Alles kommt wieder: Die Schoko-Osterhasen sind wieder in der Schublade verschwunden. Jene, die nicht gegessen wurden, müssen nächstes Jahr nochmal ran, als Löffelträger in „alter Frische“. Merkt eh keiner. Was aber nicht für neu aufgelegte, gleichwohl gut abgehangene Musik gilt, von der es im April einige spürbar vitalisierte Re-Issues alter Musik-Hasen gibt – diese hier wirken durchaus vitalisierend: die Alben des Monats April 2025
Die Brit-Rocker Dire Straits brachten vor 40 Jahren (!) ihr letztes Mega-Album raus: „Brothers In Arms“ (übersetzt in etwa „Waffenbrüder“ oder auch „Brüder unter Waffen“, eine Adaption auf den Falkland-Krieg der „Eisernen Lady“ Maggie T.) lockt in der Jubiläums-Version mit Goodies wie einem kompletten Live-Konzert aus Kalifornien.
John Field gilt als der eigentliche Erfinder der klassischen Spielweise der klassischen „Nocturnes“. Auch wenn Chopin vielerorts dafür gerühmt wird. Sämtliche „1-18“ der Charakterstücke des irischen Komponisten spielte die deutsch-japanische Top-Pianistin Alice Sara Ott nun virtuos für die Deutsche Grammophon ein.
Die schottischen Waterboys, wie immer mit Mike Scott am Ruder, feiern mit KollegInnen wie Bruce Springsteen oder Fiona Apple den charismatischen wie tragischen Schauspieler und Regisseur Dennis Hopper („Easy Rider“, „Blue Velvet“) auf ihrem frühlingsfrischen Konzeptalbum „Life, Death And Dennis Hopper“.
Neil Young haut ein Album nach dem anderen raus: Der sieben Dekaden übergreifende Musiker beschenkt uns aktuell mit seinem – angeblich – bewusst 1977 unveröffentlichten oder verloren gegangenem Album „Oceanside Countryside“ sowie dem Soundtrack zu seinem „Road-/Concert-Movie „Coastal“. Nebenbei stemmen KollegInnen wie Eddie Vedder (Pearl Jam), Sharon Van Etten, Brandi Carlile und Courtney Barnett aus Melbourne ein Cover-Album – mit „Heart Of Gold: The Songs of Neil Young“.
Die Alben des Monats April 2025
Kinder, wie die Zeit vergeht: Zum Erscheinungstag des legendären Dire Straits-Albums „Brothers In Arms“ von 1985– der Veröffentlichungskalender nennt den 17. Mai 1985 – war ich damals mit einer griechischen Freundin in einem alten Benz in Athen unterwegs, bevor es mit der Fähre weiter nach Kreta gehen sollte. In der hellenischen Hauptstadt stieß ich auf einen kleinen Plattenladen, in dem auf einem Verkaufs-Sideboard eine hellblaue LP-Hülle mit einer Vintage-Gitarre prangte: Das damals neue Album der britischen Band Dire Straits. Bereits die Drachmen aus dem Geldbeutel gezückt, konnte ich gerade noch widerstehen – denn natürlich führte das Reisegepäck weder Plattenspieler noch Strom mit. Aber dann, zuhause im Juni, lag das Album umgehend als CD in der Schublade meines Technics-Players. Die Dire Straits legten faszinierend los: Alan Clark (Keyboards), Guy Fletcher (Keyboards, Vocals), Omar Hakim (Drums), John Illsley (Bass, Vocals), Terry Williams (Drum-Intro auf „Money For Nothing“) – und natürlich his Majesty an der Gitarre und den raubeinigen Vocals, Mark Knopfler.
Die Aufnahmen übernahm damals Toningenieur und Knopfler-Co-Produzent Neil Dorfsman (Björk, Paul McCartney, Sting). HiFi-Freunde sangen Loblieder auf den Sound. Der Studioprofi bewunderte den Qualitätsanspruch von Mark Knopfler in puncto Aufnahmequalität und Klang. Danke dafür, Mark. Für das Mastering stehen in den Annalen Namen wie John Dent (The Sound Clinic, London) und der US-Crack Bob Ludwig. Von Bobs Profi-Arbeit konnte ich mich direkt vor Ort in seinem Studio in Portland live überzeugen, damals für den deutschen Drum-Star Curt Cress.
Digital über Sony 24-Track aufgenommen, heimste das Dire-Straits-Werk 1986 einen Grammy-Award für das „Best Engineered Album“ (Non-Classical) ein, 2006 folgte die Auszeichnung „Best Surround Sound Album“ für das Re-Issue zum 20. Jubiläumsjahr. Das Album glänzt in diversen Remake-Versionen und Formaten. LowBeats beleuchtet immer wieder verschiedene Aufnahme- und Tonträger-Techniken, wie hier mit dem Systemvergleich, den auch diverse Ausgaben von „Brothers In Arms“ – in teils unterschiedlichen Spiellängen (!) bereichern. Die SACD-Version gab’s übrigens zum Redaktionsschluss dieses Textes zum Schnäppchenpreis.

Als Aufnahmeort wählten Knopfler & Co von November 1984 bis März 1985 die „Air Studios“ in Montserrat auf den karibischen Kleinen Antillen, initiiert von Beatles-Produzent George Martin. Mit über 30 Millionen Verkäufen zählt das Album zu den meist verkauften. Klar, dass Auszeichnungen wie 14-fach Platin oder Grammys seinen Weg pflastern, respektive den Erfolgspfad von Mark Knopfler & Band, der 2018 zudem einen Platz in der Rock’n’Roll Hall Of Fame zuteilwurde.
Teil des Albums waren auch gesellschaftskritische Titel wie „Money For Nothing“ (Donnerwetter gegen MTV) oder eben der Titelsong „Brothers In Arms“ (in etwa: Waffenbrüder, respektive Brüder unter Waffen, mit Adaption zum Falkland-Krieg Anfang der 1980er Jahre). Die alte Frage in der Kunst, auch Polit-Comedy und der Musik: Und? Hat’s was gebracht, außer Unterhaltung und zustimmendem Kopfnicken in jungen Jahren? Mutmaßungen argumentieren, dass es ohne politisch ambitionierte Songs wie beispielsweise von Bob Dylan, Joan Baez oder meinetwegen den Dire Straits in manchen Bereichen wohl noch schlimmer gekommen wäre. Kaum zu beurteilen. Andere Künstler fokussieren sowieso eher die Selbstreflexion in Musik und Lyrik, wie die Singer-Songwriterin Heather Nova.
Egal: Was vorwiegend zählt, ist der emotionale Faktor nebst Unterhaltungswert. Und den haben Songs wie „So Far Away“, „Your Latest Trick“ oder der Titeltrack allemal. Bleiben wir bei der 40. Jubiläumsausgabe des fünften Longplayers von den Dire Straits. In der Alben-Liste der Briten glänzen neben dem 1978er Debüt auch „Making Movies“(1980) und „Love Over Gold“ von 1982 als Highlight. Was ist drin im Geburtstags-Päckchen?
Auf den Interessenten warten: Eine Solo-LP, eine 5-LP-Deluxe-Box oder eine 3-CD-Deluxe-Edition. Die „neue“ LP kommt als Zwilling des Vinyl-Originals – mit weniger Laufzeit wegen technisch bedingter Kürzungen der Songs (auf gut 45 Minuten anstelle von über 55) „So Far Away“, „Money For Nothing“, „Your Latest Trick“ und „Why Worry“. Die Set-Boxen vereinen sämtliche Albumtracks plus einem bislang unveröffentlichtes Live-Happening im Municipal Auditorium von San Antonio/ Kalifornien – und zwar in voller Länge mit 15 Songs, darunter auch frühere Hits wie „Romeo And Juliet“, Private Investigations“, „Sultans Of Swing“, „Tunnel Of Love“ oder „Wild West End“. Die damalige Tour umfasste 248 Auftritte in 117 Städten rund um den Globus.

Und da sind wir schon beim großen Plus der Jubiläumsboxen: Das kalifornische Konzert begeistert mit teils psychedelisch ausufernden Sequenzen („Ride Across The River“ auf über zehn Minuten…), feiner Rock-Power („One World“) und famosen Gitarrenläufen mit Gänsehaut-Effekt nebst Nostalgie-Adrenalin („Sultans Of Swing“ auf 13 Minuten Länge, „Tunnel Of Love mit knapp 20 Minuten…). Der Klang geht in Ordnung, variiert leicht, gewinnt vor allem an Durchhörbarkeit und Dynamik bei den weniger vielschichtigen Passagen.
Ebenso in den Box-Sets enthalten: ein 16-seitiges Booklet mit frischen Statements des britischen Journalisten Paul Sexton – plus neuer Interviews mit Mark Knopfler, John Illsley und Guy Fletcher, garniert mit diversen Kunstkarten.
Unterm Strich lockt das 3-CD-Set vor allem mit dem Live-Konzert, die 5er-LP mit den nun erhältlichen Song-Langversionen endlich auf Vinyl plus dem Bühnen-Event. 2021 ist übrigens auch eine audiophile Halfspeed-2-LP-Version (mit 45 Umdrehungen pro Sekunde) erschienen, gemastert in den Abbey Road Studios (Mercury).
Separat zu den CD- und LP-Versionen lockt auf der Band-Webseite www.direstraits.com zum 40. eine Blu-ray-Audio mit Dolby-Atmos-Mixen (von 2022, auch Instrumentals), den 5.1-Surround-Mix von 2005 sowie die Stereo-Mixe (CD, LP) von 1985.
Video-Clip zu „Brothers In Arms“, über 200 Millionen mal angeklickt, 1985 mit damaliger HighTech animiert:
Das Klassik-Universum. Unendliche Weiten. Oder doch sozusagen systembedingt eher limitiert. Ein Glück, dass es immer wieder neue Einspielungen von bekannten Werken mindestens ebenso bekannter Komponisten in die Musikregale oder auf die NAS-Festplatten finden. Manchmal noch schöner allerdings, wenn sich begabte MusikerInnen auf die Suche von für viele weniger bekannten oder über Jahre vergessenen Oeuvres machen. Und fündig werden. Wie die deutsch-japanische Pianistin Alice Sara Ott. Die gebürtige Münchnerin gewann zahlreiche Auszeichnungen wie als „Nachwuchskünstlerin 2007“ oder war Preisträgerin bei der Internationalen Musikakademie für Solisten.
Alice Sara Ott suchte und fand John Field, geboren 1782 in Dublin, gestorben 1837 in Moskau. John Field gilt als der eigentliche Erfinder der klassischen Spielweise der „Nocturnes“ und widmete sich mit Pioniergeist diesen typischen (romantischen) nachtorientierten, liedhaften Charakterstücken für das Klavier. Sämtliche „1-18“ des irischen Komponisten spielte die deutsch-japanische Top-Pianistin Alice Sara Ott nun virtuos für die Deutsche Grammophon ein.

Trotz Fields Engagement zog die Geschichte einen zarten Vorhang zwischen einem Teil seiner Werke und dem offenen Publikum. Andere Musiker waren oder wurden berühmter. Aber egal: Nun also die „Nocturnes 1-18“, also sämtliche dieser formal kaum gebundenen Weisen. Die Komplett-Einspielung von Alice Sara Ott begeistert mit sensiblem Ausdruck, durchaus poetisch und nicht verklärend romantisch. Ein leichtfüßiger, beschwingter Reigen für beseelten Piano-Genuss bei Nacht und Tag.
Video zum Stück „Field: Nocturne No. 9 in E Minor, H. 46“
Die schottischen Waterboys feiern mit KollegInnen wie Bruce Springsteen, Fiona Apple oder Steve Earle das chaotisch bis triumphale Leben des charismatischen Schauspielers und Regisseurs Dennis Hopper („Easy Rider“, „Blue Velvet“) auf ihrem Konzeptalbum „Life, Death And Dennis Hopper“.
Mastermind Mike Scott wühlt über die Jahre immer wieder die Alternative-Rock-Szene mit seiner jodelig sympathischen Stimmbandbreite auf, die seine spezielle Art des Schotten-Rocks unterstreicht – wunderbar auf Top-Alben wie „This Is The Sea“ (1985), „Fisherman’s Blues“ (1988) oder „An Appointment With Mr. Yeats“ (2011) zu hören.
Mit seinen Waterboys schwamm er sich immer mal wieder hoch in die verwöhnte Oberliga des Alternative-Folk-Rocks. Und nun ein Konzeptalbum. Nicht dass frühere Alben konzeptlos im Rock-Pool umhertrieben. „Life, Death And Dennis Hopper“ kondensiert allerdings recht stringent um den schillernden Schauspiel-Star. Bei der 25-teiligen Song-Schar eilten Promis wie Bruce Springsteen, Steve Earle oder Fiona Apple zu Hilfe. Hoppers Leben glich einer Berg-und-Talfahrt, das 2010 mit 74 Jahren endete.

Wir hören schnoddrigen Americana-Folk von Steve Earle („Kansas“), rau-rotzigen Rock mit Spoken Words von The Boss Springsteen („Ten Years Gone“) oder den Psychedelic-Trip von Frau Apple („Letter From An Unknown Girlfriend“). Das durchläuft nicht unbedingt eine fein gesponnene Stil-Linie früherer Waterboys-Alben, zeigt aber die Beherztheit des Edinburghers. Unterm Strich ein facettenreicher, lyrisch teils erfundener Rhythmus-Ritt, des 66-jährigen Waterboys Mike.
Video zu „Kansas“ mit Steve Earle
Neil Young haut ein Album nach dem anderen raus: Der sieben Dekaden übergreifende Musiker beschenkt uns aktuell mit seinem – angeblich – bewusst 1977 unveröffentlichten oder verloren gegangenem Album „Oceanside Countryside“ sowie dem Soundtrack zu seinem „Road-/Concert-Movie „Coastal“ – und: Indirekt mit zwei Tribute-Alben, deren Teil 1 KollegInnen wie Eddie Vedder (Pearl Jam), Sharon Van Etten, Brandi Carlile und Courtney Barnett aus Melbourne stemmen. Und von denen Erlöse an die Non-Profit-Organisation „The Bridge School“, in Hilsborough/ Kalifornien fließen, die Kinder mit Sprach- und Körpereinschränkungen unterstützt.
Cover-Versionen? Da treibt es leicht ein „Ohjee“ aus dem Mundwinkel. Weil: Viele – wenn nicht allzu viele – verschlimmbessern das Original. Was wiederum vielen wurscht ist. Oder man erkennt oder weiß gar nicht, dass es sich um ein Remake handelt. So funktioniert die Weitergabe abgerockten Liedguts teils formidabel an die jeweils neue Generation.
Im Hamburger „Golden Pudel Club“ legten einst weltgereiste Musik-Fans auch alte Reggae-Singles aus Jamaika & Co auf ihre Plattenteller. Was für ein Event. Was für ein Genuss. Und, klar: Den einen oder anderen Song kannte ich. Nur nicht vom Original aus den 1950er oder 1960er Jahren. Erwischt.
Also lauschen wir gut vorbereitet dem good old Country-/Folk-/Americana-Rock-Man aus Kanada. Der 79-jährige Junge mit der Mundharmonika, Gitarre und Piano nebst famoser Knödelstimme gibt hier die kompositorische Vorlage mit 14 Songs.

Das Titelstück übernahm die 47-jährige New Yorkerin Fiona Apple, bekannt von ihren feinen Alben „Tidal“, „When The Pawn Hits The Conflicts …“, „The Idle Wheel Is Wiser …“ oder dem Teamwork mit dem pfiffigen Indie-Violinisten und Singer-Songwriter Andrew Bird. Ebenso im Youngschen Cover-Boot: Eddie Vedder, Gitarrenheld bei Pearl Jam stimmt den Drogen-Song „Needle And The Damage Done“ folkig-beherzt an. Dann Courtney Barnett aus Melbourne mit „Lotta Love“ plus – man höre und staune – die Doobie Brothers mit Allison Russel und „Comes A Time“. Toll: Die Blues-Power von Chris Pierce auf „Southern Man“ oder Brandi Carlile mit „Philadelphia“. Das hat absolut was. Auch wenn die Originale mit Neilscher Nölstimme mehr reinhauen. Das Klangbild changiert in HiFi-Maßstäben je nach Take zwischen ordentlich bis ziemlich gut.
Bewertungen
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Video zum Neil-Young-Cover „Lotta Love“ von der australischen Singer-Songwriterin Courtney Barnett
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