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Rotel DX-3
Klein, sexy undi in allen Belangen überzeugend: der Kopfhörer/Preamp-DAC Rotel DX-3 für 1.500 Euro (Foto: Rotel)

Test Kopfhörer-Verstärker Rotel DX-3: Der Markenkern bebt

Rotel ist nicht mehr, was es war. Oder weniger dramatisch: Mit der DX-Serie kommt eine neue Formsprache – und ein deutliches Drehen an der Preisschraube. Aber die Kleinen haben von der großen Michi-Serie gelernt. Wir hatten den Kopfhörer-Amp Rotel DX-3 in einem ersten Test: Ein Traumstart, wie er schöner nicht sein kann…

Da durfte man schon ein wenig Angst haben. Als Erstes stellte Rotel uns einen neuen Kopfhörer-Verstärker vor, den DX-3. Sieht ganz anders aus als alles, was man bisher von Rotel kannte. Machte uns nicht nervös, weil Kopfhörerverstärker ja einer komplett anderen Formsprache folgen, folgen müssen – klein, kompakt, auf den Schreibtisch, auf das Sideboard. Ein Zukunfts-Objekt.

Rotel DX-3 Display
Sehr klar in der Formsprache. Das Display ist hochbrillant – doch dimmbar. Rechts davon der große Volume-Knauf, links ein kleiner Raster für die Eingangsempfindlichkeit. Kopfhörer-Anschlüsse gibt es derer zwei: 1 x symmetrisch 4,4-mm-Pentaconn und 1 x unsymmetrisch 6,35-mm-Klinke (Foto: A. Günther)

Dann aber, Tröpfchen für Tröpfchen, scheint aus dem Einzelstück eine ganze Serie zu werden. Da schwuppt plötzlich die Pressemitteilung vom DX-5 rein, ein Vollverstärker – gleiches Design, zum Verwechseln ähnlich, aber mit vier Lautsprecherklemmen im Rücken. Das Digital/Analogboard scheint identisch zu sein (ist es aber nicht). Das wurde von langer Hand vorbereitet.

Rotel DX-3 Verpackung
Da macht schon das Auspacken Spaß: der DX-3 im hübsch designten Karton (Foto: A. Günther)

Jetzt kommen die ganz harten Fakten, die die Fans irritieren müssen: Die netten Kleinigkeiten kosten 1.500 Euro per Stück. Das liegt über dem „typischen“ Rotel-Markenkern von rasant gut und erstaunlich günstig. Jetzt sind wir eher bei hübsch und etwas teurer. Auf der anderen Seite hat Rotel mit der MICHI-Serie einen Anker in das gehobene Edel-High-End geworfen, dazu ein komplett neues Design gewagt. Das reicht vom „kleinen“ CD-Laufwerk Q5 mit 6.000 Euro bis zum Monoblock M8, im Paar für 15.100 Euro. Dagegen ist die brandneue DX-Serie doch ein Schnäppchen.

Rotel DX-3 Seite
Auch von der Seite ein Hingucker: Der DX-3 ist nicht nur ein ganz vorzüglicher Kopfhörer-/Vorverstärker-DAC, sondern setzt bei Rotel auch einen neues Design-Ausrufezeichen (Foto: A. Günther)

Rotel DX-3: die Technik

Die DX-Serie trägt das Know-how der MICHIs in sich, komprimiert natürlich, aber für eine Zielgruppe schlau begrenzt. Da lassen sich große wie kleine Szenarien denken. Wir haben den DX-3 zum Test bestellt. Das ist – nominell und auf den ersten Blick – ein Kopfhörerverstärker. Aber auch ein potenter D/A-Wandler und ein sehr attraktiver Vorverstärker. Für das innere Auge: Ein DX-3 auf dem Sideboard in der Mitte, große, schlanke, vollaktive Standlautsprecher daneben – und das Glück im modernen HiFi-Heim wäre vollkommen.

Den Konjunktiv kann man sich sparen. Der DX-3 ist tatsächlich ein großartiges Werk der noch immer großartigen Rotel-Company, die auf nackte Tatsachen steht. So kann jeder auf der Webseite das Innenleben des DX-3 betrachten.

Gleich hinter dem Stromzugang liegt eine kleine Filterspule gegen Einstreuungen und Schaltklicks – dann ein großer Ringkerntrafo. Nicht in der Mitte, sondern mit Schlagseite nach links im Gehäuse. Vollverkapselt prangt nur das leicht erneuerte „R“-Signet als Rotel-Erkennungszeichen darauf. Also eine Eigenmarke. Bei den weiteren klangentscheidenen Bauteilen kauft Rotel auf dem Weltmarkt zu – was auch sinnvoll ist.

Mal wieder das Rotel-Spiel von Potenz bei der Stromaufbereitung (dicker Trafo links) und Eleganz beim Platinen-Design. Wo ist denn der ach so potente PRO-Wandler von ESS Sabre? Leicht hinten rechts, vor den XLR-Ausgängen (Foto: Rotel)

Beispielsweise den zentralen XMOS-Chip. Er übernimmt die Steuerung der Komplettarchitektur. Hinzu kommt ein Chip für die Ansteuerung das hochauflösenden, lichtstarken Displays. Das lässt sich natürlich dimmen, abschalten, individuell konfigurieren – es lässt sich zudem auch aus der Ferne gut ablesen und gehorcht ebenso der beigepackten Fernbedienung.

Rotel DX-3 FB
Sieht ein wenig aus wie? Richtig – ein Schelm, der hier bei der Fernbedienung des DX-3 an Apple und seine TV-Streaming-Boxen denkt. Ebenfalls aus dem vollen Aluminium (Foto: A. Günther)

Die wiederum spielt sehr offen mit dem Charme jener Fernbedienungen, die Apple in Voll-Alu seinen Apple-TV-Würfeln beipackt. Auch dies ein Wink zum modernen Lebensgefühl. Wie überhaupt die DX-Serie das werden könnte, wozu sich Apple in der High-End-Welt nicht richtig traut – Style plus Hochpotenz.

Dann ist da noch der DAC. Rotel kauft den Sabre ES9028PRO zu (das bessere Modell als im DX-5). Dieser hat acht Kerne, vielmehr Kanäle und eine weit in die Zukunft reichende Rechenleistung. Die koaxial und optische Zufütterung ist naturgegeben begrenzt auf 24 Bit und 192 Kilohertz. Aber ich kann über den Mac oder PC gehen, oder einen Streamer – eben mit USB-Kontakt. Dann unterstützt der DX-3 32 Bit und 384 Kilohertz nach der PCM-Nomenklatura, aber die rein rechnerische Begrenzung des Chips an sich liegt bei 32/768. Bei DSD reicht die Unterstützung bis zu 11,2 MHz und DoP bis zu 5,6 MHz. Das Ganze dazu natürlich abgesegnet für ein Protokoll per Roon-Software.

Rotel DX-3 Menü
Sofort erkannt. Hier ein Screenshot vom Mac unseres Autors – die Qobuz-Software „sieht“ den angeschlossenen Rotel DX-3 und listet ihn sofort als möglichen Abnehmer des High-Res-Streams auf. (Screenshot: A. Günther)

Auch Bluetooth ist möglich, ein aptX-HD-Modul liegt im Rücken. Für den Fall, das es mal schnell, aber mit audiophilem Flaschenhals, sein muss. Noch etwas entzückt im Rücken: Ich komme mit einem externen Cinch-Signal hinein, beispielsweise von der Phonostufe meines Plattenspielers – und gleich doppelt heraus, per Cinch und XLR. Das schafft ganz andere Szenarien, als der Vollverstärker DX-5 aufbieten kann, der nur Digitales und mit einem Cinch-Analog-Paar entgegenzunehmen weiß.

Rotel DX-3 Back
Direkt mit dem Kaltstecker hinein. Bedeutet: kein externes Netzteil, die komplette Stromaufbereitung liegt im Inneren. Links davon ein kleines Digital-Board mit Bluetooth (besser ist der USB-Zugang). Ganz links eine Cinch-Schleife und ehrenwerte XLR-Ports für den optionalen Vorstufenbetrieb (Foto: A. Günther)

Aber nochmals das Versprechen eines modernen Kopfhörer-Verstärkers. Das schließt ein, dass ich klassische 6,3er-Klinken bedienen kann, aber auch dem Trend zum symmetrischen 4,4-mm-Pentaconn folge. Der DX-3 verfügt natürlich über beide Optionen auf der Front.

Rotel DX-3 Bedienknopf
Da stimmt Optik wie Haptik: der Lautstärke-Regler des DX-3 mit feinfühliger Lautstärkeregelung in 0,5-dB-Schritten( Foto: Rotel)

Wer es lauter oder leiser liebt, sollte sich das Vergnügen zum Körperkontakt nicht entgehen lassen. Rotel verbaut hier ein wirklich großes Volume-Drehrad mit Tresorgefühl und grifffesten, feinen Einkerbungen. Dahinter – auch für die Fernbedienung – liegt ein analoger Controller (NJW1195A), der in 0,5-Dezibel-Schrittchen rastert.

Hörtest

Ein Wow-Gefühl rundum. Auch hörbar? Schnelle, ehrliche Antwort: Auch hier lebt das Wow – und die wirklich, wirklich unverrückbaren Werte, die Rotel berühmt gemacht haben. Das hat Saft, Fülle, Freude – die Preis/Leistungslatte wird deutlich übersprungen.

Tasten wir uns an. Mit Musik, die alle kennen. Oder es meinen – Sting verwirrt und bereichert gerade seine Fans, indem er ein Album mit dem Namen „3.0. LIVE“ vorstellt. Live haben wir verstanden. Doch 3.0? Wir könnten glauben, der kurzhaarige Herr hätte eine neue Daseinsform erreicht – aber er geht als Trio auf Tour. Gordon Sumner steht gemeinsam mit seinem langjährigen Gitarristen Dominic Müller und Drummer Chris Maas auf der Bühne – von Sommer bis Herbst auch in Deutschland.

Rotel DX-3 Sting 3.0
An alle, die jetzt auf das Geburtsdatum des Mr. Gordon Sumner schauen wollen – es lohnt sich nicht. Sting hat kein Alter. Mit dem neuen 3.0-Album zeigt er die ganz große Live-Show. Aber mit kleinster Besetzung: Gitarre, Drums, Stimme – und eben seinem Bass. Es fetzt, alle schwitzen – man selbst als Nachhörer auch (Foto: amazon)

Die Universal Music Group ist natürlich so schlau, vorab entstandene Tracks auf CD, Stream und limitiertem Vinyl zu versammeln. Neun Songs, die so richtig auf den Zeitgeist schlagen. „Englishman in New York“ erlebt hier einen neuen Schub zur Ikone. Das kracht, das knallt – erstaunlich, was drei Herren da zum schweißtreibenden Happening machen können. Der Rotel stellt sofort die Folgefrage: Welcher Kopfhörer ist dafür der beste? Am großen Sennheiser HD820 flutet der Konzertraum über mich herein, jedes Klatschen, Jauchzen erweitert den Raum. Aber ich mag den Beyerdynamic DT990 mehr – da stimmt der Fokus auf die Stimmbänder des Superstars. Da hat auch der harte Schlag des Sticks auf den Trommelrand mehr Peng und Holz.

Bei „Every Breath You Take” stellt sich die Frage nach der Konkurrenz. T+A hat mit dem HA 200 die Messlatte sehr, sehr hochgelegt. Aber auch den Preis über 6. 600 Euro. Wo der Rotel mithalten kann: In den Leistungskurs- und Ohm-Werten passt jeder Kopfhörer (die Exoten sollen auf ihrer Insel bleiben). Aber der T+A protzt natürlich mit seinen zwei analogen VU-Metern und überbordenden Angeboten bei den Eingängen. Doch die klanglichen Präferenzen liegen mächtig auseinander. T+A setzt mal wieder auf Alles-oder-nichts, jede Information ist da, mit dem Hang zur hochpräzisen Wiedergabe. Musik fernbleiben. Rotel zeigt ebenfalls Treue zu seiner DNA: Harmonie über alles, Push, Lust, Schweißgeruch von der Klangbühne. Gefällt mir fast besser. Das hat durchaus Rauschpotenzial, harmoniert auch besser mit/gegen den Trend zum immer analytischeren Kopfhörer. Wie die Blutspende zur richtigen Zeit.

Der Kontakt per Bluetooth ist eher traurig. Trotz des lauten Versprechens von aptX-HD. Es bleibt für mich der Flaschenhals, das Nadelöhr. Gerade Sting, wenn er den Namen „Roxane“ wie ein russischer Bassist brüllt – da ist er über den Kabelweg deutlich besser dran. Auch und gerade der interne Wandler des Rotel läuft hier glutrot an, es ist nominell digital, klingt aber aufs Schönste analog.

Überraschung: John Eliot Gardiner ist wieder da. Der Mann hatte im alten Jahrtausend damit begonnen, unser aller Klassik-Klangempfinden zu verändern. Alles dirigierte er agiler – weg ist die Erdenschwere. Auch die audiophilen Gemüter jubelten. Nach Bach kam Beethoven – und vor ein paar Jahren ein Skandal auf offener Bühne. Eigentlich nicht wirklich dramatisch, aber Gardiner erlegte sich – mal wieder – eine Auszeit auf.

Brahms
Das war nicht garantiert: Gardiner, die Holländer, Brahms, die Deutsche Grammophon – es ist Liebe daraus geworden. Vielleicht der geschlossenste Brahms-Zyklus der Jetztzeit. Sicher der am besten klingende (Foto: amazon)

Nun Brahms, alle vier Symphonien. Nicht mit einem seiner agilen Barockteams, sondern dem Königlichen Concertgebouw Orchester aus Amsterdam. Immer schon unter den Top-Ten der Welt, jetzt besser denn je, unter den Top Drei. Alles ist tendenziell schnell, aber nicht gehetzt, dazu diese pure Klangschönheit. Zum Baden, so dass man im Streicherteppich schwimmen will. Das ist bei Qobuz auch in 24 Bit und 192 Kilohertz zu haben. Das spielt sich direkt in mein Herz. Der Rotel DX-3 ebenso. Ich werde ihn nur unter Klauen und Weinen wieder hergeben. Diese Süffigkeit, dieses Jubilieren im Dur und dieses traurige Schwelgen im „Poco Allegretto“ der dritten Symphonie – Weltklasse von Brahms (natürlich), von Orchester und Dirigent (erwartbar) und vom neuen Rotel (lebensverändernd).

Fazit Rotel DX-3

So einfach tauscht man seine Erkennungszeichen nicht aus. Rotel hat ein neues Design und dreht dazu noch an der Preisschraube. Aber was für ein Glücksgriff – fasst sich wertig an, übertrifft in seiner Freude am Musizieren vieles, was auf dem gegenwärtigen Markt schwimmt. Der DX-3 gibt sich enorm körperbetont, zündet aber auch den Turbo, wenn Impulse und Agilität gefragt sind. Der Wandler ist Weltklasse, die analoge Signalaufbereitung bringt Glück pur. Aktuell gibt es mehrere hoch-attraktive Kopfhörer-Amps/Vorstrufen-DACs. Doch der Rotel ist mein Favorit.

Rotel DX-3
2025/05
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertung

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Musikalisch fein-körperhafter Klang, auch in der Analyse tendenziell warm
Große Energiefülle im Bass
Exzellenter D/A-Wandler, weit in die Zukunft orientiert
Elegante Fernbedienung

Vertrieb:
AUDIO-TRADE Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
D-45472 Mülheim an der Ruhr

Telefon: 0208-882 66 0
Telefax: 0208-882 66 66
E-Mail: [email protected]

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rotel DX-3: 1.500 Euro


Die technischen Daten

Rotel DX-3
Technisches Konzept:Kopfhörerverstärker mit D/A-Wandler und Vorverstärker
empf. Kopfhörer-Impedanz:16 Ω – 300 Ω
Eingänge:Digital: 1 x Koax, 1 x USB, 1 x optisch. Anakaf 1 x Cinch, Bluetooth
Ausgänge:Analog: 1 x Cinch, 1 x XLR, Kopfhörer: 1 x 6,3 mm Klinke, 1 x 4,4 mm Pentaconn
Besonderheiten:
Drei variable Kopfhörerverstärkungspegel (Gain-Matching)
DAC:
ESS ES9028PRO DAC (32 Bit/768 kHz)
Unterstützung:
PCM bis zu 384 kHz/32 Bit, DSD 4X-Unterstützung
Farben:Schwarz und Silber
Maße (B x H x T):21,5 x 7,6 x 24,7 cm
Gewicht:
18,8 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Kombitest Kopfhörer mit -Amp: T+A Solitaire P und HA 200
Test Over-Ear-Kopfhörer Sennheiser HD 820 – der Geniestreich

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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.