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Neukomm CPA155S
Vollverstärker Neukomm CPA155S; 6.600 Euro (Foto: E.Litscher)

Test Vollverstärker Neukomm CPA155S – der kompakte Favoritenkiller

Telefonzellen-große Lautsprecher, begehbare Verstärker gespickt mit gigantischen Glaskolben, Bohrinseln gleichende Plattendreher – noch immer prägen derartige Bilder die Vorstellung vom HiFi-Nirvana. Allein des Wohlklangs wegen braucht es solche „Altare“ jedoch nicht. Den Beweis hierfür will der hier vorgestellte Vollverstärker Neukomm CPA155S antreten. Vom Flächenbedarf kaum größer als eine Langspielplatte, kommt der Schweizer Amp vom Zürichsee optisch ähnlich unspektakulär-sachlich daher wie etwa die T+A-800M-Anlage der späten Neunzigerjahre.

Aufmerksam auf den Neukomm CPA155S wurde ich denn auch nicht durch vollmundige Werbeversprechen. Vielmehr war es der Hinweis einer guten Freundin, der zu einem launigen Gespräch mit Firmenchef und Physiker Hans Rudolf Neukomm anlässlich der High End 2017 führte. Dabei ging es weniger um technische Details, sondern vielmehr um klangliche Vorstellungen – die Gretchenfrage also, weshalb man denn gerade einen Vollverstärker wie den Neukomm CPA155S kaufen sollte.

Neukomm CPA155S with IR Remote Control
So kompakt kann High End sein: Neukomm CPA155S mit IR-Fernbedienung (Foto: www.ernstlitscher.com)

Diese Begegnung machte mich neugierig und einige Monate später hielt ich einen serienmäßigen CPA155S in den Händen. Und das kann man durchaus wörtlich nehmen: Der Neukomm ist mit knapp 9 Kilogramm zwar kein Leichtgewicht, dank seiner kompakten Abmessungen jedoch gut zu händeln.

Der Chronologie dieser Geschichte wegen muss ich den Vorhang an dieser Stelle für einen kurzen Moment lüften. Bereits der erste Hörtest mit dem Neukomm CPA155S an der Wolf von Langa Audio Frame Chicago war eine wirkliche Offenbarung. Erfahrene HiFi-Hörer wissen natürlich: Wenn bereits in den ersten Minuten die Tore fallen, ist stets etwas Skepsis angesagt. Mitunter sind besonders positive Ergebnisse an Lautsprecher A mit entsprechenden Kompromissen an Lautsprecher B verbunden.

Um das Ergebnis in anderen HiFi-Gefilden zu überprüfen, unternahm ich daher mit dem Neukomm eine Art „Hörtest-Tournee“. Logistisch kein Problem, findet doch der CPA155S locker in einem soliden Fotokoffer Platz. Das Ergebnis: Ob vintage oder brandneu, ob 16- oder annähernd 2-Ohm-lastig, ob wirkungsgradstark oder leistungshungrig – an jedem Lautsprecher wusste der Neukomm CPA155S absolut zu überzeugen. Und ließ dabei so manch angestammten Amp echt alt aussehen.

Neukomm CPA155S: Dem Klang auf der Spur

Die Fragestellung „Was ist das technische Geheimnis hinter einer wirklich gut klingenden Komponente?“ war stets die Triebfeder meiner Vita als Audio- und HiFi-Redakteur. Die Nachvollziehbarkeit von Testergebnissen erscheint mir im Sinne von „echtem“ HiFi nachhaltiger, als den Leser mit einem schwelgerisch verfassten Erlebnisbericht über meine derzeitige Lieblingskomponente in den nächstbesten HiFi-Laden zu locken.

Insofern gab dieser Test geradezu eine Steilvorlage für meinen inneren Audio-Detektiv. Wenn es einem Verstärker wie dem Neukomm CPA155S gelingt, unabhängig vom Lautsprecher stets überzeugende Klangergebnisse zu erzielen, dann sollte sich das auf positive Weise in seinen Messergebnissen manifestieren. Findet sich dort ein erkennbarer Zusammenhang, käme man einer wirklich aussagekräftigen Beurteilungsweise von Verstärkern einen erheblichen Schritt näher.

Peter Schüller vor dem Messpark
Peter Schüller hat über 30 Jahre das Messlabor von stereoplay und die letzten 20 Jahre auch das der Audio geleitet. Seit Mai 2016 unterstützt Peter das LowBeats Team (Foto: P. Schüller)

Weltweit gibt es wohl kaum jemanden, der sich dieser Frage eingehender gewidmet hat als Peter Schüller, ehemaliger Laborleiter der HiFi-Magazine Audio und stereoplay. Ob Single-Ended/Low-Feedback, Push-Pull/Highpower/High-Damping oder 1-Bit-Pulsewidth-Modulation – Schüller hat tausende Amps jeglicher „Schule“ akribisch gemessen.

Mit diesem profundem Background entwickelte er gemeinsam mit Ex-stereoplay-Redakteur Hannes Maier die Klirrtheorie von Jean Hiraga weiter. Von letzterer findet sich im amerikanischen HiFi-Magazin stereophile eine äußerst spannende Betrachtung, die geneigte Verstärkerfans hier nachlesen können.

Nach durchwegs hervorragenden Hörtestergebnissen mit dem CPA155S über Monate hinweg war es für mich daher „Pflicht“, den Neukomm zwecks ausgiebiger Messungen an Peter Schüller zu übergeben. Sein Fazit nach eingehender Beschäftigung lautete wörtlich: „Einer der besten Verstärker, die ich je gemessen habe – wenn nicht sogar der Beste überhaupt.“

Neukomm CPA155S – ein exklusives Manufakturprodukt

Vor der messtechnischen Betrachtung sei an dieser Stelle jedoch zunächst mal beschrieben, was der Musikfreund mit dem Neukomm CPA155S für sein Geld bekommt – konkret ausgedrückt meint das einen Betrag von 6.600 Euro. Angesichts so manch deutlich günstigerer Offerte, vorzugsweise aus Fernost, scheint das zunächst recht anspruchsvoll. Bedenkt man jedoch die Tatsache, dass es sich beim Neukomm CPA155S um ein in der Schweiz gefertigtes Manufakturprodukt handelt, kann man den Preis als noch durchaus angemessen bezeichnen.

In optischer Hinsicht setzt der CPA155S auf pures Understatement. Dem qualitätsbewussten Betrachter erschließt sich jedoch schnell, dass der Neukomm dem Schweizer Produkten anhängigen Ruf der Perfektion auf geradezu archetypische Weise gerecht wird.

So bildet zunächst mal eine Chassis-Trägerplatte aus rostfreiem Edelstahl eine nahezu unverwüstliche Basis. Auch die eher zierlich wirkende Frontblende stellt nicht unmittelbar zur Schau, dass sie aus einem 10 Millimeter dicken Aluminiumblock gefräst wurde – man merkt es jedoch sehr wohl in haptischer Hinsicht. Nicht sicht-, aber ebenfalls spürbar: Für alle innenliegenden Mechanik-Teile kommt ebenfalls Aluminium hoher Qualität zum Einsatz, was das Chassis extrem verwindungssteif macht.

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Neukomm CPA155S
Industriequalität made in Switzerland: Die Bedientasten des Neukomm CPA155S bestehen aus vollem Aluminium und laufen spielfrei in eigenen Kunststoffführungen. Sie betätigen Taster, die mindestens eine Million Schaltzyklen garantierten (Foto: www.ernstlitscher.com)
Neukomm CPA155S insight
Kraftwerksbau: Den meisten Platz im Inneren des Neukomm CPA155S beansprucht der enorm laststabile 330-VA-Ringkerntrafo (Foto: J. Schröder)
Neukomm CPA155S
Passionierte Wertarbeit: Auch im Detail zeigt sich die liebevolle Verarbeitung des Neukomm CPA155S (Foto: J. Schröder)
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Die Grundlage für besten Verstärkerklang bildet nach wie vor eine gute Stromversorgung. Eine solche bildet denn auch den „Schwerpunkt“ beim Neukomm CPA155S – und das im wahrsten Wortsinn: Den meisten Platz im Gehäuse beansprucht der zentral angeordnete, ziemlich propere Ringkerntrafo.

Auch hier zeigt sich die außerordentlich hohe Qualität: Obwohl der ebenfalls aus Aluminium gefertigte Gehäusedeckel nur wenige Millimeter über dem Toroid verläuft, ist von diesem im Betrieb selbst mit aufliegendem Ohr absolut nichts zu hören – der Power Core zeigt sich mechanisch vollkommen brummfrei.

Neukomm CPA155S: IR-Remote Control
Neukomm CPA155S: IR-Remote Control (Foto: www.ernstlitscher.com)

Auch die mitgelieferte Infrarot-Fernbedienung erfüllt höchste haptische und funktionelle Ansprüche: Ebenfalls aus einem soliden Aluminiumblock gefertigt, liegt sie nicht nur gut in der Hand. Tolles Feature: Bei Nichtgebrauch lässst sie sich per Tastenkombination abschalten – was beispielsweise Transportschäden durch ausgelaufene Batterien vermeidet.

Neukomm CPA155S – die Ausstattung

In Sachen Ausstattung zeigt sich der Neukomm CPA155S als klassischer Vollverstärker. Zum Anschluss der Signalquellen stehen zwei elektronisch symmetrierte sowie drei asymmetrische Hochpegeleingänge zur Verfügung.

Diese gilt es, näher zu beschreiben: Zwar nimmt der CPA155S asymmetrische Signale wie üblich via (hochwertiger) RCA-Buchsen entgegen. Jedoch sind diese elektrisch „floatend“ ausgelegt; sprich: Asymmetrische Eingangssignale werden ebenfalls symmetrisch über Differenzverstärker entgegengenommen. Diese Maßnahme bewirkt eine bessere Masseentkopplung der angeschlossenen Geräte untereinander, was je nach Konstellation signaltechnische (und damit auch klangliche) Vorteile mit sich bringt.

Fünfmal Hochpegeleingang klingt jetzt nicht unbedingt üppig. Doch dank des cleveren Signal-Routings beim CPA155S lässt sich damit einiges anstellen. So verfügt er über zwei unabhängige Hochpegel-Ausgänge. Diese arbeiten ebenso wie die asymmetrischen RCA-Eingänge elektrisch „floatend“, also quasi symmetrisch. Dank ihrer niedrigen Ausgangsimpedanz (50 Ohm) können sie selbst längste Signalkabel mit hohen Parallelkapazitäten sicher treiben.

CPA155S – Terminal
Überlegt bestückt: Dank zweier unabhängiger Line-Ausgänge lässt sich der Neukomm CPA155S in unterschiedlichste Anlagen-Konfigurationen einbinden (Foto: www.ernstlitscher.com)

Der Line-Ausgang ist nicht an den Lautstärkesteller gekoppelt. Er empfiehlt sich dann, wenn nachgeschaltete Leistungsendstufen (etwa die Monoblöcke von Neukomm) über eine eigene Lautstärkeeinstellung verfügen. Falls die Tonquelle selbst eine eigene Lautstärkeeinstellung besitzt (beispielsweise Netzwerkspieler), ist der Var-Ausgang die richtige Wahl: Bei diesem nämlich lässt sich für jeden Eingang per rückseitigem DIP-Schalter individuell festlegen, ob er den internen Lautstärkesteller des CPA155S umgeht oder nicht.

Da der Var-Ausgang auch die verstärkereigenen Endstufen ansteuert, ermöglicht diese Option sogar, dass sich der Neukomm CPA155S als Leistungsendstufe nutzen lässt. Darüber hinaus kann der Var-Ausgang auch als hochwertiger Kopfhörerausgang dienen. All diese Besonderheiten werden in der deutschsprachigen Bedienungsanleitung zwar hinreichend genau beschrieben. Jedoch würde ein Blockschaltbild vom Innenleben des CPA155S die Konfigurationsmöglichkeiten besser erkennbar darstellen.

Neukomm CPA155S – Musterknabe im Messlabor

Immer wieder finden sich HiFi-Verstärker, die an bestimmten Lautsprechern subjektiv gute Klangresultate einfahren, an anderen Lautsprechern oder im Messlabor hingegen weniger oder kaum überzeugen können. Daher war ich besonders gespannt, ob sich die mit dem Neukomm CPA155S im Vorfeld gesammelten, überdurchschnittlichen Klangresultate an unterschiedlichsten Lautsprechern im Messlabor bestätigen.

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.