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Eve Audio SC203
Aktivlautsprecher-Set Eve Audio SC203; 499 Euro (Foto: J. Schröder)

Test: Aktivlautsprecher-Set Eve Audio SC203

Das Aktivlautsprecher-Set Eve Audio SC203 ist für anspruchsvolle Anwendungen gedacht, bei denen es vor allem auf hohe Mobilität bei geringem Platzbedarf ankommt. Solche Fälle sind im Prosumer- oder professionellem Umfeld gar nicht so selten: Man denke nur an unterwegs produzierende Musiker und „in the box“ arbeitende Toningenieure oder DJs, die beispielsweise im Hotel noch schnell ihre Sets checken.

Für solche Zwecke eignen sich natürlich auch Kopfhörer, doch die mit ihnen einhergehende Im-Kopf-Lokalisation ist nicht jedermanns Sache – nicht wenige Tonschaffende empfinden das Arbeiten mit Kopfhörern denn auch als eher problematisch.

Eve Audio SC203
Das ultrakompakte Eve Audio SC203 ist für Desktop-Anwendungen wie geschaffen (Foto: J. Schröder)

Konzeptionell richtet sich das Eve Audio SC203 vor allem an diejenigen Anwender, die nicht nur Musik hören sondern auch bearbeiten wollen. Übliche, mobile Bluetooth-Speaker sind dafür kaum geeignet: Diese sind in der Regel so abgestimmt, dass sie aus ihren meist ultrakompakten Gehäusen ein möglichst eindrucksvolles Hörerlebnis „zaubern“.

Das gelingt natürlich nur mit psychoakustischen Tricks wie beispielsweise einer kräftigen Bass- und Hochtonanhebung bei geringen Pegeln, was zwangsweise mit einem wechselnden Höreindruck bei unterschiedlichen Lautstärken einhergeht.

Auch kommt es nicht selten vor, dass die bei ihren winzigen Schallwandlern unvermeidlichen, tieffrequenten Klirrprodukte zum künstlichen „Aufpolstern“ des Klangvolumens genutzt werden.

Eve Audio SC203
Hervorragend eignet sich das Eve Audio SC203 auch fürs anspruchsvolle Homerecording – hier im Zusammenspiel mit dem 16-Spur-Mehrspurrecorder-Klassiker Zoom R16 (Foto: J. Schröder)

Mit solch aufhübschenden Kunstgriffen hat der Berliner Lautsprecherspezialist Eve Audio jedoch nichts im Sinn, weil sie beim Arbeiten mit dem Tonmaterial naturgemäß zu unkalkulierbaren Ergebnissen führen.

Als vornehmlich auf den Tonstudiobereich spezialisierter Hersteller setzt Eve Audio vielmehr von Haus aus auf unbedingte Neutralität: Ausgestattet mit einem eigenen, reflexionsarmen Messraum sind die Berliner zudem in der glücklichen Lage, all das entsprechend überprüfen und zudem auch aussagekräftig dokumentieren zu können.

Ein derart kompaktes System wie das Eve Audio SC203 anhand solcher Maßstäbe zu entwickeln, stellt ohne Frage eine ziemliche Herausforderung dar. So erstaunt es denn auch nicht, dass Eve Audio beim Projektieren des SC203 ungewöhnlich hohen Aufwand betrieb.

Sowohl das dreizöllige Tiefmittelton-Chassis als auch der nach dem Air-Motion-Transformer-Prinzip arbeitende Hochtöner wurden eigens für das Eve Audio SC203 entwickelt. Es lässt sich daher gut nachvollziehen, dass das SC203 mit einem Komplettpreis von 499 Euro nicht ganz billig ausfällt.

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Eve Audio SC203
Optional erhältlich für das Eve Audio SC203 ist ein robuster „Gigbag“ (Foto: J. Schröder)
Eve Audio SC203
Der praktische Reisbegleiter verstaut nicht nur schützend das SC203-Lautsprecherset, sondern auch das Zubehör – beispielsweise ein iPad Pro (Foto: J. Schröder)
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Eve Audio SC203: Konzept und Design

Klein, schwarz, stark – treffender ließe sich das Eve Audio SC203 kaum beschreiben. In der Tat misst jeder Lautsprecher kaum mehr als zwei hintereinander gestellte 250-Gramm-Espresso-Packs. Äußerst praktisch sind die schräg verlaufenden Gehäuseböden, was die Lautsprecher automatisch um 7,5 Grad nach hinten geneigt auf dem Desktop stehen lässt.

Dank der mitgelieferten, entkoppelnden Gummi-Sockel, die den gleichen Winkel aufweisen, lassen sich die Eve Audio SC203 aber auch um 15 Grad neigen oder aber in 0-Grad-Position bringen. Letzteres ist zum Beispiel nützlich, wenn man die kleinen Berliner mithilfe der optional erhältlichen Wandhalterungen montiert.

Eve Audio SC203
Die Oberflächen der keilförmigen, Flexipads genannten Gummisockel sind um 7,5 Grad geneigt, was dem Eve Audio SC203 drei unterschiedlich steile Abstrahlwinkel ermöglicht (Foto: J. Schröder)

Beim Eve Audio SC203 handelt es sich um ein aktives Master-Slave-System: Die komplette Elektronik ist dabei im rechten Lautsprecher untergebracht, während der linke über ein vierpoliges, beidseitig mit Multipin-Steckern versehenes Kabel an diesen andockt.

Jedes der vier Chassis wird dabei von einem eigenen Class-D-Schaltverstärker mit 30 Watt Impulsleistung angetrieben. Da das mitgelieferte, externe Schaltnetzteil eine Dauerleistung von 60 Watt bereitstellt, kann man von etwa 15 Watt Nennleistung pro Chassis ausgehen – was völlig ausreichend ist.

Rückseitig an der rechten Masterbox finden sich auch die Tonquellenanschlüsse. Hier bieten sich drei Alternativen an: Zunächst mal analog unsymmetrisch über ein RCA-Buchsenpärchen (XLR-Armaturen wird man angesichts der Baugröße wohl kaum erwarten) – das aber immerhin mit schaltbarer Eingangsempfindlichkeit von +8 dBu/+22 dBu (1,95 Volt/9,8 Volt).

Beide Werte sind dabei praxisnah gewählt für Consumer-Geräte ebenso wie für Studio-Equipment.

Eve Audio SC203
Die rechte Box des Eve Audio SC203 ist die Master-Einheit. Sie beherbergt die komplette Elektronik sowie sämtliche Anschlüsse (Foto: J. Schröder)

Digital gelingt das Einspeisen von Tonsignalen entweder über den optischen S/P-DIF-Eingang oder via USB-Schnittstelle: Diese ist „Class Compliant“ gemäß UAC2-Standard ausgelegt, sprich sie funktioniert mit jeder Art von USB-Zuspielern – über das Apple „Camera Connection Kit“ also auch mit iPad & Co, sodass man damit nicht nur Musik hören, sondern beispielsweise mit den Synthie-Apps à la PPG Wave auch direkt über das Eve Audio SC203 musizieren kann.

Dass der UAC2-Standard an eine maximale Abtastrate von 96 Kilohertz gekoppelt ist, dürfte im professionellen Umfeld wohl niemanden stören.

Vervollständigt wird das Anschlussfeld durch einen analogen Subwooferausgang, über den sich das Eve SC2013 zu einem vollständigen 2.1-System erweitern lässt. Für diese Anwendung gedacht ist auch das rückseitig zuschaltbare 80-Hz-Hochpassfilter, das – aktiviert – die SC203-Satelliten von der leistungszehrenden Tieftonarbeit befreit.

Drehgeber für Setup mit Multi-LED
Das Setup und sämtliche Einstellvorgänge erfolgen beim Eve Audio SC 203 mit einen zentralen Drehgeber. Eine dimmbare Multi-LED-Anzeige leistet dabei geschickt Orientierungshilfe (Foto: J. Schröder)

Eine echte Eve-Audio-Spezialität ist der frontseitige Multifunktions-Steller. Die trickreiche Kombination aus fein rastendem Inkrementalgeber mit einer umlaufenden 23+1-LED-Anzeige wirkt direkt auf Primärfunktionen wie Ein/Ausschalten und die Lautstärkeeinstellung.

Nach kurzem Knopfdruck erreicht man hingegen die Sekundärfunktionen wie den Eingangswahlschalter, das dreistufige Ortsanpassungsfilter oder die Balance-, Bass- und Hochtonsteller.

Selbst Format und Helligkeit der LED-Anzeige lassen sich mit diesem Tool personalisieren. Anfangs wirkt die Bedienung ein wenig unübersichtlich, sodass man tunlichst den Quick-Setup-Guide griffbereit haben sollte – doch nach kurzer Eingewöhnungsphase hat man im wahrsten Sinne „den Dreh raus“.

Praxisgerecht ausgelegt sind auch die unterschiedlichen Charakteristiken der einzelnen Steller, die in ihren jeweils kritischen Pegelbereichen besonders empfindlich reagieren.

Eve Audio SC203: Die Technik

Für den Tiefmitteltonbereich der SC203-Lautsprecher entwickelten die Berliner ein 7,5-Zentimeter-Chassis, das mit einer 25 Millimeter durchmessenden und 16 Millimeter langen Schwingspule einen linearen Membranhub von immerhin +/- 5 Millimetern erlaubt.

Die für ein solch kleines Chassis stattliche Auslenkung macht ein entsprechendes Membranmaterial notwendig: Nach aufwändigen Tests wählten die Eve Audio Entwickler beschichtete Papierfaser, weil dies den Forderungen nach Resonanzarmut, Stabilität und Frequenzganglinearität am besten entsprach.

Um Verzerrungen durch Luftwirbel zu minimieren, ist der Chassiskorb besonders luftdurchlässig konstruiert. Ein üppig dimensionierter, leistungsstarker Antrieb hält das Schwingsystem auch im Grenzbereich stabil in Führung.

Übliche Bassreflex-Konstruktionen fallen nicht selten durch hörbare Ventilationsgeräusche und mitunter auch ziemlich lausiges Impulsverhalten auf.

Aus diesem Grund arbeitet das Eve Audio Set mit rückseitig abstrahlenden Metall-Passivmembranen von ebenfalls 75 Millimetern Durchmesser.

Durch diese Konstellation erreicht das Eve Audio SC203 eine untere Grenzfrequenz von angesichts der Gehäusegröße erstaunlich tiefen 62Hz, weist aber nicht die Nachteile üblicher Bassreflexöffnungen auf.

Noch ein weiterer Trick der Eve Audio Entwickler: Die definierte Aufhängung der Passivmembran bewirkt eine Rückstellkraft unterhalb ihrer Abstimmfrequenz, wodurch subsonische Auslenkungen vermieden werden. Das Ergebnis sind reduzierte Intermodulationsverzerrungen im hörbaren Spektrum.

Tiefmittel- und Hochtöner
Tiefmittel- und Hochtöner wurden ebenso wie die rückseitig abstrahlenden Passivradiatoren speziell für das Eve Audio SC203 entwickelt (Foto: J. Schröder)

Den für Eve-Audio-Monitore typischen AMT-Hochtöner in deutlich kleinerer Ausführung für das SC203 zu realisieren, machte einen mehrmonatigen Entwicklungsprozess notwendig. Schlussendlich entstand hierbei ein komplett neuer Hochtöner namens µAMT.

Die Fläche seiner gefalteten Membran ist mit 400 Quadratmillimetern Oberfläche nur etwa halb so groß wie die des Hochtöners des nächstgrößeren Modells Eve Audio SC204.

Zudem erfordert die ultrakompakte Bauform des µAMT einen Antrieb mit besonders kräftigen Neodym-Magneten. Die in die Befestigungsplatte eingearbeitete Schallführung (Waveguide) bewirkt eine definierte, sehr ausgeglichene Abstrahlcharakteristik innerhalb eines Winkels von +/- 30 Grad bezogen auf die Lautsprecherhauptachse.

Wie bei allen Monitoren von Eve Audio erfolgt auch beim SC203 die interne Signalverarbeitung auf digitaler Ebene. Der hierfür vorgesehene digitale Signalprozessor übernimmt nicht nur die Frequenzbereichsaufteilung für die Chassis (Übernahmefrequenz = 4,8 kHz) und die dreistufig schaltbare Ortsanpassung, sondern ist auch für die Lautstärke- und Balanceeinstellung sowie Bass- und Hochtonsteller zuständig.

Ähnlich wie bei den Aktivmonitoren der nuPro-Familie vom schwäbischen Lautsprecherdirektversender Nubert erfolgt auch beim Eve Audio SC203 der Datentransfer vom DSP zu den Schaltverstärker-Endstufen verlustfrei auf digitalem Wege.

Ein hochwertiger A/D-Wandlerchip vom amerikanischen Spezialisten Cirrus Logic konvertiert die über den Analogeingang eingespeisten Signale ins Digitale.

Hörtest

Es ist mittlerweile eine anerkannte Tatsache, dass Schallwandler zur vollständigen klanglichen Reife eine gewisse Einspielzeit benötigen. Meiner Erfahrung nach gilt das besonders für Kopfhörer und kleine Lautsprecher – eine wesentliche Ursache hierfür könnte darin liegen, dass bei ihnen das Verhältnis von eingesetzten Klebematerialien zur Membranmasse deutlich größer ausfällt als bei größeren Lautsprechern.

Auch beim Eve Audio SC203 zeigte sich dieser Einspiel-Effekt – und das sogar recht deutlich: Klang es nach dem ersten Auspacken zunächst noch ein wenig gedeckt und wolkig, so nahmen Frische und Konturenschärfe in den folgenden Tagen hörbar zu.

Nach einer dreitägigen Intensivkur mit Membranhub-intensiven und obendrein Texturen-reichen Klängen – beispielsweise dem untenstehenden „Time Consciousness“ von Germind – war der Vorhang dann endgültig gelüftet.

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Eine alte Tonmeister-Weisheit lautet: „Große Lautsprecher – großer Klang; kleine Lautsprecher – kleiner Klang“. Das trifft auf das Eve Audio SC203 voll und ganz zu – allerdings im positivsten Sinne: Rückt man die beiden Speaker auf dem Desktop zusammen, so dass ihr Abstand zueinander kaum 20 Zentimeter beträgt, so entsteht in einigem Hörabstand der räumliche Eindruck eines Mickey-Mouse-Orchesters.

Und genau so sollte es sein, denn alles andere wäre gemogelt: Bei der geringen Schallwandbreite von nicht mal 12 Zentimetern erfordert das Eve Audio SC203 nun mal Prinzip-bedingt, dass man für authentische Raumabbildung im Nahfeld hört – denn nur dort ist der Direktschallanteil über den gesamten Hörfrequenzbereich groß genug.

Den besten Klangeindruck mit dem Eve Audio SC203 erhielt ich denn auch bei seiner Aufstellung im klassischen Stereo-Dreieck mit einer Basisbreite von 50 bis 80 Zentimetern bei ebenso großem Hörabstand zu beiden Lautsprechern. Hier lieferte das Berliner Duo ein kraftvolles, sehr knackiges und tonal ausgeglichenes Klangbild mit hoher, dennoch feiner Durchzeichnung.

Besonderes Lob verdient die Basswiedergabe: Sie reichte erwartungsgemäß zwar nicht in die tiefste Oktave, war aber für ein Boxenset dieser Größe außergewöhnlich straff und sauber.

Der Vorteil: Auf diese Weise werden tieffrequente Raumresonanzen weniger angeregt, was den klanglichen Eindruck auch in Räumen mit nicht optimaler Akustik angenehm dröhnfrei, aber dennoch druckvoll macht.

Dass das Eve Audio auch das nötige dynamische Temperament mitbringt, zeigte sich bei extrem kritischen Psytrance-Tracks wie dem untenstehenden „We Have To Go Even Deeper“ von Crystal Vibeselbst bei kräftigen Lautstärken blieb der sensible „Klick“ in der Attack-Phase der martialisch druckvollen Bassdrum voll erhalten. Solche Feinheiten fallen dem bei steigender Lautstärke zunehmend komprimierenden Verhalten von Lautsprechern schnell zum Opfer.

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Fazit

Auch wenn es mit seinen Flexipads genannten, orangen Gummikeilen recht farbenfroh daherkommt: Das Eve Audio SC203 ist definitiv kein Spielzeug. Ebensowenig wurde es dazu erdacht, den Bekanntenkreis mit spektakulär fetten Bässen aus möglichst kleinen Gehäusen zu beeindrucken.

Vielmehr ist es ein mobiles, sehr kompaktes und zudem universell einsetzbares Monitorsystem, das mit seiner grundehrlichen Abstimmung eine verlässliche Basis für kreative Entscheidungen beim Arbeiten mit Tonmaterial bildet: Hören, was Sache ist – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Dem insgesamt hohen, qualitativen Anspruch, gepaart mit erstklassigem Engineering, steht die Verarbeitung in nichts nach, sodass der Kaufpreis von 499 Euro absolut gerechtfertigt ist. Wenn geringer Platzbedarf und Mobilität die Hauptrolle spielen, dürfte das Eve Audio SC203 klanglich wie funktional derzeit wohl konkurrenzlos sein.

Eve Audio SC203
2017/03
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung

Bewertungen:

Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Kraftvoller, unaufdringlicher Klang
Saubere Basswiedergabe
Mobil bei geringstem Platzbedarf
Flexible Anschlussmöglichkeiten

Vertrieb:
Eve Audio
Ernst-Augustin-Straße 1a
12489 Berlin
eve-audio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Eve Audio SC203: 499 Euro

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.