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Canton musicbox S scene
Mobiler Bluetooth-Lautsprecher Canton musicbox S, 299 Euro (Foto: Canton)

Test Canton musicbox S: BT-Speaker für Klanggourmets

Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Canton musicbox S die große Schwester der bei LowBeats bereits getesteten Canton musicbox XS.

Mehr als doppelt so groß und mit exakt 2154 Gramm dreimal so schwer, ist die musicbox S weniger als „Roadrunner“ fürs Musikhören unterwegs gedacht.

Vielmehr soll sie eine drahtlose, mobile Alternative für den Musikgenuss an wechselnden Plätzen in und außerhalb des Hauses sein – beispielsweise im Arbeitszimmer, am Pool oder bei der gepflegten Gartenparty.

Und weil wahre Mobilität auch Ungebundenheit von der Steckdose bedeutet, hat die Canton einen eigenen Lithium-Ionen-Akku an Bord.

Dank reichlicher Kapazität verhilft er der musicbox S zu Wiedergabezeiten von bis zu 18 Stunden – das rückseitig anschließbare Ladegerät befindet sich im Lieferumfang, was ja mittlerweile nicht mehr selbstverständlich ist.

Wie für herkömmliche Lautsprecher, so gilt auch für ihre Bluetooth-Geschwister: Ein größeres Gehäuse schafft mehr Platz für größere Membranfläche.

Da macht auch die Canton musicbox S keine Ausnahme: Anstelle zweier 40-Millimeter-Breitbandchassis plus ovalen Passivtieftönerchen wie bei der kleinen Schwester, arbeitet die musicbox S mit zwei 70-Millimeter-Mitteltönern, die im Bassbereich durch zwei 105 x 70 Millimeter messende Passivradiatoren unterstützt werden.

Als echtes Zweiwege-System bringt die musicbox S zudem noch zwei 19-Millimeter-Hochtonkalotten ins Spiel – das soll nicht nur für mehr Klangtransparenz, sondern auch für eine breitere Stereo-Perspektive sorgen.

Eine angegebene Systemleistung von insgesamt beachtlichen 60 Watt verspricht darüber hinaus ordentlich Klangvolumen.

Bereits beim Auspacken sticht die hohe Verarbeitungsqualität der musicbox S ins Auge: Das schwarze Satin-Finish kontrastiert sehr schön mit den fein angefasten, silbern glänzenden Gehäusekanten – im Fachjargon „Diamond Cut“ genannt.

Obwohl das robuste, aus dem Vollen gefräste Alugehäuse durchaus Nehmerqualitäten besitzt, sollte man dem edlen Stück zwecks optischer Werterhaltung keinen allzu rüden Umgang zumuten.

Wirklich kaputtgehen kann hier zwar nichts, aber die feinen Lochbleche auf Vorder- und Rückseite zeigen sich aufgrund ihrer recht großen Fläche nicht besonders widerstandsfähig gegenüber kräftig zupackenden Fingern.

Canton musicbox S: mit Bluetooth 4.0, aptX und True Wireless

Wie schon die kleine Schwester, so unterstützt auch die Canton musicbox S den Bluetooth-Standard 4.0 einschließlich apt-X – was für unkomprimierte Audiosignalübertragung in CD-Qualität steht.

Besonders einfaches „Pairing“ mit dem Zuspieler gelingt dabei via Near Field Connection (NFC) – der Sensor hierfür befindet sich praktischerweise gleich mitten auf der Oberfläche zwischen den gummierten Folientasten zur Gerätesteuerung.

Die letzten fünf angemeldeten Bluetooth-Zuspieler bleiben dabei in der musicbox S gespeichert, wobei maximal zwei gleichzeitig mit ihr verbunden sein können.

Canton musicbox S top view
Der Nearfield-Sensor liegt genau mittig zwischen den gummierten Tasten der Bedienoberfläche. (Foto: J. Schröder)

Eine echte Spezialität ist der sogenannte True-Wireless-Betrieb, mit dem sich zwei musikbox S (oder XS) drahtlos auf Bluetooth-Ebene miteinander verkoppeln lassen – was selbst für die eingestellte Lautstärke gilt.

Hierbei unterscheidet man zwei Spielarten: Im Stereo-Modus gibt die eine den linken, die zweite den rechten Stereo-Kanal wieder. Im Party-Modus hingegen spielen beide zeitsynchron stereofon.

Der Praxistest zeigte allerdings: True-Wireless-Pairing zweier musicboxen ist definitiv nichts für Ungeduldige – zu groß ist die Gefahr, dass mindestens eine von ihnen nach etlichen fehlgeschlagenen Versuchen gegen die Wand fliegt, zumal auch die Bedienungsanleitung diesen Vorgang nicht fehlerfrei beschreibt.

Etwas irritierend darüber hinaus auch das nach einigen Sekunden verlöschende LED-Signal der Power-Taste, das beim Ausschalten abermals für einige Sekunden aufleuchtet – sicher eine clevere Stromspar-Maßnahme, doch weiß man eigentlich nie so recht, ob nun ein- oder ausgeschaltet ist.

Spannender ist jedoch, dass sich bei der musicbox S solche kleinen Unpässlichkeiten per Firmware-Update korrigieren lassen – eigens für solche Service-Zwecke steht ein rückseitiger USB-Eingang zur Verfügung.

Hier findet sich auch ein Hochpegeleingang in Form einer 3,5-Millimeter-Stereo-Klinkenbuchse, sodass man die musicbox S auch per Kleinsignalkabel ansteuern kann.

Bluetooth-Speaker: Die richtige Aufstellung

Bevor ich nun zum Hörtest mit der Canton musicbox S komme, noch eine kleine Anmerkung: Bei aller Mobilität und der damit verbundenen Flexibilität in Sachen Aufstellung gehorchen Bluetooth-Lautsprecher nach wie vor den Gesetzen der Akustik.

Die Platzierung wirkt sich daher auch bei ihnen auf das Klangergebnis aus – und zwar meist noch nachhaltiger als bei ihren großen ortsfesten Brüdern. Oder positiv ausgedrückt: Bluetooth-Lautsprecher sind ausgesprochen dankbare Objekte für die richtige Aufstellung.

Daher würde ich mir wünschen, dass die Hersteller entsprechende Go- und No-Go-Tipps in der Anleitung zu ihren Produkten geben würden.

Beispielsweise sorgt eine Aufstellung mitten auf dem Tisch, wie in zahlreichen YouTube-Tests praktiziert, wegen des Grenzflächeneffekts zu einer deutlich hörbaren Anhebung im unteren Mitteltonbereich, was (nicht nur) bei mobilen Speakern zu einem plärrigem Klangcharakter führt.

Nicht umsonst ist in Tonstudios das Aufstellen von Lautsprechern nahe großer, waagerechter Flächen – beispielsweise dem Mischpult – eine diffizile Angelegenheit, der sich häufig nur mit entsprechenden Ortsanpassungsfiltern beikommen lässt.

Die klanglich besten Ergebnisse mit mobilen Bluetooth-Lautsprechern lassen sich meiner Meinung nach folgendermaßen erzielen: Zunächst mal unterstützt wandnahes Aufstellen in einem Regal oder auf einem Brett (Gewürzregal in der Küche o. ä.) von etwa 15 bis 40 Zentimetern Tiefe das Tieftonfundament.

Darüber hinaus sollte die Vorderseite des Lautsprechers mit den Chassis bündig mit der vorderen Kante von Regal oder Brett abschließen, was klangvernebelnden Beugungseffekten im Hochtonbereich entgegenwirkt.

Letzteres würde ich ohnehin immer empfehlen, zum Beispiel auch beim Aufstellen auf einem Sideboard.

Und wenn’s wirklich ein Tisch sein muss, kann ein untergestellter Gegenstand von mindestens der Höhe des Lautsprechers wahre Klangwunder bewirken.

Auch hier gilt: Vorderseite der Lautsprechers deckungsgleich mit der vorderen Kante des untergestellten Sockels aufstellen.

Canton musicbox S LowBeats Messplatz
Bei erhöhter Aufstellung klingen (nicht nur) Bluetooth-Speaker besser als direkt auf der Tischplatte – wie hier die Canton musicbox S am LowBeats Messplatz (Foto: J. Schröder)

Die Canton musicbox S im Hörtest

Angesichts der guten Erfahrungen mit der kleinen Schwester waren meine Erwartungen an die Canton musicbox S doch schon ziemlich hoch – und ich wurde nicht enttäuscht.

Wie schon die musicbox XS war auch die größere Canton absolut nicht auf Klangspektakel aus, sondern zeigte sich tonal sehr neutral mit einem insgesamt gediegenem, sonorem Klangbild.

Am meisten erstaunte mich ihr Tiefgang im Bassbereich, beispielsweise bei der enorm tief ausschwingenden Bassdrum des verführerisch groovenden „Ain’t No Sunshine“ von Dukespan NYC.

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Derartiger Tiefgang aus vergleichsweise geringem Gehäusevolumen hat natürlich seinen Preis – oder besser gesagt: Er bedingt einen Kompromiss. Und den macht die Canton musicbox S hinsichtlich maximaler Lautstärke.

Natürlich kann man mit ihr schon ordentlich „Alarm“ machen, allerdings hört man dann schon recht deutlich, dass der interne digitale Signalprozessor allmählich die tiefen Frequenzen mehr und mehr im Zaum hält – sprich: Je lauter, desto weniger Bass.

Bei ihren ähnlich großen Konkurrenten mag das durchaus weniger auffallen, aber nicht etwa, weil sie’s besser könnten, sondern weil sie sich gar nicht erst in solch tieffrequente Gefilde begeben.

Zum guten Schluss noch ein Tipp: Bei mobilen Bluetooth-Speakern mit einer Basisbreite von bei der Canton musicbox S gerade mal 18 Zentimetern darf man Prinzip-bedingt keine Wunderdinge in Sachen Stereo-Perspektive erwarten.

Doch da lässt sich technisch nachhelfen – und zwar mit einer bei der Canton musicbox S geradezu phänomenalen Wirkung: Die Rede ist von der APP AMTRA play des Düsseldorfer Software-Spezialisten XiVero.

XiVero AMTRA play Setup Menu
Setup-Menü der App XiVero AMTRA play: Optimale Einstellungen für Canton musicbox S (Screenshot: J. Schröder)

Das sind glänzend investierte 5 Euro – die Verbesserung der Räumlichkeit mit der AMTRA-App war wirklich dramatisch, sodass ich nach dem ersten Probehören nicht mehr darauf verzichten wollte.

Besonders bei solchen Tracks, die von ihrer räumlichen Wirkung leben und darum auf Bluetooth-Lautsprechern regelrecht zusammenfallen, wie etwas das filigrane Dependency von Orbient (unten). Da kann ich nur empfehlen: Unbedingt ausprobieren.

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Fazit Canton musicbox S: Klangkultur mit Tiefgang

Wie ihr dezenter optischer Auftritt bereits vermuten lässt, will die Canton musicbox S gar nicht erst der wilde Partylöwe bei jeder feuchtfröhlichen Outdoor-Veranstaltung sein.

Dafür ist ihr Gehäuse zu empfindlich – und auch ihre Klangabstimmung ist definitiv nicht auf Krawall aus.

Ihr „Spielfeld“ ist eher das häusliche Ambiente, in das sie sich quasi als mobiler Kulturbotschafter dank ihres gediegenen Klangcharakters harmonisch einfügt.

Mit überraschendem Tiefgang im Bass und tonal sehr ausbalanciert erspielt sich die Canton musicbox S klanglich auf jeden Fall eine Spitzenposition in ihrer Klasse – ihr großer Auftritt kommt immer dann, wenn es um ausgewogene Wiedergabe und weniger um höchste Maximallautstärke oder besonders durchsetzungsfähige Klangabstimmung geht.

In Sachen Tonqualität und Spielzeit sind die 100 Euro Mehrpreis gegenüber der kleineren Canton musicbox XS auf jeden Fall gut angelegt.

Canton musicbox S
2016/08
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung

Bewertungen:

Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Tiefreichender, gediegener Klang
Vielfältige Bluetooth-Optionen
Sehr lange Akkulaufzeit
Ansprechende Verarbeitung

Vertrieb:
Canton Elektronik GmbH + Co. KG
Neugasse 21 – 23
61276 Weilrod
www.canton.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Canton musicbox S: 299 Euro

Mehr von Canton:

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Im Beitrag erwähnt:

Test Software App Xivero Amtra und Amtra Play

Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.