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Vollverstärker Octave V 80 SE
Vollverstärker Octave V 80 SE: 9.250 Euro (Foto: H. Biermann)

Test Octave V 80 SE: der Referenz-Vollverstärker

Mit einer Ausgangsleistung von 2 x 120 Watt an 4-Ohm-Lautsprechern ist der Octave V 80 SE der kräftigste Vollverstärker im Line Up des badischen Röhrenamp-Spezialisten – und damit einer der weltweit leistungsfähigsten überhaupt. In das Octave-übliche Namensschema passt der V 80 SE dabei nicht so recht, geben doch alle anderen Vollverstärker des Hauses die verfügbare Ausgangsleistung bereits in ihrer Bezeichnung preis.

Ganz aus der Luft gegriffen ist V 80 aber dennoch nicht: Per rückseitigem Schalter lässt sich nämlich seine verfügbare Ausgangsleistung auf 2 x 70 Watt begrenzen: Das ermöglicht seine alternative Bestückung mit weniger leistungsstarken Endröhren als den serienmäßigen KT 150, beispielsweise den Typen KT 88, 6550 oder auch EL 34.

Wie bei Octave nicht anders zu erwarten, handelt es sich beim V 80 SE also um einen Röhrenverstärker. Zweifellos ein vielschichtiges Thema, das die unterschiedlichsten Spielarten zulässt: Zunächst mal gibt es die reinrassigen Röhrenamps, die konsequent auf Glaskolben setzen, ganz nach dem Motto „kein Sand im Signalweg“, ultra-puristisch sogar mit Röhrengleichrichter im Netzteil.

Dann wären da noch die Hybrid-Amps, die irgendwo im Signalweg zumindest eine Röhre einfügen, um der eigentlichen Halbleiterschaltung klanglich einen gewissen Röhrencharakter aufzuprägen.

Während der puristische Weg zwangsweise mit den typischen Nachteilen antiquierter Röhrenschaltungen einhergeht, kann die Hybrid-Lösung naturgemäß weder Fisch noch Fleisch sein. Darum zählt der V 80 SE – ebenso wie seine hauseigenen Brüder – ganz im Sinne von Octave Chef Andreas Hofmann weder zu der einen noch zur anderen Fraktion.

Vielmehr stellt der V 80 SE gewissermaßen eine eigene Klasse dar. Seine Devise lautet: Röhren dort, wo sie ihre klanglich positiven Eigenschaften voll zur Geltung bringen – unterstützt von Halbleiter-Helferlein, die, eingesetzt an den richtigen Stellen, viel effizienter als Röhren für optimale, vor allem aber langzeitstabile Arbeitsbedingungen sorgen.

Solche gemischten Schaltungskonzepte fanden sich beispielsweise auch in aufwändigen Messgeräten der 1960er Jahre – nur, dass die Halbleiter damals noch nicht so gut waren wie heutzutage.

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Octave V 80 SE von vorne
4-Zylinder Gegentakt: Der Octave ist serienmäßig mit vier kräftigen Endröhren vom Typ KT 150 bestückt. Diese arbeiten in klassischer Pentodenschaltung im AB-Gegentaktbetrieb (Foto: H. Biermann)
Octave Vollverstärker Verarbeitung
Die clevere Tonquellen-Umschaltung mit Anzeige des aktuellen Zuspielers bietet sogar eine echte Tape-Schleife. Auch ein analoger Signalprozessor lässt sich einschleifen (Foto: H. Biermann)
Octave V 80 SE Display Ecomode
Mittels vier LED-Ampeln lässt sich der Ruhestrom der Endröhren frontseitig per Schraubendreherchen exakt einstellen. Der Ecomode schaltet das Gerät nach Ausbleiben des Musiksignals selbstständig in den Stand-By-Modus (Foto: H. Biermann)
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Andreas Hofmann ist demnach definitiv kein Glaskolben-Dogmatiker. Vielmehr zählt für ihn bei einer konkreten Aufgabenstellung nur diejenige Lösung, die die meisten klanglichen und technischen Vorteile mitbringt.

So zum Beispiel beim symmetrischen Hochpegeleingang des V 80 SE: Hier kommt ein sogenannter integrierter Line-Receiver, der renommierte OPA 2134, zum Einsatz. Nicht ohne Grund, denn eine solche symmetrische Schaltung durchweg mit Röhren realisieren zu wollen, wäre schon aus rein technischen Gründen eher unvorteilhaft.

Drum kamen während der Röhren-Ära in der Studiotechnik für symmetrische Ein- oder Ausgänge auch stets Übertrager zum Einsatz. Die jedoch sind keineswegs frei von klanglichen Kompromissen – speziell, was ihr Verzerrungsverhalten bei tiefen Frequenzen angeht.

Daher ist es nur konsequent, dass der V 80 SE stets dann, wenn’s mit Röhren technisch nicht sinnvoll oder fürs Budget allzu aufwändig wäre, auch im Signalweg auf Halbleiter setzt: So beispielsweise auch beim (optionalen) Phono-Teil oder beim Kopfhörer-Ausgang.

Diskussionspunkt Gegenkopplung: wie viel ist nötig?

Das Thema Gegenkopplung bei Verstärkern – oder anders ausgedrückt: negative Rückkopplung – wird in der HiFi-Szene schon seit Jahrzehnten heftig diskutiert.

Während die einen ihre Verstärker mit kräftigen Dosen an Gegenkopplung erst funktionsfähig machen, halten sie die anderen für Teufelswerk. Der hierfür meistgenannte Grund: Gegenkopplung wirkt erst dann, wenn der Verstärker bereits einen Fehler produziert hat – also immer zu spät.

Auch in dieser Hinsicht vertritt Andreas Hofmann einen klaren Standpunkt: Solle ein Verstärker wie der V 80 SE selbst schwierige, weil impedanzkritische Lautsprecher einwandfrei antreiben können, ginge es nicht ohne Gegenkopplung – klangentscheidend sei jedoch das richtige Maß.

Argumentativen Flankenschutz erhält er dabei aus völlig anderer Ecke – nämlich von Schaltverstärker-Spezialist Bruno Putzeys, Mastermind hinter den bei Philips entwickelten Universal-Class-D-(UcD-)-Endstufen, die derzeit unter dem Namen Hypex sehr weite Verbreitung finden. Putzeys meint: „Die meisten Kritiker von gegengekoppelten Verstärkern haben offensichtlich noch niemals einen gehört, bei dem dieses Prinzip wirklich kompromisslos umgesetzt wurde.“

Und damit sind wir bei einem weiteren, sehr interessanten Punkt des Octave V 80, nämlich dem Kürzel „SE“: Natürlich steht das wie üblich für „Special Edition“ – dahinter steckt jedoch nicht etwa eine verbesserte Ausstattung: Vielmehr kommt in der Phasenspalter- und Treiberstufe des Octave V 80 SE eine besonders ausgefuchste Form der Gegenkopplung zum Einsatz.

Vereinfacht gesagt vermeidet diese den wesentlichen Nachteil üblicher Gegenkopplungskonzepte, nämlich die nachlassende Phasenreserve zu hohen Frequenzen hin. Und genau das soll den V 80 SE denn auch klanglich deutlich nach vorn bringen, weil er dadurch völlig unbeeindruckt von der Gegen-EMK des Lautsprechers unbedingt stabil bleibt.

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Octave V 80 SE innen
Die komplette End- und Treiberstufen-Elektronik befindet sich Signalweg-sparend auf zwei Leiterplatten direkt bei den (hier entfernten) Endröhren (Foto: H. Biermann)
Octave V 80 SE Röhrensockel
Röhren und Halbleiter wohnen beim Octave V 80 SE in friedlicher Koexistenz in enger Nachbarschaft auf der gleichen Platine (Foto: H. Biermann)
Octave Blackbox innen
Die Super Black Box enthält ein halbes Dutzend hochleistungsfähiger Elektrolyt-Kondensatoren zur Pufferung der Stromversorgung. Ihre gesamte Schaltung ist auf geringen Innenwiderstand ausgelegt (Foto: H. Biermann)
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Die gute Nachricht für Besitzer des älteren V 80: Die klangverbessernde SE-Treiberschaltung ist auch für dieses Modell nachrüstbar. Eine durch die im V 80 SE verwendeten KT-150-Endpentoden erreichte Leistungssteigerung ist allerdings nicht inbegriffen – hierzu wären Transformator und Übertrager auszutauschen, was den Umbau in ähnliche Preisgefilde triebe wie die Anschaffung eines neuen V 80 SE.

Maßnahmen wie die SE-Gegenkopplungsoptimierung setzen allerdings voraus, dass man die Kennwerte der Schaltungsumgebung genau kennt. Speziell gilt das bei Röhrenverstärkern für die Ausgangsübertrager – und hier ist man bei Octave allerbestens aufgehoben: Schließlich bildete die Fertigung hochwertiger Transformatoren und Übertrager des Familienunternehmens den Ausgangspunkt für die heutige Firma Octave Audio.

Octave V80 SE – Langes Röhrenleben dank Octave Eco-Mode

Prinzipiell unterliegen Elektronenröhren während des Betriebs einem gewissen Alterungsprozess. Man kann jedoch einiges tun, um diesen Verschleiß so gering wie möglich zu halten und ihre Standzeit damit wesentlich zu verlängern.

Betriebssicherheit und Langlebigkeit stehen beim Octave V 80 SE daher an erster Stelle – in dieser Hinsicht beherrscht er alles, was machbar ist: Elektronisch überwachter Überlastschutz, kontrolliertes Hochfahren aller Heiz- und Anodenspannungen, die zudem auf die zulässigen Höchstwerte stabilisiert oder begrenzt sind.

Dazu gibt es eine schaltbare Einrichtung namens Ecomode: Sie fährt den Amp nach einigen Minuten Spielpause herunter in den Stand-By-Zustand und weckt ihn nach erneutem Eintreffen des Signals innerhalb von etwa 30 Sekunden wieder zum Leben.

Nicht zu vergessen dabei auch die äußerst komfortable Ruhestromeinstellung: Mithilfe von vier LED-Ampeln lässt sich der Anodenstrom jeder Endröhre mit einer Genauigkeit von 0,3 Prozent am frontseitigen Display manuell per beigelegtem Schraubendreherchen justieren.

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Octave Anschlüsse
Das Anschlussfeld des V 80 SE ist mit fünf Hochpegeleingängen reichhaltig bestückt. Optional erhältlich ist ein wahlweise MM- oder MC-Tonabnehmer-taugliches Phono-Abteil (Foto: H. Biermann)
Octave Blackbox-Anschluss
Oberhalb der sehr robusten Lautsprecherkabel-Klemmen befindet sich der Ausgangsleistungs-Umschalter: Dieser erlaubt den Betrieb mit weniger leistungsfähigen Endröhren. Ein wenig versteckt ist hier auch die Buchse für den Kopfhörer-Anschluss untergebracht. Die große vierpolige Buchse dient dem Anschluss der Netzteil-unterstützenden Super Black Box (Foto: H. Biermann)
V 80 SE mit Blackbox
Die Netzteil-unterstützende Super Black Box (rechts im Bild) wertet den V 80 SE nochmals klanglich auf (Foto: H. Biermann)
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Ungewöhnlich großzügig fällt beim Octave V 80 SE aber auch das Anschlussfeld aus: Bis zu vier Hochpegelquellen, davon eine XLR-symmetrisch, dürfen es sein. Dazu gibt es noch eine echte Tape-Schleife mit Monitor-Funktion.

Des Weiteren steht auch noch ein Master-In/Master-Out-Buchsenpärchen zur Verfügung, über die sich beispielsweise ein analoger Signalprozessor oder Equalizer einschleifen lässt.

Vom Signalflow her handelt es sich hierbei um die mit dem frontseitigen „extern“-Schalter auftrennbare Schnittstelle zwischen Vorstufe und Endverstärker. Zusätzlich besitzt der V 80 SE noch einen weiteren pegelabhängigen Vorstufenausgang, an den sich beispielsweise ein Subwoofer anschließen lässt.

Ebenfalls möglich ist die Einbindung des V 80 SE in ein Heimkino-System. Hierfür gibt es einen separaten Front-Channel-Eingang: Der schafft direkten Zugang zur Endstufe des Octave ohne Lautstärkesteller.

Die jeweils gewählten Eingänge werden dabei ebenso wie sämtliche aktuellen Betriebszustände über das frontseitige Display angezeigt. Auch an Vinyl-Liebhaber hat Octave gedacht: Optional lässt sich der V 80 SE wahlweise mit einem MC- oder MM-Tonabnehmer-tauglichen Phono-Modul (590 Euro) bestücken.

Suchtgefährdend: der Klang des Octave V 80 SE

Kollege Roland Kraft reichte für die Klangbeschreibung des V 80 SE bei seinem Test in der stereoplay ein einziger Absatz von nicht mal 15 Zeilen. Wenn man sich die üblichen Hörtest-Litaneien verkneifen kann, ist das auch völlig ausreichend. Der Octave entkräftet nämlich schlagartig gängige Vorurteile wie etwa „Röhren klingen transparent, aber stets auch ein wenig weich“ oder aber „Echter Slam erfordert dreistellig wattstarke Transistor-Amps“.

Dem V 80 SE gelingt es in der Tat, das Beste aus zwei Welten in harmonischen Einklang zu bringen: Er verbindet die dynamische Sprengkraft leistungsstarker Transistoramps mit der absoluten Schlackenfreiheit allerbester Röhrenverstärker. Das gelingt ihm gänzlich ohne die bei vielen Röhrenamps feststellbare, durch das Glaskolben-typische Verzerrungsspektrum hervorgerufene „Euphonie“.

Dennoch macht seine klangliche Vorstellung irgendwie süchtig. Das mag an seiner Klangfülle liegen, die sich sehr natürlich aus dem Grund- und Mitteltonbereich entwickelt oder aber an der völlig ungetrübten Durchhörbarkeit, die er auch bei sehr kräftigen Laustärken beibehält. Letztendlich spielen die Ursachen aber keine Rolle: Der V 80 SE verführt einfach zum Musikhören.

Ist damit zum Klang des neuen Octave alles gesagt? Noch lange nicht: Denn es gibt die Möglichkeit, seine Performance tatsächlich nochmals zu steigern. Und das nicht unerheblich. Gemeint ist damit die Erweiterung mit der optional erhältlichen, beistellbaren Super-Black Box (2500 Euro).

Diese erweitert die vorhandene Kondensator-Kapazität im Netzteil mittels sehr leistungsfähiger Elektrolyt-Kondensatoren um den Faktor 10. Elektrisch betrachtet ein „Schießkasten“? Nicht bei Octave: Denn eine Sicherheits-Schaltung verhindert gefährliche Entladeströme beim Anschließen oder Abstöpseln.

Der Effekt der Super-Blackbox ist deutlich hörbar: So wurde beispielsweise bei „Dunia“ von der dänischen Formation Bliss die Bühne merklich breiter, während die treibenden, tiefgestimmten Drums im Hintergrund um einiges voluminöser tönten. Auch bekam das Klangbild insgesamt mehr Autorität und innere Spannung.

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Fazit: Octave V 80 SE – einer der weltbesten Vollverstärker

Der neue Top-Verstärker von Octave sieht super aus, ist toll verarbeitet und besitzt ein erstklassiges Technikkonzept. Zudem setzt er auf Langzeitstabilität und lässt dank seiner umfangreichen Sicherheitsschaltungen eine hohe Lebensdauer erwarten – was bei Röhrenverstärkern ganz bestimmt nicht selbstverständlich ist.

Egal ob Röhre oder Transistor: Klanglich kann es der Octave V 80 SE unbedingt mit den weltbesten Amps aus beiden Kasten aufnehmen, was ebenso auch für die Dynamik und Leistungsentfaltung gilt.

Dem Octave V 80 SE gelingt es sozusagen spielend, selbst eingefleischte Transistorfans dem Charme von Röhrenamps erliegen zu lassen. Bei LowBeats jedenfalls hat der badische Kolben-Amp bis auf Weiteres den Platz des Referenz-Verstärkers inne.

Octave V 80 SE
2016/02
Test-Ergebnis: 4,8
ÜBERRAGEND
Bewertung

Bewertungen:

Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
extrem leistungsstark
substanzielles, durchhörbares Klangbild
absolut betriebssicher und langzeitstabil
sehr gute Ausstattung

Vertrieb:
OCTAVE Audio
Industriestr. 13
76307 Karlsbad
Tel. 0 72 48 / 32 78
www.octave.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Octave V 80 SE: 9250,- Euro
Super Black Box: 2500,-Euro

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.