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Gert Kapo: „Amanet“
Der albanische Pianist Gert Kapo macht so etwas wie Balkan-Jazz: sehr mitreißend. Zudem ist „Amanet“ perfekt aufgenommen (Foto: K.H. Krauskopf)

Die audiophile Aufnahme: Gert Kapo „Amanet“

Die Aufnahme zu Gert Kapo „Amanet“ hat natürlich seine Vorgeschichte. „Ich bin während der Zeit der sozialistischen Diktatur in Albanien geboren“, erklärt Gert Kapo. „Als ich einen Monat alt war, wurde meine Familie aus politischen Gründen umgesiedelt“ – nach Berat, ein „altes hügeliges Städtchen im Süden des Landes, wo traditionelle Musik omnipräsent war.“ Was ein bisschen Glück im Unglück gewesen zu sein scheint, dazu später mehr.

Albanien schmiegt sich als kleines Land am Saum von Adria und Ionischem Meer, in Nachbarschaft zu Griechenland an die Küste. Und in der Tat wartet es mit einer über die Generationen gewachsenen eigenständigen (Musik-)Kultur auf. Gerts Eltern waren beide klassische Pianisten und so spielte die(se) Musik bereits ganz früh eine wichtige Rolle in seinem Leben. Zudem wuchsen und reiften seine Vorlieben für Jazz und schwarze Musik.

Gert Kapo: „Amanet“
Piano-Man: Gert Kapo ist Albanier und hat in Deutschland Musik studiert, seine Kompositions- und Tastenarbeit klingt auf „Amanet“ im Team mit prominenten StudiomusikerInnen ziemlich souverän und pointiert (Foto: K.H. Krauskopf)

Ebenso wie später die verschiedenen Optionen mit anderen MusikerInnen aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu spielen, war für ihn ein prägender und charakteristischer Aspekt als Mensch und (Zitat) „für meine Arbeit als Pianist, Komponist und Produzent“. Nun also „Amanet“, was auf Albanisch in etwa „Schatz, der einer Person anvertraut wurde“ bedeutet. In der Musik könnte das für eine Melodie oder Komposition stehen, die traditionell über Generationen hinweg weitergegeben wurde.

Soweit die Genese. Und was machen Gert Kapo und KollegInnen auf „Amanet“? Sie gingen bereits 2022 in die Kölner Maarweg- und Topaz-Studios und legten konzertiert los. Welche Musiker? Nenad Gajin an der Gitarre (ZAZ, Emir Kusturica, Ibrahim Maalouf), Perkussionist und Hybrid Drum-Spieler Rhani Krija (Sting, Peter Gabriel), Hayden Chisholm am Saxofon (u.a. Nils Wogram’s Root 70), Armin Alic am E-Bass (u.a. Henrik Freischlader, Royal Street Orchestra), Michael Theissing-Tegeler an der Posaune (u.a. Samy Deluxe, Jeff Cascaro) und Ahmed Eid von Bukahara am Kontrabass und mit seinen Vocals für„Hal Asmar Alon“. Nicht zu vergessen Daniel Manrique Smith an der Flöte.

Die Musik von Gert Kapo „Amanet“

Die Musiker-Auswahl sagt bereits einiges über die Musik selbst aus. Orient trifft Okzident wäre dabei zu platt ausgedrückt, vielmehr fokussiert und bündelt die Gruppe Roots-Rhythmen geografisch vom Balkan eingesammelt, um sie dann in teils sehr fließende „westlich“ anmutende Jazz-Vibes zu transformieren. Übrigens breiten sich sämtliche der neun Stücke über fünf bis sieben Minuten Kurzweil aus, noch dazu in einem Klanggefüge, dass mit Transparenz, Luftigkeit, Auflösung und Raumdurchdringung glänzt. Ein Tribut an die Ton-Arbeit in den Kölner Studios.

Gleich der Titeltrack entführt die Sinne mit locker-flockigen Piano- und Percussion-Dialogen.
„Nema“ schließt sich mit orientalisch-mystischem Touch schmeichelhaft an, der Bass brummt, die Percussion sprüht (wieder). „Ali Pasha’s Dilemma“ stemmt sich mit kralligen Pianoläufen und aufgekratzten E-Gitarren sozusagen balkanesque in die Notenblätter. „Era Det“ beeindruckt dann mit jazzigen Bläsersätzen, E-Gitarren-Girlanden und dezentem Trommel-Wirbel, während „Hal Asmar Alon“ mit Stimmgewalt von Ahmed Eid von Bukahara und Gitarren-DNA à la Pat Metheny aus den 80er Jahren becirct. Funky Stuff gibt’s mit „Peasant’s Dream“, inklusive schönen auf- und ab wallenden Melodienlinien. „Tom’s Broken Samba“ breitet sich später beschwingt in heiter bis fröhlichem Brasil-Ambiente aus. Lediglich die Synthie/Elektronikschleifen wirken einen Tick zu gewollt.

Gert Kapo: „Amanet“ Cover
Gert Kapo „Amanet“ erscheint bei Royal Street Records als CD oder online, zum Beispiel auf qobuz.de

Sei’s drum, unterm Strich ein hinreißendes Album, das mit einer schlauen Bandbreite zwischen Balkan-Rhythmen und Piano-Jazz-Appeal nebst klasse Klang begeistert.

Bewertung

Gert Kapo
„Amanet“
2024/06
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

Das Video zum Appetitmachen: „Hal Asmar Alon“

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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.