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Test Lyravox Karlos: Streaming-Box im Retro-Chic

Der eingebaute HiRes-Streamer ist von bester Qualität. Lyravox nutzt bei der Karlos (wie in der gesamten Familie) den Streaming Client von Audivo, der das Zuspielen von PCM-Signalen bis 192 Kilohertz/24 Bit erlaubt. Auch der Zugang von Online-Musikdiensten ist vorbereitet – nämlich Tidal und Qobuz. Und wie bei solchen Plattformen üblich, ist auch der Empfang von Internetradio möglich. Hinzu kommt die Möglichkeit, Karlos auch per Bluetooth anzuspielen – sogar mit dem klanglich überlegenen aptX Codex.

Karlos Anschlüsse
Die Eingänge der Lyravox Karlos: LAN/WLAN, 2 x RCA Inputs analog, 2 x RCA Inputs digital (SPDIF coax). Und nicht zu sehen: Bluetooth (A2DP, AptX®) (Foto: H. Biermann)

Die Lyravox Karlos in der Praxis

Wir haben hier 5 von 5 Sternen vergeben, das sagt alles. Es gehört zum Lyravox Konzept, dass die Lautsprecher aufgestellt und auf den Raum eingemessen werden. Das dauert in der Regel nicht länger als zwei Stunden. Natürlich messen die Lyravox Akustiker die Karlos auf genau den Platz ein, wo der Kunde sie stehen haben möchte. Aber es gibt im Falle von Unvereinbarkeiten (ein eingebauter Raum-EQ ist ja kein Allheilmittel) auch immer eine Beratung.

Im LowBeats Hörraum war der optimale Platz schnell gefunden und die Einmessung, wie oben schon erwähnt, schnell gemacht. Und falls spezielle Aufnahmen oder die momentane Stimmung einen etwas anderen Klangcharakter der Lyravox Karlos erfordern, bietet ihre Fernbedienung in einem schwerer zugänglichen Menü-Punkt einen 5-bandigen parametrischen Equalizer.

Fernbedienung
So bedient man die Lyravox Karlos: enweder per App auf Tablet oder Smartphone oder mit der gut gemachten und würdigen Fernbedienung (Foto: Lyravox)

Die Macher von Lyravox, Götz von Laffert und Jens Wietschorke, halten eigentlich wenig davon, dass die Kunden an der aufwändig ermittelten Wiedergabe-Kurve herumjustieren. Mit Equalizer-Feinjustage ist es wie mit Kartoffel-Chips – hat man mal damit angefangen, kann man nicht mehr aufhören…

Was ich mir an dieser Stelle dennoch wünschen würde, wären zwei oder drei Presets – beispielsweise für besonders niedrige oder besonders hohe Pegel. Das soll wohl mit einer späteren Firmware-Version kommen.

Bedient wird die Lyravox Karlos entweder über die schon erwähnte Fernbedienung oder die App, die allerdings keinen Zugriff auf die EQ-Funktion hat. Die App ist – wie man es von dieser Edel-Manufaktur erwarten darf – chic und gut gemacht. Ich habe die Karlos in den Testwochen ausschließlich über die App bedient und fand das sehr ansprechend.

Lyravox App1
Hübsch und praxisgerecht gemacht: die App der Lyravox Lautsprecherfamilie (Screenshot: H. Biermann)

Und ebenso ansprechend empfand ich es, wie simpel die Lyravox Karlos zum Spielen zu bringen ist. Im Grunde hieß es nach der Einmessung nur: im Master das LAN-Kabel einstecken, Netzwerkkabel einstecken, Verbindung zum Slave legen, Musik im Netzwerk auswählen – fertig.

Karlos im Hörraum

Dieser Lautsprecher-Quader macht an. Es ist die ungemeine Spielfreude, welche die Karlos mit dem ersten Ton ausstrahlt und die sofort hörbar ist. Natürlich ist sie auch – spätestens nach der perfekten Einmessung – ein wunderbar ausgewogen und natürlich klingender Lautsprecher. Stimmen wie die von Peter Gabriel auf „In Your Eyes“ (Album: So) zelebriert er auf packende, weil so authenische Weise. Man hört jede noch so feine Schwebung, jede Brüchigkeit. Und mit dieser frischen, lebendigen Art modelliert die Karlos den Sänger plastisch vor die Lautsprecher – und zeigt damit, wie abbildungsgenau sie agieren kann – wenn die Aufnahme entsprechend gut ist.

Lyravox Karlos App2
Klanglich sein bestes Album: Peter Gabriel So (Screenshot: H. Biermann)

Noch beeindrucker aber ist die Lyravox Karlos mit dynamischer Musik. Das Album Dark Days Exit von Felix Laband ist ein herausragendes Kapitel in der Geschichte elektronischer Musik. Der Südafrikaner kreiert Sounds, verschiebt Phasen, legt hier und dort furchteinflößende Tiefbass-Samples unter die Musik. Mein Lieblingsstück ist „Miss Teardrop“ und als wäre ihr das Stück auf den Leib geschrieben, demonstrierte die Karlos die ganze Impulsivität ihres Konzepts.

Die Snaredrum – paff – auf den Punk. Die Glöckchen, die sich scheinbar auf den Zuhörer zubewegen, kommen mit einer erschreckenden Echtheit und Klarheit. Die Bässe drücken mit einer Präzision und Souveränität in den Hörraum, dass es die reine Freude ist. Alles lebt, flirrt und ist in Bewegung. Die Aufnahme ist grandios und Karlos versetzt einen mittenrein in dieses Klangspektakel. So, als hätte man eine virtuelle Brille auf. Das ist fantastisch.

Lyravox Karlos App3
Ein Meisterwerk aus dem Genre elektronischer Musik: Felix Laband Dark Days Exit von 2005 (Screenshot: H. Biermann)

Die Erklärung für diesen außergewöhnlichen fein- wie grobdynamischen Auftritt ist die schiere Breite der Karlos. Sie sorgt mit den Schallwandreflektionen dafür, dass die Schallenergie deutlich mehr in Richtung Zuhörer gedrückt wird, als es bei heute modernen Boxen mit ultra-schmaler Schallwand möglich ist. Der Nachteil einer solch breiten Brust ist gemeinhin eine etwas schlechtere Staffelung nach hinten.

Und hier kommt der Ambient-Hochtöner auf dem Karlos-Deckel zum Zuge. Er sorgt nicht nur für mehr Hochtonenergie im Raum (und somit für mehr „Luft“ und Leichtigkeit), er erweitert auch das Klangbild etwas nach hinten. Deckt man ihn ab, klingt die Karlos um einiges weniger spektakulär. AMT hat also eine Berechtigung.

Ich hatte die Freude, vor kurzem die etwa gleichteure Quadral Gamma für einige Wochen im Hörraum zu haben. Das Elektronik-Konzept ist sehr ähnlich, der Bass dank präziser Einmessung auf den Hörraum ähnlich knackig, und doch sind beide Lausprecher nicht nur äußerlich recht verschieden. Die Quadral ist ebenfalls ein überragender Lautsprecher, spielt aber etwas gesetzter und im Mittelhochton weniger offen. Dafür bleibt sie bei hohen Pegeln unangestrengter und lockerer.

Lyravox Karlos: das Fazit

Lyravox hat das geniale Bedienkonzept ihrer High-End-Soundbars gekonnt auf klassische Stereo-Lautsprecher adaptiert. Aber was heißt hier schon klassisch? Die Lyravox Karlos ist ein durch und durch außergewöhnlicher Schallwandler, der nicht nur überragend dynamisch, frisch und lebensbejahend klingt – seine Bauhaus-Formsprache ließe ihn auch in Museum Of Modern Art gut aussehen. Und die Plug’n-Play-Bedienfreundlichkeit ist so genial, dass sie sich sogar für Menschen eignet, die sonst alles von Alexa erledigen lassen…

 

Lyravox Karlos
2019/03
Test-Ergebnis: 4,7
überragend
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Sehr dynamischer, lebendiger Klang
Großes Klangbild, souveräner Bass
Stringentes Bedienkonzept, gute App
Fein justierbarer Raum-Equalizer

Vertrieb:
Lyravox Gerätemanufaktur GmbH & Co KG
Hopfensack 14
20457 Hamburg
www.lyravox.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Lxyravox Karlos: 11.800 Euro

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.