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RME ADI-2/4 Pro SE – Front view
Fühlt sich im Tonstudio ebenso zuhause wie in der heimischen HiFi-Anlage: Der Multifunktions-A/D-D/A-Wandler und Kopfhörer-Preamp RME ADI-2/4 Pro SE für 2.045 Euro (Foto: RME)

AD-DA-Headphone-Amp RME ADI-2/4 Pro SE – HiFi trifft Pro Audio

RME zählt zu den wenigen Elektronik-Herstellern, die sich im Pro-Audio- wie im HiFi–Bereich gleichermaßen etabliert zeigen. Das beweist einmal mehr der hier vorgestellte Multifunktions-DAC RME ADI-2/4 Pro SE. Ganz nach Art des Hauses im Rack-tauglichen 19-Zoll-Halbformat-Gehäuse daherkommend, vereint er A/D-Wandler, D/A-Wandler, Kopfhörer- und Preamp inklusive einem – man höre und staune – nach R.I.A.A-Norm entzerrtem Phono-Frontend. Ein perfektes Crossover also von HiFi und Pro Audio.

Beide Zielgruppen spricht der RME ADI-2/4 Pro auf spezifische Weise an: zum einen aktive HiFi-Praktiker, die neben einem ultraflexiblen D/A-Wandler plus 2-fach-Kopfhörer-Amp auch einen hochwertigen A/D-Wandler benötigen. Tonschaffende hingegen, egal ob Bedroom-Producer oder Vollprofis, erhalten mit ihm darüber hinaus ein kompaktes, ultraflexibles Tool, das mit seinem geballten Ausstattungspaket auch anspruchsvolle Aufgaben abdeckt – beispielsweise beim Tonträger-Mastering.

RME ADI-2/4 Pro SE with Remote Controller
Der RME ADI-2/4 Pro SE ist jüngstes Mitglied und zugleich Top-Modell der ultrakompakten ADI-2-Pro-Familie. Angenehm: Auch eine Fernbedienung gehört zum Lieferumfang (Foto: RME)

Bemerkenswert ist, dass beide Anwenderkreise hierbei keine wechselseitigen Kompromisse eingehen müssen. Dank symmetrischer wie unsymmetrischer Ein- und Ausgangsarmaturen verbindet sich der ADI-2/4 Pro SE gleichermaßen problemlos mit Pro-Audio-Equipment wie mit HiFi-Geräten. Eine interne, fünfstufige Referenzpegel-Automatik – die selbstverständlich auch manuelles Auswählen erlaubt – sorgt dabei in beiden „Welten” stets für optimalen Rauschabstand und geringstmögliche Signalverzerrungen bei gleichzeitig hohen Dynamikreserven. Zwei individuell pegelbare, extrem leistungsfähige Kopfhörerausgänge ermöglichen dem HiFi-Fan unter anderem den aussagekräftigen A-B-Klangvergleich von Kopfhörern, während Tonstudio-Profis hierdurch beispielsweise ihre Produktionen mit zwei unterschiedlichen Typen von Kopfhörern überprüfen können.

Ebenso wie bei den anderen RME-Komponenten im 19-Zoll-Halfspace-Format übernimmt auch beim ADI-2/4 Pro SE ein externes, mitgeliefertes Schaltnetzteil die Stromversorgung – dank 40 Watt Ausgangleistung sogar ein ausgesprochen kräftiges. Die Alternative hierzu: RME bietet seit kurzem mit der DPS-2 eine extrem hochwertige Power-Supply-Einheit an. Freilich dient diese nicht nur als Upgrade für den ADI-2/4 Pro SE, sondern ebenso für alle anderen 19-Zoll-Halfspace-Komponenten im RME-Line-Up. Genannt seien hier beispielsweise die bei LowBeats getesteten RME-Audio-Interfaces Babyface Pro, ADI-2 DAC, ADI-2 Pro sowie der ADI-2 Pro FS R Black Edition. Gründe genug also, dass wir der DPS-2 einen separaten Test widmen werden.

RME ADI-2/4 Pro: Das Beste für zwei Welten

Wie die Typenbezeichnung bereits andeutet, verfügt der RME ADI-2/4 Pro über eine zweikanalige Eingangs-Sektion sowie zwei ebenfalls zweikanalige, jeweils unterschiedlich nutzbare Ausgangs-Sektionen. RME-kundige Leser kennen dieses Konzept bereits vom (auch weiterhin erhältlichen) ADI-2 Pro FS R. Der ADI-2/4 Pro geht hier allerdings noch einen – technisch recht aufwändigen – Schritt weiter. Während der ADI-2 Pro FS R seinen Stereo-Vorverstärker-Ausgang abschaltet, sobald man einen zweiten (oder aber einen symmetrisch beschalteten) Kopfhörer anschließt, steht der Preamp-Ausgang beim ADI-2/4 Pro auch beim Anschluss zweier normaler (oder aber eines symmetrischen beschalteten) Kopfhörer(s) uneingeschränkt zur Verfügung – eigentlich also ein 2-Input/6-Output-Konzept. Details zum Signalfluss beim RME ADI-2/4 Pro können Techies dem nachfolgenden Blockschaltbild entnehmen.

Block diagram RME ADI-2/4 Pro SE
Blockschaltbild RME ADI-2/4 Pro SE: In der sogenannten Class-Compliant-Betriebsart stehen alle Ein- und Ausgänge direkt via USB zur Verfügung. Damit lässt sich der ADI-2/4 Pro im Tonstudio auch als mehrkanaliges Audio-Interface einsetzen. (Grafik: RME)

Über das Technikkonzept des RME ADI-2/4-Pro, die gebotenen Features und deren Anwendung ließen sich in der Tat Bücher schreiben. Den verkörperten Beweis hierfür erbringt die Bedienungsanleitung, die allein in deutscher Sprache stattliche 114 Seiten umfasst. (Nicht nur) für RME-Einsteiger sind also die zuschaltbaren Bedienungshilfen wie Betriebsartenvorwahl oder Referenzpegel-Automatik sehr hilfreich – mit ihnen gelingt es, bereits wenige Minuten nach dem Auspacken Musik erklingen zu lassen.

RME ADI-2/4 Pro SE – rear view (Foto: RME)
Auf vielfachen Kundenwunsch findet sich auf dem rückseitigen Anschluss des RME ADI-2/4 Pro SE nun auch eine TriggerOut-Buchse zum Ferneinschalten von beispielsweise Aktivlautsprechern oder Leistungsendstufen. Die Sub-D-Armatur dient dem Anschluss des mitgelieferten Break-Out-Kabels für die digitalen Ein- und Ausgänge (Foto: RME)

Das jedoch ist nur der Einstieg. Sämtliche verfügbaren Ressourcen entdecken wissbegierige Besitzer hernach bei ausgiebigen Streifzügen durch zahlreiche Menüs. Hier finden sich auch Pro-Audio-spezifische Optionen, wie etwa der USB-Class-Compliant-Modus für Mehrspur-Anwendungen sowie ein weiteres, nützliches Pro-Audio-Feature: Der mit TRS-Klinkenbuchsen versehene, zweite Preamp-Output lässt sich alternativ zum normalen Signalweg 1/2 auch dem Signalweg 3/4 zuschalten. Das ermöglicht beispielsweise den Anschluss eines zweiten Aktivlautsprecher-Paares, sodass man beim Mastering bequem zwischen Main- und Aux-Monitoren umschalten kann – wohlgemerkt mit jeweils eigenen, vollparametrischen-Equalizern zur akustischen Ortsanpassung. Schnelle und kompetente Hilfe erhält, wer zu aufkommenden Fragen beim Features Erforschen die sehr gut gegliederte, zudem äußerst informative Bedienungsanleitung konsultiert.

Setup via Display, Software oder App

Gleich einer klassischen HiFi-Komponente lässt sich der RME ADI-2/4 Pro SE zunächst mal vollkommen autark in der heimischen Anlage betreiben. Auch sind im Stand-Alone-Betrieb alle Menüoptionen verfügbar – diese werden dann über die drei frontalen Drehgeber mit Rückmeldung über das kleine, aber knackscharfe Display eingegeben. Dabei bietet der ADI-2/4 Pro SE äußerst umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten, was sein individuelles Einrichten für alle erdenklichen Anwendungen erlaubt. Selbstverständlich lassen sich erstellte Szenarien als Presets abspeichern; was blitzschnelles Umschalten zwischen unterschiedlichen Betriebszuständen möglich macht.

Das Erstellen individueller Setups kann dabei auf dreierlei Weise erfolgen: entweder direkt am Gerät via optischer Rückmeldung über das Display, oder per USB-andockendem Computer über die kostenlose Software RME ADI-2 Remote, die wir hier bereits ausführlich vorgestellt haben. Für all diejenigen, die mit ihrem iPad über den RME ADI-2/4 Pro SE Musik aufnehmen oder produzieren, ist ADI-2 Remote darüber hinaus auch als PadOS-Version verfügbar.

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Software RME ADI-2 Remote Line In
RME ADI 2 Remote: Das Line-In-Menü ist für die A/D-Wandler-Sektion zuständig. Beim ADI-2/4 Pro SE lässt sich hier auch die Phonostufen-Funktion aktivieren (Screenshot: J. Schöder)
Software RME ADI-2 Remote Line Out
RME ADI 2 Remote: Wie der Name bereits vermuten lässt, werden im Line-Out-Menü die Line-Ausgänge konfiguriert (Screenshot: J. Schröder)
Software RME ADI-2 Remote Phones 3/4
RME ADI 2 Remote – Phones 3/4-Menü: In diesem Menü wird das Setup für den zweiten der beiden Kopfhörerverstärker vorgenommen – die verfügbaren Optionen sind identisch zum Phone 1/2-Menü (Screenshot: J. Schröder)
Software RME ADI-2 Remote Device
Software RME ADI-2 Remote: Im Device-Menü erfolgen die Hardware-Grundeinstellungen. (Screenshot: J. Schröder)
Software RME ADI-2 Remote State Overview
Software RME ADI-2 Remote State Overview: Das Menü State Overview verschafft einen schnellen Überblick über den aktuellen Betriebszustand sowie die an den Ein- und Ausgängen jeweils anliegenden Audio-Signale. (Screenshot: J. Schröder)
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Haben eifrige ADI-2/4-User die Setup-Software erstmal benutzt, werden sie hernach eher selten das Setup direkt am Gerät vornehmen wollen. Naturgemäß kann die ADI-2 Remote die Fülle aller verfügbaren Optionen via Bildschirm weitaus übersichtlicher darstellen als das Geräte-Display. Vor allen Dingen aber beschleunigt ADI-2 Remote den Zugriff auf die einzelnen Parameter ungemein, da sich die Ein- und Ausgangssektionen ebenso wie die allgemeinen Einstellungen über jeweils separate Registerkarten aufrufen lassen.

Dank seiner Feature-Vielfalt eignet sich der RME ADI-2/4 Pro bestens als analog-digitaler Preamp in HiFi-Systemen. Dazu gehört angenehmerweise auch eine Fernbedienung: Beim ADI-2/4 Pro hat man die Wahl zwischen dem mitgelieferten, kompakten IR-Commander oder aber einer bereits vorhandenen, mithilfe der RME-Code-Tabelle individuell programmierbaren, IR-Fernbedienung. Zudem verfügt der beiliegende IR-Commander über sieben selbst belegbare Tasten, denen sich beliebige Befehle aus einer Tabelle von 61 Optionen zuordnen lassen – darunter auch recht spezielle. Beispielsweise ermöglicht dies, vom Hörplatz aus beim D/A-Wandler zwischen (sieben!) unterschiedlichen Digitalfilter-Charakteristiken umzuschalten.

Vertrautes Outfit – neue Technik

Obwohl der RME ADI-2/4 Pro SE optisch wie auch konzeptionell dem ADI-2 Pro recht nahekommt, ist er technisch definitiv keine „aufgebohrte“ Neuauflage von diesem. Nicht ohne Grund also legte er hinsichtlich  Gehäusetiefe um knapp 25 Prozent zu.

Wir erinnern uns (…nur ungern): Vor nunmehr vier Jahren verwüstete ein dreitägiger Großbrand beim japanischen Chip-Hersteller Asahi Kasei Microsystems in Nobeoka (Kyūshū) ausgerechnet die Fabrikationsstätte vollständig, in der hochwertige Audio A/D- und D/A-Wandler gefertigt wurden. Ein schwerer Schlag für die gesamte Audio-Branche – nicht nur, weil die Preise für letzte, noch erhältliche Chips der den Markt dominierenden AKM-449x-Familie quasi durch die Decke gingen. Vielmehr mussten etliche Audio-Elektronik-Hersteller ihre Produktpalette in Windeseile auf A/D- und D/A-Chips von anderen Hersteller umstellen.

Auch RME blieb hiervon nicht verschont: So kam es, dass in später gefertigten Hardware-Revisionen vom ADI-2 DAC anstelle der ursprünglichen AKM- bereits Wandlerbausteine vom amerikanischen Spezialisten ESStech arbeiteten. Der RME ADI-2/4-Pro SE hingegen zeigt sich gleich von vornherein konsequent auf die aktuell besten ESStech-Chips hin ausgelegt – namentlich der 32bit-A/D-Wandler ES9822Pro sowie dessen D/A-Pendant ES9038Q2M – der gleich als Duo für vier Ausgänge.

Konsequent digital: der Phono-Eingang

Das ermöglichte den RME-Entwicklern, sämtliche der von den ESStech-Bausteinen gebotenen Ressourcen zu nutzen. Und da kann der A/D-Wandler ES9822Pro eine äußerst attraktive Finesse vorweisen: Seine interne DSP-Einheit (Audio-Signalprozessor genannt) ermöglicht nicht nur Signalverstärkung durch digitales Skalieren, sondern auch das Implementieren digitaler Filter quasi „on chip“ – eine Steilvorlage für RME, den ADI-2/4 Pro auf äußerst elegante Weise mit einem nach R.I.A.A re-entzerrtem Phono-Eingang auszustatten. Mit fünfstufig wählbarer Verstärkung von bis zu 44 Dezibel (knapp 160fach) beschränkt sich der unsymmetrisch arbeitende Phono-Input dabei auf die Zusammenarbeit mit Moving-Magnet-Tonabnehmern.

Vinyl-Entzerrung per Digitalfilter – souverän meistert der RME ADI-2/4 Pro SE auch diesen Brückenschlag zwischen analog und digital. Wie die LowBeats-Messungen am Phasengang erkennen lassen (siehe Diagramm 2 in nachfolgender Slideshow), gelangen bei ihm sogenannte Infinite Impulse Response-(IIR-)Filter zum Einsatz: Diese besitzen auf digitaler Ebene identische Eigenschaften wie herkömmliche, analoge Entzerrer-Netzwerke mit passiven Bauelementen. Diagramm 3 zeigt die Messung am Preamp-Ausgang via Phono-Eingang, ermittelt per ultrapräzisem R.I.A.A-Testsignal laut Diagramm 1. Nicht nur der Amplituden-, sondern auch der Phasenfrequenzgang verlaufen vorbildlich linear und zeigen damit perfektes R.I.A.A-Korrekturverhalten.

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velocity-amplitude-phase-response-riaa-pre-emphasis
Referenz Schallplatten-Schneidkennlinie: Amplituden(grün)- und Phasen(blau) Frequenzgang der Schnelle mit R.I.A.A-Pre-Emphasis. Mit diesem hochpräzisem Testsignal misst LowBeats das Übertragungsverhalten von Phono-Eingängen. (Messung: J. Schröder)
amplitude-phase-response RME ADI-2 Pro SE RIAA De-emphasis
Exaktes Spiegelbild (fs = 96kHz): Dank minimalphasiger IIR-Filter – erkennbar am Phasenfrequenzgang (blaue Kurve) – arbeitet der Phonoeingang des ADI-2/4 Pro SE auf digitaler Ebene ebenso wie ein rein analoges Filter. (Messung: J. Schröder)
amplitude/phase response RME ADI-2/4 Pro SE phono-input. Test signal: R.I.A.A. Pre-Emphasis
Glattes Ergebnis (fs = 96 kHz): Perfekt entzerrt zeigen sich Amplituden (rot)- und Phasenfrequenzgang (blau) beim Einspeisen des R.I.A.A.-Referenzsignals aus Diagramm 1 – so soll es sein. (Messung J. Schroeder)
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Ein weiteres „Special“ beim Phono-Eingang ist die ebenfalls digital arbeitende Mono-Bass-Funktion. Hinter dem eher schnöden Namen versteckt sich eine technisch ziemlich clevere Einrichtung, die auf Wunsch lästige, vinyl-typische Störgeräusche wie Laufwerkrumpeln, Rillengeräusche oder auch akustische Rückkopplung wirksam unterdrückt. Erreicht wird dies durch signalabhängiges, dynamisches Zusammenführen stereofoner Anteile in beiden Kanälen bei tiefen Frequenzen unterhalb von 150 Hertz. Klangverluste sind hierdurch kaum zu befürchten, muss doch beim Vinyl-Mastering aus technischen Gründen ohnehin im Tiefsttonbereich mit eingeschränkter Stereo-Basisbreite, oftmals sogar gänzlich monofon gearbeitet werden.

Headphone-Power im Doppelpack

Ebenso wie sein konzeptioneller Vorreiter ADI-2 Pro verfügt auch der RME ADI-2/4 Pro SE über zwei technisch identische, separat einpegelbare Kopfhörer-Ausgänge. Mit jeweils stattlichen 2,1 Watt Ausgangsleistung pro Kanal bei 32 Ohm Lastwiderstand fielen seine Endstufen nochmals um 40 Prozent kräftiger aus. Das entspricht einer effektiven Ausgangsspannung von knapp 8 Volt, womit der RME ADI-2/4 Pro SE selbst „hungrigste“ Kopfhörer auf Trab bringen kann – und dabei noch über reichliche Aussteuerungsreserven für Dynamikspitzen verfügt.

Alternativ zum parallelen Betrieb zweier Kopfhörer mit üblichem, dreipoligem Klinkenstecker kann der ADI-2/4-Pro SE auch einen symmetrisch beschalteten Kopfhörer antreiben. Dieser kann bei ihm über eine separate, 5-polige 4,4-Millimeter-Pentaconn-Buchse direkt andocken, während der ADI-2 Pro FS hierfür noch einen speziellen Y-Adapter erforderte.

RME ADI-2/4 Pro SE – Front view
Zum direkten Anschluss symmetrisch beschalteter Kopfhörer mit 5-poligem Pentaconn-Stecker besitzt der RME ADI-2/4 Pro SE nun eine frontseitige Buchse. (Foto: RME)

Neben zwei leistungsfähigen Headphone-Amps bringt der ADI-2/4 Pro SE allerdings noch weitere Funktionen mit, die ihn zum idealen Partner für Kopfhörer-Vergleichstests machen. So sind die Kopfhörer-Ausgänge nicht bloß individuell einpegelbar – denn, einmal angepasst, lassen sie sich per Knopfdruck zudem gemeinsam in der Lautstärke verändern. Zudem stehen für beide Ausgänge jeweils fünfbändige, vollparametrische Equalizer zur Verfügung, die individuelle und äußerst feinfühlige Grundentzerrungen für die zu vergleichenden Hörer ermöglichen.

Ein weiteres, reizvolles Feature für Headphone-Fans ist die Crossfeed-Einrichtung: Um der bei Kopfhörerwiedergabe typischen Im-Kopf-Lokalisation entgegenzuwirken und damit dem Höreindruck über Lautsprecher näherzukommen, reduziert Crossfeed gezielt die Stereo-Kanaltrennung bei mittleren und hohen Frequenzen. Dies geschieht über fünf wählbare, unterschiedliche Charakteristiken – inklusive der hierfür wohl geläufigsten Bauer Binaural Methode. Crossfield lässt sich dabei auch dem Line-Ausgang zuweisen, nützlich beispielsweise, um damit gerenderte Audiofiles aufzuzeichnen.

Angesichts seiner hohen Ausgangsleistung zeigt sich der RME ADI-2/4 Pro mit umfangreichen Schutzeinrichtungen ausgestattet. So sind die Headphone-Anschlüsse mit Sensorkontakten versehen, die beim Ein- und Umstecken von Hörern deren Lautstärke via DSP zunächst stummschalten und dann allmählich hochfahren. Das verschafft dem Benutzer genügend Reaktionszeit, eventuell allzu laut voreingestellte Pegel gehörschonend und rechtzeitig abzusenken.

Selbstverständlich verfügt auch die Hardware selbst über effektive Arbeitsschutz-Maßnahmen: Aktive Strombegrenzungen bei den Kopfhörerausgängen sorgen dafür, dass bei hohen Ausgangspegeln an niedrigen Hörer-Impedanzen unterhalb von 20 Ohm oder gar Kurzschlüssen nichts „anbrennt“.

RME ADI-2/4 Pro SE: die hohe Kunst des Nicht-Klangs

Seit mehr als vier Jahren nutzt LowBeats den RME ADI-2 Pro FS R als Quasi-Standard – und das nicht nur für intensive Hörvergleiche mit anderen DACs, Vergleichstests von hochwertigen Kopfhörern oder zum Erstellen von Audiofiles fürs LowBeats Klang Orakel. Aufgrund seiner mustergültigen elektrischen Werte dient unser „Addy“ ebenso als unbestechliches Frontend für besonders kritische, messtechnische Anwendungen – beispielsweise von Kabeln.

Daher lag es nahe, den RME ADI-2/4 Pro SE vor allem dem testbewährten Maßstab ADI-2 Pro FS im Hörvergleich gegenüberzustellen. Das Spannende daran: Unser ADI-2 Pro FS arbeitet noch mit A/D- und D/A-Wandlern aus dem Hause Asahi Kasei Microdevices, so dass sich die Frage nach hörbaren Unterschieden in der Wandlerbestückung geradezu aufdrängte.

Neuere wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Wahrnehmungspsychologie weisen darauf hin, dass sich subtile Klangunterschiede bei Hörvergleichen oftmals erst im Laufe von Langzeittests manifestieren. Drum nahm denn auch unser RME-ADI-2x-Vergleich bei intensiver Nutzung der beiden mehr als 12 Monate in Anspruch. Das Ergebnis: Ja, es gab gewisse klangliche Differenzen – der ESStech bestückte ADI-2/4 Pro SE wirkte minimal stringenter, während der AKM-bestückte ADI-2 Pro einen Hauch atmosphärischer daherkam.

Jedoch sind beide Beschreibungen bereits übertrieben, weil sie tatsächlich an der Wahrnehmbarkeitsschwelle lagen. Bei einigen Titeln, beispielsweise „We Have Time“, auf dem wunderschönen Album „LOM“ des Berliner Jazz-Trios Taranczewski, schien der Raum um den Snare-Besen mal beim ADI-2 Pro, mal beim ADI-2/4 Pro SE eine Spur authentischer. Ein echtes Gut-Besser-Urteil zu fällen, gelang indes nicht. In der Tat fielen die Klangunterschiede ihrer jeweils umschaltbaren Digitalfilter weitaus größer aus als diejenigen zwischen den Geräten selbst.

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Überraschend „parkettfest“ präsentierte sich der Phonoeingang des ADI-2/4 Pro SE: Eigentlich für MM-Tonabnehmer konzipiert, langte es bei maximaler Verstärkung sogar knapp für „laute“ MC-Tonabnehmer. So erreichte die Pegelanzeige beim Abspielen „heiß“ geschnittener 12″-EPs mit dem Moving-Coil-Dauerbrenner Lyra Delos immerhin die -9dBFS-Marke. Für MM-Tonabnehmer mit ihrem durchschnittlich 10-fach höherem Ausgangspegel (+20dB) liegt die Eingangsempfindlichkeit somit im optimalen Einstellbereich. Dabei fällt das Eigenrauschen selbst bei maximaler Verstärkung erfreulich gering aus.

Einen durchweg positiven Eindruck hinterließ die Phono-Sektion auch in klanglicher Hinsicht. Die Musik spielte „erwachsen“, rund und stimmig – im besten Sinne „analog”. Kurzum: Der RME ADI-2/4 Pro SE machte wieder Lust auf Vinyl. Auch ließ er sofort erkennen, das für Vinyl erstellte Master anders ausfallen (müssen) als digitale. Praktischer Vorteil seiner „ehrlichen“ Spielweise: Fehljustagen von Auflage- oder Skatingkraft waren eindeutig hörbar – und somit prompt zu beheben. Die besten Klangergebnisse erzielte der ADI-2/4 Pro SE bei einer Abtastrate von 96 Kilohertz: Unterhalb davon wirkte das Klangbild etwas mechanischer, oberhalb 96kHz eine Spur gedeckter.

Klanglich relativ unauffällig, aber durchaus effektiv arbeitete die Mono-Bass-Funktion. Ähnlich der Crossfeed-Einrichtung für Kopfhörer rückte sie die Stereo-Perspektive ein wenig zusammen, ohne sie merklich einzuschränken. Selbst beim recht aufwändigen Test-Setup mit einem „unerschütterlichen“ Direkttriebler, dem Thorens TD 524, reduzierte Mono Bass das Störspektrum aus Rillenrauschen und subsonischen Anteilen um immerhin rund 5 Dezibel.

Fazit RME ADI-2/4 Pro SE

Erdacht hat RME die ADI-Familie ursprünglich als sogenanntes Referenzdesign. Der ultimative Maßstab also, an dem sich zukünftige, hauseigene Produktentwicklungen – auch im wahrsten Wortsinn – zu messen haben. Zudem sollte das Referenzdesign möglichst viele RME-typische Anwendungsbereiche und -fälle abdecken können – was das Implementieren einer Vielzahl unterschiedlichster Funktionen erforderte.

Diese Referenzdesign-Leitlinie führt der RME ADI-2/4 Pro SE konsequent fort: Als derzeit höchste Evolutionsstufe zeigt er sich in technischer Hinsicht absolut kompromisslos, was sich dann auch in geradezu vorbildlichen, elektroakustischen Spezifikationen manifestiert.

Galt bei der Ausstattung laut RME-Flyer bereits beim ADI-2-Pro FS R „industry’s biggest feature per footprint ratio“, legt der ADI-2/4-Pro SE nicht nur im Pro-Audio-, sondern auch beim HiFi-Nutzwert nochmals zu. So sorgt die erweiterte Referenzlevel-Einstellung für noch flexiblere Anpassungsmöglichkeiten an HiFi-übliche Signalpegel. Dank integrierter Phonostufe lassen sich jetzt sogar MM-Tonabnehmer-bestückte Plattenspieler direkt anschließen. Des weiteren ermöglicht die frontseitige Pentaconn-Buchse nunmehr adapterfreien Betrieb von symmetrisch beschalteten Kopfhörern mit dem praktischen 5-Pol-Stecker.

Auch in klanglicher Hinsicht erfüllt der RME ADI-2/4 Pro SE souverän sämtliche von seinem Vorreiter ADI-2 Pro FS gesetzten, hohen Maßstäbe: Hinsichtlich tonaler Neutralität, Präzision und Detailreichtum wird sich nicht bloß in seiner Preisklasse um 2.000 Euro kaum besseres finden.

RME ADI-2/4 Pro SE
2024/10
Test-Ergebnis: 4,8
Überragend
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Vorbildlich neutraler, transparenter Klang; ADC wie DAC
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Extrem leistungsfähige Kopfhörer-Ausgänge
Unzählige praxisgerechte Features inklusive Phono-MM-Eingang

Vertrieb:
Hörzone GmbH
Balanstraße 34
81669 München
Telefon: +49 89 721 10 06
www.hoerzone.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
RME ADI-2/4 Pro SE 2.045 Euro

Im Beitrag erwähnt:

Test ADDAC-Headphone-Preamp RME ADI-2 Pro
Großes Firmware-Update für RME ADI-2 Pro
Test RME ADI-2 Pro FS R Black Edition
RME ADI 2 Remote – Setup-Software für die ADI-Familie
Tech-Wiki: FIR- und IIR-Filter

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.