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Test Bluetooth Speaker Cambridge YoYo (M)
Das Cambridge YoYo (M) hüllt sich rundum in Wolle. Die Anschlüsse liegen verdeckt auf der Unterseite der Bluetooth-Boxen (Foto: S. Schickedanz)

Cambridge YoYo (M): Bluetooth-Lautsprecher für Audiophile

Zur Einführung des ambitionierten Bluetooth-Lautsprechers Cambridge YoYo (M) schwelgt der britische HiFi-Hersteller auf seiner Homepage in Vergleichen: „Stellen Sie sich einmal vor, wie es wäre, wenn Thomas Heatherwick Ihr Gartenhaus designen, Heston Blumenthal Ihnen ein Schinkenbrot machen oder Dave Grohl Ihnen zum Geburtstag ein Ständchen singen würde.“

Wenn Sie wenigstens einen dieser Meister ihres Faches kennen, dürfen Sie sich als Kenner eines genußvollen Lebensstils fühlen. Wenn nicht, befinden Sie sich in bester Gesellschaft… Immerhin haben die Werbetexter eines geschafft: Ich bin neugierig, ob wie versprochen auch im Falle der beiden drahtlosen Boxen-Zwerge das Ergebnis die Erwartungen übertrifft.

Ohne den Spannungsbogen gleich zu Anfang des Testberichts zu ruinieren, kann ich sagen, dass die Anfassqualität auf jeden Fall über das hinausgeht, was man abgesehen von kostspieligen Ausnahmen wie dem in farbiges Aluminium gehüllten KEF Muo in diesem Bereich geboten bekommt. Der Preis ist nur auf den ersten Blick identisch, denn für 350 Euro bekommt man bei den Briten aus der Universitätsstadt ein Lautsprecher-Paar, während die Landsleute aus Maidstone dafür nur ein Exemplar der einzeln und paarweise zu betreibenden Bluetooth-Boxen herausrückt.

Trotzdem wurde an den Zutaten nicht gespart. Das sieht und fühlt man, denn für die Bespannung lieferte der Weber Marton Mills aus Yorkshire einen typisch englischen Stoff aus 100 Prozent reiner Kammwolle in den klassischen Farben Blau, Hellgrau oder Dunkelgrau. Das verleiht der YoYo (M) einen nostalgischen Touch.

Sie schaut aus wie ein verkleinerter Vintage-HiFi-Lautsprecher. Letztlich soll sie ja auch in Stereo musizieren – insofern ist die Assoziation als gar nicht so weit hergeholt. Und sie soll auch klanglich das leisten, was man von einer Insel-Lösung auf dem Kontinent erwartet: Audiophil und angenehm aufspielen.

Test Bluetooth Speaker Cambridge YoYo (M)
Für die Bespannung der Cambridge YoYo (M) liefert der Weber Marton Mills einen typisch englischen Stoff aus 100 Prozent reiner Kammwolle. Es gibt den Lautsprecher in vielen trendigen Farben (S. Schickedanz)

Zu diesem Zweck verpassten die Entwickler jeder Box einen Vollbereichstreiber und einen Subwoofer, um kompromisslosen Stereo-Sound zu ermöglichen. Die Gehäuse bestehen aus Kunststoff, der allerdings wegen des 360-Grad-Stoffmantels nur auf der Ober- und Unterseite in Erscheinung tritt.

Das Touch Panel auf jedem Lautsprecher ermöglicht die Gestensteuerung. Um die Wiedergabe zu starten oder zum nächsten Titel zu springen, muss der Benutzer nur mit der Hand von links nach rechts über eines der Panels wischen. Zum Unterbrechen der Wiedergabe genügt es,  von rechts nach links über das Panel zu wischen ohne eine einzige Taste zu drücken.

Zur Energieeinsparung leuchten im normalen Betrieb nur die Bluetooth- und die Bereitschaftsanzeige. Nähert sich die Hand des Benutzers, gehen auch die anderen LED-Lichter inklusive der kombinierten 5-Segment-Anzeige für Lautstärke und Batterielevel an.

Die Benutzung der Gestensteuerung klappte bei mir allerdings nicht auf Anhieb. Sie erfordert etwas Übung und ist nicht unbedingt voraussetzungsfrei. Wenn man Besuch hat, der gar nichts von diesem Feature weiß und es mit bloßem Drücken probiert, könnte es Frust geben. Drücken der Tasten führt zwar bei der konventionellen Lautstärkeregelung zum Erfolg, nicht aber beim Starten der Wiedergabe-Steuerung fürs Smartphone, deren Gesten gelernt werden wollen.

Test Bluetooth Speaker Cambridge YoYo (M)
Auf der Oberseite jeder YoYo (M) findet sich ein Touchpanel für Gestensteuerung. Bei Annäherung der Hand aktivieren sich die Leuchtanzeigen (S. Schickedanz)

Die beiden Lautsprecher und das Smartphone stimmen die Lautstärke aufeinander ab. Diese keinesfalls selbstverständliche Synchronisation erspart bei der Bluetooth-Wiedergabe den Umstand, den Pegel am Gerät und an den Boxen einstellen zu müssen.

Ebenfalls praktisch: Weil gerade bei der Bluetooth-Wiedergabe die Akkus von Tablets und Smartphones irgendwann schlapp machen, haben die Briten einen USB-Anschluss eingebaut zum Nachladen an Orten, wo kein Netzanschluss zur Verfügung steht. Ohne von „Parasiten“ angezapft zu werden, sollen die YoYo (M) einen ganzen Tag und eine ganze Nacht fern der Steckdose spielen können.

Wir haben dieses immense Reservoir zwar im Frühjahr nicht zur Gänze geleert, aber es war beruhigend zu wissen, dass man ohne Ängste damit im Sommer gegebenenfalls eine 24-Stunden-Beachparty abhalten könnte. Bei mir zu Hause war auch nach tagelangem Akkubetrieb bei hohen Pegeln noch ausreichend Saft vorhanden.

Test Bluetooth Speaker Cambridge YoYo (M)
Jede der beiden YoYo-Boxen hat einen USB-Anschluss zum Laden eines Smartphones  (S. Schickedanz)

Mit dem integrierten Mikrofon sind auch entsprechend ausufernde Marathon-Konferenzen möglich, ohne das Handy die ganze Zeit in der Hand zu halten. Anrufe können direkt über die Lautsprecher entgegengenommen werden. Allerdings beklagte meine Gesprächspartnerin bei der Probe aufs Exempel, dass sie sich selbst hörte und die Verständlichkeit nicht so gut wie direkt über mein Handy war.

YoYo-Besitzer können nicht nur mit der ganzen Welt kommunizieren, sie können auch überall hin verreisen, ohne auf das  Cambridge YoYo (M) zu verzichten. Die nötigen Adapter für Großbritannien, die EU-Staaten und USA werden mitgeliefert. Sie lassen sich auf die Steckernetzteile aufstecken.

Damit man keinen Stress mit dem Koppeln von zwei Boxen bekommt, fungiert die rechte (zu erkennen am Cambridge Logo unten rechts), als Master. Sie hält die Verbindung zum Handy und kann auch den analog über den Mini-Klinken-Eingang an der Unterseite eingespielten Ton an die linke Box senden – was umgekehrt nicht möglich ist, obwohl die linke Box auch einen AUX-Eingang besitzt.

Der eignet sich allerdings nur zum lokalen Monobetrieb, der als Folge der benutzerfreundlichen Master-Slave-Auslegung mit dem linken Lautsprecher nicht via Bluetooth möglich ist. Allerdings genügt es beim Paarbetrieb, eine der beiden An/Aus-Tasten zu drücken, um beide Cambridge YoYo (M) abzuschalten.

Umgekehrt gelingt das Einschalten beider Speaker nicht von einer aus, weil zum Stromsparen beim Deaktivieren die Bluetooth-Verbindung zwischen beiden Boxen unterbrochen wird. Sie müssen also an jeder der beiden YoYos den Schalter kurz drücken und halten, um beide Cambridge-Boxen zu aktivieren.

Cambridge YoYo hören und betören lassen

Der Hörtest machte mir deutlich mehr Freude, als man von dieser kompakten, auf Convenience ausgelegten Gattung erwarten würde. Die kleinen Lautsprecher klangen so gar nicht nach Plastikbechern. Sie zeigten alle Tugenden, die man auch von einer ausgewachsenen britischen HiFi-Box erwartet. Die Stimmen waren an Klangfarbentreue und Sauberkeit kaum zu übertreffen, die Obertöne perfekt dosiert.

Eine solche Homogenität kann man in diesem Produkt- und Preis-Bereich lange suchen. Eine solche Klarheit auch. Da haben nicht nur andere Bluetooth-Boxen dieser Größenklasse keine Chance, auch HiFi-Boxen für unter 400 Euro kommen nicht mit. Schließlich brauchen gewöhnliche Passivboxen nach alter Väter Sitte noch einen Verstärker plus eine Quelle, die schon allein das Budget weitgehend aufzehren würden.

In Zeiten, in denen Smartphones selbst in Entwicklungsländern beliebt und verbreitet sind, kann man eigentlich sagen: Es bedarf außer diesem Lautsprecher keinerlei Investitionen, um den Klang einer ausgewachsenen HiFi-Anlage zu genießen. Die Cambridge YoYo (M) spielen auf einem Level, der selbst Audiophile wie mich nachhaltig zufrieden stellt.

Schon der Hörtest verlief ungewöhnlich, weil ich nach der Urteilsfindung noch weiterhörte, weil ich immer wieder einen Titel auf meinem iPhone fand, den ich unbedingt auf den YoYo (M) abspielen wollte. Wann kann man seine zentrale AAC-Musiksammlung schon mal in dieser Qualität hören?

Da meine Anlage noch Old School mit durchweg Kabelverbindungen ist, gelingt mir das sonst nur mit dem Harman/Kardon-System in meinem Auto. Und das kostet schon allein mehr als das Doppelte von dem, was Cambridge für die YoYo (M) verlangt. Allerdings liefern die beiden Harman/Kardon Subwoofer unter den Sitzen dafür noch mehr Nachdruck im Bass. Ganz besonders, wenn man die beiden Briten gleich nach dem Unboxing bewertet.

Selbst beim Verfassen dieses Berichts lief die Musik noch weiter über die beiden Kraftzwerge, die ich einfach auf meinen Standlautsprechern von Acoustic Energy positioniert hatte.Dabei begeisterte mich die authentische, differenzierte Wiedergabe von Stimmen und Instrumenten. Live-Aufnahmen aus dem Rock-Bereich wie Marius Müller Westernhagens MTV Unplugged kamen selbst am Schreibtisch noch so differenziert und fein an, dass ich nicht darüber nachdachte, dass keine CD über die große Anlage lief, sondern nur AAC via Bluetooth auf den Minis.

Die Produktpalette von Cambridge Audio Yoyo
Cambridge bringt ein ganzes Range von Bluetooth-Lautsprechern: das YoYo (L) links für 399 Euro, das YoYo (M) Mitte für 349 Euro und das YoYo (S) für 179 Euro. Dabei sind die (M) durch ihre smarte Paarbildung und ihren richtigen Stereo-Klang eine ausgezeichnete Wahl (Foto: Cambridge Audio)

Selbst die Lautstärke reichte trotz meines offenen Wohnbereichs vollkommen für erhöhte Zimmerlautstärke aus. Weiter drehe ich gewöhnlich auch mit der normalen Stereo-Anlage so gut wie nie auf.

Dabei fiel mir positiv auf, dass die YoYo (M) anders als manche Mitbewerber auch am Anschlag niemals brummig wurden oder als Rettung vor dem Hitzetod oder mechanischen Kollaps der Chassis den digitalen Anker warfen, sprich mit dem integrierten DSP den Pegel im Bass beschnitten. So entfiel auch das lästige Pumpen, das sich bei einigen Mitbewerbern feststellen lässt. Das war wirklich audiophiles Hören für Erwachsene!

Das stundenlange Hören aus purem Vergnügen hatte noch einen anderen Vorteil: Die fabrikneuen, in England entwickelten, aber aus der Fertigung in China verschifften Lautsprecher spielten sich spürbar ein. Der Anfangs doch sehr zugeschnürte Bass wurde gerade für die bescheidenen Lautsprecherabmessungen ausgesprochen satt und blieb dabei vorbildlich sauber.

Applaus hat Applaus verdient

Der Applaus bei guten Live-Aufnahmen konnte es nach der kurzen Einspielzeit ebenfalls mit ausgewachsenen HiFi-Boxen aufnehmen, was Differenziertheit und Impulsivität betrifft. Stimmen bekamen sogar jenen seidigen Schmelz, den audiophile Produkte von schnödem Mainstream-HiFi unterscheiden. Mit anderen Worten: Jetzt kam zur Pflichterfüllung noch Emotionalität ins Spiel – eine Komponente, die ich in diesem Umfeld nie erwartet hätte.

Genug mit Marius: Ich wollte mit den eingespielten Boxen noch mal meine neuesten Pop-Titel hören, die ich dank Shazam-Musikerkennung im Radio oder Bars entdeckt und gleich im iTunes Store gekauft habe. Doch sein „Johnny W“ klingt so genial, dass mir das Skippen schwerfällt.

„Prepare For The Night“ (Club Mix) vom Croatia Squad kam nun für diese Gewichtsklasse fast schon atemberaubend. Schließlich mussten sich die britischen Minis freistehend auf meinen Standboxen abmühen. Mit Hilfe einer Wand oder gar einer Raumecke wäre das schon fast partytauglich. Nächster Track: „I Feel It Coming“ von Starboy feat. Daft Punk kam ebenfalls recht fett, ohne eine Spur von Überforderung. Das groovte richtig gut. „Feel“ (feat. Sena Sener) von Mahmut Orhan machte ebenfalls Freude.

Test Bluetooth Speaker Cambridge YoYo (M)
YoYo-Effekt: Die Bluetooth Speaker Cambridge YoYo (M) erzeugen ein high-fideles Stereo-Panorama (S. Schickedanz)

Schließlich musste ich unbedingt noch mal „Panther“ von Marcus Miller hören. Der hart angerissene E-Bass spielte für diese Gewichtsklasse von Lautsprecher schon phänomenal, die Attacke und Sauberkeit begeisterte. Zum Abschluss noch das „Bass Solo“ von Nemesea, einen der Lieblingstracks vom Rolls-Royce-Sound-Entwickler Gerd Wolfrum, der über die mit riesigem Abstand günstigere britische Anlage erstaunlich wenig von seinem Impact einbüßte.

Dass ich an dieser Stelle die Anlage ausmachte, hing mit einer Verabredung zusammen. Sonst hätte ich wahrscheinlich kein Ende gefunden.

Fazit Cambridge YoYo (M)

Es ist eh schon alles gesagt: Die Cambridge YoYo (M) sind der absolute Hammer, was Klang und Preis-Leistung betrifft. An die nicht ganz voraussetzungsfreie Bedienung (die beiliegende, knapp gehaltene Bedienungsanleitung setzt auf Piktogramme) gewöhnt man sich schnell und die Stoffhülle von Marton Mills ist für Freunde von Bespoke-Kleidung auch dann ein Sahnehäubchen, wenn sie bei Anzügen eher zu italienischen Webern wie Vitale Barberis tendieren.

Also: Wenn der Kauf eines Bluetooth-Lautsprechers ansteht, der etwas mehr kann und etwas mehr kosten darf, vor allem aber, wenn Klang die erste Geige spielt, dann sollten Sie sich diese britische Glanzleistung unbedingt genauer anschauen.

Cambridge YoYo (M)
2017/04
Test-Ergebnis: 4,8
Überragend
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Exzellente Natürlichkeit, Substanz in den Mitten gepaart mit feinen, klaren Höhen und einem für diese Größe ausgezeichneten, sauberen Bass
Richtig gutes Stereo-Panorama, sehr ordentliche Fein- und Grobdynamik
Wunderschönes Finish mit Kammwolle von Marton Mills
Freisprecheinrichtung mit Echo-Effekten

Vertrieb:
Cambridge Audio Deutschland
Alter Wandrahm 15
20457 Hamburg
www.cambridgeaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Cambridge YoYo (M): 350 Euro

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Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.