„Glasklar, oktavüberspringend“ die Stimme, „abseits von honigsüßem Elfengesang“, so beschrieb ich damals das Debüt-Album „Oyster“ aus dem Jahr 1994 bei AUDIO. Das „Goldene AUDIO Ohr“ war ein Jahr darauf die würdige Auszeichnung für Heather Allison Frith als Top-Newcomer im Bereich Rock/ Pop. Sie hielt es in Ehren. Das Goldene AUDIO Ohr stehe an einem Ehrenplatz. Und, wie sie beiläufig erwähnt, hat sie „auch noch diese Lautsprecher einer deutschen Manufaktur …: „Von Canton, die klingen immer noch gut.“
Die Singer-Songwriterin von den Bermudas wuchs als Kind auf einem Segelboot auf und lebt auf den Atlantikinseln. Sie blickt auf über 30 Jahre musikalische Schaffenskraft zurück. Von den Anfängen, mit der packenden Live-EP „Blow!“, über Top-Alben wie „Oyster“ oder später „South“ und „300 Days At Sea“ bis zum intimen auf Stimme und Gitarre reduziertem Cover-Werk „Other Shores“. in ihrem 13. Album, „Breath And Air“, verdichtet Heather Nova ihre gereifte Songwriter-Kunst zu einem hinreißenden Ouevre. Wir hatten die Gelegenheit, anlässlich des neuen Albums ein Interview mit Heather zu führen.

LowBeats: Welche Rolle spielt die Natur nach wie vor beim Songschreiben für dich? „Breath And Air“ hast Du im südenglischen Devon aufgenommen, unweit von Dorset, dem Wohnort von PJ Harvey, die von sich sagt, dass diese Landschaft sie inspiriert. Sie malt und schreibt wie Du auch Gedichte. Und in Deinen Songs spielt Naturnähe oft eine große Rolle…
Heather Nova: Ich hatte den Produzenten nicht wegen seines Studios auf dem Land ausgewählt. Aber ja, er hat dieses kleine Studio inmitten von Feldern und ich fand eine unglaubliche Inspiration während der Aufnahmearbeiten. Wenn du aus dem Fenster siehst, changiert das Licht über die Felder. Eines morgens fuhren wir vom Dorf hinauf zum Studio und da war dieses Rapsfeld, was für ein gelb! Als die Aufnahmen anfingen, das war im März/ April, da war das noch nicht so intensiv. Als wir dann durch den Arbeitsprozess gingen, fing das Feld an sich zu verwandeln. Als wir fertig waren, strahlte es komplett gelb – das wirkte wie ein Symbol: die Arbeit war getan…
Ich lebe auf einer kleinen Insel und bin in der Natur sehr glücklich. Ich kann rausgehen und in der Gegenwart sein, im Wetter, im Gras, das ist heilsam. Aber in der Welt gehen grausame Dinge vor, das macht was mit dir, es ist schwierig, das fernzuhalten. Dennoch sollte jeder gleichzeitig seine Balance finden. Das Songwriting ist nach wie vor eine sehr persönliche Reise.
LowBeats: Wie hast du Produzent Chris Bond kennen gelernt?
Heather Nova: Die smarte Art wäre normalerweise gewesen zu sagen, lass’ uns doch mal einen Song zusammen probieren, um zu sehen, wie man miteinander klar kommt. Das hab’ ich nicht gemacht! Stattdessen verbrachte ich viel Zeit damit seine Musik anzuhören. Darin gab es etwas durchgängig Großartiges, ich wusste, dass er verstehen würde, was ich möchte. Ich hab’ ihm eine Email geschrieben und wir machten einen Zoom-Call. Das ist etwas, das sich mit dem Alter entwickelt: Wir lernen mehr zu vertrauen, unserer Intuition zu folgen. ich denke, der Schlüssel zu allem, wenn es um Kreativität geht, ist: Sei offen zu allem, was kommt!
LowBeats: Welche Instrumente hast Du für das Album eingespielt?
Heather Nova: Gitarre, Piano und etwas Percussion, Chris spielte fast alles andere. Das war’s – er ist super multi-talentiert, spielt jedes Instrument auf eine intensive Art. Normalerweise bist du mit vier, fünf Leuten im Studio und hast eine Menge Austausch während des Prozesses, wohin die Reise gehen soll. Hier trafen sämtliche Entscheidungen Chris und ich.
LowBeats: Sieht so aus, als ob ihr niemanden sonst brauchen würdet…?
Heather Nova: Ab und zu kam sein Bruder vorbei und programmierte etwas. Und wir luden die Cellistin ein, Midori Jaeger kam aus London dazu und spielte ihr wunderbares Cello.
LowBeats: In früheren Jahren begleitete dich Nadia Lanman am Cello, was ist mit ihr?
Heather Nova: Wir sind gute Freunde, sie hat 20 Jahre kein Cello mehr gespielt. Nach etwa fünf Jahren unserer Bandarbeit bekam sie Probleme mit den Händen, sie hatte Parkinson… Sie ist ein wunderbarer Mensch, ein großartiges Beispiel dafür positiv zu bleiben, wenn sich dein Leben verändert hat.
LowBeats: Apropos Zeit – letzten Sommer in Wien hast Du im Vorprogramm von Patti Smith gespielt. Wie hat sie dich früher beeinflusst – und wie war das, sie zu treffen?
Heather Nova: Sie stand absolut unter Feuer auf der Bühne. Patti war stets eine große Inspirationsquelle für mich. Sie war nie konform, hatte ihre eigene Stimme. Das sagte mir als junge Künstlerin etwas – nämlich mach was du fühlst, sei du! Sie ist nun Ende 70 und zeigt, dass Geist und Kreativität nicht vom Alter abhängen. Ich gehe auf die 60 zu und fühle keinerlei Unterschied im Vergleich zu dem als ich 28 oder so war, tu’ ich nicht! Und in punkto Kreativität und Musik fühle ich mich auf meinem Peak (lächelt).
LowBeats: Über die Jahre haben sich auch verschiedene Technologien entwickelt – die LP, dann CD, Downloads und Streaming. Neuerdings KI – siehst Du darin eine Gefahr für die Musik?
Heather Nova: Man sollte über KI in der Art darüber denken, dass es ja ein cooles Tool sei, vor dem man sich nicht fürchten müsse. Aber ich tue das, ich mag es nicht. Es bedroht die Kunst. Vielleicht bin ich altmodisch, aber ich denke, es ist eine gefährliche Angelegenheit, es bedroht die authentische Rolle von Künstlern und der Musik. Was ich aber interessant finde: Mein Sohn ist jetzt 21 und ich sehe in seiner Generation so etwas wie eine Gegenwelle. Er mag es zum Beispiel ohne Technik in die Natur zu gehen, ohne iPhone in den Himalaya. Und er liest gerne Bücher…
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