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Alle Rega Nd
Vier gewinnt: Die drei neuen Rega-MMs kosten zwischen 229 – 579 Euro. Und auch der Planar 3 RS ist ein echter Schnapper – aber nicht Gegenstand dieses Tests...(Foto: B. Rietschel)

3er-Test MM-Tonabnehmer Rega Nd3, Nd5, Nd7: bewegende Magneten

Beim Test der neuen Rega-MMs wäre der Autor glatt vom Glauben abgefallen: Diese Magnetsysteme bringen Eigenschaften mit, die wir sonst nur bei Moving Coils finden. Das macht die neuen Modelle Rega Nd3, Nd5, Nd7 nicht nur für Fans des englischen Herstellers attraktiv.

Dass eine Firma ihr gesamtes Magnetsystem-Lineup ersetzt, kommt nur alle Jubeljahre vor. Einmal konstruiert und ausgereift, spricht nichts dagegen, solche Tonabnehmer viele Jahre oder Jahrzehnte zu bauen. Das gilt für Ortofons 2M-Baureihe ebenso wie für die MP-Familie von Nagaoka, für Goldrings 10xx-Modelle ebenso wie für viele andere Evergreens. Gar zu hektische Design-Revolten verbieten sich schon wegen der Ersatznadel-Thematik: Es ist einfach gut zu wissen, dass es für System X auch in ein paar Jahren noch kompatiblen Ersatz gibt, idealerweise vom Originalhersteller. Denn auch modernste Diamantnadeln haben nur eine begrenzte Lebensdauer, die eher hunderte als tausende Musikstunden beträgt. Wobei dieses Argument bei Rega nicht wirklich passt. Der englische Hersteller hatte seine jetzt abgelösten MM-Klassiker zuvor fast 40 Jahre lang gebaut – ohne je eine einzige Ersatznadel zu verkaufen. Weil die Nadeln bei diesen Systemen schlicht nicht tauschbar sind.

Bei den obigen Beispielen langlebiger MM-Serien habe ich bewusst nur „echte“ Hersteller genannt, also Firmen, die tatsächlich über eine eigene Fertigung verfügen. Auch die schleifen ihre Diamanten nicht selbst – das wäre verrückt und brächte keinerlei Vorteile. Bei der Konstruktion der Generatoren, der Spulen, Aufhängungen und Gehäuse, haben die Entwickler aber freie Hand. Rega ist aber der einzige mir bekannte Hersteller, der eine solche Fertigung ausgerechnet während der heißen Phase der CD-Revolution neu aufbaute. Und der einzige Vollsortimenter, der nicht nur Plattenspieler und Tonarme, sondern auch Abtaster bis heute komplett in Eigenregie baut. Das waren ab 1987 zunächst mal die Modelle Elys und Bias. Kurz darauf dann das teure, kanariengelbe Exact, auch ein MM. Und natürlich war an denen erstmal alles anders. Auffälligster Unterschied: einteilige, charakteristisch keilförmige Gehäuse mit fest montierter, nicht wechselbarer Nadel. Gegossen aus einem ungewöhnlich harten, glasverstärkten Kunststoff, dann plangeschliffen für perfekten Kontakt zum Headshell. Anschließend mit handgewickelten Spulen und einem diamantbestückten Nadelträger samt Gummilager versehen, der sich in dem einteiligen, supersteifen Gehäuse fühlen durfte, als wäre er direkt mit dem Headshell verwachsen.

ier Sparpackungen: Die Rega-MMs stecken in schlichten Schächtelchen aus weißem Karton. Begleitet werden sie vom üblichen Technik-Waschzettel, einem Satz Edelstahl-Inbusschrauben und dem dazu passenden Schlüssel. Auch den Planar 3 RS, der als Testvehikel und Fotobasis diente, kann man mit Fug und Recht als Sparpackung bezeichnen: Inclusive Upgrade-Riemen, externem DSP-Netzteil, Alu-Laminatzarge und montiertem Nd5 kostet der Spieler gerade mal 1299 Euro

Die Technik von Rega Nd3, Nd5, Nd7

Darum ging’s, wie immer bei Rega: zu verhindern, dass Bewegungsenergie, die der Diamant in der Rille einsammelt, irgendwo anders hingeht als in den Generator, der diese Energie in Signalströme verwandelt. Der lebendige, dynamische Klang aller Rega-eigenen MMs legt vom Erfolg dieser Bemühungen Zeugnis ab. Ebenso die hohe Ausgangsspannung. Erst recht, wenn man erfährt, dass Elys, Bias und später auch Exact keine außergewöhnlich großen Magneten verwendeten und keine extrafetten Spulen. Beide Maßnahmen würden ein System zwar lauter machen, aber auch Nachteile mitbringen: höhere Massenträgheit im Fall des dicken Magneten, begrenzter Hochton samt Resonanzbuckel bei zu hoher Induktivität. Stattdessen ging ein großer Teil der Rega-Power auf das Konto besonders enger Fertigungstoleranzen: Je schmaler der Luftspalt zwischen dem zappelnden Magneten und den ruhenden Polschuhen der Generatorspulen, desto effizienter verläuft die Spannungserzeugung.

Bei Rega dürfte in der Systemfertigung gelegentlich laut geflucht worden sein. Ich habe bei einem Werksbesuch mal dem Mitarbeiter, der gerade ein Exact fertigstellte, ein Weilchen über die Schulter gesehen. Letztlich muss man nur die Nadel unter dem Mikroskop so ausrichten, dass sie a) optisch gerade ist, b) ein Monosignal rechts und links exakt mit dem gleichen Pegel ausgibt und c) dieser Pegel dann auch im zulässigen Wertefenster liegt, das wenige Zehntel eines Millivolts breit ist. Manchmal klappt das ruckzuck, oft sind aber auch viele Versuche und geduldiges Gestochere mit winzigen Werkzeugen notwendig. Nicht immer war die Mühe von dauerhaftem Erfolg gekrönt. Wenn es etwas gab, was meine Liebe zu den – an sich fantastisch klingenden – Rega-MMs abkühlte, dann war es ihre Serienkonstanz, die nicht immer perfekt war. Dass ihre Grundkonstruktion letztlich noch auf dem Stand der Technik der 1970er Jahre beruhte, brachte gelegentlich Exemplare mit Balancefehlern hervor, und auch welche, die klanglich nicht ganz auf dem Niveau der anderen waren. Trotzdem – oder gerade deshalb – entsteht auch die Nd-Serie komplett in Handarbeit in Southend-On-Sea. Nach einem komplett neuen Bauplan, der die charakteristischen Stärken der klassischen Modelle fortführt und mit modernen Mitteln perfektioniert.

Rega Nd7
Interessante Einblicke: Die Seitenfenster sind beim Nd3 rot, beim Nd5 farblos und beim Nd7 gelb. Dahinter kann man die vier Kupferspulen erkennen, von denen je ein diagonal gegenüberliegendes Paar für einen Kanal zuständig ist. Der Bauch und ein großer Teil der Seiten der Systeme sind aus Brummschutz-Gründen metallverkleidet (Foto: B. Rietschel)

Erhalten bleibt – alles andere wäre nicht Rega – das Prinzip des einteiligen Aufbaus mit fest montierter Nadel. Ein Nd3, 5 oder 7 lässt sich, wenn seine Zeit gekommen ist, also nicht durch Aufstecken eines neuen Nadeleinschubs generalüberholen, sondern muss komplett getauscht werden. Ehrlich gesagt stört mich das nicht im Geringsten. Denn den minimalen zusätzlichen Stress habe ich als normaler Hörer nur alle paar Jahre, den offensichtlichen Zugewinn an Genauigkeit und Dynamik dagegen jeden Tag. Ein abziehbarer Nadeleinschub ist nun mal nicht perfekt spielfrei. Weshalb Linn und Nagaoka die Nadeleinsätze ihren teuersten MMs mit Klemmschrauben fixierten. Beide blieben im Grunde aber dem überlieferten Stecksystem treu. Rega dagegen baut seine neuen MMs geradliniger und steifer auf als sogar die meisten MCs: Die Nadeln (und übrigens auch die Spulen) sitzen unmittelbar in einem zentralen, einteiligen Träger, der seinerseits bombenfest mit der Headshell verschraubt ist.

Also entspricht auch der Nadeltausch dem von MCs: Rega bietet Austauschsysteme zu reduzierten Preisen an, die denen typischer Ersatznadeln entsprechen. Der Mehraufwand beschränkt sich also darauf, drei Schrauben zu lösen und wieder festzudrehen, sowie vier Käbelchen abzuziehen und wieder aufzustecken. Zugegebenermaßen ein heikler Schritt, wenn man es nicht ständig macht. Aber erheblich erleichtert durch die direkt ins Nd-Gehäuse geschnittenen Befestigungsgewinde und die Rega-typische Dreipunktbefestigung. In hauseigenen Armen (und nur da) ist die genaue Position des Systems im Headshell durch die dritte, vorne mittig platzierte Schraube eindeutig bestimmt. Zugleich verbindet sich der System-Body noch satter mit dem Arm. Wer ein Nd in einem Fremdarm betreiben will, lässt die dritte Schraube einfach weg und muss dann wie gewohnt mit zwei Schrauben und Justageschablone oder -lehre arbeiten. Auch dann performen die Nds überragend: Das Fünfer und das Siebener durften im Rahmen des Tests auch etliche Stunden in meinem Linn Ekos (auf dem Linn LP12) und in einem SME 345 (auf dem Acoustic Signature Verona Neo) verbringen, wo sie die Qualitäten der jeweiligen Arme und Laufwerke mit MM-untypisch präzisem Strich in den Hörraum zeichneten.

Klar, dass die Festigkeits-Fetischisten von Rega an dieser Stelle keine Wackelei dulden. Sie definieren sogar ein Drehmoment, mit dem die drei Inbusschrauben idealerweise anzuziehen sind: 0,4 Newtonmeter. Und bauen eigens kalibrierte Mini-Drehmomentschlüssel dafür, mit denen man bei den alten Systemen, wo das nötig war, auch noch von unten an die Schraube kommt. Da musste man mit winzigen Muttern hantieren, während sich heute Edelstahl-Inbusse von oben direkt in den Kunststoffbody winden. Die nahezu identischen Gehäuse der MC-Modelle Ania und Ania Pro haben an der Stelle Messing-Gewindebuchsen, aber anscheinend nicht aus Festigkeitsgründen. Tatsächlich verstehe ich den Unterschied nach tagelangem Rein- und Rausgeschraube der drei MMs und ihrer MC-Geschwister noch weniger als vorher. Vielleicht gibt es ja einen geheimen Klangvorteil der Metalleinsätze. Vielleicht ist deren zusätzliche Masse ja erwünschter Ballast. Aber auch die Light-Lösung bei den MMs sorgt beim Anziehen der Schrauben für einen knallharten, unnachgiebigen Anschlag, immer und immer wieder. Das Gehäusematerial, glasverstärktes Polyphenylensulfid (PPS), ist so hart, dass bei internen Tests mit roher Gewalt offenbar die Inbusschrauben brachen, bevor das Gewinde nachgab. Das wollen wir schon mit Rücksicht auf die Armlager nicht nachmachen. Bei Selbstmontage ziehen wir die Schrauben einfach etwas fester an, als wir das sonst so gewohnt sind.

Rega Nd3
Schnörkellos: Glasfasern verleihen dem schwarzen Kunststoffkorpus der Nd-Systeme ein graumeliertes Aussehen und enorme Steifigkeit. Der charakteristische Schnabel schützt im Betrieb die ansonsten völlig exponierte Nadel. Rega-typisch ist die Dreipunkt-Befestigung, die sich an allen hausgemachten Armen und Tonabnehmern findet (Foto: B. Rietschel)

Das PPS-Gerippe der Nds-Reihe verbindet hohe Festigkeit mit geringem Gewicht und einer Maßgenauigkeit, die sonst eher Metall-Frästeilen vorbehalten bleibt. Von außen beplankt ist es mit einer Bodenwanne aus gebogenem, magnetisch schirmendem Blech und kleinen Fenstern aus transparentem Kunststoff ausgestattet, die Einblick in den Generator gewähren. An diesem elektromechanischen Herz des Systems ist alles neu, von den beweglichen Teilen bis hin zu den stationären Spulen. Letztere – jeweils zwei pro Kanal – sitzen jetzt auf individuellen Kernen, was eine perfekt symmetrische Anordnung erlaubt und Kanaltrennung wie Verzerrungsarmut zugutekommt. Die Spulen enden in langen Polstücken, die im Betrieb das Feld des dazwischen schwingenden Magneten einfangen.

Diesem Magneten haben die Nd-Systeme ihren Namen und auch teilweise ihre Qualität zu verdanken: Nd ist das chemische Zeichen für Neodym, einem Seltenerdmetall, das neben Eisen und Bor Hauptbestandteil moderner Supermagneten ist. Rega verwendet es in einer Rezeptur namens N55 – das stärkste kommerziell verfügbare Magnetmaterial überhaupt. Dass sich der Aufwand lohnt, kann man – zumindest anhand von Indizien – im Datenblatt ablesen. Was da auffällt, ist die Kombination aus hoher Ausgangsspannung und nur relativ geringem ohmschem Spulenwiderstand. Der starke Magnet und die effiziente Spulenanordnung erlauben den Briten also, relativ kleine Spulen zu wickeln, ohne Störabstand und Dynamik durch eine geringe Ausgangsspannung aufs Spiel zu setzen. Die kleineren Spulen verbessern direkt die Übertragungsbandbreite des Tonabnehmers. Die ist bei MMs nämlich nicht (nur) durch die mechanischen Grenzen der Abtastung limitiert, also beispielsweise durch die Verrundung der Diamantflanken und die maximalen Beschleunigungen, die der Nadelträger noch weitergeben kann. Selbst wenn diese Punke ideal gelöst sind, bremsen sich MM-Generatoren durch ihre eigene Induktivität auf elektrischem Wege selber aus. Die notorische Empfindlichkeit vieler MMs gegenüber der Abschlusskapazität des Vorverstärkers resultiert aus diesem Sachverhalt: Liegt der Wert zu hoch, entsteht eine Resonanz im Hochton, oft mit deutlicher Überhöhung um 10kHz herum und steilem Abfall darüber. Ein Nd5, Nd3 oder Nd7 verhält sich in dieser Hinsicht zwar immer noch wie ein MM und nicht wie ein MC (wo die Spulen oft nur wenige Dutzend Windungen aufweisen, während es hier immer noch über 1200 sind). Aber eben wie ein besonders breitbandiges und unkritisches MM.

Spulen und Magnet sind bei allen Nd-Modellen gleich aufgebaut. Ebenso das Gehäuse, wenn man mal von der Farbe der Kunststoff-Fenster absieht. Gleichmacherisch agieren die Engländer auch bei der Verpackung, die sie auf ein absolutes Minimum reduziert haben: Statt in den gewohnten, dickwandigen Kunststoffschatullen mit Vergrößerungslinse im Deckel – die gibt’s offenbar weiterhin für die MCs – stecken die neuen Systeme in schlichten Pappschächtelchen. Was langjährigen Analoghörern kaum egaler sein kann, weil eh schon diverse mehr oder weniger pompöse System-Sarkophage in der Vitrine verstauben, deren einstige Bewohner längst in die ewigen Abtastgründe eingegangen sind.

Rega Nd3, Nd5, Nd7: die Unterschiede

Zum Dreier, Fünfer und Siebener wird ein Nd allein durch seine Nadel. Offiziell sogar nur durch deren Diamantspitze. Das Material des Nadelträgers ist laut Datenblatt in jedem Modell einfach „Aluminium“. Wobei das Aluröhrchen beim Nd7 nicht glänzt, sondern mit einem leicht mattgrauen Ton einen zusätzlichen Veredlungsschritt verrät – vermutlich eine härtende thermische oder elektrochemische Oberflächenbehandlung. Damit sich die Systeme im Test fühlen wie zuhause, haben wir als Hör-Vehikel den schicken neuen Planar 3 RS aufgebaut. Das ist ein neuer Dreier mit steiferer, metallkaschierter Zarge, der serienmäßig mit Regas bestem Riemen, dem externen DSP-Netzteil und einem vormontierten Nd5 kommt. Weshalb wir den Hörtest auch mit diesem mittleren der drei Modelle beginnen.

Rega Nd5: die goldene Mitte?

Preislich entspricht das Nd5 am ehesten dem alten MM-Topmodell Exact, von dem ich natürlich ebenfalls ein neuwertiges Exemplar griffbereit habe. Dessen Vital-Nadelschliff weicht im Nd5 einem nackten „perfect elliptical“ Diamanten, der also nicht aus einem flachgeschliffenen konischen Diamanten entsteht wie billigere Ellipsen. Wer will, kann darin dennoch eine Sparmaßnahme gegenüber dem zuvor verwendeten Vital-Schliff sehen. Letzterer, ein von Ogura aus einem Rohdiamant-Stäbchen mit rechteckigem Querschnitt herausgeschliffener Stein, ist schon ein Schmuckstück, wenn man ihn unterm Mikroskop liegen hat. Aber man kauft Tonabnehmer ja nicht zum Anschauen. Und man hört nicht nur den Diamanten, sondern ein komplexes elektromechanisches System mit zahlreichen Einflussgrößen.

Rega Nd5
Das Rega Nd5 mit durchsichtigem Systemkörper (Foto: Rega)

Und so kommt es, dass das Nd5 nicht nur komplett anders ist als das Exact, sondern auch in praktisch jeder Hinsicht besser. Langjährige Exact-Hörer werden vielleicht dennoch etwas vermissen, zumindest zu Anfang. Das ist nicht überraschend, denn schließlich war/ist das Exakt ein großartiger Tonabnehmer mit unverwechselbarem Charakter. Im Mittelton wirkt es geradliniger, griffiger und energischer, verkörpert damit den klassischen „englischen“ Sound noch authentischer als sein Nachfolger. Das Nd5 hat einfach gar keinen Sound. Wer den klassischen Oberbass-Druck und Timing-Biss liebt, kann sich daher vielleicht noch ein paar Flaschen vom guten alten Exact-Stoff in den Keller legen. Es könnte ihm / ihr dabei aber gehen wie mir einst mit dem Linn K18 II, von dem ich drei neue Ersatznadeln über Jahre im Kühlschrank hortete. Und letztlich doch nie benutzte, weil stets neue, bessere Dinge kommen, denen man sich nicht verschließen kann.

Aus Southend-On-Sea strömen solche besseren Dinge gerade zuverlässig und reichlich. Rega-Spieler klingen heute auch nicht mehr so wie vor 30 Jahren. Schon ohne Nd5, und erst recht mit. Das neue System klingt weicher, weiter und verzerrungsärmer als das Exact. Und zwar nicht nur um Nuancen, sondern signifikant. Die größere Bandbreite ist direkt hörbar – als duftig-feine S-Laute, punktgenaue Klavieranschläge und kontrastreich abgesetzte Chorstimmen etwa auf Joni Mitchells The Hissing Of Summer Lawns, in einer frühen, wenn auch nicht der allerersten UK-Pressung. Der jazzige Westküsten-Fusion-Sound dieser im November 1975 erschienenen Platte ist nicht besonders gut gealtert und wirkt heute vielleicht etwas streberhaft – was Mitchells schlafwandlerisch sicheres Songwriting eigentlich gar nicht nötig hat. Fans von Larry Carlton, Robben Ford, James Taylor und den ganzen anderen Virtuosen, die hier versammelt sind, sehen das sicher anders und erhalten einen Logenplatz direkt hinterm Kontrollraum-Fenster.

Wir wechseln zu einer Platte, die je nach Spieler eine Jekyll- und eine Hyde-Persönlichkeit freisetzen kann: Jens Lekmans When I Said I Wanted To Be Your Dog. Klanglich war ich von der Platte anfangs entsetzt, weil sie mit keinem Spieler verzerrungsfrei abspielbar war. Schuld sind die sehr üppigen Höhen in Lekmans Gesang und oft auch bei den Streichern.

Jens Lekmans When I Said I Wanted To Be Your Dog
Musikalisch/stilistisch einfach nur wunderbarer Kammerpop mit lässig-raffinierten Melodien und glitzernden Arrangements im Sixties-Stil: Jens Lekmans „When I Said I Wanted To Be Your Dog“ (Cover: imusic)

Mit dem Nd5 passiert etwas fast schon Wundersames: Aus dem hellen Gezische wird präzise Artikulation, feiner, reicher Oberton und großformatige Rauminformation. Das Lo-Fi-Schreckgespenst verwandelt sich ganz unerwartet in eine audiophile Charme-Offensive in glitzerndem Vintage-Dekor. Und wir gewinnen eine Erkenntnis: Ihre ungebremsten Höhen machen diese Platte unter idealen Bedingungen eben nicht hell und giftig, sondern natürlich, weiträumig und dynamisch. Im Nachhinein bin ich froh, vor über 20 Jahren direkt die erste Pressung aus dem Neuerscheinungen-Fach gezogen zu haben: lackgemastert von einem unbekannten Ingenieur, gepresst im riesigen, qualitativ eher berüchtigten United-Presswerk in Nashville, halten sich die technischen Schlüsselreize in engen Grenzen. Aber würde ich die Scheibe jetzt noch gegen das zwei, drei Jahre später nachgeschobene Repress eintauschen, das prominent von Kevin Gray geschnitten und von RTI in Kalifornien gepresst wurde? Nach der Performance auf dem Rega P3RS mit Nd5 würde ich tippen: eher nicht.

Rega Nd3: Der Pionier

 Die United-Pressung knistert etwas, und selbst mit dem Nd5 gibt es aus The Cold Swedish Winter ein paar grenzwertige Sibilanten. Nicht weil das Nd5 in diesem Punkt problematisch wäre – im Gegenteil: Auch schwierige Vocals gleiten dem System so silbrig-fein über die Spulen, dass selbst das hoch kultivierte Ortofon 2M Bronze dem Rega hier nichts vormachen kann. Dito beim Raum, der weit und suggestiv, mit akkurat protokollierten Hallanteilen aus den Tannoys kommt. Der englische Hersteller wildert damit in einem Terrain, das eigentlich Riesen wie Ortofon und Audio-Technica vorbehalten ist: Keiner baut aktuell ein preislich vergleichbares MM, das es in der Summe seiner Eigenschaften mit dem Nd5 aufnimmt. Das kann sich natürlich ändern, weil man in Dänemark und Japan auch nicht schläft, die dortigen MM-Baureihen aber schon etliche Jahre auf dem Buckel haben…

Rega Nd3
Das Rega Nd3 mit rotem Systemkörper (Foto: Rega)

Das zeigt sich auch beim Vergleich des Nd3 mit dem Ortofon 2M Blue. Das Blue ist ein höchst objektives, präzise abtastendes System, mit dem ich schon viel Spaß hatte und das ich lange zum Digitalisieren meiner Platten eingesetzt habe – als das noch ein Thema war, also in iPod- und Prä-Streamingdienst-Zeiten. Eleganter spielt aus heutiger Sicht aber das Nd3, mit vergleichbar feiner Auflösung, aber einem noch glatteren, organisch-weicheren Mittelton. Nadeltechnisch – bonded-elliptisch, Aluträger – entspricht das Nd3 eher dem 2M Red, das gewohnt dynamisch, aber auch hemdsärmeliger als das Rega musiziert. In einem Planar 2, der normalerweise mit dem bei Audio-Technica gebauten Rega Carbon aus der Schachtel steigt, bedeutet das Nd3 einen riesigen Upgrade-Schritt: Das hausgemachte System spielt genauso groovy wie die OEM-Einstiegslösung, fächert aber den Raum viel weiter auf und lässt Instrumente in intensiveren Klangfarben leuchten.

Rega Nd7: Der Grenzgänger

Dass oberhalb des fabelhaften Nd5 noch so viel Luft ist, glaubt man erst, wenn das Nd7 läuft. Dann geht es aber sehr schnell: Wo kommt denn plötzlich die ganze Dynamik her, wenn sich Joni Mitchell zu einem ihrer vertrackten Melodiebögen aufschwingt? Welche magische Zutat verleiht der Stimme und dem Piano diese Festigkeit, die an polierten Edelstein erinnert? Und wie kann ein System, das einen so delikaten Mittelton zubereitet, gleichzeitig auch noch den Bass um ein bis zwei Geschosse unterkellern? Das Nd7 zeigt eine dynamische Spannweite und Unmittelbarkeit, die im Blindtest auch zu einem guten MC-System gepasst hätte. Jens Lekman legt unter der Ägide des Siebeners auch noch die letzten Schärfen ab, singt aber trotzdem noch plastischer, mit noch realistischerem Volumen und lebendigerem Timbre. Die ansatzlose Genauigkeit und Stimmigkeit dieses Klangs ist fast schon gespenstisch – und doch irgendwie logisch. Denn, dass der Nd-Generator außergewöhnlich sensibel und transparent arbeitet, legten ja bereits die in diesem Punkt baugleichen kleinen Nds nahe.

Rega Nd7
Das Rega Nd7 mit gelbem Systemkörper (Foto: Rega)

Beim Nd7 erfährt dieses Talent nun die konsequenteste Förderung. Dafür verbauen die Briten hier eine filigrane, fein funkelnde Diamantnadel vermutlich Schweizer Herkunft, die mit ihrem Fineline-Profil auch zum Beispiel das 1600-Euro-MC Apheta 3 und sogar die 4500-Euro-Referenz Aphelion 2 schmückt. Im Nd7 sitzt sie zwar an einem einfacheren Träger als bei den teureren Modellen – hier muss ein gehärtetes, zylindrisches Aluröhrchen ausreichen, während das Apheta einen konischen Aluträger und das Aphelion ein Stäbchen aus Bor verwendet. Aber das reicht immer noch für einen hochmodernen, lupenreinen Sound, der selbst mit kompliziertesten Aufgaben einfach nur größer und eindrucksvoller wird.

Rega Nd
Nächster Halt Moving Coil: Das Nd7 (links) liegt nur noch 120 Euro vom Rega Ania entfernt, dem erschwinglichsten MC-System aus Southend-on-Sea (Foto: B. Rietschel)

Was aber kann das Nd7 im Vergleich zum ähnlich teuren Ania MC? Seite an Seite fotografiert, offenbaren die Systeme ihren sehr ähnlichen Aufbau, der sich sowohl von sonstigen MMs als auch von gewöhnlichen MCs deutlich unterscheidet. Weicher und feiner klingt von diesen beiden tatsächlich das Nd7 mit deinem edleren Fineline-Diamanten. Das Ania wirkt dagegen noch etwas zupackender und dynamischer.

Fazit Rega Nd3, Nd5, Nd7

Der harte, aber auch im Ausdrucksspektrum leicht vereinfachte Kick der klassischen Rega-MMs hat mit den NDs eine moderne Entsprechung gefunden: Unforciert, offen und fein klingt jedes einzelne Nd-Modell – und in dieser Hinsicht auch den Mitbewerbern von Ortofon und Audio-Technica mindestens ebenbürtig. Im dynamischen Ausdruck sind die Regas nach wie vor eine Klasse für sich. Dank der besseren, ausgewogeneren Tonalität wird das dem Hörer oder der Hörerin nun aber nicht mehr so offensichtlich auf die Ohren gerieben wie früher. In vertrauten technischen Umfeld eines Rega-Spielers laufen die neuen MMs erwartungsgemäß zu Hochform auf. Sie sind aber – anders als ihre Vorgänger – auch mit beliebigen Fremdfabrikaten praktisch unbeschränkt kompatibel. Wo immer ein leichter bis mittelschwerer Arm nach einem universellen Partner sucht, gehören nun neben den üblichen Verdächtigen also auch Regas in die allerengste Auswahl. Und ja: Alle drei sind fantastisch. Und das Nd5 ist in seiner Preisklasse noch ein bisschen besser…

 

 

Rega Nd5
2025/03
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Hohe, verzerrungsfreie Abtastfähigkeit
Hohe Dynamik, neutrales, nuancenreiches Klangspektrum
Einfach zu montieren, bombenfester Halt im Headshell
Den Nadelschutz aufzustecken, erfordert Konzentration und Treffsicherheit

Vertrieb:
TAD Audio Vertriebs GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau
www.tad-audiovertrieb.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rega Nd3: 229 Euro
Rega Nd5: 399 Euro
Rega Nd7: 579 Euro

Die technischen Daten

Rega Nd3, nd5, nd7
Technisches Konzept:Tonabnehmer Moving Magnet
Abtaster-Spitze Nd3 / Nd5 / Nd7:elliptisch, verklebt/ elliptisch, nude diamond / Fine line nude Diamond
Spulen-Anordnung:parallel-coils
Ausgangsspannung:5 – 6 mV
Auflage-Empfehlung Aphelion 2::1,75 Gramm
Gehäusefarbe Nd3 / Nd5 / Nd7:Rot / Klar / Gelb
Alle technischen Daten
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Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.