Dem Edel-Hörer TH909 gelingt es, japanische Handwerkskunst mit Hightech und Spitzenklang zu kombinieren. Und zwar so elegant, dass er zu einem der besten Angebote um 2.000 Euro avancierte. Gelingt dieses Kunststück dem kleineren Fostex TH808 in seiner Klasse ebenso? Wir sind gespannt.
Bereits seit über einem halben Jahrhundert stehen Foster Electric und seine Marke Fostex historisch neben Teac/ Tascam oder Yamaha und auch Sony gleichermaßen im Fokus von Profis und HiFi-Enthusiasten: Die Japaner sehen sich als eine Art Hybrid für hohe Qualität – sowohl im Segment der Studiotechnik als auch im HiFi-Universum. Im Kopfhörerbereich agieren sie daher direkt neben AKG, Beyerdynamic oder Sennheiser. Zudem stammen weltweit viele Treiber von durchaus namhaften Marken aus den Produktionswerken des ostasiatischen Konzerns.
Wie der TH909 betritt auch der TH808 die Bühne als dynamisch-offener-Over-Ear-Typ. Der große Bruder zum Preis von rund 2.000 Euro stand technisch natürlich Pate für den noch jungen TH808. Auch im Neuling wandelt die von Fostex entwickelte „Biodyna“-Membran mit stattlichen 50 Millimeter Durchmesser – das Prinzip setzten die Japaner bereits im mittlerweile legendären TH610 von 2017 erfolgreich ein. Sein Plus: Die Diaphragmen aus Bio-Zellulose sollen geringes spezifisches Gewicht mit großer Elastizität und hoher innerer Dämpfung verbinden. Zudem powert der kräftige Neodym-Antrieb mit einer magnetischen Flussdichte von 1,5 Tesla für eine propere Kennempfindlichkeit, respektive Schalldruckpegel.
Der Anblick des TH808 erfüllt einen hohen ästhetischen Anspruch und das Anfassgefühl erfreut die haptischen Sinne. Seine Muscheln aus Schwarznussbaum, eine Pflanzenart aus der Familie der Walnussgewächse aus Nordamerika, prägen das Design, wobei Fostex das verführerisch Organische dezent mit Aluminiumapplikationen ergänzt.
Der Over-Ear-Beau liegt an einer soliden Drei-Meter-Leine – endlich mal kein Knausern an der Länge und somit mehr Spielraum beim Hören. Am Ende des Rhodium-beschichteten Kabels aus sauerstofffreiem Kupfer glänzt ein vergoldeter 6,3mm-Klinkenstecker. Die 2-Pin-Stecker-Strippe lässt sich zudem optional gegen symmetrische Exemplare austauschen, die Auswahl an Fremdzulieferern ist allerdings eher dünn gesät.
Wir setzen ihn auf. Die Metallgelenke machen einen sehr soliden Eindruck, die Kunststoff-Ohrmuscheln schmiegen sich schmuseweich an die Kopfseiten, der Bügel ist zudem smooth verstellbar. So liegt der TH808 äußerst angenehm, ohne lästigen Druck oder Schwere an – freilich gedacht für das Genuss-Lauschen im Sitzen und nicht fürs Fitness-Laufband.
Niedrige 25 Ohm nennt Fostex als Impedanz. Damit ist der TH808 nicht sehr leistungshungrig und theoretisch ein eher anspruchsloser Spielpartner auch für mobile Gerätschaft. Aber: Ein mobiler Kopfhörerverstärker oder Mini-DAC sind dem guten Klang zuliebe nicht nur in dieser Oberliga-Preisklasse unabdingbar. Bereits smarte Modelle wie der ifi Zen DAC V2 (rund 200 Euro) helfen dem guten Ton hörbar auf die Sprünge. Für unsere Hörtests nutzten wir deshalb den hervorragende Kopfhörer-Amp Lehmann Audio Linear SE Teamworks. Und als Vergleichshörer griffen wir ganz weit oben ins Regal, wo die Sennheiser-Legende HD 800 liegt…
Hörtest
Ein Ausrufezeichen gleich am Anfang – willkommen im Detail-Reich! So viel ließ sich schon bei den ersten Takten erkennen: Der TH808 deckt auf, ohne sich ins Analytische zu versteifen, dabei kann er laut wo nötig oder gewünscht, indem er ein stabiles Klangbild inszeniert. Hannah Reid, stimmgewaltige Sängerin der Band London Grammar, intonierte Songs des neuen Albums „The Greatest Love“ (mehr davon bald im LowBeats-Musikteil) sowie die etwas ältere fantastische Single „America“ im Stream sagenhaft anmutig. Und Vorhang auf: Gleichzeitig tat sich ein großzügig angelegtes Raumambiente auf, der TH808 empfahl sich als im Wortsinn offener Typ analog zu seiner Bauweise. Ähnliches vollzog er bei Klassik- oder Jazz-Online-Sessions.
Doch nicht allzu voreilige Schlüsse ziehen, die Hörchecks mit SACD-, XRCD-/ und UHQ-CD Material sollten dem Japaner noch eindringlicher auf den Zahn fühlen. Zum Auftakt gleich mit legendären Ohrwürmer – von den Beatles, extrem unerhört neu gemastert vom Sohn des Ex-Beatles-Managers George Martin, Giles. Mit „Here Comes The Sun“ vom „Blauen Album“ ging tatsächlich die Sonne auf: Klasse, wie klar sich George Harrison artikuliert, ein mehrstimmiges Vocal-Bouquet umgarnt ihn, Instrumente kommen differenziert rüber. Auflösung, Feindynamik meisterte der TH808 bestens, zumal er auch souverän Druck machte. Der zum Vergleich herangezogene Sennheiser HD 800 hielt sich hier einen Tick zurück und drang nicht ganz so schnell ins Geschehen.
Dann kam einer der Sampler von in-akustik zum Einsatz, von denen es ja viele prima Alben gibt – wie „A Spectacular Sound Experience, Vol. 2“: Gustav Holst mit „First Suite In E-flat Minior / Op. 28, No. 1: March“ unter Frederick Fennel sowie Modest Mussorgsky und „Pictures At An Exhibition, The Hut On Fowl’s Legs (Baba-Yagá/ The Great Gate Of Kiev“ unter Lorin Maazel und dem Cleveland Orchestra beeindrucken mit einem gewaltigen Klangkörper, die der Fostex packend zu Gehör brachte, der Sennheiser wiederum mit etwas mehr Schmelz und etwas weniger Tieftondruck.
Anne Clark, mit ihrer wunderbaren Stockfisch-Aufnahme „Borderland – Found Music For A Lost World“ – intonierte den Album-Opener „It’s A Fragile Thing“ herrlich nah und artikulationsstark über den Fostex, die feinen Harfen-Klänge von Ulla van Daelen interpretierte der Sennheiser jedoch mit etwas mehr Schmelz, der Fostex war dafür einen Hauch energischer.
Dann ein Klassiker der 1980er von den Dire Straits via XRCD vom Album „Brothers In Arms“: Beim „So Far Away From Me“ zeigte der Fostex wiederum knackigen Drum-Punch, während der Sennheiser die Stimme Mark Knopflers etwas sonorer rüberbrachte, dem Ganzen ein leicht wärmendes Sound-Hemdchen anzog und weniger schnell als der Fostex zur Sache ging.
Unterm Strich überbot keiner der beiden den anderen wirklich – was für die außergewöhnlichen Qualitäten beider Modelle spricht. Der TH808 leistet sich keinen Fehler im klassischen Sinne, lediglich der direkte Vergleich zum nicht unbedingt dunkel-homogen abgestimmten Sennheiser zeigt seine hier und da eine sehr lebendige und enorm offene (sprich: eher ins Helle tendierende) Spielweise, die mir aber in all den Hör-Sessions sehr gut gefallen hat.
Fazit Fostex TH808
Er ist impulstreu und schnell unterwegs, liebt Bässe mit Punch, legt eine angenehm breite Bühne mit toller Durchhörbarkeit und Transparenz an den Tag, gibt sich tonal sehr ausgewogen, und … da kann eigentlich nicht mehr viel auf dem audiophilen Wunschzettel offenbleiben. Punktum, der TH808 empfiehlt sich als wunderbar klangstarker, noch bezahlbarer Beau für anspruchsvolle Musikfreunde, der mit seinen 1.500 Euro aus unserer Sicht keineswegs überteuert ist.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Sehr detailreiches, offenes, räumlich gut strukturiertes Klangbild mit viel Tieftondruck |
| Sehr guter Tragekomfort |
| Exzellente Verarbeitung |
| Wenig Fremdzulieferer-Auswahl für zweipoliges Kabel, falls Wechsel gewünscht |
Vertrieb:
Mega Audio GmbH
Feldborn 3
55444 Waldlaubersheim
Mega Audio Homepage
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Fostex TH808: 1.534 Euro
Technische Daten
Fostex TH808 Over-Ear Kopfhörer | |
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Konzept: | offen, dynamisch |
Impedanz: | 25 Ohm |
Empfindlichkeit: | 96dB/mW (@1kHz, 1mW) |
Frequenzgang: | 5 Hz – 45 kHz |
max. Eingangsleistung: | 1.800mW |
Gewicht (ohne Kabel): | 370 g (nachgewogen: 422 g) |
mitgelieferte Kabel: | 3 Meter Kabel, links und rechts; 2-Pin, 6,3mm Stereoklinke |
Alle technischen Daten |
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