Technologie-Transfer ist ja eines der Zauberworte beim dänischen Lautsprecher-Spezialisten DALI. Und so grüßt bei der kleinen Dali Rubikore technisch die teure Epikore-Serie, ja sogar das Flaggschiff Kore. Erstaunlich, welches Wissen die Dänen in die kleine Preisklasse transferiert haben.
Wenn ein Hersteller wissen lässt, dass alles am Firmenstandort in einem Hochlohnland entsteht und auch die wenigen externen Bauteile aus der Region bezogen werden – dann werde ich nervös. So ein ökologisch korrekter Ansatz führt eigentlich nie zu einem ökonomisch korrektem Ansatz. Das wird teuer bis unerschwinglich. Dali folgt diesen Regeln – und ruft dennoch „faire“ 2.600 Euro für ein Pärchen seiner Kompaktlautsprecher Rubikore 2 auf.
Das Set-up ist noch jung, auf der High-End-Messe 2024 vorgestellt. Nun bei uns im Hörraum und in meinen Fingern; die sind mit dem Alter sensibler geworden. Ich erkenne traurige Folien, schlecht sitzende Schrauben, Spalten zwischen den Planken des Gehäuses sofort. Kommt überraschend häufig vor. Mein Großvater, ein Schreiner, hätte sich an der Ehre gepackt gefühlt. Nichts davon zu sehen an der Rubikore 2. Gerade stelle ich die Version im „Maroon“-Finish auf die Lautsprecherständer. Das hat die handwerkliche Perfektion einer Dynaudio aus den 1990er-Jahren, dazu das Klangversprechen und eben einen angemessenen Preis. Das sind Tugenden, die mancher High-End-Hersteller schlicht vergessen oder verdrängt hat. DALI wirft mit der kompletten Rubikon-Serie einen schweren Brocken in die Nachbarsgärten der Mitbewerber: Schaut her, könnt ihr das auch?
Dali Rubikore 2: die Technik
Nicht alle. Und kaum in dieser Perfektion. Da gibt es zwar die Wahl zwischen schwarz und weiß im Hochglanz, aber das dunkle Maroon unserer Version läuft allenfalls unter Aufpreis, wenn überhaupt, hier aber inkludiert. Tipp eins: Besagtes, leicht rötliches Kastanienbraun harmoniert großartig mit den tiefrot eingefärbten Mitteltöner. Das wiederum ist ein Erkennungszeichen von Dali. Wer ganz genau hinschaut, erkennt eine Prägung. Die ist neu und entstammt der ganz großen, ganz teuren Kore, vor drei Jahren als unvorstellbarer Flaggschifflautsprecher vorgestellt (90.000 Euro, 300 Kilo pro Paar).
Die Erkenntnisse aus diesem Forschungsprojekt wurden weitergegeben an die Epikore-Serie. Die zur Rubikore 2 vergleichbare Epikore 3 liegt bei 10.000 Euro für das Paar. Das Maroon-Finish unterscheidet sich nicht dramatisch. Aber Dali kombiniert bei der Epikore eine Seidenkalotte mit einem Bändchen. Bei der Rubikore 2 gibt es nur einen Gewebedom.
Aber ein fettes, fast zu fettes Bi-Wiring Terminal im Rücken. Das hat was von den Kanonen und den Spatzen. Ist aber auch ein finanzielles Detail: Das ist halt ein neuer Lego-Baustein-Standard, den Dali zigtausendfach im Regal hat. Warum also ein Downsizing?
Lassen wir nochmals die Epikore neben der Rubikore stehen. Da zeigen sich weitere Details im Sparwillen. Oder im schlauen Downsizing für den kleineren Preis. Bei der großen Schwester sind die Chassis bündig eingepasst, bei der Rubikore sehen wir die Schrauben. Das geht im Arbeitsprozess deutlich schneller, spart Zeit und damit Geld. Mir egal, weil der klangliche Aspekt zu vernachlässigen ist. Zumal viele von uns ja auch die Frontbespannung aufsetzen. Die hält super passgenau und über die komplette Front, doch hier nicht magnetisch wie bei der Epikore, sondern über Steckverbindungen. Die Dali schlau kaschiert, eben keine Einschusslöcher auf der Front. Genau hinschauen: Das sind zwei Aussparungen im Schraubenring um den Mitteltöner und ein Plug direkt über der Gewebemembran.
Das ist im besten Sinne Hausmannskost. Was mir sofort gefiel: Dieser Hochtöner hat Energie, bündelt aber nicht. Im LowBeats-Hörraum habe ich die Box frontal aufspielen lassen, dann erstaunlich angewinkelt – geht beides, je nach den Reflexionen im individuellen Raum. Man kann auch nah hören, ohne, dass DALI-Chef Lars Worre das Wort „Nahfeld“ aussprechen würde. Aber da vervollständigt sich das Bild eines sehr wohnraumfreundlichen Lautsprechers. Der auch im Regal einer Studentenbude gut klingen kann – dann aber unbedingt mit gestopfter Bassreflexöffnung experimentieren. Denn der Tiefmitteltöner neigt zu Dampf, Druck und Hub, als ob man in Reihe drei vor der Bühne steht. Eher ein Rocker als ein Kammermusiker.
Doch langsam, die Messergebnisse sprechen eine andere Sprache. Das ist natürlich linear, sehr elegant der Übergang zwischen den Chassis bei 2,8 Kilohertz. Da ist dieses Klangideal, das die Dänen seit Dynaudio-Tagen ausleben. Stimmt ja weitgehend auch mit der Bestückung überein – aber dieses nasale Nuscheln aus den 1990er-Jahren ist nicht mehr da, alles wirkt offen, energiereich.
Die markante Prägung auf dem Tiefmitteltöner muss ich noch erklären. Das bewusst chaotische Holz/Papier-Geflecht kennen wir seit Ewigkeiten von Dali. Der fünffache Stern stammt aus den Erkenntnissen seit der Kore-Premiere vor drei Jahren. Aha, wahrscheinlich ein Element zur Vertreibung von ungewünschten Verzerrungen? Nein, das wäre Dali zu banal, dafür gibt es ja auch hier den „Soft Magnetic Compound“ im Antrieb. Die Prägung hat sich als taugliches Element erwiesen, sich sauberer an den Übergang zum Hochtöner zu schleichen – hier gibt es durch den Trick eine gemeinsame Schwingungscharakteristik zwischen Gewebe, Papier und Holzfasern. Hört man, sehr geschlossen der Gesamtauftritt.
Praxis
Die Rubikore 2 ist eine kleine Box, könnte pegelmäßig aber auch mittlere Räume füllen. Das Messlabor ermittelte einen Wirkungagrad von 86,5 Dezibel und einen Maximalpegel von 97 dB. Das ist sehr ordentlich und spricht für die hohe Verzerrungsarmut der neuen DALI-Treiber.
Doch nicht nur Verzerrungs-technisch zeigt sich die kleine Epikore von ihrer Schokoladenseite. Auch beim Impedanz/Phasen-Verlauf offenbart sich, dass man bei DALI ziemlich genau weiß, was man tut. Das Ergebnis: Keiner der von uns angeschlossenen Verstärker wurde durch das elektrische Verhalten der kleinen DALI limitiert. Vorbildlich.
Und wie immer wollen wir auch unseren Kombinations-Tipp nicht verschweigen: Aus meiner Warte passt der agile Denon PMA 1700NE klanglich nahezu perfekt…
Wie fast alle DALI-Speaker ist auch die Epikore 2 vergleichsweise Bass-kräftig. Die Aufstellungs-Empfehlung lautet deshalb: Möglichst frei und auf einem Ständer – wobei ich den DALI Connect E600 (knapp 400 Euro) als zu wenig standfest, den hochstabilen Epikore Stand (für fast 2.000) hier jedoch als etwas zu überdimensioniert empfinde. Aber es gibt am Markt auch außerhalb der DALI-Welt absolut taugliche Alternativen für weit unter 1.000 Euro.
Hörtest
Wir haben die Buchardt S 400 MKII daneben gestellt. Ein direkter Konkurrent, ähnlich teuer, ähnlich groß, ebenfalls aus Dänemark und ebenfalls erst ganz frisch getestet. Doch trotz der vielen Ähnlichkeiten sind die Klanggene durchaus unterschiedlich. Wie zu beweisen war…
„Jumpin’ Jack Flash“ kann und darf man nicht leise-säuselnd hören. The Rolling Stones scheinen im Alter am Hungertuch zu nagen. Schon wieder ein neues Album. Mit dem Live-Mitschnitt „Welcome To Shepherds Bush“ wollten es die Stones im alten Jahrtausend noch mal wissen. Ob sie auch im kleinen Club rocken können. Eine Art Generalprobe, bevor es 1999 zu zwei der üblichen Großkonzerte in das Wembley-Stadium ging. Jumpin’ Jack war der Rausschmeißer – und die Rubikore 2 setzte in unserem Test viel auf die Club-Atmosphäre, sehr räumlich, viele Stimmungsgeräusche, Klatschen, Grölen… Die Buchardt wirke kerniger, agiler, aber etwas vordergründiger. Und wann immer die Buchardt etwas schlank wurde, legte die DALI untenrum noch satt zu. Ein Vorteil ihrer hohen Verzerrungsarmut.
Das Album ist gut – auch und gerade in den leiseren Momenten. „I Got the Blues“ ist ein Live-Geniestreich der Stones, Mick Jagger baggert jedes Wesen im Raum mit hauchender Stimme an, die Blechbläser im Rücken wirken wie erotisierende Brandbeschleuniger. Die Dali liefert und ist gerade in den Zwischentönen, der dynamischen Innenspannung schlicht grandios. Wieder dieser leicht „schmutzige“, rotzige Live-dabei-Moment.
Geht es auch intim? Wieder der Tipp zu einer Live-Aufnahme aus London, ebenfalls ganz frisch veröffentlicht: Katie Melua live at the Royal Albert Hall. Die sieht auf den Fotos und in den Videos toll und plüschig aus – ist aber klanglich eine riesige Suppenschüssel. Gute Tontechniker blenden sie aus. So auch bei Katie Melua – wir sitzen nicht vor, sondern auf der Bühne. „Tiger in the Night“ ist mein Liebling, der Mann am Schlagzeug streichelt die Felle und das Metall, der Bass tupft und KM singt, als ob sie allein wäre auf der Welt.
Die Buchardt zieht tief in die Aufnahme hinein, saugt uns auf, belohnt uns mit der maximalen Rauminformation. Die Rubikore kann dass nicht in dieser Präzision, will es auch nicht. Sie ist keine Freundin der Überanalyse. Eben kein Studiomonitor, kein Steuerbeamter, aber musikalisch vollkommen richtig. Sie legt sich nach vorn – Katie Meluas Stimme zielt genau auf meine Stirn, der Flügel in „9 Million Bicycles“ drückt fein auf die Lunge. Da bebt das Leben. Toll dabei die Geschlossenheit zwischen den beiden Membranen – das könnte nach meiner Hörerfahrung auch ein im Timing perfektes Koaxchassis sein.
Bei Klassik kann Bigger-then-Live hinderlich sein. Da will man die unbestechlichen Wahrheiten. Die liefert die Rubikore. Falls ein Missverständnis entstanden sein sollte: Nein, sie hat keine Einfärbungen, aber einen eigenen Umgang mit dynamischen Informationen. Alles auf Output – die Dimensionen eines romantischen Großorchesters stehen deutlich weiter vor den Membranen, als bei vielen anderen Lautsprechern. Wer einmal die symphonische Sau in einer nagelneuen High-Res-Aufnahme herauslassen will: „Hollywood“ bei Warner Classics – das Deutsche Symphonie Orchester Berlin an den Pulten und Sebastian Knauer am großen Steinway.
Das ist Show von Feinsten, mit Hintersinn. Anspieltipp: „Someone to watch over me“ – Jazz, Kaskaden auf den Tasten, enthemmte Blechbläser. Manche Lautsprecher neigen dann zum Komprimieren. Nicht die Rubikore 2 – sie fetzt, läuft warm, da sind auch hohe Pegel harmonisch und haben Bodenhaftung. Bassschwäche? Weit und breit nicht. Das kann je nach Aufstellung auch zu viel sein. In dieser Preisklasse und in dieser Bauform ist mir selten eine so stimmige Box begegnet.
Fazit DALI Rubikore 2
Wie war mein Vorbehalt zu Beginn des Tests? Dass eine Produktion im eigenen Land den Preis der Dänen in die Höhe treiben müsste? Stimmt nur zu Hälfte. Die Rubikore 2 ist erschwinglich und hat das Potential zum treuen Freund – also auch ein Lautsprecher für lange Zeit. Sie liebt den Fun-Faktor, ist aber ehrlich und natürlich frei von Show. Aber Spielfreude lässt sich nicht zwingend mit Messmikrofonen erfassen. Dieses nach vorn gelegte Klangbild bringt Leben in die Bude, sehr reich gerade in den dynamischen Details.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Hohe Spielfreude, angenehmer, fein-seidiger Klang |
| Satter Bass |
| Elektrisch anspruchslos: lineare Impedanz, lineare Phase |
| Erfreulich pegelfest |
Vertrieb:
DALI GmbH
Berliner Ring 89
64625 Bensheim
www.dali.gmbh
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Dali Rubikore 2: 2.600 Euro
Die technischen Daten
DALI Rubikore 2 | |
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Technisches Konzept: | 2-Wege Kompaktbox, Bassreflex |
Bestückung: | TMT: 1 x 16,5 cm, HT: 1 x 29 mm |
Wirkungsgrad (2,83 V/m): | 86,6 Dezibel |
Nominelle Impedanz: | 4,2 Ohm |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 97 / 109 Dezibel |
Mindestleistung für max.Pegel (Dauer): | > 300 Watt |
Gewicht: | 9,3 Kilo |
Abmessungen (H x B x T): | 35,0 x 19,5 x 32,0 cm |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test Kompaktlautsprecher Buchardt S400 MKII
Test: Vollverstärker Denon PMA-1700NE mit D/A-Wandler
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