der damit dem HD 800 S gleichkommt (Foto: J. Schröder)

Nützliche Anwendungsmöglichkeiten für derart flexible Klangsteller finden sich auch im HiFi-Bereich genügend: Angefangen bei einer raumakustischen Ortsanpassung für die Lautsprecher über das Begradigen besonders störender Frequenzgang-Peaks bei Kopfhörern bis hin zum Einfügen von Subsonic-Filtern bei der Digitalisierung von Schallplatten – der Phantasie des Anwenders sind kaum Grenzen gesetzt. Selbst die Nachbildung einer simplen Aktiv-Weiche wäre mit dem ADI-2 Pro möglich.

Zum Thema aktive Klanggestaltung zählt zweifellos auch die pfiffige Loudness-Einrichtung des RME: Ähnlich wie die Digital-Vorstufe Nubert nuControl oder auch einige Vollverstärker von Yamaha bietet sie einen einstellbaren, unteren Schwellwert als Basis für die lautstärkeabhängige Bass- und Hochtonanhebung. Zudem lässt sich auch die maximale Anhebung im Bass- und Hochtonbereich vorgeben, was die Anpassung an individuelle Hörgewohnheiten ermöglicht.

Gewürzt wird das Ganze noch mit vielen hilfreichen Optionen, beispielsweise einer stufenlosen Reduzierung der Basisbreite bis hin zu Mono-Wiedergabe per Width-Einsteller. Nicht zu vergessen auch die Phase-Inverse-Optionen sowohl zum Umschalten der absoluten Phasenlage als auch individuell für jeden Kanal.

RME ADI-2 Pro: Intelligente Auto-Funktion

Ein derart pralles Feature-Paket wie beim RME ADI-2 Pro – das riecht doch förmlich nach komplizierter Bedienung. In der Tat kann man sich bei ihm nach Herzenslust in den vielfältigen Menüs verlustieren und dabei immer wieder neue, spannende Optionen entdecken – aber man muss es nicht. Denn vergleichbar dem Schnappschuss-Programm einer komplexen Digitalkamera bietet auch der ADI-2 Pro sinnvolle Automatik-Funktionen, die seine Inbetriebnahme in nur wenigen Minuten ermöglichen. Und weil die bereits im Auslieferungszustand aktiviert sind, können selbst Einsteiger dem RME in kürzester Zeit die ersten Töne entlocken.

Beispielsweise wählt der ADI-2 Pro auf Wunsch je nach aktuell anliegendem Eingangssignal automatisch den passenden aus vier „Basic Modes“ A/D-D/A; USB; Preamp oder Digital Thru. Ein für Einsteiger ebenfalls sehr segensreiches Feature ist die zuschaltbare, automatische Referenzpegel-Einstellung „Auto Ref Level“.

Der Hintergrund: Um sowohl in HiFi- wie auch in unterschiedlichen Tonstudio-Umgebungen stets im optimalen Pegelbereich arbeiten zu können, bietet der ADI-2 Pro eine vierstufig schaltbare Referenzpegel-Einstellung (+4 dBu; +13 dBu; +19 dBu; + 24 dBu): Auto Ref Level erledigt das auf Wunsch automatisch, indem es die aktuellen Ein- und Ausgangspegel überwacht – und sorgt auf diese Weise stets für optimalen Rauschabstand bei genügender Übersteuerungsreserve.

Ebenso registriert der ADI-2 Pro auch das Einstöpseln eines Kopfhörers in den frontseitigen Phones-Ausgang 1/2 und schaltet selbsttätig die dazugehörigen Optionen im Menü frei. Sehr nützlich, weil gehörschonend, ist auch das langsame Hochfahren der Lautstärke, wenn man die Kopfhörerausgänge in den Hi-Power-Betrieb schaltet – da bleibt ausreichend Zeit zum leiser Machen oder Absetzen.

Wie beim Fotografieren auch dürfte nicht wenigen ADI-2-Pro-Usern das im Auto Mode Gebotene bereits vollkommen ausreichen. Aber das Reizvolle an ihm ist eben, dass es auch anders geht. Denn begleitet durch die sehr informative Bedienungsanleitung, wird die maßgeschneiderte, individuelle Konfiguration selbst für Profis zur spannenden Entdeckungsreise.

Hilfreicher „Wegweiser“ im wahrsten Wortsinn ist dabei das zwar recht kleine, aber sehr fein auflösende IPS-Display: Abhängig von den vier per Tipptasten aufrufbaren Hauptmenüs zeigt es die weiteren, aktiven Drehgeber an, mit denen sich’s nun durch Drehen und Drücken durch die verfügbaren Optionen scrollen lässt. Hat man die dahinterliegende Systematik erst einmal verinnerlicht, geht das Ganze sogar ziemlich flott vonstatten. Und damit einmal gefundene Einstellungen nicht verlorengehen, lassen sich komplette ADI-2-Setups auf neun Presets abspeichern und per Knopfdruck erneut laden – für Equalizer-Einstellungen sogar separat.

RME ADI-2 Pro: kompromisslose Hardware

All die gebotenen Features sollten aber nicht davon ablenken, was der ADI-2 Pro in erster Linie sein will – nämlich ein technologisches Referenz-Design. Das äußert sich denn auch in seiner ungewöhnlich aufwändigen Hardware. Mit dem, was Matthias Carstens auf dem sage und schreibe zehnlagigen Mulitlayerboard des ADI-2 Pro verbaut, könnte (und wird) sich so manch kostspielige High-End-Komponente schmücken.

Das beweist bereits ein Blick in die Wandler-Abteilung: Mit dem Vierfach-A/D-Konverter AK 5574 sowie zwei Zweifach-DACs AK 4490 vom japanischen Spezialisten Asahi Kasei arbeiten hier gleich drei der derzeit unbestritten weltbesten Wandlerchips.

Der A/D-Konverter nutzt dabei den sogenannten „4-to-2-Mode“, was ihm einen Dynamikbereich von stattlichen 124 dB (bewertet) ermöglicht. Für perfekten Frequenz- und Phasengang auch bei allertiefsten Frequenzen arbeitet der gesamte Signalpfad im ADI-2 Pro durchwegs gleichspannungsgekoppelt ohne Trennkondensatoren – lediglich unmittelbar am Analog-Eingang blocken zwei edle Nichicon-Kondensatoren von außen eindringende Gleichspannungskomponenten ab, um den äußerst störenden DC-Versatz im Digitalsignal zu verhindern.

Anordnung der Baugruppen auf dem Board
So verteilen sich alle Funktionsgruppen auf dem Board des ADI-2: Die zehnlagige Multilayer-Platine ermöglicht nicht nur kürzeste, sondern auch optimale Signalpfade. Mehrfache, extradicke Masseflächen bewirken eine stabile Performance und höchste Einstrahlfestigkeit (Grafik: RME)

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.