Im LowBeats-Interview spricht die Qobuz-Managerin Deutschland Mareile Heineke über den Alleingang von Qobuz in Sachen Vergütungstransparenz. Und warum es sich immer besser anfühlt, zum Team Robin Hood zu gehören.
Madonna wird nicht hungern. Elton John ebenso wenig. Aber die meisten Streaming-Portale entlohnen die Künstler ab der zweiten Reihe nur mit Kleinstbeträgen. Geld bringt, was alle wollen. Die Geheimtipps haben das Nachsehen. Qobuz durchbricht jetzt die Spielregeln. Das große Füllhorn für die Kleinen, Feinen öffnet sich zwar nicht. Aber vielleicht ist der vollzogene Schritt politisch noch wichtiger: Qobuz ist die erste Streaming-Plattform weltweit, die ihre durchschnittliche Auszahlungsrate pro Stream belegen lässt und transparent veröffentlicht. Qobuz will als Vorreiter einer „fairen und nachhaltigen Plattform in der Musikindustrie“ auftreten. Ein Lippenbekenntnis? Weit mehr soll es sein, verrät die Country-Managerin Deutschland Mareile Heineke im Interview mit LowBeats.

Zuerst die Fakten und Zahlen: Qobuz hat den Labels und Verlagen im Finanzjahr 2024 Tantiemen ausgeschüttet, die einem durchschnittlichen Betrag von 0,01802 pro Stream entsprechen. Darunter kann man sich nicht wirklich etwas vorstellen. Deshalb die Umrechnung: Erreicht ein Titel 1.000 Streams, so fließen 18,02 Euro an die Rechteinhaber. Hört sich noch immer wenig an. Doch Qobuz ist ein ausgesprochen guter Zahler. Beim durchschnittlichen Umsatz pro Nutzer erzielte Qobuz einen Durchschnittswert von 117,60 Euro pro Jahr, während der Marktdurchschnitt bei 21,73 Euro liegt. Nochmals ungerechnet: Qobuz generiert pro Nutzer fünfmal mehr Umsatz als der Branchendurchschnitt. Was dementsprechend die Kassen der Künstlerinnen und Künstler etwas lauter klingeln lässt.
Interview Qobuz-Managerin M. Heineke:
LowBeats: Alle lieben Streaming – außer, man muss als wenig gehörter Künstler um das Überleben kämpfen. Nun deutet Qobuz eine gerechtere Künstlervergütung an. Die superreichen, erfolgreichen Musiker verdienen bis zum Gehtnichtmehr und die weniger Glücklichen verhungern. Ist dem so oder fallen wir auf ein Klischee herein?
Mareile Heineke: Beim heutigen Musikmarkt ist es leider so; weil die meisten der großen Plattformen, die wirklich den überragenden Marktanteil beherrschen, darauf ausgerichtet sind, immer die großen Stars weiter zu pushen – und die unbekannteren, kleineren Künstler, die Indie-Labels, laufen dann unter dem Radar. Ja, das ist so – und wir versuchen dem entgegenzutreten.
LowBeats: Das hört sich nach Gutmenschentum an. Aber wenn ich es richtig gelesen habe, so schickt Qobuz nicht per se den kleinen Künstlern mehr Geld, sondern öffnet die Bücher und zeigt Transparenz.
Heineke: Genau, es ist zweischneidig. Wir setzen uns für mehr Transparenz ein, indem wir als erste Plattform weltweit dargelegt haben, was wir pro Stream zahlen. Das ist von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft belegt. Jetzt müssen die anderen nachziehen. Also ob sie das wollen oder nicht – vielleicht haben sie gute Gründe, das nicht zu tun. Was wir aber sagen können: Unser durchschnittlicher Umsatz per User ist fünfmal höher als der Marktdurchschnitt. Was sich allein schon dadurch erklärt, dass wir keine kostenlosen Abonnements anbieten. Auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass wir unser Augenmerk vor allem auf die Künstler und Künstlerinnen richten, die noch nicht die großen Stars sind. Wir verstehen uns als Unterstützer von Klangqualität und Vielfalt.
LowBeats: Gibt es schon ein erstes Feedback der Künstler?
Heineke: Ja, die begrüßen das sehr, diese Transparenz fehlte bisher in der Musiklandschaft. Die Musiker hoffen natürlich, dass auch andere Streaming-Anbieter nachziehen – langfristig. Vor fünf Jahren waren die Nutzer sehr viel stärker gespalten. Aber die Entwicklung geht dahin, dass immer mehr Menschen sensibler dafür werden, dass Musiker kunstgerecht bezahlt werden.
LowBeats: Legt auch die Sensibilität in Sachen Klangqualität zu? Plötzlich wollen alle ihre Konkurrenten High-Res in die Haushalte bringen…

Heineke: Ja, auch diese Bewegung wird breiter, die Sensibilität steigt auch hier. Und gerade bei den jüngeren Leuten, der sogenannten „Gen Z“, ist das Streben nach mehr Gerechtigkeit viel stärker vertreten. Große Musik soll ebenso fair entlohnt werden wie der bessere Klang.
LowBeats: Funktioniert das in unserer Zeit? In der scheinbar alte Spielregeln nicht mehr gelten. Wenn sich Donald Trump nicht mehr an Ethos hält, warum sollte ich es tun? Gibt es wirklich dazu einen Gegentrend und Qobuz hat ihn erkannt?
Heineke: Gerade, weil sie den Namen angesprochen haben und die problematische amerikanische Politik, ist es natürlich für uns super, sagen zu können, dass wir ein europäisches Unternehmen sind. Was sich so ein wenig den Wirrnissen entgegenstellt. Das war immer schon eines der Argumente, die uns zugutegekommen sind. Und jetzt noch vermehrt. Interessant in diesem Kontext ist, dass wir seit einem Jahr auch in Kanada präsent sind. Da machen wir ganz explizit Werbung damit, dass wir ein französischer Musikservice sind. Und seit Trump sehen wir, dass wir viel mehr Zuspruch in Kanada bekommen als vorher. Wir profitieren als europäisches Unternehmen eher davon.
LowBeats: Fair Trade von den Besseren aus Paris?
Heineke: Ich glaube, das kann nicht so pauschal sagen. Auch nicht, dass alles amerikanische Böse ist. Aber ich sehe an Rückmeldungen und harten Zahlen, dass gerade bei uns in Europa, es von der Zielgruppe gerne gesehen ist, dass wir kein amerikanisches Unternehmen sind.
LowBeats: Wie nahbar ist Qobuz? Elektronikhersteller hierzulande schimpfen, dass man bei Apple, Tidal oder Dolby faktisch keinen Kommunikationspartner findet. Definieren Sie sich auch ein wenig als Robin Hood?
Heineke: Ich kenne von Tidal konkret keine Userzahlen; ich glaube, kaum jemand tut dies. Auch ich höre vielfach von Hardwareseite, dass interessierte Hardware-Hersteller gar keine Möglichkeit haben, an Tidal heranzukommen. Die kommunizieren nicht. Das ist eine riesige, große Wand und dahinter sind Tausende von Menschen. Qobuz ist ein Unternehmen mit 120 Angestellten – und wir sind ansprechbar. Das fühlt sich im Hier und Heute gerade gut an.
Über Qobuz
Qobuz wurde 2007 gegründet und ist eine französische Musikstreaming- und Download-Plattform. Als Pionier für hohe Klangqualität richtet sich Qobuz an all diejenigen, die ihre Leidenschaft für Musik ausleben und teilen möchten. Qobuz ist weltweit in 26 Ländern – in Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien, Neuseeland, Lateinamerika und in Japan – verfügbar und bietet eine außergewöhnliche Auswahl an exklusiven redaktionellen Inhalten, die von einem Team aus Musikredakteur:innen verfasst werden. Mit einem Katalog von mehr als 100 Millionen Titeln in lossless Qualität (CD), hoher Auflösung (24-Bit bis 192 kHz), DXD und DSD verfügt Qobuz auch über die größte Auswahl von Alben in Hi-Res-Qualität auf dem Markt. Qobuz ist von der Japan Audio Society (JAS) für Hi-Res Audio lizenziert.
Qobuz wird auch auf der High-End-Messe in München ausstellen – ein Team ist vor Ort: Halle 4, Stand S03
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