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Audio-Technica VM740ML am Rega RB 1000
Das Audio-Technica VM740ML war der einzige Abtaster aus der gehobenen 700er Serie von AT. Kennzeichen: der Systemkörper aus Aluminium. Das VM740ML kostet 329 Euro (Foto: P. Schüller)

Test Audio-Technica VM740ML: die noble Art zu Hören

Innerhalb unser Familienübersicht ist das Audio-Technica VM740ML das größte und mit knapp 330 Euro teuerste Modell – was man nicht zuletzt am Gold-farbigen Metallgehäuse sieht. Der Systemkörper aus Alu bringt nicht nur etwas mehr Gewicht auf die Waage, Audio-Technica verspricht sich davon eine verbesserte Dämpfung.

Auch das Audio-Technica VM740ML ist mit dem V-förmigen (Namens-gebenden) angeordneten Doppelmagneten aufgebaut. Trotz dieses etwas anderen Aufbaus, der im Gegensatz zu klassischen MM-Systemen (bei denen nur ein Magnet bewegt wird) eine höhere Kanaltrennung bringen soll, gehört auch das VM740ML in die Kategorie der klassischen MM-Systeme mit vergleichsweise hoher Ausgangsspannung. Die liegt beim 740er bei etwa 4 Millivolt. Das heißt: alle üblichen MM-Phonostufen sind geeignet. Die Abschlusswerte sollten – soweit einstellbar – bei 47 Kilo-Ohm und 100 – 200 Picofarad liegen.

Audio Technica VM-Serie: VMN40 MicroLIne
Der MicroLine-Schliff des VMN40-Nadeleinschubs (Foto: P. Schüller)

Wie auch beim VM 540 ML ist hier der Abtaster ein Diamant mit MicroLine- (ML-) Schliff. Auf dem Nadelträger aus Aluminium sitzt hier ein sogenannter „nackter“, also mehr oder minder vollständiger und geschliffener Diamant. Die Slideshow zeigt, dass innerhalb dieses Familientests der ML-Schliff der schärfste ist:

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Der MicroLine-Schliff der VMN40-Nadel
Der recht scharfe MicroLine-Schliff der VMN40-Nadel (Foto: Audio-Technica)
Der elliptische Schliff der VMN30-Nadel
Der elliptische Schliff der VMN30-Nadel (Foto: Audio-Technica)
Der elliptische Schliff der VMN20-Nadel
Der elliptische Schliff der VMN20-Nadel. Die Diamantspitze ist kleiner als bei VMN30 und aufgeklebt (Foto: Audio-Technica)
Der konische, recht runde Schliff der VMN10-Nadel
Der konische, recht runde Schliff der VMN10-Nadel (Foto: Audio-Technica)
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Die Messwerte

Insgesamt ähnelt das Audio-Technica VM740ML dem VM540 ML ziemlich stark und ist auch nur um knapp 50 Euro teurer. Kunststück: Beide Abtaster arbeiten mit demselben Nadeleinschub VMN40. Wir haben in der folgenden Slideshow beide Frequenzgänge nebeneinander gestellt.

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Frequenzgang und Übersprechen des Audio-Technica VM740ML
Frequenzgang und Übersprechen des Audio-Technica VM740ML (Messungen: P. Schüller)
Frequenzgang und Übersprechen des Audio-Technica VM540ML
Frequenzgang und Übersprechen des Audio-Technica VM540ML (Messungen: P. Schüller)
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Auch die Messwerte haben wir hier per Slideshow gegenüber gestellt:

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Die Messwerte des Audio-Technica VM740ML
Die Messwerte des Audio-Technica VM740ML (Messungen: P. Schüller)
Die Messwerte des Audio-Technica VM540ML
Die Messwerte des Audio-Technica VM540ML (Messungen: P. Schüller)
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Die Differenzton-Verzerrungen des Audio-Technica VM740ML
Die Differenzton-Verzerrungen des Audio-Technica VM740ML (Messungen: P. Schüller)
Klirr und Intermodulation. des Audio-Technica VM740ML
Klirr und Intermodulation des Audio-Technica VM740ML (Messungen: P. Schüller)

Bei den Abtastverzerrungen kann sich das VM740ML gegenüber dem VM540ML trotz gleicher Nadel noch minimal verbessern. Warum jetzt aber der Frequenzgang eine schon merkliche Senke im Verlauf ab etwa 400 Hertz zeigt, ist rätselhaft: Die Messungen zeigen Unterschiede vor allem im Präsenzbereich zwischen 1 und 5 kHz – was natürlich hörmäßig relevant ist. Auch das stark kanalungleiche, wenn auch sehr niedrige Übersprechen (besonders vom rechten auf den linken Kanal) irritiert etwas.

Darüber hinaus liegen die elektrischen Werte zwischen VM740ML und VM540ML recht dicht bei einander. Außer bei der Ausgangsspannung: da bietet das „große“ 740ML erkennbar mehr. Apropos Ausgangspannung: In den Messungen ermitteln wir die Werte bei DIN 0,0 dB. Häufig messen die Hersteller 6 Dezibel leiser. Um auf das richtige Verhältnis zu kommen, muss man unserer Ergebnisse einfach nur durch zwei teilen.

Das Audio-Technica VM740ML im Hörtest

Cover Art: Mahlers 5. Symphonie mit den Wiener Philharmonikern
Mahlers 5. Symphonie, eingespielt von den Wiener Philharmonikern unter Leonard Bernstein ist vor allem auf LP ein herausragendes Werk. Klanglich eine Herausforderung für die Wiedergabekette (Cover: Amazon)

Als größtes der hier getesten Tonabnehmer musste sich das Audio-Technica VM740ML vor allem mit dem nächst kleineren Modell, dem 540ML messen – und konnte dabei keineswegs in allen Belangen brillieren. Die Senke im Präsenzbereich machte sich doch deutlich bemerkbar: Das Audio-Technica VM740ML wirkt dezenter, vielleicht feiner, aber distanzierter, weniger dynamisch, weniger bedrohlich. Mahlers 5. Symphonie mit den Wiener Symphonikern unter Leonard Bernstein klang wunderbar vielschichtig, aber weniger lebendig als mit dem 540er. Bei beiden strahlten und funkelten die Bläser um die Wette. Beide Abtaster trafen die Töne annähernd perfekt: das eine etwas nobler, das andere kerniger, authentischer.

So auch bei New Lore, dem neuen Album des US-amerikanischen Singer Songwriters Sean Rowe: Die schönen Klangfarben boten beide, die Eigenheiten der Stimme, die Obertöne der Gitarre („I´ll Follow Your Trail“). Aber im direkten Vergleich war – zumindest bei der Abhörkette im LowBeats Hörraum das 540er eindeutig überlegen, obwohl das 740er mit einer deutlich großzügigeren Raumabbildung bestach.

Der Vergleich zum preislich vergleichbaren Ortofon 2M Bronce positionierte das 740er noch klarer in die eher feine, zurückhaltende Kategorie. Das Ortofon geht los wie die Feuerwehr und lässt dabei auch das 540er weit hinter sich, das Audio-Technica VM740ML ist immer um Übersicht bemüht – und wahrt sie auch.

Ein letzter Vergleich, dieses Mal mit Yello: Toy klingt auch als LP fantastisch. Und auch hier hat das 740ML das Nachsehen gegen das 540er, das mit einem viel besser strukturierten Bass beeindruckte, mit dem es sogar das hochpräzise

Cover Art Sean Rowe "New Lore"
Plattencover Sean Rowe New Lore (Cover: Amazon)

Ortofon in Bedrängnis brachte. Das 740 hat Tiefgang und Wärme, beim etwas schlankeren 540 kommt noch die Präzision und der Spaß dazu.

Fazit

Die technische Ähnlichkeit zwischen dem Audio-Technica VM740ML und dem kleineren 540ML sind groß – es ist halt derselbe Nadeleinschub mit dem aufwändigen und vergleichsweise scharfen MicroLine-Schliff. Um so verwunderlicher ist der erkennbare klangliche Unterschied. Das 740 ist die kultivierte, dezente Variante zum lebendigeren 540. Es gibt sicherlich einige Situationen, in denen die eher zurückhaltende Spielweise des 740ers die bessere Alternative ist. Bei linearen Ketten aber – und bei einer weitgehend neutralen Raumakustik – müssen wir eindeutig das VM540ML empfehlen.

Audio-Technica VM740ML
2017/07
Test-Ergebnis: 4,0
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Messwerte

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Dezenter, natürlicher Klang
Sehr gute Räumlichkeit
Sehr hohe Abtastfähigkeit
Präsenzsenke von 1 – 5 kHz

Vertrieb:
Audio-Technica Niederlassung Deutschland
Lorenz Schott Strasse 5
55252 Mainz-Kastel
www.audio-technica.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Audio-Technica VM740ML: 329 Euro

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Der Gegenspieler:

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.