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Unterwegs im Kampf gegen menschliche Ängste und persönliche Dämonen: Franz Ferdinand „The Human Fear“ (Foto: 2DominoRecords)

Album der Woche: Franz Ferdinand „The Human Fear“

Es soll ja Leute geben, die in diesen Tagen vom Silvester-Kater über den Jahresauftakt-Blues nahtlos zur Frühjahrmüdigkeit übergehen. Dabei wollen wir selbstverständlich nicht weiter stören – aber so richtig Spaß macht das irgendwie nicht, oder? Dabei gäbe es ja durchaus das eine oder andere Helferlein, um hübsch beschwingt und mit mehr Fröhlichkeit ins neue Jahr zu starten. Die Musikredaktion Ihres Vertrauens empfiehlt für einen schwungvollen Start in die Kalenderwoche 2/2025ff jedenfalls das neue Album von Franz Ferdinand „The Human Fear“.

Franz Ferdinand mit ihrer 2021 hinzugekommenen Schlagzeugerin Audrey Tate gehen immer schön stylish und mit einer gewissen Portion Extravaganz ans Werk (Foto: 2DominoRecords)

Über das epochale Debüt von Franz Ferdinand brauchen wir an dieser Stelle keine weiteren Worte verlieren, und auch der Zweitling „You Could Have It So Much Better“ von 2005 hat bis heute seinen Stammplatz auf den Playlists von geschmackssicheren Indierock-Fans. 2009 folgte mit „Tonight: Franz Ferdinand“ dann eine gelungene Transformation des zickig-zackigen FF-Sounds Richtung Elektronik: Ein gutes halbes Jahrzehnt lang hatten Alex Kapranos & Co. also so ziemlich alles richtig gemacht in ihrer Karriere. Die nächsten 15 Jahre gestalteten sich dann allerdings deutlicher zäher, aber: Schwamm drüber. Erstens darf man nach arbeitsreich-goldenen Jahren auch mal die Seele baumeln lassen und das Leben genießen, zweitens gibt es die Band noch – und drittens in (wieder) hörenswerter Verfassung.

Franz Ferdinand "The Human Fear"
Franz Ferdinand „The Human Fear“ erscheint bei Domino Records im Vertrieb von Good To Go und ist erhältlich als CD, als Gatefold-LP + Download-Code, als limitierte Sonderedition wahlweise in schwarzem oder weißem „Bio-Vinyl“ (jeweils inklusive Download-Code), als Japan-Import-CD sowie als Stream und als Download

Wobei „The Human Fear“ thematisch-konzeptionell zunächst als kleines Verwirrspiel daherkommt. „Dieses Album zu machen war eine der lebensbejahendsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe – aber dennoch heißt es ‘The Human Fear’“, kommentiert Frontmann Alex Kapranos. Ein Widerspruch? Nicht für den Hobbyphilosophen Kapranos: „Angst erinnert dich daran, dass du am Leben bist. Ich glaube, wir alle sind in gewisser Weise süchtig nach dem Rausch, den die Angst uns geben kann. Wie wir darauf reagieren, zeigt, wie menschlich wir sind. Hier sind also eine Reihe von Liedern, die den Nervenkitzel des Menschseins durch Ängste suchen – nicht, dass man das beim ersten Hören unbedingt bemerken würde“, wie Kapranos mit bewährter angelsächsischer Ironie hinterherschickt.

Die Musik von The Human Fear

„Audacious“ eröffnet mit jenen bandtypischen Gitarrenriffs, die so quirlig hin- und herwogen wie bei der Fußball-EM 2024 die holländischen Fans bei ihren kultigen links-rechts-Tanzperformances – nur, um im Refrain auf smarte Weise mit Beatles-Harmonien zu jonglieren. Das folgende „Everydaydreamer“ wird von Bob Hardy mit einem ultrafetten Basslauf eingeleitet, ehe sich Keyboarder Julian Corrie zunehmend in den Vordergrund spielt – vor allem in der Hypochonder-Hymne „The Doctor“; dessen schräge Synthiesounds auch von Blur stammen könnten. Noch markanter knarzen Corries Synthies dann in „Hooked“, einem hübsch krawalligen Elektro-Punk-Derivat, ehe das Quintett aus Glasgow mit „Night Or Day“ endgültig an vergangene Großtaten anknüpft: Ein zugleich leicht torkelnder wie auch stramm vorwärts marschierender Groove und ein Refrain mit Ohrwurm-Charakter begegnen einander in einem dezent avantgardistisches Arrangement.

Kaum weniger nach Franz Ferdinand einst und jetzt klingt „Cats“ mit dem bewährten Mix aus Schrumm-schrumm-Rhythmus- und Singsang-Leadgitarren, während „Black Eyelashes“ mit nahöstlichen Klängen und einen Polka-artigen Beat dann den griechischen Wurzeln von Bandleader Kapranos huldigt. Und der ist ja ohnehin das personifizierte FF-Markenzeichen: ein Post-Punk-Dandy, der seine lässigen Vocals genüsslich die Kehle rauf und runter laufen lässt und dem überdies eine herrlich fette Panade an britischem Art-Pop-Snobismus auf den Stimmbändern sitzt. Alles zusammen genügt allemal für 35:15 kurzweilige Minuten zwischen Post-Punk, Elektro-Pop und Indie-Rock und für einen temperamentvollen Ritt durch die Kalenderwoche 2/2025ff.

Frank Ferdinand
„The Human Fear“
2025/01
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

Autor: Christof Hammer

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Seit vielen Jahrzehnten Musikredakteur mit dem Näschen für das Besondere, aber mit dem ausgewiesenen Schwerpunkt Elektro-Pop.