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McIntosh MHT300 RC
Highend-AV-Receiver McIntosh MHT300 mit aktuellster HDMI-Technik und Dirac Live Raumkorrektur. Der Preis: 11.500 Euro (Foto: McIntosh)

Test Highend-AV-Receiver McIntosh MHT300: der Lichtblick

Es ist eigentlich erstaunlich, dass der McIntosh MHT300 hierzulande bisher so wenig Aufmerksamkeit erfährt – trotz der noblen Herkunft. Das mag daran liegen, dass er für einen Mehrkanal-Receiver vergleichsweise spärlich ausgestattet und – gemessen daran – ganz schön hochpreisig daherkommt. Dabei liegt sein Geheimnis möglicherweise genau in der Konzentration auf das Wesentliche: jedes einzelne Detail in feinster Qualität. In den vergangenen 20 Jahren war die Botschaft, insbesondere der etablierten japanischen Marken, dass mehr Features mehr besser sind. Aber ist das so? Designer-Legende Dieter Rams (Braun) sagte mal: „Gutes Design ist, wenn man nichts mehr weglassen kann ohne das etwas fehlt.“ Wir können schon an dieser Stelle festhalten, dass eben genau das auf den MHT300 zutrifft.

Sehr aufgeräumt: McIntosh MHT300 - Zwei Dreh/Drück-Regler: Fertig! (Foto: R. Vogt)
Sehr aufgeräumt: McIntosh MHT300 – Zwei Dreh/Drück-Regler: Fertig! (Foto: R. Vogt)

Wir dürfen unterstellen, dass die New Yorker Highend-Spezialisten auch bei Surround-Geräten genau wissen, was sie tun. Denn anders als die meisten anderen (gehobenen) High-End-Marken ist McIntosh Labs schon seit gut 35 Jahren mit fetten, highendigen AV-Prozessoren und -Receivern im Geschäft. Schon zu Beginn der 1990er hatte man verschiedene, gut beleumundete Maschinen und sogar Produkte wie highendige Laserdisc-Player und DVD-Spieler im Programm. Ein Reiz bei der Sache war dabei stets das konsequente Retro-Design mit einer Menge handfestem Hightech dahinter. Gemessen an seinen Zweikanal-Geschwistern ist die Front des McIntosh MHT300 praktisch leergefegt. Statt der Tastenreihen früherer Modelle gibt es hier nur zwei einsame Bedienelemente in Form großer Dreh/Drück-Regler. Klar, in der Mitte dürfen der satt grün hinterleuchtete Schriftzug und das zyan-blaue, zweizeilige Matrixdisplay nicht fehlen. Ansonsten gibt es ein paar Statusleuchten – fertig.

McIntosh MHT300: Anschlüsse und Steuerung

Die Rückseite offenbart die Reduktion auf das Wichtigste und dennoch steckt mehr dahinter als man zunächst ahnt. Nur vier HDMI-Eingänge und ein einziger -Ausgang mit eARC scheinen irgendwie recht wenig zu sein …

McIntosh MHT300 Back
Hier gibt es nur noch digitale Ein- und analoge Ausgänge. Die Höhenkanäle für Dolby Atmos und DTS:X und zwei Subwoofer sind in Cinchpaaren in der Mitte. Pfiffig: Vor/Endstufen lassen sich per Cinch-Kabel auch anders verschalten (Foto: McIntosh)

Ich habe über die Jahre viele Heimkinos besucht und mir fallen nur sehr wenige Leute ein, die mehr gebraucht hätten. Je zwei Digitalaudio-Eingänge in Cinch und Toslink sind ebenfalls adäquat. Die Netzwerkbuchse dient zur Steuerung und Einmessung mit Dirac Live.

McIntosh MHT300 HDMI
Auf das Wichtigste konzentriert: 4+1 HDMI reicht fast immer, 4x SPDIF ebenso (Foto: McIntosh)

Und dann kommt die wirklich clevere Idee: Statt eines komplexen, digitalen Routings im Prozessor lösen die Amerikaner die Zuordnungen der bis zu 7.2.4 Kanäle rein mechanisch. Darunter gibt es pro Kanal je ein Pärchen Cinchbuchsen die einen Ausgang des Vorverstärkers und eine korrespondierende Endstufe verbinden. Diese sind ab Werk mit vergoldeten Steckbrücken verbunden – hübsch mit Kunststoffgriff und McIntosh-Logo.

Robuste, vergoldete Steckbrücken verbinden ab Werk die Vorverstärker mit den Endstufen (Foto: R. Vogt)
Robuste, vergoldete Steckbrücken verbinden ab Werk die Vorverstärker mit den Endstufen (Foto: R. Vogt)

Wer nun also beispielsweise seinen linken und rechten Lautsprecher mit separater Endstufe versorgen möchte, der zieht die jeweilige Brücke heraus und nutzt die Vorverstärker-Ausgänge für L + R. Nun kann er mit einem simplen Cinchkabel beispielsweise die Front-Höhenkanäle mit den frei gewordenen Endstufen verbinden. So funktionieren Patchboards – Steckbretter – schon seit den ersten Telefonvermittlungszentralen vor 150 Jahren. Und so ist das bis heute in Tonstudios üblich. Und eben auch auf der Rückseite des MHT300.

Schnittstellen zur seriellen Steuerung, Triggersignale und Infrarot-Empfänger sowie das serienmößige Messmikro finden per Miniklinke Anschluss (Foto: R. Vogt)
Schnittstellen zur seriellen Steuerung, Triggersignale und Infrarot-Empfänger sowie das serienmäßige Messmikro finden per Miniklinke Anschluss (Foto: R. Vogt)

Ein Sextett aus Miniklinken-Buchsen zeigt, dass den Amerikaner auch die Integration ihrer Komponenten immer schon wichtig war: RS232 ist eine seit vielen Jahrzehnten bewährte, serielle Schnittstelle. Sie dient unter anderem für Haussteuersysteme. Zwei Trigger-Buchsen, die sich verschiedenen Quellen zuordnen lassen, schalten Dinge ein und aus – etwa einen Subwoofer, und Infrarot-Repeate. Eine IR-Weiterleitung gibt es ebenso wie die Schnittstelle für das Einmess-Mikrofon. Dazu gesellt sich eine Netzwerk-Buchse: WLAN (WiFi) ist übrigens nicht integriert. Für das Streaming ist zwingend eine physische Ethernet-Leitung notwendig!

Der McIntosh MHT300 besitzt eine programmierbare Systemfernbedienung (Foto: R. Vogt)
Der McIntosh MHT300 besitzt eine programmierbare Systemfernbedienung (Foto: R. Vogt)

Apropos Steuerung: Die Fernbedienung kann auch IR-Befehle anderer Geräte erlernen und dient dann als Systemfernbedienung für TV, Blu-ray Player et cetera. Sie liegt gut in der Hand und wirkt auf den ersten Blick mit ihrer Chrom-glänzenden Zierleiste recht schick, bleibt aber hinter der Wertigkeit des Receivers zurück.

Innere Werte

Auch unter dem massiven Gehäusedeckel wirkt der Mac aufgeräumt und strukturiert. Wer aber auch beim MHT300 die üblichen Mac-Verstärkerzüge mit riesigen Netzteilen, AB-Endstufen und Übertragern sucht, wird – natürlich – enttäuscht. Dafür reicht der Platz einfach nicht.

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McIntosh MHT300: der Blick unter die schwere Blechhaube (Foto: R. Vogt)
McIntosh MHT300: der Blick unter die schwere Blechhaube (Foto: R. Vogt)
Das riesige Schaltnetzteil sorgt für bis zu 7x 150W (4Ω) gleichzeitig. Vorne (blaue Platinen) die Hypex Endstufenmodule auf großzügig dimensionierten Kühlrippen (Foto: R. Vogt)
Das riesige Schaltnetzteil sorgt für bis zu 7x 150W (4Ω) gleichzeitig. Vorne (blaue Platinen) die Hypex Endstufenmodule auf großzügig dimensionierten Kühlrippen (Foto: R. Vogt)
Prozessor- und HDMI-Board für bis zu 8K/60fps oder 4K/120fps Bandbreite (Foto: R. Vogt)
Prozessor- und HDMI-Board für bis zu 8K/60fps oder 4K/120fps Bandbreite (Foto: R. Vogt)
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Das vordere Drittel füllt das vergleichsweise riesige Schaltnetzteil. In der Mitte sitzen die sieben Endstufen mit Hypex-Modulen, flankiert von massiven Kühlrippen und der Treiberelektronik. Ein massive Metallplatte schirmt einerseits die Class-D-Endstufen vom Schaltnetzeil ab und erlaubt andererseits kürzeste Schaltungswege vom Mainboard. Das wiederum sitzt mit einer Reihe Tochterplatinen oben hinten direkt an den Anschlüssen.

Bedienung, Einrichtung und Dirac Live

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Linkes Rad: drehen fürEingangswahl, drücken für Trim Funktion (temporäre Einstellungen) und das Konfigurationsmenü (Foto: R. Vogt)
Linkes Rad: drehen für die Eingangswahl, drücken für die Trim-Funktion (temporäre Einstellungen) und das Konfigurationsmenü (Foto: R. Vogt)
Power! Rechts drehen regelt die Lautstärke, drücken schaltet ein und stumm, lange drücken schaltet aus (Foto: R. Vogt)
Power! Rechts drehen regelt die Lautstärke, drücken schaltet ein und stumm, lange drücken schaltet aus (Foto: R. Vogt)
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Neben der Fernbedienung lässt sich der MHT300 mit den zwei nostalgischen Drehreglern bedienen. Der Input-Regler wählt beim Drehen die Eingänge aus. Kurz drücken und man ist im Trim-Menü. Hier kann man Funktionen wie Klangregelung, Dirac Live Ein/Aus sowie die Speicher auswählen. Oder auch den Subwoofer nachtrimmen und vieles mehr. Alle Schritte zeigt das Matrix-Display in seinen zwei Zeilen recht anschaulich. Wer länger dückt, kommt in das Setup-Menü, in dem sich alles Grundlegende einstellen lässt – etwa die Definition der Lautsprecher-Konfiguration. Wichtig: Auch die Netzwerkadresse ist einsehbar.

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McIntosh MHT300: Das Webmenü lässt sich in jedem Browser aufrufen und ist so gestaltet das es auch auf einem Tablet mit dem Finger gut bedient werden kann. Eine Mobilbrower-Variante für Smartphones gibt es nicht, mit etwas Hin- und Hergeschiebe ist es aber auch zu benutzen (Foto: R. Vogt)
McIntosh MHT300: Das Webmenü lässt sich in jedem Browser aufrufen und ist so gestaltet, dass es auch auf einem Tablet mit dem Finger gut bedient werden kann. Eine Mobilbrowser-Variante für Smartphones gibt es nicht, mit etwas hin- und hergeschiebe ist es aber auch so zu benutzen (Foto: R. Vogt)
Videoparameter. Selbst Durchschleifen von Signalen bei ausgeschaltetem Receiver sind möglich (Foto: R. Vogt)
Videoparameter: Selbst das Durchschleifen von Signalen bei ausgeschaltetem Receiver ist möglich (Foto: R. Vogt)
Alle Eingänge sind auch beliebig umzubenennen (Foto: R. Vogt)
Alle Eingänge sind beliebig umzubenennen (Foto: R. Vogt)
McIntosh MHT300 (Foto: R. Vogt)
McIntosh MHT300 lässt alle gängigen Lautsprechersetups bis 7.2.4 zu (Foto: R. Vogt)
Hier gibt es das Bassmanagement in 10Hz-Schritten und die manuelle Einmessung (Foto: R. Vogt)
Hier gibt es das Bassmanagement in 10Hz-Schritten und die manuelle Einmessung (Foto: R. Vogt)
Sorgt für stabile Verbindung: Separate IP-Adressen für MHT300 und Dirac Live (Foto: R. Vogt)
Sorgt für stabile Verbindung: Separate IP-Adressen für MHT300 und Dirac Live (Foto: R. Vogt)
Die gesamte Konfiguration und Kalibrierung lässt sich auf Festplatte sichern und Wiederherstellen (Foto: R. Vogt)
Die gesamte Konfiguration und Kalibrierung lässt sich auf Festplatte sichern und wiederherstellen (Foto: R. Vogt)
Kontrolle und Steuerung. Anmerkung: "RCLock" ist keine ReClock-Funktion für Digitalaudio sondern RC-Lock und schaltet die Fernbedienung per Infrarot aus (Foto: R. Vogt)
Kontrolle und Steuerung. Anmerkung: „RCLock“ ist keine ReClock-Funktion für Digitalaudio sondern RC-Lock und schaltet die Fernbedienung per Infrarot aus (Foto: R. Vogt)
Die professionelle Lautsprecher- und Raumeinmessung mit Dirac Live startet hier (Foto: R. Vogt)
Die professionelle Lautsprecher- und Raum-Einmessung mit Dirac Live startet hier (Foto: R. Vogt)
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Die schönere und vor allem viel übersichtlichere Möglichkeit den Mac zu bedienen und einzurichten ist allerdings das Webmenü. Die Oberfläche ist bewusst so gestaltet, dass man diese auf einem Tablet gut darstellen und auch mit dem Finger auf dem Touchscreen gut bedienen lässt. Hier ist es auch möglich, alle Einstellungen und Konfigurationen vorzunehmen, zu verändern und auch das gesamte Setup in einer Backup-Datei zu sichern oder wiederzuherstellen. Wichtig für den letzten Schritt vor Musikgenuss: die genaue Konfiguration des verwendeten Lautsprecher-Setups im Raum sowie die Einstellung des Bassmanagements.

Das serienmäßige Messmikrofon hat im MHT300 eine Kalibrierung hinterlegt (Foto: R. Vogt)
Das serienmäßige Messmikrofon hat im MHT300 eine Kalibrierung hinterlegt (Foto: R. Vogt)

Für die eigentliche Kalibrierung der Lautsprecher auf den Raum per Dirac Live hat McIntosh dem MHT300 ein vollwertiges Mikrofonstativ nebst Messmikrofon beigelegt. Und das eher unauffällige Mikro scheint nicht recht ordentlich zu sein; im Receiver ist zudem eine passende Kalibrierdatei hinterlegt. Wer es noch genauer haben möchte, sollte trotzdem ein professionelles Messmikrofon verwenden. Für den LowBeats Test habe ich das weit verbreitete (und noch preiswerte) miniDSP UMIK-1 verwendet, um beste Ergebnisse zu erzielen.

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Kontakt! Hier meldet sich er McIntosh bei Dirac Live zum Einmessen an (Foto: R. Vogt)
Kontakt! Hier meldet sich der McIntosh bei Dirac Live zum Einmessen an (Foto: R. Vogt)
1. Schritt: Mikrofon und Kalibrierung wählen, dann geht es an das grobe Einpegeln (Foto: R. Vogt)
1. Schritt: Mikrofon und Kalibrierung wählen, dann geht es an das grobe Einpegeln (Foto: R. Vogt)
Dirac Live bietet verschiedene Optimierungen für mehr oder weniger Zuhörer an (Foto: R. Vogt)
Dirac Live bietet verschiedene Optimierungen für mehr oder weniger Zuhörer an (Foto: R. Vogt)
Gut Illustriert zeigt und beschreibt Dirac Live wo um den Hörplatz gemessen werden soll (Foto: R. Vogt)
Gut illustriert zeigt und beschreibt Dirac Live, wo um den Hörplatz gemessen werden soll (Foto: R. Vogt)
Frequenzgang: Hier lassen sich die Korrekturbereiche und die gewünschte Kurve mit der Maus editieren (Foto: R. Vogt)
Frequenzgang: Hier lassen sich die Korrekturbereiche und die gewünschte Kurve mit der Maus editieren (Foto: R. Vogt)
Dirac Live verbessert auch das Impulsverhalten der Lautsprecher wie hier gut zu erkennen (Foto: R. Vogt)
Dirac Live verbessert auch das Impulsverhalten der Lautsprecher wie hier gut zu erkennen (Foto: R. Vogt)
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Die Dirac Live Einmessung ist in jedem Falle empfehlenswert. Und um es klar zu sagen: ich habe noch nie mit einer derart problemlosen Dirac-Implementierung gearbeitet. Man startet den Prozess im Webmenü bis zum Kommando, Dirac Live auf dem PC zu starten. Anschließend das Gerät als auch das Mikrofon auswählen und der Anleitung Schritt für Schritt folgen. Anschließend kann man die errechneten Korrekturen in einem von vier Speichern im Mac ablegen und hat so gute Gelegenheit verschiedene Korrekturen oder Varianten zu vergleichen. Dirac Live in der zugehörenden Variante arbeitet über den gesamten Frequenzbereich und für alle Kanäle.

McIntosh MHT300 Dirac
Der MHT300 hat die aktuelle DIRAC-raumentzerrung eingebaut. Das funktioniert fantastisch (Foto: McIntosh)

Neben der Frequenzgangskorrektur und der Kompensation von Überhöhungen durch Raummoden verbessert Dirac Live die Impulswiedergabe und optimiert quasi von selbst die dann nahtlose Subwoofer-Ankopplung. Wenn wie hier im Test alles läuft wie es soll, erreicht man eine genauere und tiefer durchhörbare Wiedergabe wie sie ohne derlei Filterung kaum möglich ist. Im Test klang der Subwoofer wirklich nahtlos mit den restlichen Lautsprechern. Und da man die Zielkurven weiträumig anpassen kann, lässt sich der Klang auch in seiner Balance an Raum und Geschmack variieren. Ich habe oft erlebt, dass Dirac Live Korrekturen nach der Korrektur etwas steril klangen. Das war hier nicht der Fall. Der Klangcharakter änderte sich nur leicht, gut mit den Zielkurven steuerbar und gewann an Transparenz, Balance und Fokus – ohne jedwede Einbußen an Lebendigkeit oder Klangfarben.

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McIntosh bietet im MHT300 sechs verschiedene Filter für schnelle geschmackliche Anpassung namens Voicing an: Music, Music 2, Relaxed, Tilt, Action und Action+Movie (Foto: R. Vogt)
McIntosh bietet im MHT300 sechs verschiedene Filter für schnelle, geschmackliche Anpassung namens Voicing an: Music, Music 2, Relaxed, Tilt, Action und Action+Movie (Foto: R. Vogt)
Frequenzgänge der Voicing Kurven real am Hörplatz gemessen. Die Auswirkungen sind angenehm moderat (Foto: R. Vogt)
Frequenzgänge der Voicing Kurven real am Hörplatz gemessen. Die Auswirkungen sind angenehm moderat (Foto: R. Vogt)
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Wer mal eben im laufenden Betrieb den Klang an eine Aufnahme anpassen möchte, kann neben der klassischen Klangregelung für Bass und Höhen die voreingestellten Voicing-Varianten verwenden. Es gibt sechs praxisgerechte Geschmacksrichtungen. Wer dauerhaft eine bestimmte Kurve bevorzugt, dem würde ich raten, sie in Dirac Live anzupassen und das Voicing auf Neutral (Linear) zu schalten – das klingt deutlich besser.

Klang

Tatsächlich scheint mir der MHT300 klanglich leicht aus der Art geschlagen. Wer von McIntosh einen runden, wuchtigen Sound erwartet, den überrascht der Receiver mit einer glockenklaren, eher leichtfüßigen Eleganz. Und dennoch hat er viel Kraft. Ob es am durchgehend digitalen Konzept mit Schaltnetzteil plus Class-D-Endstufen oder dem gelungenen Klangtuning liegt, vermag ich nicht zu sagen. Aber diese hohe Transparenz hat mich schon überrascht. Transienten, also impulsive dynamische Sprünge, kommen extrem unvermittelt – unabhängig davon, ob nun Trommeln eines Schlagzeugs oder der Schuss in einem Film.

Und gleichzeitig hat der Receiver enorm viel zupackende Kraft. Doch wer meint, für gute Filmwiedergabe braucht es nur mächtige Grobdynamik, der irrt! Erst die richtige Balance aus Grob- und Feindynamik plus feinfühlig anrührender Musikalität spielen gerade beim Film eine entscheidende Rolle. Wer etwa „Herr der Ringe“ mit einer grobschlächtigen Anlage „schaut“, hat zwar in den Actionpassagen wuchtige Effekte. Aber nur, wenn die Anlage auch die prachtvolle und oft auch zarte Musik zu vermitteln vermag, sind es drei Stunden emotionale Spannung statt drei Stunden zäher Langeweile.

Der McIntosh indes erzeugt einen kristallklaren Bühnenfokus, sowie eine mit feinem Strich gezogene Separation der einzelnen Instrumente oder Effekte. Und das wiederum sorgt für eine im Surround – und vor allem von einem Receiver – nicht gekannte Dialogverständlichkeit sowie bei Atmos & Co. für eine fast plastisch greifbare Ortung im dreidimensionalen Raum. Dabei klingt alles sehr mühelos und unangestrengt. Dieser Mac ist ein Beleg für mein Dauer-Plädoyer: lieber mehr Qualität mit weniger Kanälen als umgekehrt.

Der MHT300 macht auch richtig Lust auf Musik. Jedem sei empfohlen, mal eine Blu-ray Discs wie Martin Kälberers “Raum” oder eine der genialen Pure-Audio Blu-ray Discs mit dem Mac zu hören: Viel näher kommt man einem Live-Konzert nicht, ohne das Sofa zu verlassen. Dabei klingt die Maschine so schön plastisch, dass ich beim Testen selbst bei Stereo kaum einen Upmixer vermisst habe.

Martin Kälberer "Raum" Cover
Eine der beeindruckendsten Mehrkanal-Livekonzert-Aufnahmen der letzten Jahre: Martin Kälberer “Raum” (Cover: Qobuz)

Apropos: Das feinsinnig-druckvolle Klangbild des MHT300 hat mich auch in Stereo voll umfänglich begeistert. Da dürfte es den großen AV-Receiver-Mitbewerbern von Arcam, Marantz, NAD & Co. ganz schön schwerfallen, mitzuhalten. Aber, ich muss es noch einmal erwähnen: Es gibt keinen Analogeingang – wenn  man einmal von der UKW-Antemme absieht. Und es ist kein Streaming an Board, richtig. Ich habe dafür den Roon Nucleus One verwendet, direkt über HDMI verbunden, damit spielt die Kette dann auch Musik in Mehrkanal. Natürlich kann man jeden Streamer verwenden, ganz nach Geschmack. Kein Thema eigentlich.

Fazit McIntosh MHT300

Wie soll man den McIntosh MHT300 als AV-Receiver einordnen? Im Vergleich mit den großen Modellen japanischer Marken ist er vergleichsweise dünn ausgestattet. Aber vielleicht liegt sein Klang-Geheimnis ja genau in dieser Reduktion auf das Wesentliche begründet. Fakt ist: Der MHT300 ist der bestklingende AV-Receiver, den ich bisher gehört habe. Unglaublich impulstreu, dabei glockenklar klingend, begeistert der Amerikaner mit einem von den Lautsprechern gelösten Klangbild und einer gestochen scharfer Abbildung auch in der Breite und der Tiefe. Und das alles mit einer dynamischer Kraft, die man von anderen Receivern nicht kennt.

McIntosh MHT300 Display
McIntosh MHT300 – minimale Ausstattung – maximal audiophiler Klang (Foto: McIntosh)

Die Handhabung per Tablet und Webinterface finde ich sehr gelungen. Die Dirac Live Integration gab sich im Test völlig problemlos, was leider nicht selbstverständlich ist. Ein ausgewachsenes Stativ plus kalibrierten Messmikrofons gehören zum Lieferumfang, genau wie ein extra-edles Netzkabel – vorausgesetzt, dass die Maschine vom Audio Components Vertrieb stammt und entsprechend das AC-Label trägt. Schlicht und schon deshalb genial und extrem flexibel ist die Idee Vorverstärkerausgänge und die sieben integrierten Endstufen per Cinch-Brücken auftrennbar zu gestalten. So kann man mit einem Cinchkabel nach Wunsch jede andere Endstufen-Kombination mit den integrierten und separaten Endstufen verwenden. Übrigens: Es gibt auch die praktisch baugleiche AV-Vorstufe McIntosh MX200 mit symmetrischen Ausgängen statt Endstufen für 8.490 Euro.

Das waren mal wieder einige jener raren Testmomente, in denen ich mich immer wieder dabei ertappt habe, einfach nur die Musik zu genießen. Irgendwann merkt man es und muss sich einen Stups geben, um wieder an die konzentrierte Arbeit zu gehen. Unwillig natürlich. Der McIntosh MHT300 ist wirklich etwas für Genießer.

McIntosh MHT300
2025/04
Test-Ergebnis: 4,5
Überragend
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Musikalischer Klang, plastische Abbildung
Gut gewählte Ausstattung ohne Schnickschnack
Dirac Live Raumkorrektur
Gutes Webinterface, Touchscreen-tauglich

Vertrieb:
Audio Components Vertriebs GmbH
Leverkusenstraße 3
22761 Hamburg
www.audio-components.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
McIntosh MHT300: 11.500 Euro

Technische Daten

McIntosh MHT300
Konzept:7.2.4-Kanal AV-Receiver mit Dolby Atmos, DTS:X
Ausgangsleistung (4 Ohm, alle Kanäle):
150 Watt
Auto-Einmessung/Raumkorrektur:Dirac Live, Full Range
HDMI:4x 48Gps + eARC
Quellen:UKW (FM)
Standby-Stromverbrauch:0,5 Watt
Abmessungen (BHT):44,5 (48,3) x 15,7 (3HE) x 50,8 cm
Gewicht:12,2 kg
Alle technischen Daten
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Autor: Raphael Vogt

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Technischer Direktor bei LowBeats und einer der bekanntesten Heimkino-Experten der Republik. Sein besonderes Steckenpferd ist die perfekte Kalibrierung von Beamern.