„Designed and engineered by DALI in Denmark“. So etwas liest man gerne, weckt es doch die gute alte Vertrauensseligkeit in europäische Schaffenskunst. Es folgt ein „Made in China“, was wiederum bekanntlich schon lange nichts Fragwürdiges mehr bedeutet. Den wertig designten Verpackungskarton ziert „In admiration of music“ – was so viel heißt, dass DALI voller Bewunderung für die Musik sei. Davon kann man in der Tat getrost ausgehen, die Hingabe fürs klanglich Gute kennt man von den noblen Lautsprechern der Dänen, die erst kürzlich ihre neue Epikore-Serie auf die Bühne brachten. Eine so große Erfahrung beim Lautsprecherbau adelt jedoch noch nicht automatisch zumKopfhörer-Spezialisten. Aber die Skandinavier haben ja schon einige respektable Modelle im Programm. Und nun noch einen mehr: den geschlossenen Over Ear namens DALI iO8 für knapp 600 Euro.

Die DNA erbt der iO8 vom großen iO12 (1.000 Euro). Will heißen: Die Technik mit der hauseigenen Papierfaserkonus-Membran sowie andere Charaktereigenschaften wie Bluetooth-5.2, HiRes-Audio-Zertifizierung mit Abtastraten von 32, 44,1, 48 und 96kHz bei 16 bis 24 Bit-Modi oder die lange Laufzeit von bis zu 35 Stunden mit einer Akkuladung. Darunter rangieren die abgespeckten Modelle iO6 und iO4, die tatsächlich einiges weniger können.
DALI iO8: smarter Over Ear im Danish Design
Dann packen wir mal aus: Schon beim Karton bewiesen die Designer ein feines Händchen für Anmutung und Wertigkeit. Öffnet man den stabilen Deckel, klappt ein opulenter, farbiger Start-Guide aus. So kann’s gleich losgehen mit der Inbetriebnahme. Im Case schlummern noch ein USB-C-(Lade)kabel und eine Miniklinken-Leine (3,5 Millimeter). Denn der Bluetooth-Kopfhörer inszeniert auch verkabelt Musiksessions. Ob und welche Unterschiede das im Klang ausmacht, klären wir später.

Schön: Die Ohrpolster aus Leder lassen sich austauschen. Für einen Over-Ear-Hörer fallen sie in der Dimension zwar etwas knapp bemessen aus, dürften allerdings den allermeisten Ohren bequemen Unterschlupf bieten. Die Muscheln lassen sich zudem einseitig und platzsparend falten.

Die Aktivierung von Modi und der Steuerung übernehmen bautypisch bedingt kleine Bedienknubbel. Die sitzen auf der Unterseite der rechten Hörmuschel, die zusammen mit der äußeren Oberfläche der rechten Hörmuschel quasi als Steuerzentrale dient: Mit Fingertippen, zum Beispiel Ein-/ Aus, die Bluetooth-Kopplung (wird mit „Pairing“ und andere Infos wie „Battery“ akustisch kommentiert), Lautstärke, Titelwiedergabe managen und natürlich die Geräuschunterdrückung ANC. Gut zu wissen: Das ANC arbeitet sowohl im drahtlosen Aktivmodus (Bluetooth) sowie verkabelt im aktiven USB- und im analogen Aktivmodus. Telefonunterstützung gibt’s nur via Bluetooth. Die interne Elektronik knöpft sich dabei Futter via Bluetooth und aktivem USB-Modus vor. Im verkabelten Passivmodus ist der iO8 komplett auf die Kompetenz seines Zuspielers, dem guten Ton zuliebe einen potenten Kopfhörerverstärker angewiesen.

Dann lockt an der rechten Muschel da noch ein Knöpfchen mit Schieberegler-Symbolen: Der iO8 fokussiert sein Klangbild in den Modi „HiFi“ oder „Bass“. Eine Smartphone-App zur akustischen Regieführung gibt’s nicht. Laut Dali ist das auch ausdrücklich nicht gewünscht: „Aufgrund der feinen Abstimmung bei der Entwicklung der Kopfhörer und der Wahl zwischen zwei möglichen Klangmodi (‚HiFi‘ und ‚Bass‘) haben wir ganz bewusst entschieden keine App-Funktionalität einzubringen. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und haben hierzu eine kleine Kampagne ‚Great sound needs no app‘ lanciert. Daher werden wir auch in Zukunft keine App anbieten“, so CEO Frank Hagemann. Das Video dazu gibt’s hier:
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Diese Argumentation wirkt einerseits schlau wie aus dem Marketingbüchlein gegriffen, andererseits trifft sie aber des HiFi-Pudels Kern, nämlich die kluge Philosophie von hochwertigem HiFi-Equipment: nichts manipulieren, nichts hinzufügen… Und wer als patenter Hersteller tatsächlich ein Händchen für den guten Ton hat, kann sich theoretisch solche Tools tatsächlich sparen.
Setzen wir den iO8 auf. Das Kopfband legt sich mit feinem Lederallüren aufs Haupt, die Bügelspange lässt sich leicht ausziehen, bis der Kopfschmuck individuell passend sitzt – nämlich recht angenehm, mit sanftem Außendruck, was im mobilen Bereich Sinn macht.

Ein Blick ins Innere zeigt den hauseigenen Papierkonus, der wie erwähnt auch im iO12 wandelt. Jedoch fehlt dem iO8-Treiber der SMC-Aufbau des Magneten (durch ein Magnetpulver) das Wirbelströme im Antrieb reduzieren soll. Darüber hinaus aber ist der iO8 dem iO12 extrem ähnlich: Der Wandler (50 Millimeter Durchmesser) und die Class-D-Ausgangstreiber sind identisch und auch beim iO8 liefern Qualcomm und Sony die Zutaten für Bluetooth und ANC.

Hörtest
Zunächst stand der Alltags-Check inmitten von Umgebungsgeräuschen auf dem Plan. Straßenverkehr, U-Bahn-Sound innen, herannahender Zug oder Stimmengewirr fuhr der ANC-Chip im geschlossenen iO8 bravourös herunter. Im „Transparenz“-Modus drangen die gewünschten Umgebungsgeräusche wie Durchsagen dezent ans Ohr. Top! Schön dabei: Grundsätzlich spielte der iO8 seine Klangtrümpfe mit aktiviertem ANC am überzeugendsten aus – sonor und druckvoll, gut sortiert. Das eingesetzte Bluetooth erlaubte zudem eine leinenlose Session von bis zu zehn Meter durch drei halb offene Räume hindurch, ohne Aussetzer. Bravo!
Anschließend spielte der iO8 mit der einfachsten Kabellösung mit Miniklinke am MacBook – auch wenn die Leinen-Legung in der Praxis wohl eher selten in der Praxis eines Bluetooth-Hörers vorkommen dürfte. Selbst ohne Kopfhörerverstärker wirkte der Klang recht ausgewogen und angenehm. Mit dem mobilen ifi-Zen-DAC als potenter Pusher legte der iO8 noch mehr Druck und Drive plus Auflösung in die Waagschale. Noch vehementer und besser aufgelöst spielte er dann an den Highend-Kopfhörerausgängen des T+A DAC 8 DSD und dem wunderbaren Lehmann Linear SE auf: Die Dire Straits in HiRes setzte der iO8 druckvoll und mitreißend in Szene. Anne Clark und ihr wunderbares Stockfisch-Album „Borderland …“ klang über den iO8 anmutig, Stimme und Harfe beließ er deren Natürlichkeit. Meine interne Referenz, der Sennheiser HD800, brachte lediglich ein Plus an Raumgefühl und Plastizität ins Spiel. Aber der kostet mehr als das Doppelte…

Letztendlich muss der Däne seine Klangpotenz an mobilen Quellgeräten wie Smartphone oder Laptop via USB und kabellos zeigen. Via USB-C-Buchse ließ er dank seiner internen Elektronik aufhorchen: Toll aufgelöst und auf Augenhöhe mit dem externen Kopfhörer-Amp ifi Zen DAC. Insofern kann er USB-C verkabelt als Stand-Alone-Begleiter Musik von Smartphone oder Laptop spielen.
Doch letztendlich wollen Besitzer eines drahtlosen Aufsteiger-Kopfhörers wie dem iO8 ihre Musik via Bluetooth hören. Und da inszeniert der Däne vor allem via ANC-Modus ein souveränes, stimmiges Klangbild ohne großartige Überhöhungen im Bass. Wer mag, kann dennoch den Bass-Boost aktivieren. Aber warum? Nicht für Klassik, vielleicht für manche Popstücke, für Pommes mit Ketchup-Musik, die wummsen soll. Und das wäre im Sinne von musikalischer Individualität absolut okay. Der „normale“ Modus nennt sich „HiFi“ – unser Favorit.
Via Bluetooth spielte der iO8 dann auf dem Niveau von USB-C: Die Singer-Songwriterin Heather Nova von den Bermudas bringt im Februar ein neues Album heraus (wir werden in einem Interview ausführlich berichten…) und ein paar Single-Songs gibt’s bereits. Zum Beispiel „Hey Poseidon“ oder das fragile „Ghost In My Room“, das etwas an Stücke der Indie-Band Mazzy Star erinnert. Heathers Stimme glänzt, umrahmt von zarter Akustikgitarre. Ein Vergleichshörer wie der Focal Hadenys löste zwar einen Tick besser auf, besaß aber nicht dieses Händchen fürs große Ganze inklusive Strahlkraft und Musikalität. Der Sennheiser HD 800 schuf dann eine insgesamt größere Transparenz und Offenheit, hinkte jedoch in puncto „schönem“ Grundtonbereich hinterher.
Es ging weiter mit Klassik, immer wieder gerne mit der exzellenten Cellistin Sol Gabetta: Körper, Durchhörbarkeit des Orchesters, wie mit der Einspielung von Saint-Saëns’ „Cello Concerto No. 2, Op. 119“, stellen einen hohen Anspruch an die Schallwandler. Auch hier punktete der iO8 mit tollen Farben, hier und da hätte jedoch etwas mehr Schmelz und Durchhörbarkeit gutgetan…
Fazit DALI iO8
Ein solider Beau für alle Fälle: Ob Pop, Rock, Jazz oder Klassik – der DALI iO8 klingt nahezu mit jeglicher Musik mitreißend. Dazu kommt er recht schick daher und lässt sich einfach bedienen. Seine ausgewogene Grundcharakteristik und schöne Klangfarben gepaart mit dynamischer Vehemenz und sonorer Stimmartikulation hievt in auf ein gutes Preis-/Leistungsniveau und macht ihn zu einem der rundum guten Angebote seiner Preisklasse. Aber er wird – auch das wollen wir nicht verschweigen – mittlerweile schon sehr viel günstiger am Markt gehandelt.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Ausgewogenes, homogenes, farbauthentisches, druckvolles Klangbild, räumlich gut strukturiert |
| Hoher Tragekomfort |
| Solide Verarbeitung |
| Feines Look-and-feel, auch bei Verpackung, klasse Bedienungsanleitung |
Vertrieb:
DALI GmbH
Berliner Ring 89
64625 Bensheim
www.dali.gmbh
Preis (Hersteller-Empfehlung):
DALI iO8: 599 Euro
Die technischen Daten
DALI iO8 | |
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Technisches Konzept: | Drahtloser Over-Ear-Bluetooth-Kopfhörer in geschlossener Bauweise |
Bestückung: | Dynamischer Wandler, 50 mm Durchmesser |
Impedanz: | 25 Ohm |
Wirkungsgrad: | 200 mV rms, 94 dB SPL @ 1 kHz |
Akku-Laufzeit: | 28 Stunden / 25 Stunden mit aktiviertem ANC |
AKKU-Ladezeit: | 2 Stunden |
Gewicht: | 325 Gramm |
LIeferumfang: | Reise-Case, Mini-Klinkenkabel (3,5 Millimeter, Länge 1,2 Meter), USB-C-Ladekabel |
Ausführung: | Iron Black, Caramel White |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
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