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AMC XIA 150 Front
Vollverstärker AMC XIA 150 (Foto: R. Kraft)

Test: Vollverstärker AMC XIA 150 mit DAC

Ein Transistor-Schnäppchen vom Röhren-Spezialisten, der AMC XIA 150? Ja, denkt sich der Tester. Bestens bekannt. Röhren-Vollverstärker im No-Nonsens-Design für bezahlbares Geld. Und ein wenig schwachbrüstig, nicht wahr? 30 Watt oder so? Aber gut geklungen haben die immer!

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die eines Röhrenfans, der ja gerne weder links noch rechts am Glaskolben vorbeischaut. Natürlich baut AMC noch eine ganze Menge anderer Gerätschaften, übrigens mit nicht zu übersehenden optischen Parallelen zur früheren NAD. Kein Wunder: Immerhin hat Weltronic, so heißt die „Mutter“ der Marke, einmal für NAD produziert. Jetzt steht auf den Fahnen, dass die US-Marke in den USA und Großbritannien Design macht und in China produzieren lässt. Wobei man das größere Augenmerk auf den Klang lege und erst dann auf die Messwerte schiele, heißt es dazu.

AMC XIA 150: Der Skoda unter den Vollverstärkern

Mit dem XIA 150 liefert AMC keinen Röhrenverstärker, sondern vielmehr einen Zwölf-Kilo-Vollverstärker ab, der komplett auf Halbleitern basiert. Und er bietet, der Name deutet es schon an, 150 Watt pro Kanal an acht und über 200 Watt an vier Ohm. In seiner Baureihe ist der XIA 150 übrigens das größte Modell, los geht es nämlich mit 30 Watt.

Wie praktisch alle Geräte von AMC kommt der XIA 150 in einem, nun ja, nennen wir es einmal „vernünftigen“ Kabinett daher. Schnickschnack und fette Frontplatte brauchen nur die Highender, hat man sich wohl gedacht. Das gilt für Chrom, Gold, Edelstahl, dicke Buchsen und faustgroße Massivknöpfe – alles überflüssiger Luxus, der nur den Preis erhöht. AMC positioniert sich da quasi als der Lada, Dacia und Skoda unter den ganzen glänzenden HiFi-Boliden. Dazu passt die schlichte, matte schwarze Farbe. Und wer mit dieser Art von Understatement leben kann, freut sich ohnehin lieber diebisch über die inneren Werte dieses kompakten Kraftprotzes. Aber immerhin: Eine LED, die anzeigt, dass der XIA 150 „lebt“, die gibt es schon noch.

AMC XIA 150 Ausschnitte für optionalen DAC auf der Rückwand
Die Ausschnitte für den optionalen DAC auf der Rückwand sind bereits vorhanden. (Foto: R. Kraft)

Teure Bauteile findet man da, wo sie akustisch Sinn machen: im Inneren beispielsweise sitzt ein dicker Ringkern-Netztrafo. Oder, ja, natürlich: die 15-Ampère-Endtransistoren von Sanken. Zwei Endstufen-Module, die unmittelbar auf die Kühlrippen geschnallt wurden, verstecken sich komplett im Gehäuse; davor sitzen die Eingangs- und Klangregel-Stufen direkt hinter der Frontplatte. Hier wird erkennbar aus einem Modul-Baukastensystem heraus gearbeitet. Das Ergebnis sind notwendigerweise diverse Verbindungsdrähte und Kabelbänder. Das ist nicht superschön, aber durchaus funktional. Die Endstufe selber ist nicht von der Stange, sondern auf sehr hohe Ausgangsströme ausgelegt, bei knackiger Aussteuerung schaltet das Netzteil mit erhöhter Betriebsspannung quasi in den nächsten Gang.

AMC XIA 150: Vollverstärker mit modularem Aufbau

Beim Stichwort „modular“ sind wir auch gleich bei der Bestellung eines XIA 150. Die muss nämlich spezifiziert werden: analog oder digital? Der Vollverstärker wird in zwei Varianten geliefert, einmal mit Phonostufe oder, statt der Phonostufe, mit USB-Eingang und D/A-Wandler inklusive koaxialem Eingang. Wobei die Digitalausstattung auch nachrüstbar wäre. Aber mal ehrlich, wer will heutzutage denn noch auf die Rechnerschnittstelle verzichten? Außer, man besitzt schon einen Extra-Wandler. Durchaus ein cleveres Konzept, zumal die „Basis-Version“ mit Phono für 1.000 Euro, die Variante mit DAC für 1.100 Euro über die Ladentheke geht. Die Phonostufe besteht übrigens aus einem der klassischen OpAmp-Designs und „beherrscht“ MM- und MC-Tonabnehmer. Dafür nutzt AMC einen immer noch feinen Klassiker der Operationsverstärker-Geschichte, den guten, nicht mehr ganz neuen NE5534 respektive dessen Äquivalente. Davon wurden zig Millionen gebaut. Nach dieser ersten Verstärkerstufe sorgt dann ein weiterer OpAmp für die Phonoentzerrung. Alles kein Hexenwerk, zugegeben, aber solide Audiotechnik fürs Geld.

AMC XIA 150 von oben ohne Abdeckung
Für die Mehrheit der 10,8 Kilogramm Gesamtgewicht ist der schwere Ringkerntrafo rechts unten verantwortlich. Er brummt übrigens rein gar nicht (Foto: R. Kraft)

Und noch einmal unscheinbare Investition: Der AMC XIA 150 liegt je nach Ausrüstung bei etwa 1.000 Euro. Und dafür gibt es keine Halbkilo-Fernbedienung aus Guss, sondern ein kleines Plastikding mit schwarzen und grauen Knöpfchen. Das funktioniert prächtig und passt ins Gesamtbild. Ach ja: fällt das Ding runter, geht nichts kaputt. Und es liefert, das können viele aufwändige Handsets nicht, eine knackende Rückmeldung beim Knöpfchen drücken. Und das Ganze sieht Cola- und Bier-dicht aus. Aber das wollten Sie sicher nicht wissen. Eher schon, dass nicht nur der Pegelsteller, sondern auch die Quellenwahl motorisiert wurde, damit sind die Eingänge fernbedient schaltbar. Und das ist wichtiger, weil viel bequemer als eine dicke Frontplatte.

Das AMC-Credo: Klangregler

Kein Welt-Vollverstärker ohne Klangregelung. Sagt AMC. Und deshalb besitzt der XIA 150 natürlich Klangsteller. Womöglich sind die deutschen HiFi-Fans die einzigen, die notorisch auf die Segnungen der Klangsteller verzichten und sich lieber freiwillig von mies aufgenommenen, harschen 70er-Jahre-Platten die Plomben ziehen lassen. Oder mit Leidensmiene UKW „genießen“; einige Privatsender scheinen ihr Equipment ja aus Wertstoffhöfen extrahiert zu haben. Also geben Sie sich einen Ruck! Fassen Sie den Höhenregler zart an, gut so – und stellen Sie ihn nach links zurück! Weiter! Und noch ein Stückchen! Na also. Hat doch nicht weh getan, oder? Das üben Sie jetzt mal …
Für alle anderen Fälle gibt es einen wunderbaren, voll audiophilen Schalter: „Direct“! Der fegt alles aus dem Signalweg, was dem Highender schlaflose Nächte beschert (übrigens sollen bestimmte Getränke dieselbe Wirkung wie ein Direct-Schalter haben. Aber das sind sicher nur Gerüchte). Tatsache ist:

 

AMC XIA 150 Rückansicht Buchsen
Die Phonostufe basiert auf rauscharmen Operationsverstärkern, die Umschaltung zwischen MM- und MC-Betrieb geschieht im Inneren des Geräts (Foto: R. Kraft)

AMCs faustdicke Klang-Überraschung

Und damit wären wir bei jener kleinen, ganz erstaunlichen, nein, wunderbaren Überraschung, die der XIA 150 seinem Käufer machen kann. Und damit reiht er sich fugenlos in die Historie zahlreicher „Kollegen“ aus dem gleichen Hause ein, die ebenfalls ein verschmitztes, zufriedenes Grinsen in die Gesichter ihrer neuen Besitzer zaubern konnten … Diese Erfolgsstory begann damals, 1995, mit dem Röhren-Vollverstärker AMC 3030, der einfach verblüffend gut klang und sehr viele Röhrenfans glücklich machte. Kaum eingeschaltet, wollten selbst Profis zunächst kaum glauben, was sie da hörten. Wunderbar ausgewogen, spielfreudig und mit einer Monsterportion Charme katapultierte sich dieser Vollverstärker in Klangwelten, die ansonsten in einer völlig anderen Preisliga zu finden sind (wer das aktuelle Modell studieren möchte, wird beim deutschen Audium-Vertrieb fündig.

Der Witz ist, das der XIA 150 diesbezüglich keine Ausnahme macht. Diesen Zauber in einen Hochleistungs-Vollverstärker zu implantieren, ist schon eine respektable Leistung. Und die mit Muskeln protzende Transistor-Ausgangsstufe ermöglicht es, dem AMC ohne viel Federlesens mit allem zu kombinieren, was das Lautsprecherangebot hergibt. Selbst kritische Stromfresser mit Impedanzkurven, die an eine Achterbahn erinnern, kämen infrage. Klanglich äußert sich die schiere Leistungsfähigkeit des Amps in einer unüberhörbaren Autorität, die durchaus an praktisch unbezahlbare Super-Endstufen erinnert, aber glücklicherweise nicht mit Trägheit oder gar Lustlosigkeit einhergeht; der XIA150 wirkt überraschend flink, trägheitslos im Ansatz und so locker wie sein 30-Watt-Röhrenpendant von 1995.

Fazit: ein Leistungs-Schnäppchen mit ganz großem Klang

Dass man hier, ganz abgesehen vom Klang, den Begriff „Preis-/Leistungs-Verhältnis“ (bei einem konventionellen Verstärker!) praktisch wörtlich nehmen darf, ist rar. Ein Geheimtipp für bezahlbare Leistung und eine sichere Bank für anspruchsvolle Lautsprecher!

AMC XIA 150
2015/12
Test-Ergebnis: 3,8
GUT – SEHR GUT
Bewertung

Gesamt

Klang
Praxis
Verarbeitung

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Schöner, charmanter Klang
Stabile, hohe Leistung, auch für schwierige Boxen
Modular ausbaufähig mit DAC
Bescheidene Verabeitungs-Qualität

Vertrieb:
Audium/Visonik
Catostraße 7
12109 Berlin
Telefon: 030 613 47 40
www.audium.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
AMC XIA 150: 1.000 Euro mit Phono MM/MC, 1.100 Euro mit DAC

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