Erstaunlich, was man noch aus der alten CD heraus kitzeln kann. Die hierzulande noch recht unbekannten Italiener von „Norma Audio“ zeigen, dass es hinter der reinen Auflösung auch noch andere wichtige Dinge gibt. Der CD-Player/DAC Norma Audio Revo DS-2 im LowBeats Test.
Eigentlich mag ich es nicht mehr hören: High-End-Produkte, die aus Italien stammen, haben den besonderen Flair. Sie sehen schöner aus. Sie klingen musikalischer. Sie haben eben all’ das, was die ingenieursgetriebenen Deutschen nicht können. Unsinn. Die US-Amerikaner würden „Bullsh…“ dazu sagen. Hier versteigen sich zumeist nur Werbetreibende in selbstverliebte Ideale.
Aber natürlich gibt es auch diese spezielle Art des italienischen Klangs. Bei Unison Research kann man ihn hören und anfassen. Ebenso bei Sonus faber. Da finden sich feine Lautsprecher mit Holzplanken, Leder und der Handwerkskunst der norditalienischen Region. Beim gleichen Importeur (audio components, Hamburg) ist jetzt auch die italienische Marke „Norma“ angekommen – die rein für die Elektronik bestimmt ist. Der Name ruft einem die berühmteste Oper Bellinis entgegen und wieder einmal wollen uns die Werbe-Texter wissen lassen, dass die Firma in Cremona sitzt, da wo Stradivari einst seine Geigen baute – um womöglich die entsprechenden Trigger-Punkte zu setzen.
Aber: Was hat eine 350 Jahre alte Geige, der Archetyp der analogen Musik, mit einem CD-Player zu schaffen? Und Scusi: So elegant, schön, wie von Leonardo gemalt ist der Revo DS-2 auch nicht. Ein CD-Player halt – Lade in der Mitte, kleine silberne Bedienknöpfe und alles in massivem Aluminium verpackt. Das Gehäuse schwingt sich gerundet zur Rückseite, das Display mit blauer Bauklötzchen-Anzeige macht einen auf Retro.

Doch davon unabhängig: Der DS-2 klingt groß, süffig, reich – vor allem ist er ein Statement im stetig schrumpfenden Markt der CD-Player. Zugegeben: SACDs kann er nicht lesen. Aber es gibt eine wirkmächtige Zugabe: Der interne D/A-Wandler ist in seiner Architektur offen, der Revo DS-2 kann auch alle digitalen Medien im Rack vereinen. Das macht viel Sinn in einer Zeit, da Streaming überwiegt. Ich könnte also meine Musik in High-Res aus dem Web herbeiklicken – und weiterhin meine CD-Sammlung abspielen. Das ist die Kernbotschaft: Zwar sind aktuell die Verkaufszahlen von Silberscheiben geschrumpft – aber es gibt halt noch immer Milliarden davon auf allen Kontinenten der Welt.
Norma Audio Revo DS-2: die Technik
Wir nähern uns von außen nach innen an. Alles verpacken die Italiener in ein CNC-gefrästes Aluminiumgehäuse, vibrationsoptimiert, thermisch stabil und vollständig abgeschirmt: Neben Silber gibt es den Player auch in schwarz, dann aber etwas teurer (5.000 zu 5.200 Euro). Mit der Fernbedienung aus Alu könnte ich auch Einbrecher vertreiben: reduziert, funktional, massiv, schwer.

Ganz hübsch: Auf der Fernbedienung kann man im laufenden Betrieb die Phase umschalten (0 vs. 180 Grad) umschalten – wie man es von Accuphase kennt. Das ist durchaus spannend, weil es meist für jede CD eine richtige Phase gibt, die räumlich glaubhafter klingt.
So, nun aber Haube ab – und wir sehen, was wir erwartet haben. Auch eine Stradivari ist auf den unwissenden Blick nur eine Geige. Aus der Aufsicht: Der Strom kommt von hinten links an und wird sogleich einem angemessen großen Trafo überantwortet, den lässt Norma Audio im Auftrag fertigen, es gibt keine Aufschrift, aber das Versprechen der Entwickler, dass hier Sensibilität anliegt – geringe Streuungen, kein mechanischer Input auf das Gehäuse, starker Magnetkern. Auf der zentralen Achse rechts davon liegt das Bord für die digitalen Eingänge, ganz rechts für die analogen Ausgänge, allen in einzelne Platinen unterteilt. Mittig natürlich der CD-Mechanismus. Hier kauft Norma ein TEAC-Laufwerk zu, explizit entwickelt für die CD-Ausbeute. Dann wird es außergewöhnlich.
Denn jeder Branchenkenner hätte erwartet, dass beim Wandler der Name ESS Sabre fällt. Das ist der Marktdominator bei den Audio-Chips. Die alten Helden von Burr-Brown sind rar. Aber da ist kein ESS Sabre Schriftzug, nirgends. Stattdessen ein großer Quader, vergossen, verkapselt mit der Aufschrift: „Norma A-DAC, Diskrete & Integrated, symmetrical Bipolar, Zero Feedback, Ground Zero, Balanced Output, 24 Bit, 768 KHz – Model 1.1“. Es heißt, die Norma-Entwickler waren mit den Angeboten von der Stange nicht glücklich und hätten deshalb in mehrjähriger Arbeit den perfekt passenden Baustein selbst entwickelt. Respekt, wer es selber macht. Jedenfalls geriet das Modul so groß, weil einiges im Inneren mit diskreten Bauteilen aufgebaut ist.

Zumindest ist es groß genug, damit all die Infos auf die Oberfläche passen. Das sind natürlich Trigger-Botschaften an die Fan-Gemeinde. Wir erfahren auf einen Blick die maximale Auflösung, das symmetrische Schaltungskonzept und vieles mehr. Wer das Ende der Denkkette ausreizen will, der darf sich vorstellen: Alle Parameter für jeden digitalen Eingang lassen sich individuell anpassen, einschließlich des Oversampling-Werts. Zudem kann der Revo DS-2 als Master-A/D-Taktquelle entweder den internen Oszillator oder den Takt des Eingangssignals verwenden.
Will ich nicht, brauch ich nicht, geht es auch kleiner? Ja, die Norma-Firmenchefs sind klug genug, den eigenen Superwandler und haben die Fertigungswege hausintern auch auf zwei Geschwister übersetzt. So gibt es neben dem DS-2 auch einen CDP-2 als puren Player, mit dem gleichen Wandler, aber ohne Digital-Eingang. (3.890 Euro). Dazu den Revo DAC-2, der als reiner DAC ohne CD-Rotation funktioniert (4.590 Euro), eben auch mit dem gleichen Chip.
Die Italiener sind in ihrem audiophilen Wertekanon sehr stringent und offenbar nur zu wenigen Kompromissen bereit. Gehen wir tiefer in zwei, drei Details. Der CD-Transport arbeitet in einer mechanisch entkoppelten Einheit, Mikrovibrationen werden reduziert – eine Vorlage auch und gerade für gute Jitter-Werte. Die Digitalsektion ist galvanisch getrennt, um die analoge Abteilung störungsfrei zu halten.

Alles läuft in vollsymmetrischer Architektur – mit doppelt getrennten Stromversorgungen für den Analog- und Digitalbereich. Herrlich klar strukturiert und auf extrem kurze Signalwege bedacht. Fünf Eingänge bietet der DAC: USB, ein Doppel SPDIF RCA, SPDIF Optical, AES-EBU. Hinaus wäre eine Übergabe der umfassend symmetrischen Auslegung des DS-2 ohne XLR-Muffen natürlich Unfug, die zwei Cinchs wirken optisch wie audiophil-ethisch fast verloren.
Interessant ist die Ausgangsstufe, die nach Norma-Angaben mit > 2MHz ungewöhnlich breitbandig ist. Wer das Norma-Programm anschaut, erkennt hier einen wesentlichen Punkt aller Norm-Entwicklungen: Eine möglichst hohe Bandbreite soll eine möglichst hohe Transparenz gewährleiten. Spectral lässt grüßen.
Hörtest
Er war am Ende. Nach seiner Abschiedstournee fiel Elton John in einen Mix aus Trauer, Aggression und Unerbittlichkeit. Die Sportwissenschaftler würden sagen: zu viel Adrenalin. Die US-amerikanische Singer-Songwriterin Brandi Carlile holte ihn ab, gemeinsam entstand in 20 hitzigen Tagen „Who Believes in Angels?“ Das ist kein nostalgischer Rückblick, sondern so bunt wie das Cover – Elton John klingt wie ein rotziger 30-jähriger. Das ist mitunter ein Pop-Art-Film für Audiophile. Die Dynamikspanne ist enorm. Wie korrekt und doch musikdienlich spielt der Norma Revo DS-2 die Silberscheiben-Edition ab? Das hat Kraft, das muss laut gehört werden – und der Italiener wirkt auch im Fortissimo erstaunlich offen. Da komprimiert nichts. Gerade beim Stimmschmelz der beiden Protagonisten huschen die Grenzen der 16-Bit-CD vorbei. Aber der DS-2 lässt es nicht eng werden, nicht unangenehm. Ist da eine Röhrenausgangsstufe verbaut? Ist sie nicht, aber der freundliche Samt-Faktor könnte es glauben lassen.

Fühlen wir dem Digital/Analog-Wandler auf den Zahn. Das Kultlabel Nonesuch schleicht sich langsam, aber beständig aus der Silberscheiben-Welt. Zwar kündigt Nonesuch noch eine Super-Sonderaufage der „Collected Works“ von Steve Reich zum 90. Geburtstag an, doch die Neueinspielung ist einzig im High-Res-Stream zu erwerben. Mit „Jacob’s Ladder / Traveler’s Prayer“ veröffentlicht der amerikanische Komponist Steve Reich im hohen Alter ein Werk, das ein Aufbruch ist. Natürlich ist es religiös, alttestamentarisch. Aber in der rhythmischen und tonalen Überlagerung dreht Reich ganz neue Kreise. Ehre, wem Ehre gebührt: Die New York Philharmonic spielen unter ihrem Chef Jaap Van Zweden. Wow, schlicht Wow – alles ist klar und doch verwirrend in den unendlichen Schichten. Für diese Musik muss man Zeit mitbringen – und einen Wandler, der alles offenbart. Der Norma beeindruckt zuerst mit immenser räumlicher Tiefe: Das ist schon magisch in der Kunst der Tontechniker. Wir hatten einen Mittelklasse-Streamer als Vergleich hinzugesellt. Der kann auch soft, warm, aber dieser Reichtum an Impulsen – da liegt der DS-2 eine Klangwelt darüber.

Zum Schluss die ganz harte Kost und der Vergleich mit unserer Referenz, dem Denon DCD-A110. Mike Scott, Mastermind der Waterboys, verachtet musikalische Konventionen. Mit „Life, Death and Dennis Hopper“ legt er ein Album vor, das klingt wie psychedelische Trips, keltische Mystik und eben Dennis Hopper. Der muss als Ikone für alles kreativ Extreme herhalten.

Das ist ein echtes Konzeptalbum. Die analogen Bandmaschinen rotierten und es gibt viel Luft um die Instrumente. Das kann mal ein seichtes Orchester sein, aber auch eine verzerrte Violine und eine harte Slide-Gitarre. Klasse auch die Stereo-Effekte wie aus den 1960ern. Der Denon gerät ein wenig ins Pressen, der Norma hingegen übertreibt es beim hellen Ausleuchten des Raumes nicht, gerade beim peitschenden Schlagzeug ist er in seiner Freundlichkeit fast auch ein lächelnder Dennis Hopper. Netter Mann, aber ein Dämon hinter der Stirn.
Fazit Norma Revo DS2
Hohe audiophile Kunst, aber ohne Verspieltheit. Äußerlich ein leicht abgerundeter Tresor, im Klang aber ein Norditaliener – sehr kultiviert, zur Härte lässt er sich nicht zwingen, das Alu täuscht, harmonisch hören wir eher Holz, Leder, Lebenskunst. Dazu die perfekte Verarbeitung – und eben das vielfältige Einsatzgebiet zwischen Player und extrem gutem Wandler. Alles preislich nachvollziehbar, sehr fair sogar.
Für Technik-Enthusiasten und HiFi-Puristen ist der Norma Revo DS-2 ein Paradebeispiel dafür, wie weit sich audiophile Ingenieurskunst noch treiben lässt – jenseits vom Mainstream-Streaming. Was Norma Audio hier gebaut hat, ist kein Retro-Revival, sondern ein Festival.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse |
| Wunderbar körperbetont im Klangcharakter, auch bei Hochdynamik nie hart |
| Großartige Verarbeitung, TEAC Audio-Laufwerk |
| 5 DAC-Zugänge für externe Digital-Quellen |
| Bedienung per RC manchmal etwas umständlich |
Vertrieb:
Audio Components Vertriebs GmbH
Leverkusenstraße 3
22761 Hamburg
Tel.: 040 / 40 11 303 – 80
Fax: 040 / 40 11 303 – 70
www.audio-components.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Norma Revo DS-2 silber: 5.000 Euro
Norma Revo DS-2 schwarz: 5.200 Euro
Die technischen Daten
Norma Revo DS-2 | |
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Konzept: | CD mit integriertem DAC |
Wandler: | Norma A-DAC 1, selbst konfiguriert |
Digitaleingänge: | USB, 2 x SPDIF RCA, SPDIF OPTICAL, AES-EBU. |
Digitalausgänge: | S/PDIF koaxial (konfigurierbar) |
analoge Ausgänge: | 1 x Cinch, 1 x XLR |
Besonderheiten: | Teac Audio-Laufwerk |
Farben: | Silber & Schwarz |
Abmessungen (B x H x T): | 43,0 × 7,5 × 35,0 cm |
Gewicht: | 10,2 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test SACD-Player Denon DCD-A110: Silberscheiben leben ewig
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