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Test Genelec 8331 A – der unbestechliche Nahfeld-Monitor

Genelec 8331 A: Signalflow

Aus elektroakustischer Sicht stellt der Genelec 8331 ein echtes 3-Wege-System dar. Alle Chassis verfügen jeweils über ihre eigenen Class-D-Leistungsverstärker (72 Watt im Bassbereich, jeweils 36 Watt im Mittel- und Hochtonbereich) sowie entsprechende Teilfilter innerhalb der Frequenzweiche. Die interne Signalverarbeitung erfolgt dabei komplett auf digitaler Ebene mit einer Abtastrate von 96 Kilohertz.

Um die Signaldurchlaufzeit (Latenz) möglichst gering zu halten, kommen für die Filter sowohl linearphasige FIR- als auch minimalphasige IIR-Typen zum Einsatz. Diese gemischte Architektur dient auch dazu, einen möglichst großen Spielraum für die im GLM-Kit enthaltene, automatische Raumakustik-Anpassung AutoCal zu schaffen.

Audiosignale nimmt der Genelec 8331 über eine symmetrisch beschaltete XLR-Buchse entgegen. Praktischerweise können hier analoge Tonquellen ebenso andocken wie digitale nach AES3-Standard: Die Umschaltung erfolgt dabei automatisch je nach angelegtem Signal. Um einen digitalen Datenstrom direkt zum nächsten Lautsprecher durchschleifen zu können, steht zudem auch ein entsprechender AES3-Digitalausgang zur Verfügung.

Genelec 8331 A connection terminal
Maßarbeit: Das Anschlussfeld beim Genelec 8331 nutzt jeden verfügbaren Millimeter aus. Der symmetrische XLR-Eingang verarbeitet sowohl analoge als auch digitale Tonsignale nach AES3-Format – die Umschaltung erfolgt selbsttätig (Foto: J. Schröder)

Wie es sich für einen professionellen Monitor gehört, lässt sich der Genelec 8331 akustisch wie elektrisch den Erfordernissen des Umfelds entsprechend feinfühlig anpassen. Dazu findet sich auf seiner Rückseite ein 14-poliges DIP-Schalter-Array, dass sich dank dezenter LED-Beleuchtung auch in dunkler Tonstudio-Umgebung „treffsicher“ konfigurieren lässt. Neben dem On/Off-Taster findet sich hier auch ein Stufendrehschalter, der die Eingangsempfindlichkeit für analoge Tonquellen im Bereich zwischen – 6dBu (0,338 V) und + 6 dBu (1,55 V) in 2-Dezibel-Schritten festlegt.

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Genelec 8331 A config plate
Schaltzentrale: Über 14 DIP-Schalter lässt sich der Genelec 8331 sehr flexibel konfigurieren. Dezente LED-Illumination erleichtert solche Arbeiten in dunkler Umgebung (Foto: J. Schröder)
dip switch filter setup
Die Grafik zeigt die verfügbaren, per DIP-Schalter programmierbaren Amplitudenfrequenzgänge. Äußerst nützlich dabei auch die Desktop-LF-Charakteristik, die den unschönen Grundtonboost von lautsprechernahen, größeren Flächen kompensiert (Grafik: Genelec)
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Genelec Loudspeaker Manager (GLM)

In Tonstudio-Regieräumen kommen in der Regel mehrere Lautsprechersysteme zum Einsatz – sei es, als Nah- oder Fernfeldmonitore, Stereo-, Mehrkanal- oder Surround-Sets mit und ohne Subwoofer. Für aussagekräftige Klangvergleiche und effektives Arbeiten wünscht man sich natürlich, zwischen allen Systemen möglichst flott und unkompliziert hin- und herschalten zu können.

Exakt für solche Anwendungen wurde die kombinierte Hard- und Software-Lösung Genelec Loudspeaker Manager (GLM) geschaffen. Das knapp 500 Euro teure Hardware-Kit enthält den GLM-Network-Adapter sowie ein kalibriertes Messmikrofon; die GLM-Software (aktuell Version 3.0) hingegen steht hier für macOS oder Windows kostenlos zum Download bereit.

Ein GLM-Netzwerk ist schnell installiert: Ausgehend vom GLM-Network-Adapter werden zunächst mal alle beteiligten, GLM-fähigen Lautsprecher über RJ45-besteckerte Ethernetkabel miteinander verbunden (Daisy Chaining). Anschließend dockt der GLM-Network-Adapter via USB-Kabel an den Computer an – das war’s schon. Nach dem Starten der Software tauchen alle Lautsprecher im sogenannten „Stack“ auf, aus dem sie sich gemäß ihrer realen Position im Raum in die entsprechenden Planquadrate der Software ziehen lassen.

Es würde den Rahmen dieses Tests bei weitem sprengen, wollte man alle vom GLM gebotenen Optionen beschreiben – umfasst doch allein schon die Bedienungsanleitung stolze 73 Seiten. Jedoch finden sich im Meer der Möglichkeiten zwei ganz besondere „Leckerlis“, die stellvertretend hier kurz angerissen seien.

Da wäre zunächst mal die Option zum Betrieb mit kalibriertem Lautstärkepegel. Hierzu bietet der GLM eine Auswahl verschiedener Standards. unter anderem auch den hierzulande gängigen nach EBU R 128. Das Prozedere läuft dabei folgendermaßen ab: Messmikrofon an den Hörplatz stellen und Messung per Mausklick auf das Mikrofonsymbol starten – schon ertönt kanalgetrennt das EBU-spezifizierte Testrauschen.

Nach wenigen Sekunden ist alles erledigt – sprich bei der Wiedergabe von Lautstärke-normalisiertem Programmaterial nach EBU R 128 (- 23 LUFS) stellt sich am Hörplatz ein normgerechter Lautstärkepegel von 73 dBspl (pro Lautsprecher) ein.

GLM Loudness Calibration
Die GLM-Software in Verbindung mit dem dazugehörigen Hardware-Kit ermöglicht das Kalibrieren der Genelec 8331 auf genormte Lautstärkepegel. Dabei lässt sich zwischen verschiedenen Standards wählen (Screenshot: J. Schröder)

Kommt vom Zuspieler nun eine mit 0 dBFS vollausgesteuerte Aufnahme, entwickelt jeder der beiden kleinen Genelec 8331 einen Schalldruckpegel von wackeren 96 dBspl. Das ist übrigens genau derjenige Wert, den ich als „höchsten empfohlenen Durchschnittspegel“ bei noch tolerierbaren IM-Verzerrungen gemessen habe – bei Spitzenpegelwerten (Lcpeak) von etwa 106 dBspl (Werksangabe: 104 dBspl).

Die besondere Attraktion des GLM ist freilich die automatische Raumakustik-Kompensation namens AutoCal. Je nach Lautsprechermodell stehen (wie auch beim Genelec 8331) bis zu 20 feinst justierbare Filter für raumakustische Korrekturen bereit – als da wären: Jeweils zwei Shelving-EQs für den Hoch- und Tieftonbereich, sowie 16 vollparametrische Kerbfilter.

Die eigentliche Messung erfolgt dabei per Mikrofon am Hörplatz mit einen kurzen Gleitsinus-Sweep (Chirp). Hernach findet die Filterberechnung mit hoher Genauigkeit auf dem Computer separat für jeden Lautsprecher statt. Abschließend werden die ermittelten Filterkoeffizienten in den Signalprozessor des entsprechenden Monitors geladen.

GLM room correction results
Die AutoCal-Funktion im GLM ermittelt selbsttätig akustische Korrektur-Filterkurven für die jeweilige Lautsprecherposition bezogen auf den Hörplatz (oder eine größere Hörfläche). Die rote Linie stellt die gemessenen Werte dar, die blaue die errechneten Filter-Korrekturwerte. Die grüne Linie zeigt die sich daraus ergebende Übertragungsfunktion am Hörplatz an (Screenshot: J. Schröder)

Die primäre Strategie bei der Filterberechnung lautet dabei: Korrekturen im Wesentlichen nur dort ausführen, wo es erforderlich und zudem effektiv ist – nämlich unterhalb von etwa 300 Hertz (Schröderfrequenz). Pegelüberhöhungen werden dabei vollständig ausgeglichen, während Pegelsenken weitestgehend unberührt bleiben (oder nur ihr minimalphasiger Anteil kompensiert wird). Genelec hat zu diesem äußerst komplexen Themenkreis im Laufe der Firmengeschichte einige sehr aufschlussreiche wissenschaftliche Arbeiten vorgelegt – man ist also auch in dieser Disziplin allerbestens aufgestellt.

Bei all der vorausgegangenen „Technik-Packung“ sollte man natürlich nicht vergessen, dass es sich beim Genelec 8331 A um einen in der Praxis ganz „normalen“ Aktivlautsprecher handelt. Er lässt sich analog an jeden Preamp anschließen (am besten über symmetrische Signalkabel) oder aber auch digital über ein USB-auf-AES3-Interface direkt mit einem Computer verbinden (ich empfehle hierfür das exzellente MC-1.2 vom Berliner Studio-Peripherie-Spezialisten Mutec).

Hörtest

Genauso pragmatisch bin ich dann auch beim Hörtest vorgegangen: Die beiden Genelec 8331 aufgestellt, Netzkabel angeschlossen, auf analogem Wege via symmetrischer Kabel (Mogami #2549) mit unserem amtierenden Referenz-DAC-Preamp (SPL Director) verbunden, und los ging’s – selbstverständlich zunächst mal „pur“ ohne AutoCal.

Mein erster Höreindruck: Staunen – nämlich darüber, dass solch kleine Lautsprecher wie die Genelec 8331 ein derart volles und reifes Klangbild erzeugen können; und das im schon recht großen LowBeats Hörraum. Mindestens ebenso beeindruckend empfand ich jedoch die Tatsache, dass das dem Genelec-Duo selbst bei gehobener Lautstärke ohne hörbare Anstrengung gelang.

Nicht wenige HiFi-Lautsprecher zeigen sich als in erster Linie für ein möglichst ergreifendes Hörerlebnis gemacht. An sich ist daran nichts Verwerfliches, weshalb ihre Entwickler daraus zumeist auch keinen Hehl machen. Ebenso wie beim saftig-grünen Spielfeldrasen im Fußball-TV oder dem Erdbeer-Aroma schwangeren Rote-Bete-Raspeln im Früchte Joghurt gilt hier oftmals das Motto: Ein bisschen schöner als echt.

An solchen Maßstäben gemessen, könnte man dem Genelec 8331 durchaus ein eher unspektakuläres Klangbild zuschreiben. So fanden sich zunächst mal keine hörbaren „Auffälligkeiten“ – er klingt so, wie grün der Rasen wirklich ist und ungesüßte Erdbeeren im Naturjoghurt schmecken.

Nach einer Weile Zuhören jedoch ließen mich Details wie etwa die erstaunliche Bühnentiefe oder die sagenhaft feinen Obertöne einer Violinsaite aufhorchen. Dank ihrer geringen Verzerrungen erschließen die Genelec 8331 eine klangliche Ebene, die anderen Lautsprechern meist verborgen bleibt.

Auch wenn ich das Thema „automatische Raumakustik-Anpassung“ technisch sehr spannend finde: Grundsätzlich halte ich es zunächst mal für besser, raumakustische Probleme auch mit raumakustischen Maßnahmen zu beheben. So habe ich denn auch nur ganz wenige, gute Vorführungen mit automatischen Korrektursystemen erlebt – die überzeugendste in der großen Regie im Abbey Road Institute Frankfurt mit einem Trinnov ST2 PRO (zum LowBeats-Test der HiFi-Version ST2 HiFi hier klicken).

Umso überraschter war ich daher, dass die Genelec 8331 nach der AutoCal-Prozedur in klanglicher Hinsicht tatsächlich nochmals deutlich zulegten – obwohl der LowBeats Hörraum akustisch bereits ziemlich durchgestylt ist. Die dennoch vorhandenen Schwachstellen, nämlich tieffrequente Resonanzen speziell in der rechten Raumhälfte bei 42, 52 und 58 Hertz, hielt Genelec AutoCal treffsicher im Zaum.

Das allein schaffen andere Korrektursysteme natürlich auch – in der Regel jedoch nicht, ohne klanglichen Schaden anzurichten. AutoCal hingegen gelang es, das unangenehme Nachdröhnen der Raummoden perfekt zu unterdrücken, den „Slam“ im Bassbereich dabei jedoch uneingeschränkt zu erhalten. Und genau hier zeigt sich die Hohe Schule.

Das Ergebnis war dermaßen beeindruckend, dass ich mit den Genelec 8331 spontan zwei Aufnahmen für einen direkten Hörvergleich ohne und mit AutoCal im LowBeats Hörraum machte: Da unser binauraler Zuhörer Alfred gerade nicht anwesend war, eher ein akustischer „Schnappschuss“ mit klassischen Kleinmembranmikros aus knapp 3 Metern Entfernung. Zum Anhören der Aufnahmen eignet sich am besten ein ordentlicher Kopfhörer.

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Obwohl AutoCal im Frequenzbereich oberhalb von 1000 Hertz praktisch keine Korrekturen vornahm, spielten die Genelec 8331, von den Raumresonanzen befreit, nunmehr deutlich präsenter und knackiger. Atmosphärische Tracks wie etwa „Human Range“ von Nils Frahms neuem Album All Melody kamen damit noch packender. So hatte der Chor ungeheure Präsenz – lebte aber auch vom natürlichen Raumhall. Aufgenommen in Nils Frahms‘ neuem Domizil, dem Saal 3 im ehemaligen Berliner Funkhaus von Radio DDR, war die Atmosphäre der historischen Umgebung beinahe physisch spürbar. Übrigens: Wer All Melody bei Bandcamp ersteht, bekommt die FLAC-Files ohne Aufpreis im 2496-Format.

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Fazit

Aus meiner Sicht ist der Genelec 8331 nicht bloß ein Lichtblick in der Lautsprecherwelt, sondern ein echtes Meisterwerk. Bewundernswert allein schon sein kompromissloses Konzept, ebenso aber auch der unternehmerische Mut seiner Schöpfer. Bereits die Werkzeuge zur Herstellung solch komplexer Gehäuseformen müssen Unsummen verschlungen haben.

All das verrät das Streben von Genelec nach maximaler Praxistauglichkeit verbunden mit allerbester, objektiv nachvollziehbarer Klangqualität. Mit Erfolg: Dank seiner umfangreichen Ausstattung ist der Genelec 8331 enorm flexibel einsetzbar und lässt sich zudem seiner akustischen und elektrischen Umgebung vielfältig anpassen.

Trotz ultraknapper Abmessungen klingt der Genelec 8331 erstaunlich reif wie ein Großer. Sein vorbildlich neutraler Klangcharakter ermöglicht dabei effizientes Arbeiten mit dem Tonmaterial – ohne böse Überraschungen beim Transfer auf andere Lautsprechersysteme befürchten zu müssen. Neutral bedeutet jedoch keineswegs unbeteiligt: Mit seiner engagierten Spielweise empfiehlt sich der Genelec 8331 auch für längere Hörsessions, wobei er besonders im Nahfeld durch sein bruchloses Klangspektrum besticht.

Als äußerst sinnvolles Zubehör für den Genelec 8331 sei das optionale GLM-Kit unbedingt empfohlen: Mit relativ geringem finanziellen Aufwand erweitert es nicht nur dessen Fähigkeiten nochmals erheblich – auch lässt sich damit der Klang per AutoCal-Einrichtung je nach Umgebungsbedingungen nachhaltig verbessern.

Mit einem Stückpreis von rund 2.200 Euro ist der Genelec 8331 sicher kein Schnäppchen. Betrachtet man jedoch Wertigkeit, Klangeigenschaften und die produktiven Möglichkeiten, so ist auch der kleinste Monitor aus der The Ones Linie eine wirklich lohnenswerte Investition. Da kann ich nur sagen: Chapeau!

 

Genelec 8331 A
2018/02
Test-Ergebnis: 4,8
Überragend
Bewertung
Klang:
Praxis:
Verarbeitung:

Gesamt:

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Reifer, tonal sehr ausgeglichener Klangcharakter
auch im Nahfeld stabiles Tonspektrum aus jeder Hörposition
Enorm flexibel konfigurier- und anpassbar
Robuste Bauweise bei gediegener Verarbeitung

Vertrieb:
Audio Pro Heilbronn Elektroakustik GmbH
Pfaffenstraße 25
74078 Heilbronn / Deutschland
Telefon: 07131 26360
E-Mail: [email protected]
www.audiopro.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Genelec 8331 A: ca. 2.200 Euro (Stückpreis)
Genelec Loudspeaker Manager(GLM-)-Kit: ca. 500 Euro

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Autor: Jürgen Schröder

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Toningenieur, R&D-Spezialist und das (mess-)technische Gewissen von LowBeats. Kümmert sich am liebsten um Wissens-Themen, Musik und den spannenden Bereich zwischen Studio und HiFi.