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Rega RP1 mit Ortofon 2M Blue
Der Rega RP1 in optimaler Ausstattung mit Korkmatte und Ortofon 2M Blue. In dieser Ausführung kostet er knapp über 500 Euro. (Foto: C. Bussler)

Test: Rega RP1 mit Ortofon 2M Blue

Der Rega RP1 ist trotz seines Alters von annähernd vier Jahren immer noch der beste Einsteiger-Plattenspieler, den man für Geld und gute Worte bekommen kann – jedenfalls, wenn man die richtigen Tuning-Maßnahmen ergreift …

Eine genaue Begründung für diese emotionale Bindung habe ich nicht, aber ich mochte schon immer Bretter (Brettspieler). Schwabbler (gefederte Subchassis-Dreher) waren mir noch nie geheuer und Bohrinseln (Masselaufwerke) waren und sind mir einfach zu wuchtig.

Letztere hätte die Natur sicherlich so auch niemals hervorgebracht; wären Plattenspieler Lebewesen, wären die Bohrinseln schließlich als Fehler der Evolution schnell wieder ausgestorben. Na ja, es ist wahrscheinlich ähnlich wie mit der Liebe – gewisse persönliche Vorlieben und Zuneigungen lassen sich halt schwer rational erklären.

Der Rega RP1 ist so ein eingangs erwähntes Brett. Dieser kleine Minimalist ist bereits eine Weile am Markt (ca. vier Jahre), hat mich seit seinem Erscheinen fasziniert und trotz seiner kleinen Macken angezogen. Ich brauch(t)e ja gar keinen weiteren Plattenspieler, schon gar nicht so eine Einsteigerkiste (das meine ich überhaupt nicht despektierlich).

Aber: Ich habe diesem inneren Drang nachgegeben und ihn mir dennoch gekauft. Ich war einfach zu neugierig. Als rechtfertigenden Vorwand vor mir selbst habe ich mir lange genug immer wieder das Schlagwort „Zweitanlage“ eingeredet. Was für eine gedankliche Krücke …Viel wahrscheinlicher handelt es sich um den kruden Auswuchs eines längst zur Sucht gewordenen Hobbys – so viel Ehrlichkeit muss sein. Zum Glück (für meinen Geldbeutel) beschäftige ich mich hobbymäßig nicht mit Auto-Oldtimern.

Zurück zum Rega RP1. Und zurück zum Brett an sich: Die Basis bildet eine ca. zwei Zentimeter starke Grobspanplatte, welche meiner Erfahrung nach merkliche klangliche Vorteile gegenüber dem bei anderen Herstellern in dieser Klasse weit verbreiteten Material MDF bietet.

MDF verfügt zwar auch über gute innere Dämpfungseigenschaften, ist aber etwas dichter als Grobspan, damit schwerer und speichert somit mehr Energie. Und das ist – vorsichtig formuliert – ungünstig, denn unkontrolliert herumgeisternde Schwingungs- und damit Bewegungsenergie richtet potenziell nur Unheil an; Leichtgewichte dagegen haben ein geringeres Energiespeicherpotenzial und geben Schwingungsenergie schneller wieder ab.

Pluspunkt für den RP1 also, gleichwohl die Verarbeitungsqualität der Basis zwar in Ordnung geht, aber auch keine Begeisterungsstürme hervorruft. Der Tischlergeselle würde für eine solche Klebekante die Note „2-“ erhalten; andere Hersteller glänzen hier (im wahrsten Sinne des Wortes) mit einer homogenen Lackierung des gesamten Chassis. Aber hey, wir scheren uns in der 380 Euro-Klasse (für die Basisversion mit Tonabnehmer Rega Carbon) nicht um solche kosmetischen Details, nicht wahr?!

Im Performance-Set? Muss nicht sein

Obwohl wir uns inklusive Pick-up in meinem Fall gar nicht mehr in der 380 Euro-Klasse bewegen. Das Limit waren ca. 500 Euro, für diesen Kurs bietet Rega beispielsweise das so genannte Performance Pack an. Dafür bekommt der Käufer drei Upgrades gegenüber der Basisversion: 1. Den Abtaster Rega Bias 2 statt des Rega Carbon, 2. einen (vorgeblich) präziser gefertigten Antriebsriemen und 3. eine Wollfilzmatte.

Schön und gut, aber das reizt(e) mich so gar nicht – schließlich „kann“ Rega Abtaster nicht so gut. Meine ich. Punkt. Anderer Riemen? Wollfilzmatte? Ähm… (Überhaupt hätte ich mir für das Riemenumlegen zur Geschwindigkeitsumstellung einen kleinen Stick gewünscht, so wie Pro-Ject das zum Beispiel macht. Vom ständigen Gefummel mit schweißigen Fingern wird der Riemen nämlich nicht besser.)

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Ortofon 2M Blue und Korkmatte
Das Ortofon 2M Blue und die Korkmatte sind die entscheidenden Klangbringer beim Einsteiger-Rega (Foto: C. Bussler)
Plattenteller und Riemen des Rega RP 1
Antriebsriemen und Plattenteller des Rega RP1 sind ordentlich gemacht. In der Performance-Ausführung soll der Riemen angeblich besser geschliffen sein (Foto: C. Bussler)
Rega RP1 Quee Edition
In der Queen-Edition macht der Rega RP1 zwar einiges her, hat aber trotz seiner 500 Euro nur das Basis-System und die Basis-Tellerauflage (Foto: H. Biermann)
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Der Riemen wird aufgezogen, die mitgelieferte fusselige Filzmatte bleibt im Karton und wird durch eine Korkmatte ersetzt, die eine bessere Kopplung zwischen Schallplatte und Teller bietet, beispielsweise bFly-audio (Plattenspieler-Zubehör) für 27 Euro. Als Tonabnehmer schnalle ich ein Ortofon 2M Blue an den Arm.

Letzteres gibt es „solo“ für ca. 180 Euro – einige Anbieter liefern den Rega RP1 zusammen mit dem 2M Blue im Paket für 500 Euro. Überhaupt bin ich der Meinung, dass die meisten Einstiegslockofferten bei den günstigen Komplettpaketen inklusive Pick-up „humpeln“. Die billigen Tonabnehmer haben hier meist nur eine Alibifunktion; der Tonabnehmer darf als Daumenwert ruhig ca. ein Drittel des Gesamtpreises ausmachen, um die Dreher-Arm-Kombi auszureizen.

Zurück zum Chassis – hier dockt die Staubschutzhaube via steckbarer Scharniere an, wobei „Scharnier“ hier schon geprahlt ist. Vielmehr handelt es sich um gefalzte Kunststoffelemente, die eine Scharnierfunktion ausüben – nach spätestens 1.000 Klappbewegungen werden diese langsam einreißen …

Was mich persönlich wiederum gar nicht stört, denn ich werde hier nicht „klappen“, sondern die Haube aus klanglichen Gründen zum Hören gleich ganz entfernen. Das geht sehr einfach, denn die Scharnier-Kunststoffteile rasten beim Einstecken erfreulicherweise nicht ein.

Auf der Chassisunterseite ist alles perfekt – drei (!) Gummifüße, wie es sich gehört (und nicht vier). Oft scheint es, dass viele Hersteller schlichtweg zu faul sind, den Schwerpunkt ihres Gerätes zu ermitteln und geschickt drei Füße drum herum zu platzieren. Stattdessen werden einfach vier Füße in die vier Ecken gesetzt, damit der Dreher schließlich schön kippeln kann … Höhenverstellbare Füße sind hier kein Heilmittel – dadurch wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Oft lassen sich die Drehgewinde nämlich nicht gegenkontern oder sind aufgrund ihres Gewindespiels selber schon kippelig. Und wozu auch? Plattenspieler gehören auf einen ebenen Untergrund (idealerweise ein an die Wand montiertes Rack), da gibt´s dann auch keine Notwendigkeit zur Höhenkompensation. Alles richtig gemacht, Rega!

Rega RP1 mit Ortofon 2M Blue: Alles simpel, aber gut

Weiterhin fällt uns auf der Unterseite auf, dass hier ein fest montiertes, relativ dünnes Cinchkabel direkt in die Tonarmlagerachse läuft. Keine Cinchbuchsen weit und breit, auch kein Erdungskabel in Sicht! Der Kabel-Maniac bekommt Schweißperlen auf der Stirn: nix da mit Strippen-Rolling! Ich allerdings begrüße das (in dieser Preisklasse).

Klanglich ist ein durchgängiges Kabel prinzipiell im Vorteil gegenüber einer zusätzlichen Steckerverbindung – und eine teure High-End Strippe wird hier niemand allen Ernstes ranklemmen wollen (wenn es denn ginge). Ich freue mich über eine „Baustelle“ weniger und hake das leidige Kabelthema in diesem Fall ab. Danke, Rega!

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Tonarm RB 101
Der Tonarm RB101 ist absolut praxisgerecht und klingt für diese Klasse überragend (Foto: C. Bussler)
Rega RP1 von hinten
Der Blick von hinten: Die Basis sitzt auf drei Füßen. Alles ist simpel, aber robust (Foto: C. Bussler)
Emblem Rega RP1
Das modische Emblem auf dem einfachen „Brett“. So einfach kann guter Plattenspieler sein (Foto: C. Bussler)
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Der Tonarm RB 101 aus Aluminium ist grundsätzlich hochanständig und schnell abgehandelt: Als Besonderheit ist die sich verjüngende Wandstärke zur Minimierung von Resonanzen zu nennen; auf den ersten Blick sieht das Ding nämlich zylindrisch aus. Ansonsten gibt es nichts Auffälliges – das recht simple Headshell, den Kunststoffflansch zur Befestigung am Chassis sowie die nicht vorhandene Höhenverstellbarkeit nehme ich achselzuckend zur Kenntnis. Einziges „Gimmick“ ist das (grob) einstellbare Antiskating.

Das Gegengewicht des Arms verfügt in seiner Bohrung über zwei Gummiringe, so dass es sich am einfachsten mit einer leichten Drehbewegung aufschieben lässt. Ein Gewinde gibt es leider nicht, ebenso wenig eine Skala, die zumindest einen ungefähren Wert für die Auflagekraft abschätzen ließe. Das ist wirklich Minimalismus pur.

Die Lösung hier: Für verschiedene Tonabnehmer gibt es gummierte Distanzscheiben, die vor dem Gegengewicht platziert werden. Das Gegengewicht einfach bis zum Anschlag vor diesen Distanzring schieben – fertig. Die Auflagekraft soll dann stimmen. Das tat sie bei mir nicht: Für Ortofons 2M Blue werden 17-20 mN empfohlen; tatsächlich waren es 22 mN, hier ist also Vorsicht geboten. Dem preisbewussten (Wieder-) Einsteiger möchte ich hier z.B. Ortofons kleine „Wippe“ ans Herz legen, mit diesem simplen Hilfsmittel gelingt die Einstellung der Auflagekraft hinreichend genau.

Kommen wir zum Highlight des Rega RP1: dem Plattenteller. Der besteht aus Phenolharz, auch unter dem Markennamen Bakelit bekannt – ein Kunststoff, aus dem früher Telefongehäuse, Lichtschalter oder Föhne gefertigt wurden. Das Material ist sehr resonanzarm, lässt sich sehr gut bearbeiten und ist besser geeignet als das inzwischen auch für Plattenteller weit verbreitete MDF (wer glaubt, ich sei kein MDF-Fan, hat übrigens Recht, insbesondere bezogen auf Lautsprechergehäuse, aber das ist eine andere Baustelle …).

Der Plattenteller selbst berührt dank einer entsprechend großen Bohrung die im Subteller steckende Achse übrigens nicht, eine sehr clevere Maßnahme zur Vermeidung von Schwingungsübertragungen! Die Zentrierung des Tellers auf dem Subteller per Führungsbögen hat zwar ein minimales Spiel, aber das wird von mir als vernachlässigbare Marginalie schnell abgehakt.

Die Leistungsaufnahme des Motors beträgt zudem nur ca. ein bis zwei Watt, es spricht also unter Umwelt- und Energiesparaspekten kaum etwas dagegen, den Dreher dauerhaft durchlaufen zu lassen. Chronistenpflicht: Eine Drehzahlregulierung gibt es nicht.

Rega RP1 im Hörtest: Der präzise Punch

Und wie klingt das Ding? Vor allem sehr schön rhythmisch und spielfreudig. Wo andere Dreher dieser Liga durch eine eher pfützenflache Dynamik auffallen, haut diese kleine Kiste dem Hörer Laut-Leise-Unterschiede glaubhaft um die Ohren. Weiterhin fällt auf, dass der RP1 das Klangbild – eigentlich völlig untypisch für einen Briten – nicht von der Mitte her aufbaut, sondern die Frequenzband-Enden oben und unten sehr gut ausleuchtet.

Insbesondere bei Rockscheiben gefällt der schöne Punch im Bass, der ist zwar recht trocken, aber dafür präzise. Das klingt dennoch sehr erwachsen – ich würde sagen „griffig“. Das typische Raumabbildungs-Bla-Bla lasse ich jetzt mal sein … Jedenfalls profitiert der Rega offenbar sehr von seiner Laufruhe (und davon, dass er bei mir immer läuft).

Wo andere Wettbewerber in dieser Preisklasse oft eine gewisse Unruhe in Klangbild zeigen, überzeugt der Rega RP1 in Pausen oder leisen Passagen durch eine regelrechte Schwärze im Hintergrund. Eine weitere Spezialität ist das Vermögen des RP1, scharfe S-Laute sehr sauber zu reproduzieren, das ist in dieser Preisklasse doch sehr ungewöhnlich, gleichwohl der Löwenanteil dieser Qualität wohl dem Ortofon-Tonabnehmer zuzuschreiben ist.

Fazit Rega RP1: Unter 1.000 Euro gibt’s kaum Besseres

Kurzum: Wer signifikant mehr Klangqualität will, der muss schon einen vierstelligen Betrag z.B. für Regas RP3 (inklusive gutem System) hinlegen. Zum gleichen Preis wie für die vorgestellte Kombination gibt es andernorts eine bessere (komfortablere) Ausstattung oder eine etwas bessere Verarbeitung.

Rein klanglich ist der Rega RP1 mit dem Ortofon 2M Blue ein Killer, in dieser Preisklasse kann ihm einfach niemand das Wasser reichen. Er erinnert mich ein wenig an meinen seligen Linn Basik mit Akito-Arm und K5-System, den ich vor ca. zwei Dekaden einmal besaß. Allerdings hatten die alten Akito-Arme früher oder später allesamt Lagerprobleme und fielen aus … Wer wie ich diese Erfahrung gemacht hat, freut sich schließlich über Regas zehnjährige (!) Garantie für Lager und Tonarmlager.

Rega RP1 + Ortofon 2M Blue
2015/10
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Bewertung

Bewertungen:

Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Überragend spielfreudiger Klang
Einfacher und schneller Aufbau
Lange Garantiedauer
Minimalistische Ausstattung

Vertrieb Rega:
TAD-Audiovertrieb GmbH
Rosenheimerstraße 33
83229 Aschau
tad-audiovertrieb.de

Vertrieb Ortofon:
ATR-AudioTrade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de

Preis:
Rega RP1: 380 Euro

Preis:
Ortofon 2M Blue: 200 Euro

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Im Beitrag erwähnt:

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Autor: Special Guest