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Dynaudio Evoke 50 3-Wege
Wofür steht die neue Dynaudio Evoke-Serie? LowBeats hatte das Flaggschiff Evoke 50 (Paarpreis: 4.400 Euro) im Test (Foto: Dynaudio)

Test Dynaudio Evoke 50: viel Bass, viel Spaß?

„Evoke“ heißt die neue Oberklassen-Linie von Dynaudio und folgt in der Hierarchie auf die jahrelang erfolgreiche „Excite“ Serie. Gemeinhin verbieten sich ja Anspielungen auf den Namen, aber Dynaudio fordert es hier geradezu heraus. Excite wollte gefallen, Evoke will wachrütteln, soll man das so verstehen? Sicher ist, dass Dynaudio mit viel neuer Technik viel neuen Wind in die Klasse bringen will. Also bestellte sich LowBeats jenen Lausprecher zum Test, der am meisten von diesem neuen Hightech eingebaut hat: das Flaggschiff Dynaudio Evoke 50. Und dieser Lautsprecher hat uns ganz schön überrascht.

Dynaudio Evoke Family
Die Evoke 50 im Größenvergleich zum Rest der Familie. Von links: Evoke 50, Evoke 30, Evoke 20, Evoke 10 und der Center Evoke 25c. Die Abmessungen der Evoke 50 liegen bei: 30,5 x 116,2 x 37,3 cm (B x H x T) – allerdings mit den auskragenden Füßen und einer Abdeckung (Foto: Dynaudio)

Dynaudio hat sich über 40 Jahre einen exzellenten Ruf erarbeitet. Die Dänen stehen für eine besondere Form von ehrlicher Neutralität. Dafür werden sie weltweit geschätzt. Und damit einher geht ein – in der Regel – sehr dezentes Design der Lautsprecher. Excite lehnte sich an die zurückhaltenden Formen der früheren Focus Serie an, Evoke wirkt mit seinen sanften Rundungen an Schall- und Rückwand fast noch dezenter. Die Evoke 50 ist über 1.15 Meter hoch, aber sie fällt einfach nicht auf. Ich finde das angenehm. Und wie immer bei Dynaudio ist die Verarbeitung der Gehäuse über jeden Zweifel erhaben. Das Furnier hat keine Schwächen, der Lack ebenso wenig. Es gibt die Evokes in den Ausführungen Schwarz, Weiß, Nussbaum und „Blonde Wood“:

Dynaudio Evoke 50 Farben
Die Dynaudio Evoke 50 in der Test-Ausführung Nussbaum. Aber auch in Schwarz sieht sie ziemlich gut aus… (Foto: Dynaudio)

Und wie man es heute so gern macht, lässt auch die Dynaudio Evoke 50 keine Schraube auf der Schallwand erkennen; die verbergen sich hinter perfekt eingelassenen Kunststoff-Ringen, welche die Mittel- und Tieftöner umgeben. Normalerweise baue ich die Treiber immer aus, um einen Eindruck von der Treiber-, aber auch von der Gehäusequalität zu bekommen. Unmöglich: Ich bin nicht drangekommen. Auch das werte ich einmal als Qualitätsmerkmal.

Die Technik der Dynaudio Evoke 50

Zumal man sich über die Qualität von Dynaudio Treibern niemals Gedanken machen muss. In meinen fast 40 Jahren Auseinandersetzung mit dieser Marke habe ich selbst in den günstigen Modellen immer nur hochklassige Hoch- Mittel- oder Tieftöner gefunden. Und da macht Evoke keine Ausnahme.

Beginnen wir mit dem Augenfälligsten: dem Hochtöner. Habe ich über Jahre immer wieder kritisiert, dass man so gut wie keine Unterschiede zwischen den Hochtönern der verschiedenen Serien und Preisklassen erkennen konnte, so sieht der neue Hochtöner endlich einmal erkennbar anders aus.

Dynaudio Evoke 50 Cerotar Tweeer
Das Gewebe der Evoke-Hochtöner ist wie früher wieder dunkler gefärbt. Die wie üblich 28 mm große Kalotte sitzt aber weiter zurückversetzt; der umgebende Waveguide ist etwas länger als bei den Esotar-Modellen der Generationen zuvor. Und auch hier sind keine Schrauben mehr zu sehen…  (Foto: H. Biermann)

Bei Dynaudio haben Hochtöner meistens Namen: Cerotar heißt dieser und basiert technisch auf dem Modell der Special Forty, die im LowBeats Hörtest nicht nur, aber vor allem im Hochton einen überragenden Eindruck hinterließ. Der Clou dieses Hochtöners ist eine aufwändige Bedämpfung der nach hinten abgestrahlten Schallenergie. Das macht den Ton hörbar klarer.

Einsetzbar ist diese Kalotte theoretisch schon unterhalb 2.000 Hertz. In der Dynaudio Evoke 50 aber kommt sie erst ab 3.500 Hertz zum Zuge, also fast eine Oktave oberhalb des Möglichen. Das reduziert die Verzerrungen und hebt die Belastbarkeit der Evoke 50 im Hochtonbereich drastisch an. Ein Schelm, der Böses dabei denkt…

Auch der Mitteltöner gilt als weitgehend neu entwickelt. Und doch kommt dem Betrachter einiges bekannt vor. Dynaudio hat hier den Vorteil, alle Treiber selbst vor Ort herzustellen. Im Grunde basieren die meisten Treiber auf einem Baukastensystem, bei dem je nach Bedarf die einzelnen Bauteile und Parameter angepasst werden. Im Falle des 15 cm großen Mitteltöners haben die Entwickler eine ausgesprochen dünne (0,4 Millimeter) und somit leichte MSP-Membran mit einer 38 mm Schwingspule in einem Neodym-Magneten kombiniert. Der Neodym-Magnet ist zwar etwas teurer als die klassischen Magnetformen, bietet aber in der Regel eine bessere Impulsivität als die üblichen Ferritmagnete.

MSP Membran Tieftöner
Die charakteristische MSP Membran wird von Dynaudio seit über 40 Jahren in den verschiedensten Konstellationen verwendet und kann nach Belieben verändert werden. Um Resonanzen zu minimieren, ist die Dicke innerhalb vieler Membranen unterschiedlich stark (Foto: Dynaudio)

Auch der Mitteltöner wird, gemessen an seiner Größe und Potenz, vergleichsweise spät, nämlich erst ab etwa 450 Hertz eingesetzt. Man könnte das als weiteres Zeichen dafür werten, dass Dynaudio mit der Evoke 50 einen sehr hoch belastbaren Lautsprecher anbieten will.

Der Bassbereich besteht aus zwei Tieftönern der 18 cm Klasse. Das ist nichts Besonderes, das kennt man von vielen Boxen dieser Klasse. Allerdings sind die Schwingspulen der Evoke-Bässe mit einem Durchmesser von 52 mm außergewöhnlich groß. Der Vorteil solch großer Schwingspulen: das Gewicht der bewegten Masse steigt an, die Parameter für eine sattere Tieftonwiedergabe werden besser und die Belastbarkeit steigt. Auf der anderen Seite bedeutet mehr Tiefgang und mehr Gewicht beim Tieftöner auch immer einen schlechteren Wirkungsgrad.

Dynaudio Evoke 50 in der Praxis

Den schlechten Wirkungsgrad müssen wir der Dynaudio Evoke 50 tatsächlich attestieren. Er dürfte bei etwa 84 Dezibel (1 Watt/1 Meter) liegen. Hier sind kräftige Verstärker gefragt. Aber nicht nur wegen des mäßigen Wirkungsgrades: Eines der Ideale von Dynaudio war früher stets ein mustergültig linearer Impedanzverlauf, damit es die angeschlossenen Verstärker nicht allzu schwer haben. Es war einer der Gründe, warum Dynaudio Lautsprecher trotz ihrer meist mäßigen Effizienz gut mit kleinen Röhren-Amps harmonierten.

Für die Dynaudio Evoke 50 können wir eine solche Kombination mit einer kleinen Röhre wie dem Mira Ceti von Fezz Audio (7 Watt) ausschließen. Denn die Entwickler haben hier einmal alle Fünfe gerade sein lassen und keinerlei Impedanz-Korrektur eingebaut. „Weil es ohne Linearisierung besser klingt“, hieß es bei Dynaudio. Da haben die Dänen natürlich recht: Zusätzliche Bauteile, selbst wenn sie parallel zum Signalweg liegen, machen das Signal nicht besser. Der Nachteil im Falle der Evoke 50 ist ein ungewöhnlich welliger Impedanzverlauf, der sehr kräftige und stabile Verstärker zwingend erfordert.

Impedanz und Phasenverlauf Dynaudio Evoke 50
Impedanz und Phasenverlauf Dynaudio Evoke 50. Verstärkerkritisches Impedanzminium von 2,6 Ohm bei 110 Hz (Messung: J. Schröder)

Und noch ein Punkt, bei dem die Dynaudio Entwickler alte Dogmen umgingen: die Frequenzweiche Evoke 50 hat Filtersteilheiten von bis zu 18 dB/Oktave. Die lange als sakrosant gehandelten „flachen“ Filter mit 6 dB Flankensteilheit werden offenbar nicht mehr allen modernen Schaltungen gerecht.

Dynaudio Frequenzweiche
Ungewöhnlich viele Bauteile auf einer Dynaudio-Weiche. In der Evoke 50 wird mit Flankensteilheiten von bis zu 18 dB/Oktave gearbeitet (Foto: H. Biermann)

Zurück zum Thema Verstärker: Kräftige Endstufen/Verstärker empfehlen sich auch deshalb, weil die Dynaudio Evoke 50 hoch belastbar ist und es viel Spaß macht, mit ihr laut zu hören. Dafür aber sollten pro Kanal wenigstens 150 stabile Watt zur Verfügung stehen. Mehr schadet auch nicht. Wir haben neben unserem Verstärker-Dauerbrenner Atoll IN 300 mit knapp 250 Watt an 4 Ohm auch den größeren Bruder IN 400 SE gerade im Test. Der ist noch einmal etwas kräftiger und das klang tatsächlich noch einmal besser…

Die IM-Spektrums-Messungen attestieren der Evoke 50 ein exzellentes Verzerrungsverhalten bei geringen Pegeln – nämlich gar keins. Kein Wunder, dass die noble Standbox so fein und klar klingt.

IM-Spektrum Dynaudio Evoke 50 @94dBspl/1m
IM-Spektrum Dynaudio Evoke 50 @94dBspl/1m (Messung: J. Schröder)

Doch selbst bei hohen Pegeln weit oberhalb 100 dB (in 1 Meter Abstand) ist das Verzerrungsverhalten erfreulich niedrig.

IM-Spektrum Dynaudio Evoke 50 @100dBspl/1m
IM-Spektrum Dynaudio Evoke 50 @103dBspl/1m (Messung: J. Schröder)

Man schafft mit der Evoke 50 Pegel bis zu 115 Dezibel – ohne, dass größere Schäden zu befürchten wären. Hier schlägt sich die umfassende Treiber-Forschung und die große Erfahrung der Dynaudio Ingenieure nieder.

So dezent die Evoke 50 auch aussieht, einfach aufzustellen ist sie nicht. Denn dieser Lausprecher ist bassgewaltig. Jedenfalls sehr viel bassgewaltiger, als es seine schlanken Formen erahnen lassen. Eine Aufstellung an der Wand (oder noch schlimmer: in der Ecke) verbietet sich kategorisch – die Bässe werden dann dröhnig.

 Loft-Ambiente
Dynaudio empfiehlt die Evoke 50 für mittlere und große Räume. Das passt, wenn auch der Verstärker groß genug ist. Und dann hat man wahrscheinlich auch keine Probleme mit zu nahen Wänden (Foto: Dynaudio)

Die Dynaudio brauchen also etwas Abstand zu den Rück- und Seitenwänden. Im Extremfall kann man auch mit den beigelegten Schaumstoff-Pfropfen experimentieren. Damit reduziert man in bestimmten Bereichen den Bass, allerdings verändert man auch die Paramter des Lautsprechers. Ich bin kein Freund von diesen Stopfen; im LowBeats Hörraum jedenfalls brachten sie keinen Fortschritt. Allerdings ist der auch 70 Quadratmeter groß…

Der Hörtest

Schon bei den ersten Takten wurde deutlich, dass dieser Lautsprecher über ein sehr sattes Bassfundament verfügt. Bei elektronischer Musik wie von Felix Laband oder Yello drückte er die satten Beats so vehement in den Hörraum, dass wir uns verdutzt ansahen: Ist das eine Dynaudio? Es ist eine Dynaudio, aber halt die Evoke 50. Und die ist a.) offenkundig bewusst zeitgemäß abgestimmt, fällt aber b.) auch etwas aus dem Programm. Roland Hoffmann, seines Zeichens Direktor der Dynaudio Academy, verwies auf die eher klassische Abstimmung der anderen Evoke Familienmitglieder und er hat recht: Evoke 10, 20 und 30 haben den Extra-Schub im Bass nicht.

Mich hat es zuerst etwas gestört, aber mit längerem Hören hatte ich immer weniger Probleme damit. Bei kleinen Pegeln ist ein kräftigerer Bass sowieso angenehm und verleiht den Aufnahmen mehr Wärme und Raumtiefe. Und dann ist der üppige Bass der Evoke 50 auch keiner dieser überzogenen Grummelbässe, wie man sie so oft bei günstigen Modellen hört. Der Tieftonbereich der Evoke 50 hat trotz seiner Fülle und Schwärze eine hohe Präzision. Wer die Bassdrum-Schläge auf James Blood Ulmers „Crying“ über die Dynaudio hört, wird seine wahre Freude daran haben.

Aber ich werde der Evoke 50 natürlich nicht gerecht, wenn ich die ganze Zeit über satte Bässe schreibe. Denn dieser Lautsprecher hat auch einen fantastischen, hochkultivierten Mittelhochtonbereich, der ungemein transparent und leichtfüßig klingt. Friday Night In San Francisco, das grandiose Album der Gitarre-Künstler Paco de Lucia, Al Di Meola und John Mclaughlin, ist ein Feuerwerk der Fein- und Grobdynamik. Die blitzschnell gezupften Gitarrensaiten, die herben Stöße der Hände auf die Gitarren kamen mit der Dynaudio wunderbar authentisch. Alles war im Fluss, alles hatte auch eine wunderbare Plastizität.

Wir haben während der Hörtests etwas gemacht, was man eigentlich nicht tun sollte: Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Dennoch musste die nagelneue Standbox Evoke 50 gegen mein Lieblings-Dynaudio, die kompakte Contour 20 antreten, die mit 4.500 Euro Paarpreis fast das Gleiche kostet. Der große Vorzug der Contour 20 war immer ihre unbestechliche Präzision über den gesamten Bereich. Und ja: in den oberen Bässen klang sie erwartungsgemäß knochiger, richtiger.

Aber die Evoke unterstrich dann sehr deutlich, dass sie die modernere Konstruktion ist. Im Mittelton spielte die Standbox noch aufgeräumter präziser, der Hochton funkelte noch etwas feiner. Das hätte ich nicht gedacht. Und dann kann die Evoke natürlich etwas ins Feld führen, wo Kompaktboxen schnell etwas schwächeln: Pegelfestigkeit. Die der Standbox ist enorm. Den extrem kraftvollen Atoll In 400 SE hatte ich bisweilen schon in der 15-Uhr-Stellung und immer noch den Eindruck, die Evoke 50 könne noch mehr verkraften. Ich ließ es aber nicht darauf ankommen: es war laut genug. Aber die Verzerrungsarmut ist beeindruckend.

 Fazit

Dieser Lautsprecher ist typisch Dynaudio und doch auch ganz untypisch. Typisch, weil toll verarbeitet, bestens bestückt und wie üblich nur mittelmäßig effizient. Untypisch, weil bei ihm etliche Dynaudio-Dogmen über Bord geworfen wurden – zum Beispiel die lineare Impedanz, der Einsatz flacher 6-dB-Weichen oder das ungewohnt kräftige Tieftonfundament. Die Evoke 50 macht deutlich mehr Bass, als man es von den „ehrlichen“ Dänen gewohnt ist. Sie ist ein lebendiger, man möchte fast sagen: „lebensbejahender“ Lautsprecher, der viel Spaß macht, bei dem der Spaß aber auch durch die ungemein transparenten Mitten und Höhen aufkommt. Die Evoke 50 ist zwar etwas abseits der „reinen“ Lehre, aber vielleicht auch deshalb absolut mehrheitsfähig.

Dynaudio
Evoke 50
2019/05
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Überragend feiner & warmer Klang
Sehr gute Abbildung
Gewohnt gute Verarbeitungsqualität
Braucht sehr kräftige Verstärker

Vertrieb:
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
www.dynaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Dynaudio Evoke 50: 4.400 Euro/Paar

Mit- und Gegenspieler:

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.