Elektrostatische Kopfhörer sind mit das Beste (und leider auch mit das Teuerste), was die Kopfhörer-Branche hergibt. Doch nun wagt Stax die Revolution von unten: Der japanische ESL-Pionier verheißt mit seinem Kombi-Set Stax SRS-X1000 überlegene Elektrostaten-Klangkunst für 1.250 Euro. Ist das überhaupt möglich?
Stax steht seit mehr als sechs Dekaden für den feingeistig-transparenten Klang des elektrostatischen Prinzips. Die Elektrostatik vollzieht sozusagen ihre eigene Klangkultur: sehr detailliert aufgelöst und mit üppiger Plastizität gesegnet. Durch die spezielle Technologie gehört stets ein Speiseteil oder auch Treiberverstärker als Spielpartner dazu. Der Grund: Die Kopfhörer benötigen enorme Spannungen für ihren Betrieb. Im Falle von Stax natürlich einen der japanischen Edel-Manufaktur, die mehrere Exemplare für ihre verschiedenen Kopfhörer-Modelle parat hält.
Über die Jahre, seit dem ersten elektrostatischem Modell SR-1 von 1960, konstruierten die Ingenieure in Fernost faszinierende Exemplare und formten dabei wunderbare Teams, für viele wie gesagt unschlagbar in punkto Feinzeichnung und Plastizität. Ich hatte schon 2018 die SR-L-Familie von Stax für einen umfangreichen Test auf dem Schreibtisch. Alle drei fantastisch klingend, alle drei natürlich mit entsprechendem Speiseteil.
Nun betritt ein junges Stax-Team aus der Basis die Bühne: Der neu entwickelte Kopfhörer SR-X1 im traditionellen Rund-Muscheldesign trifft auf den Power-Partner SRM-270S – zum Set-Kampfpreis von 1.250 Euro. Welches Klangpotenzial lässt sich für diesen monetären Input entfalten?

Der SR-X1 tritt als relativ junger Entertainer aus dem Hause Stax an. Seine Ziehväter statteten den offenen OnEar-Hörer mit dem klassisch-runden Design der Sixties aus – schick. Die drehbaren Muscheln überzieht dabei samtig-zartes Schafsleder, was sich ebenso weich an Haut und Haar schmiegt. Schwarzer Kunststoff und Edelstahl formen den Muschelkorpus und die Bügelkonstruktion. Die Haptik macht durchaus an: So leicht wie er in der Hand liegt, so federleicht wirkt er auf dem Kopf.

Seine 234 Gramm scheinen beinahe zu verfliegen. Lange Hör-Sessions? Kein Problem. Angesichts von vielen Konkurrenz-Exemplaren aus den Mittel- oder Schwergewichts-Ligen eine äußerst angenehme Sache. Der neue „Kleine“ vereint wertvolle Tugenden, die auf der langen Erfahrung der Japaner aus der Premium-Liga beruhen.
Das Speiseteil SRM-270S im Team gibt die Tonsignale über das beiliegende, fünfadrige und zweieinhalb Meter lange Anschlusskabel an den SR-X1 weiter. Die Musik nimmt der maßgeschneiderte Zulieferer über Stereo-Cinch-Eingänge von den Quellen entgegen – wie Player oder D/A-Wandler.
Der SR-X1 arbeitet im Inneren mit feststehenden Statoren als fixe Elektroden, aufgeladen mit Hochspannung, die der Treiber-Amp liefert. Die leitfähig beschichtete Membran in der Muschel bewegt sich dabei mit der gesamten Fläche – und generiert Schall. Apropos Spannung: Die ist bei Elektrostaten für Menschen selbstredend ungefährlich.

Machen wir nicht lange rum und hören wir, was das Newcomer-Team kann. Dazu traten mehrere Vergleichs-Hörer von Online- bis HiRes-Musik an, um die Klangkünste des Stax-Teams auszuloten. Zum Beispiel der exzellente Sennheiser HD800 (dynamisch, offen; ehemals 1200 Euro) und der hervorragende Hifiman Editon X (Magnetostat, offen; ehemals 2000 Euro). Als Zuspieler versorgten die Probanden der exzellente Kopfhörer-Amp Lehmann Linear SE und im „unteren“ Online-Bereich der Amp/DAC Ifi Zen V2.
Der Klang des Sets Stax SRS-X1000
Starten wir mit zwei Knurrhähnen. Lou Reed und John Cale brachten ihrer Künstler-Muse Andy Warhol 1990 ein vielschichtiges Ständchen, nachdem sich die beiden Ende der 1960er Jahre bei Velvet-Underground ziemlich auf den Geist gingen und Cale die Band verließ. Der Geist Warhols vereinte die zwei selbstbewussten Musiker mit „Songs For Drella“ 1990. Die Sprech-/Vokalsequenzen auf „Smalltown“ oder „Trouble With Classicists“ intonierte das Stax-Team herrlich körperhaft, greifbar nahe. Der Sennheiser HD 800 musste in diesem Punkt minimale Abstriche machen, brachte dafür eine Spur mehr Luft ins Spiel.

Die Jazz- und Klassikabteilung brachte zunächst Mozart auf den Plan. Und zwar beispielsweise mit dem Schlusssatz seines Klavierkonzertes KV 175, „Rondo D-Dur KV 382“. Die Bamberger Symphoniker unter Frank Beermann und Pianist Matthias Kirschnereit ließ das Stax-Set erstrahlen – Details und der Orchesterkörper lebten energetisch und raumgreifend auf. Der HD 800 gab sich etwas nüchterner, brachte allerdings hier und da ein paar kleine prägnante Glanzlichter ins Spiel. Der HiFiman X konnte das nicht so gut, unterfütterte das Klanggeschehen dafür mit einem wohligen Schuss Wärme. Unterm Strich wirkte das Stax-Team am spielfreudigsten.

Top-Gitarrist Pat Metheny und seine Kumpels Charlie Haden (Bass), Jack DeJohnette (Schlagzeug), Dewey Redman (Saxofon) und Mike Brecker (Saxofon) legten mit ihrem Album „80/81“ eine großartige Session hin – mit feinem, inspirierten Melodienfluss. Das Quintett verzückt mit der Aufnahme vom Mai 1980 aus den Osloer Talent-Studios auch dank der Stax-Kombi: Hinreißend vital, sprühend und gleichzeitig prägnant im Feindetailbereich tönten Stücke wie „Two Folk Songs“ oder „Goin’ Ahead“. Der HD800 konnte nicht ganz die Klangfarbenpracht rüberbringen, wirkte aber dynamischer.

Dann Sara K. – die US-Singer-Songwriterin ist mit ihrem exzellent aufgenommenen Album „Hell Or High Water“ aus dem Jahr 2006 für mich unabdingbar in Vergleichstests: Auflösung, Klangfarben, Raumgefüge, Plastizität, Körperhaftigkeit, Bass-Power – alles stimmt auf dieser Scheibe vom audiophilen Label Stockfisch (Vertrieb in-akustik). Und auch hier zeigte das Team Stax eine eindrucksvolle Performance: Welch intime Nähe der Stimme, dabei klar artikuliert, das Arrangement in Detailreichtum gebettet, Gitarrenzupfen prägnant und pointiert. Auch das Raumgefüge geriet großzügig. Und: Wer hätte das einem Elektrostaten in dieser Liga zugetraut: Bassdruck und Tieftonvehemenz beeindruckten! Der HD 800 ging hier etwas nüchterner, analytischer zur Sache. Der größere Spaßfaktor ging aufs Stax-Punktekonto.

Zum Finale dockte der Kopfhörer SR-X1 an die „größere“ Speiseteil/DAC-Kombi SRM-D50 an. Der brachte auf Anhieb noch eine Prise mehr Selbstverständlichkeit, Auflösung, etwas präzisere Stimmartikulation und smarten Schmelz ins Spiel. Ergebnis: Klar besser, aber man ist dann bereits in der 2.000 Euro-Region. Und der eigentliche Sex des SR-X1 besteht ja in seinem Preis von knapp über 1.000 Euro…
Fazit Set Stax SRS-X1000
Wir haben es geahnt, jetzt wissen wir es – Stax ist die Elektrostat-Revolution von der Basis her gelungen: Der neu entwickelte Kopfhörer SR-X1 und Treiberverstärker SRM-270S formen ein Dream-Team für den Einsatz von 1250 Euro. Feiner, raumgreifender Klang, tonale Ausgewogenheit mit einem Schuss leichter Wärme, erstaunlicher Bassdruck für einen Elektrostaten und Spielfreude mit jedem Musik-Genre zählen zu den Tugenden des SRS-X1000. Damit tritt das Set souverän in Konkurrenz auch zu deutlich teureren KonkurrentInnen im Kopfhörer-Universum. Denn die kosten inklusive Kopfhörer-Amp in vielen Fällen deutlich mehr. Chapeau nach Japan.
Vertrieb:
ATR – Audio Trade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Stax SRS-X1000: 1.250 Euro
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Weiträumiges, fein aufgelöstes Klangbild, mit leichter Wärme im Spiel |
| Vorbildlich sauberer, druckvoller Bass |
| Muscheln aus weichem Schafsleder, wertige Verarbeitung |
| Hoher Tragekomfort |
Vertrieb:
Audio-Trade Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Villa Belvedere
Wallufer Straße 2
65343 Eltville am Rhein
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Stax SR-X1 1.250 Euro
(Einzelpreise 695 / 680 Euro)
Stax SR-X1 | |
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Bauform: | Stationärer Over-Ear-Kopfhörer in offener Bauweise |
Wandlerprinzip: | Gegentakt-Elektrostat mit extern zugeführter Polarisationsspannung (580 Volt DC) |
Anschluss: | Rundstecker 5-polig, passend für Speiseteile nach Stax-Pro-Standard |
Anschlusskabel: | Sechspoliges, flexibles Flachbandkabel mit niedriger Kapazität, Länge = 2,5 Meter; OFC-Leitermaterial |
Nennimpedanz: | Entfällt wegen elektrostatischer Arbeitsweise |
Kennempfindlichkeit: | 101 dB/100 Volt (Herstellerangabe) |
Besonderheiten: | Vollsymmetrische Arbeitsweise (Gegentakt-Elektrostat); geringe Verzerrungen auch im tieffrequenten Bereich, stufenlos einstellbares Kopfband; auswechselbare Ohrpolster |
Lieferumfang: | Speiseteil/ Treiberverstärker SRM-270S, Kabel, 2,5 Meter (OFC) |
Gewicht: | 234 Gramm (ohne Anschlusskabel) |
Alle technischen Daten |
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