Früher waren die Verstärker vom Röhrenspezialisten Fezz Audio klanglich faszinierend, waren saugünstig, aber ästhetisch eher kritisch. Aber die Fezz-Macher, Vater und die beiden Söhne Lachowski, sind Allüren-frei und alles andere als beratungsresistent: Sie reagierten und engagierten einen Designer, dem nichts Geringeres als ein großer Wurf gelang. In der jetzt aktuellen Fezz Audio EVO Ausführung klingen sie immer noch verführerisch, sind aber auch optisch atemberaubend. Wir hatten ein Pärchen Mira Ceti Mono (Endstufen) sowie die beiden Vorstufen Sagita (Transistor) und Sagita Prestige (Röhre) jeweils in der EVO-Version zum Test in der Redaktion. Und obwohl der Test schon einige Wochen her ist, will sie niemand zurückschicken…
Wann immer mich ein Lautsprecher beim Test plagen will – dann zücke ich meine Geheimwaffe und hole den Vollverstärker Mira Ceti von Fezz Audio aus dem Regal. Das entspricht einerseits einer gehobenen Faulheit, zum anderen aber erprobten Erfahrungswerten. Dieser Verstärker lässt jede Box gut klingen, dieser Amp legt sich ins Zeug und liefert ein erstaunliches Maximum an Abbildung. Nun gut, er ist kein Gewichtsheber. Mit doppelten acht Watt – arabisch: 8! Doch gerade in Zeiten des Hyper-Antriebs bei High-End-Kombinationen darf man auch auf Gegenkurs gehen; der Reiz liegt im Agilen, das ist manchmal weit wichtiger als Bizeps.
Allerdings lässt die Ästhetik unseres Mira Ceti etwas, nun ja, zu wünschen übrig. Der Schriftzug wirkt aufgeklebt, die beiden Knöpfe könnten einer Bad-Armatur entsprungen sein. So haben wir ihn im November 2018 getestet.
Lang ist’s her. Fezz hat auch ihm einen Facelift verpasst, eigentlich die komplette optische Ansprache verändert. Das neue EVO-Design ist nobel, schnörkellos, clean. Ein Klassiker der Moderne. Mit der traurigen Folge, dass Fezz auch die Preise angezogen hat. Damals berichteten wir von 2.450 Euro, nun liegen wir bei 3.750 Euro. Ich würde ihn trotzdem kaufen. Er ist in dieser Klasse klanglich das Maß der Dinge.
Und trotz des Aufschlags hat ja alles noch seinen realen Wert. Alles entsteht in Europa, in Polen, um genau zu sein. Das Firmengebäude, groß, auf der grünen Wiese, langgestreckt, mit Solar-Modulen zum Stromgewinn bietet ausreichend Platz für die Produktion der schönen Verstärker und des ursprünglichen Zweigs: der Produktion audiophiler Transformatoren.
Und damit sind wir bei den Familienwurzeln: Lech Lachowski hat seine Firma mit Ringkern-Ausgangsübertragern gestartet, genannt Toroidy – weshalb auch dieser Namenszug in gleicher Größe über dem Eingang des Firmengebäudes prangt. Die technischen Details könnte man unter dem Siegel des Firmengeheimnisses verbergen, doch wir haben Frank Urban vom deutschen Importeur Audium ein Loch in den Bauch gefragt und der gab bereitwillig Auskunft. Toroidy baut primär für die Anwendung im höchsten Audio-Sektor. Die Wicklungen werden in Epoxidharz eingegossen, in ein poliertes Stahlgehäuse gesetzt und umfassend abgeschirmt – elektrisch wie elektromagnetisch. Jeder Kunde ist willkommen, die Architektur ist offen – individuelle Stromwerte gewünscht? Kein Problem. Toroidy exportiert an Mitbewerber bis nach Australien – die Qualität wird weltweit geschätzt. Und damit wird auch klar, warum Fezz-Verstärker so gut klingen. Man kann einfach auf der anderen Seite der Halle die genau richtigen Trafos und Übertrager bestellen und zahlt dafür auch noch sehr viel weniger als bei vielen Mitbewerbern am Markt…
Fezz Audio EVO im Vorstufen/Mono-Trio: das Single-Ended-Glaubensbekenntnis
EVO also lautet das Zauberwort, mit dem die Polen gerade ein neues Produkt nach dem anderen aus dem Köcher holen. Nachdem der Mira Ceti, der unser Herz erobert hatte, legte Fezz seinerzeit mit dem Vollverstärker Lybra (zwei 300B pro Seite) nach. Auch dieser ist jetzt im neuen EVO-Gewand zu haben – zu dem übrigens auch die Auswahl aus sieben attraktiven Farben gehört.
Doch nun der Griff nach weit oben im Regal: Eine Vor-/End-Kombi, besser noch zwei Monos als Leistungsträger und mit vielen Gemeinsamkeiten mit unserem Vollverstärker-Helden: Auch die Monos heißen Mira Ceti – und glühen mit 300B-Röhren. Wieder ist die Ausbeute überschaubar: 18 Watt pro Stereoseite. Mein Einwand ist halbherzig: Mit Push-Pull könnte man doch deutlich mehr herausholen…? Mag sein. Aber unsere polnischen Freunde haben sich (wie ich mich auch…) in die parallele Single-Ended-Schaltung verliebt.
Bei Push-Pull steigt zwar die Leistung – aber hier schwingt eine positive Halbwelle zu einer negativen, wobei es bei den Übernahmepunkten zu Verzerrungen kommt. Bei Single-Ended existiert nur eine Welle, eben ohne Übergabe, ohne die Anfälligkeit für Verzerrungen. Doch die Wattausbeute bleibt dadurch klein, sehr klein.
Trotzdem, die Single-Ended-Schaltung steht bei Fezz nicht zur Debatte, auch bei unserem Vollverstärker-Liebling war es so und wird es weiter sein – die Söhne des Firmengründers fühlen sich in der Pflicht. Das ist die Edelliga. Was nicht heißt, dass die Lachowskis festgelegt wären: Im Katalog finden sich auch Push/Pull-Konstruktionen wie der Titania.
Zusammengefasst bis hier: Die Polen sind durch und durch audiophil und haben zudem das Know-how der Stromversorgung unter dem gemeinsamen Dach. Die Röhren hingegen werden angekauft. Bei Psvane – die jedoch an Fezz ohne Branding, ohne Aufdruck senden. In den Monos liefern die genannten zwei 300B die Kraft, zwei 6SN7 bereiten vor, alle vier kontrolliert von der eigenen Autobias-Steuerung von Fezz Audio.
Die Vorverstärker: Sagita und Sagita Prestige
Die Vorverstärker-Sparte ist noch jung bei Fezz Audio. Aktuell könnten zwei Modelle potenzielle Spielpartner der Monos sein. Zum einen der Fezz Sagita. Er arbeitet rein mit Transistoren. Ein super verarbeiteter, klassischer Line-Vorverstärker mit 43 Zentimetern Breite und EVO-gemäßer, extrem aufgeräumter Front.
Die höhere Bauform von ihm wird als Sagita Prestige ausgeliefert. Auf den ersten Blick sieht der Prestige genauso aus wie der Sagita und doch gibt es etliche Unterschiede – er ist nämlich ein echter Röhren-Pre. Auch er natürlich mit Toroidal-Transformern, die beim Prestige allerdings deutlich großzügiger ausfallen – mit nachgeschalteten ECC82. Auch die Signal-Verwaltung auf dem Rücken ist deutlich stattlicher als beim reinen Transistor-Geschwisterchen.
Der “normale” Sagita versteht nur Cinch, dies aber mit reichlich sieben Eingängen. Der Prestige kommt nur auf vier Cinch-Ports, aber hart rechts davon liegen die edlen Zugänge mit weiteren zwei XLR-Anschlüssen. Ja, der Prestige ist auch unter der Haube umfassend als Balanced-Schaltung ausgelegt. Oder in der Weltsprache: „fully balanced XLR connectivity“.
Und da ist noch einiges mehr unter dem Deckel: Gemessen am Sagita, der sehr viel Luft um seine edlen Bauteile wehen lassen kann, ist der Sagita Prestige fast schon zugebaut. Einen Großteil des Platzes nimmt dabei die in einem Metallkäfig sitzende Röhren-Sektion ein. Und wegen der Symmetrierung des Signalpfades müssen viele Bauteile doppelt ausgeführt werden.
Vor dem Hintergrund des deutlich höheren Bauteile-Einsatzes könnte man denken: Da wird die Röhren-Version der Vorstufe wahrscheinlich deutlich mehr kosten als die reine Transistor-Version. Nur halbrichtig: Der Prestige liegt bei 2990 Euro, die Normalo-Sagita unterbietet nur wenig mit 2250 Euro. Beides sehr fair.
Also kommt es auf eine Grundsatzentscheidung an. Habe ich keine XLR-Quellen, dann drängt sich auch die Balanced-Schaltung nicht auf. Den beiden Mira Ceti Monos ist die Frage eh völlig egal – sie können sowieso nur per Cinch angesteuert werden. Also dreht es sich mehr um die persönlichen Klangvorlieben.
Wir haben natürlich die beiden Vorstufen gegeneinander gehört. Da sind keine Welten dazwischen, es gibt die genetische Verwandtschaft im Fezz-Klang. Und doch wirkt der Transistor eindeutig zielstrebiger, schlicht „schneller“. Die Röhren-Edelvariante lässt den Samt der Monos schöner schimmern.
Schlummert hier die Gefahr, dass es mitunter etwas zu soft werden kann? Nein. Auch die Röhrenvorstufe ist agil, aber etwas mehr auf Feindynamik und Klangfarben ausgelegt. Pauschaltipps verbieten sich. Nicht zuletzt deshalb, weil auch die Energieabnehmer eine Rolle spielen. Eben die Lautsprecher.
Neigt der Lautsprecher – egal ob Stand- oder Kompaktbox – zur Analyse, dann bringt die Röhrenvorstufe die schönere Note und die feineren Raumdetails ein. Ist der Lautsprecher hingegen ein Schmusekuscheltier und Informationsverheimlicher (wir hatten während der Hörtests unter anderem die Harwood LS 5/9 im Haus), dann gefiel mir die Transistor-Stufe einen Hauch besser. Try and error. Gute Händler bieten beide Modelle für einen vergleichenden Testlauf in den privaten vier Wänden an. Weil bei LowBeats solche Tests aber überwiegend an den Referenzen (Dynaudio Heritage Special) stattfinden, tendierten wir überwiegend zur Röhren-bestückten Prestige…
Hörtest
Pop: Nicht irgendein Album, sondern das des weltweiten Überstars Taylor Swift. Erstaunlich, was diese junge Frau für einen kreativen Output vorlegt – sie gehörte auch zu unseren Highlights des April 2024. Die mittleren Alben wurden allesamt durch den Optimator gejagt und klingen nach heißer Luft in Einheitslautstärke. Doch mit „The Turtured Ports Department“ gelten nun neue Spielregeln. Natürlich tönt alles noch immer gefällig, aber anspruchsvoller, reicher an Emotionen und Informationen.
Singel-Ended Röhren-Endstufen könnten hier potenziell unterdimensioniert sein. Konjunktiv. Da der Bass Stilmittel Nummer zwei ist, neben der Singstimme. Bei „The Smallest Man Who Ever Lived“ hat er sechzehn Takte Pause bis zu seinem ersten Einsatz, ein Klavier dominiert. Das Fezz-Trio zeigte es nackt, wie auch Taylor Swift hier einen Seelenstripp hinlegt. Genau in der Mitte des Songs dann ein doppeltes Schlagzeug im Stereopanorama. Da gehen die meisten Röhrenamps böse in die Knie. Die Single-Ended-Schaltung müsste um Gnade winseln. Tat sie aber in unserem Test nicht. Vor allem die Kanten, die Kontrolle spielte ganz oben im High-End-Himmel. Klar, die Monos sind Spartaner, aber mit Durchsetzungswillen und einer edlen Grundcharakteristik. Fazit bis hierhin: Die ganz große Pop-Plastik mit Tiefenstaffelung bis in die untersten Oktaven ist möglich und lecker.
Aber sicher nicht die Hauptkost der Fezz-Zielgruppe. Die Röhrenfans holen eher eine alte Platte von Buddy Waters aus dem Regal. Müssen sie nicht mehr. Geffen Records hat „Folk Singer“ nach 24 Bit und 192 Kilohertz transferiert. In „You Can’t Lose What You Never Had“ legt wie immer die Gitarre mit einem zirpenden Riff los, links das Schlagzeug und rechts ein uncharmant verstimmtes Klavier. Da geht ein Zeittunnel auf – und der Röhrensound der Fezz-Schaltung könnte nicht schöner passen. Wir sind im kleinen Blues-Keller dabei, alles läuft hier eine Spur gemächlicher, aber nicht minder intensiv. Die Fezzos liegen auf Linie, der perfekten Linie.
Richard Wagner konnte nur groß? Gewaltige Stimmen, volles Orchester, maximale Dezibel-Ausbeute? Ein Werk gehört zu seinen Geniestreichen – und ist leise, intim, maximal persönlich. Das „Siegfried-Idyll“ komponierte er zur Geburt seines Sohnes, eben Siegfried, und widmete es seiner Frau Cosima. Als Überraschung versammelten sich ein paar Kammermusiker zur Uraufführung im Treppenhaus seiner Schweizer Villa.
Eine Neueinspielung hält mit den großartigen Aufnahmen der Vergangenheit mit. Die KammerMusikKöln nimmt sich Zeit und Raum – da pulsiert ganz fein das Zusammenspiel mit dem Nachhall. Das kann beileibe nicht jede verstärkende Elektronik erfassen und wiedergeben – es geht um den Zauber zwischen den Notenlinien, Analyse muss her, aber nie im kalten Flutlicht. Volle 18 Minuten hocke ich vor diesem Fezz-Zauberklang, perfekt eingependelt zwischen Konzentration, Klangrausch und Entspannung. Kann man nicht erzwingen, nur glücklich herbeisehnen.
Eigentlich war das Glück vollkommen. Aber der Vergleich mit dem einfachen Mira Ceti, dem Vollverstärker, der fast alle unsere Tests begleitet, stand noch aus. Idealerweise würde die Vor-/End-Kombination dessen klangliche Schönheit auf ein noch höheres Niveau heben…
Und genau das gelingt dem Sagita Prestige im Zusammenspiel mit den beiden Mira Ceti Mono auf atemberaubende Weise. Die Klangfarben sind in beiden Fällen unüberhörbar jene der 300B. Was die Vor-/End-Kombination dem kleinen Mira Ceti aber voraushat, ist die eindeutig höhere Präzision, etwas mehr Kraft, die größere Detailfülle und eine noch größere, feinere Luftigkeit in der Wiedergabe.
Fazit Fezz Audio EVO
Schöner und sinnstiftender hat kaum eine Vor-/Endkombi bei uns im kleinen LowBeats Hörraum geklungen. Eigentlich keine. Diese noble Selbstverständlichkeit – das ist Weltklasse, aktuell und durch alle Stereozeiten. Ja, die Wattzahlen sind klein. Aber die Fezzos klingen alles andere als gemächlich. Bei der Wahl der Vorstufe entscheiden Vorlieben und der Rest der Kette (ich würde mich blind immer für die Röhrenvorstufe entscheiden). Die Preiskalkulation ist tendenziell günstig. Dieses Trio liegt um 10 000 Euro. Viel Geld. Aber die Chancen sind gut, dass ich mir in diesem Leben keine andere verstärkende Elektronik mehr wünschen und kaufen werde…
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Klanglich schnell, offen, tendenziell warm |
| Handselektierte Röhren, hauseigene Transformatoren, automatischer Bias |
| Verarbeitung topp, sieben Farben zur Auswahl |
| Kein Ausbund an Leistung (18 Watt), Kontakt nur per Cinch |
Vertrieb:
Audium
Catostr. 7b
812109 Berlin
www.audium.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Fezz Audio Sagita: 2.250 Euro
Fezz Audio Sagita Prestige: 2.990 Euro
Fezz Audio Mira Ceti Mono: 7.500 Euro (Paar)
Technische Daten
Fezz Audio Sagita / Sagita Prestige | |
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Konzept: | Transistor-Vorverstärker / Röhren-Vorverstärker |
Röhrenbestückung: | – / 2 x ECC82 |
Eingänge: | 7 x Line (RCA/Cinch) / 2x XLR, 4x Line, 1x Direct-In |
Ausgänge: | 2 x RCA/Cinch / 2x XLR, 2x Line |
Besonderheiten: | Burson V6 Vivid Operationsverstärker |
Stromverbrauch: | 12 Watt / 15 Watt |
Abmessungen (B x H x T): | 42,0 x 9,5 x 38,0 cm / 42,0 x 9,5 x 38,0 cm |
Gewicht: | 9,5 Kilo / 10 Kilo |
Alle technischen Daten |
Fezz Audio Mira Ceti Mono | |
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Konzept: | Single-Ended Class-A Röhren Mono-Verstärker |
Röhrenbestückung: | 2 x 300B, 2 x 6SNZ |
Leistung: | 2 x 18 Watt |
Ausgänge: | Lautsprecher 4Ω / 8 Ω |
Besonderheiten: | Auto-Bias |
Stromverbrauch: | 115 Watt |
Abmessungen (B x H x T): | 34,0 x 21,6 x 36,0 cm |
Gewicht: | 13,0 Kilo |
Alle technischen Daten |
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Fest Fezz Audio Lybra: Single-Ended Röhren-Amp mit doppelter 300B
Kauftipp Fezz Audio Titania: 2 x 45 satte Röhrenwatt