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Meze Audio hat mit dem POET (2.000 Euro) einen wunderschönen Over-Ear-Magnetostaten geschaffen. Aber klingt er auch so gut, wie er aussieht? (Montage: F. Borowski)

Test Meze Audio Poet: magnetostatischer Over-Ear mit Model-Qualitäten

Das osteuropäische Akustik-Projekt Meze Audio dürfte bislang wohl nur Kennern der Szene ein Begriff sein. Hinter Meze verbergen sich gestandene Kopfhörer-Spezialisten mit Sitz in Baia Mare (Rumänien), die ihr gut gepflegtes Angebot nun um das Modell Poet erweitert haben: ein offener Over-Ear mit magnetostatischen Wandlern zum Preis von 2.000 Euro. Das ist zwar durchaus ambitioniert bepreist und dennoch sortiert sich der noble Hörer nur im preislichen Mittelfeld des rumänischen Akustik-Spezialisten ein. LowBeats hatte als eines der ersten Magazine in Deutschland die Gelegenheit, den auch äußerlich hoch attraktiven Meze Audio Poet zu testen.

Kopfhörerdesign aus Rumänien

Meze Audio ist der Name. Über die Aussprache ist man sich selbst beim deutschen Vertrieb headphone.shop nicht ganz einig. Ähnlich wie bei Qobuz wird es je nach Land und Mundart mal so, mal so gesprochen. Passt schon. Die im Jahr 2011 vom Namensgeber Antonio Meze gegründete Marke ist zwar kein Neuling mehr (siehe auch den Test des Meze 99 Neo), kann aber durchaus noch als Geheimtipp für Kopfhörerfreunde bezeichnet werden. Bislang hat das Unternehmen überwiegend Over-Ear-Kopfhörer entwickelt, die sich in Preisklassen zwischen etwa 250 bis über 4.000 Euro bewegen. Darunter gibt es offen wie geschlossen konstruierte Modelle. Zwar bietet Meze inzwischen mit dem Alba auch einen kabelgebundenen In-Ear an, doch der Schwerpunkt liegt nach wie vor klar bei Bügelkopfhörern.

Während die günstigeren Meze-Modelle nach dem dynamischen Wandlerprinzip arbeiten, nutzen die höherpreisigen Modelle allesamt exklusiv magnetostatische Wandler des ukrainischen Herstellers Rinaro. Auch in anderen Bereichen wie Kabel- und Gehäusebedämpfung setzt Meze auf Expertise von außerhalb. Man könnte Meze Audio Kopfhörer also als eine internationale Kooperation ansehen. Mehr dazu später.

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Der Meze Audio Poet, hier mit dem optionalen Kopfhörerständer Meze Manta (Foto: Meze Audio)

Eine andere Besonderheit aller Meze Kopfhörer: Sie sind ausgesprochen hübsch. Natürlich liegt Schönheit im Auge des Betrachters, und gerade bei Industrie-Designs gibt es selten Konsens darüber, was gut aussieht und was nicht. Der eine liebt klares, kantiges Bauhausdesign, andere stehen vielleicht mehr auf organisch runde Colani-Formensprache. Wenn ich die Meze Kopfhörer also als besonders attraktiv empfinde, ist das erst mal nur meine Meinung. Aber ich stehe dazu. Egal, ob die günstigen Meze-Modelle mit geschlossenen Holzgehäusen, oder die offenen Boliden der Serie Elite oder Empyrean: Ich finde, das Meze-Design ragt deutlich aus der Masse heraus, die entweder einer gewissen nüchternen Studio-Ästhetik, dem Retro-Look oder überambitionierten Lifestyle-Trends hinterherhecheln.

Und nun kommt der Meze Poet. Ich habe selten einen derart elegant und geschmackvoll gestalteten Kopfhörer gesehen. Das Attribut „zeitlos“ könnte hier kaum besser passen. Die Formensprache des Gehäuses, des Bügels und der Kopfband-Einheit ist gleichermaßen klassisch wie zeitgemäß, ebenso dezent wie auffällig. Fast wie italienische Luxus-Boote der Marke Riva. Nur, dass die Meze Kopfhörer deutlich erschwinglicher sind. Kausaler Zusammenhang: Firmengründer Antonio Meze ist gelernter Industriedesigner.

Der Meze Audio Poet im Detail

Zwischen dem Aussehen eines Kopfhörers und seinem Klang oder Tragekomfort gibt es hingegen keine kausalen Zusammenhänge. Hübsch heißt nicht gut klingend oder komfortabel sitzend. Allerdings hat Meze natürlich auch an die Geometrie und Ergonomie seiner Schöpfungen gedacht. Das sehen wir uns jetzt mal genauer an …

Der Poet wird in einem begrüßenswert einfachen, komplett recycelbaren Karton und mit einer schlichten schwarzen Transportbox mit Schnappverschluss geliefert. Die Box ist im Gegensatz zu dem ausdrucksstarken Kopfhörer eher pures Understatement. Aber robust und zweckgemäß. Der Bügelkopfhörer selbst fällt beim ersten Kontakt durch sein erträgliches Gewicht von knapp über 400 g auf. Damit ist der Poet definitiv nicht der Leichteste seiner Art, aber spürbar leichter als viele Konkurrenten. Auch hier harmoniert seine optische Erscheinung mit den physischen und haptischen Eigenschaften. Es fühlt sich irgendwie alles richtig an.

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Das mitgelieferte Hardcase aus Kunststoff und mit Schaumstoffpolster ist eher schlicht, aber funktional (Foto: Meze Audio)

Das Gehäuse besteht übrigens aus Magnesium, die Bügel aus Titan und das Kopfband aus Leder. So wie auch die magnetisch befestigten Ohrpolster. Dem Kopfband hat Meze eine spezielle Omega-Form verliehen, die sich in einem größeren Umfang als üblich an bzw. um den Kopf schmiegt. Mehr Auflage bedeutet bessere Gewichtsverteilung. Und ja, ich finde, das fühlt sich richtig gut an. Wobei der Poet wie alle Bügelkopfhörer für Freunde einer gepflegten Turmfrisur und Haargel-Artisten die üblichen Nachteile mit sich bringt. Für normal-Verföhnte aber kein Problem…

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Die weichen Ohrpolster aus glattem Leder haften magnetisch und sind dadurch super einfach austauschbar (Foto: Meze Audio)
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Das breite und weiche Kopfband verteilt das Gewicht, die Bügel sorgen für die nötige Spannung und den Auflagedruck (Foto Meze Audio)
Die Aufhängung der Gehäuse. Die Treiber sind um 360° drehbar (Foto Meze Audio)
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Der Anpressdruck der kuscheligen Ohrpolster, die magnetisch befestigt und ganz leicht austauschbar sind, bietet eine gute Balance aus festem Sitz auch bei Kopfbewegungen und sanfter Auflage, um stundenlangen Musikgenuss zu gewährleisten. Als offen konstruierter Hörer braucht man sich beim Poet natürlich auch keine Sorgen über ein unangenehmes Isolationsgefühl zu machen. Wobei der Poet aufgrund seiner Dämpfungsmaterialien (siehe weiter unten) nicht ganz so offen und schalldurchlässig wie manch anderer Open-Back ist. Außengeräusche dringen aber fast ungefiltert durch, was ihn im Umkehrschluss als Reisekopfhörer für laute Umgebungen weitgehend disqualifiziert. Für den reinen Musikgenuss bevorzuge ich persönlich das offene Prinzip nach wie vor, obwohl es inzwischen auch sehr angenehme geschlossene Hörer gibt.

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Der Tragekomfort der Poet ist exzellent (Foto: Meze Audio)

Natürlich müssen wir noch einen Blick auf die kupferfarbenen Außengitter des Poet werfen. Diese bestehten laut Webseite aus Stahl, wobei deren Muster vermutlich irgendwie gelasert ist. Das Außengitter sieht nicht nur toll aus, es ist auch Teil der akustischen Gehäuseabstimmung. Mehr im Technikteil.

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Das ausdrucksstarke Muster im Außengitter hat auch akustische Eigenschaften (Foto: F. Borowski)

Zum Lieferumfang des Poet gehört ein „handgeflochtenes Premium-Kabel“, wie es in der Beschreibung heißt, das in Zusammenarbeit mit Furukawa gefertigt wird und in einem Kunstlederbeutel verstaut ist. Die rund zweieinhalb Meter lange Leitung im geflochtenen Kimber-Cable-Style ist exzellent verarbeitet und mit einem 6,35 mm Klinkenstecker für den Anschluss an Kopfhörerverstärker ausgestattet. Am anderen Ende wird es zweiseitig mit 3,5-mm-Steckern an den beiden Treibergehäusen angesteckt. Hier hätte ich mir vor dem Kauf eine Wahlmöglichkeit für Anschlussart und Kabellänge gewünscht. 2,5 Meter sind zu lang für den Desktop und etwas zu kurz für meine Hörraum-Position.

Optional bietet Meze auch noch höherwertige Kabel mit anderen Steckern und teils versilberten Leitern an. Das beiliegende „Premium-Kabel“, welches einzeln gekauft immerhin 349 Euro kostet, muss aber stets mitbezahlt werden, auch wenn man lieber von Anfang an ein kürzeres mit symmetrischer Verbindung in XLR4 oder 4,4 mm „Pentaconn“ hätte.

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Das zugehörige „Premium-Kabel“ gefällt durch seine Flexibilität und hochwertige Verarbeitung (Foto: Meze Audio)

Bei Bedarf lässt sich das schicke Design des Poet noch durch den Kopfhörerständer Meze Manta unterstreichen, der wahlweise in Mattschwarz oder verchromt erhältlich ist. Allerdings zum recht sportlichen Preis von noch einmal 300 bis 400 Euro.

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Der optionale Kopfhörerständer Manta ist in schwarz (300 Euro) oder wie hier abgebildet in Chrom mit Holz (400 Euro) erhältlich (Foto: Meze Audio)

Die Technik des Meze Poet

Kopfhörer mit Schallwandlern, die nach dem magnetostatischen Prinzip arbeiten, waren früher eher die Ausnahme; dynamische Schallwandler dominierten den Markt und eine Handvoll Elektrostaten bildeten die Ausnahme. Heute setzt fast jeder neue Hersteller am Markt auf Magnetostaten. Der Grund für diesen Wandel liegt in verbesserter Materialtechnik. Starke Neodym-Magnete, superdünne und leichte Spezialfolien sowie spezielle Techniken zum Aufdampfen von Schwingspulen sorgen dafür, dass magnetostatische Kopfhörer heute mit völlig praxistauglichen Impedanzen und hoher Empfindlichkeit gefertigt werden können, die sich problemlos sogar an den meisten Mobilplayern mit schwachen Ausgangsstufen betrieben lassen.

Die von Rinaro Isodynamics in der Ukraine entwickelten Treiber, die Meze Audio in den Modellen Empyrean, Elite, Liric und jetzt auch im Poet einsetzt, sind ein schönes Beispiel dafür, was für interessante Schallwandler sich mit diesem Prinzip verwirklichen lassen. Im Poet kommt das Modell Rinaro Isodynamic Hybrid Array MZ6 zum Einsatz, das speziell für Meze Audio entwickelt wurde und im Wesentlichen dem Treiber im Spitzenmodell Elite entspricht.

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Die magnetostatischen Treiber werden von der Firma Rinaro in der Ukraine entwickelt und produziert (Rendering: Rinaro)

Die größte Besonderheit ist ganz klar die ungewöhnliche Schwingspulenform, die auf die dünne Membranfolie aufgebracht wird. Dabei handelt es sich, genau wie bei einer herkömmlichen Spule, um nur einen Draht (bzw. eine Leiterbahn), die hier jedoch im oberen Bereich der Folie eine mäandernde Form wie ein sich schlängelnder Fluss einnimmt. Im unteren Bereich, der vor dem Hörkanal sitzt, ändert sich die Form in eine Spirale. Diese Anordnung soll dafür sorgen, dass die Fläche im oberen Bereich eher für die Erzeugung tiefer Töne zuständig ist, während der untere spiralförmige Bereich Mitten und Höhen erzeugt. Quasi Zwei-Wege auf nur einer Membran – und ohne Frequenzweiche.

Die Folie mit Leiterbahn allein erzeugt natürlich noch keinen Ton. Vor und hinter ihr sorgen speziell an die Form der Leiterbahn angepasste Magnete für die nötige Antriebskraft. Die folgenden drei Bilder verdeutlichen den Aufbau:

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Links: Die Folie mit der aufgedampften (oder aufgedruckten) Leiterbahn, die sich in zwei Bereiche unterteilt. Mitte: Die Folie zwischen den Magnetgittern, Rechts: Die Grafik zeigt, dass sich die mittleren und hohen Frequenzen aufgrund der speziellen Leiterbahnstruktur beim Meze mehr vor dem Hörkanal konzentrieren sollen (Bilder und Grafiken: Meze Audio/Rinaro)

Doch die Zusammenarbeit mit dem Treiberhersteller Rinaro ist nicht die einzige Kooperation, die Meze Audio pflegt. Auch bei der Gehäuseabstimmung haben sich die Rumänen weitere Kompetenzen hinzugeholt. Und zwar in Form einer Lizenz zur Nutzung des sogenannten Acoustic Metamaterial Tuning System (AMTS), das Dan Clark Audio (DCA) entwickelt hat.

Aber zunächst wäre da die Frage, wieso das Gehäuse bei einem offenen Kopfhörer überhaupt eine „Abstimmung“ benötigt. Schließlich heißt „offen“ doch, dass der Schall einerseits nur in Richtung Ohr geht und der an der Rückseite der Membran erzeugte Schall ungehindert nach außen gelangt. Aber ganz so offen und ist dieser Schallaustritt nicht.

Zunächst einmal dringt der Schall durch die Schlitze der Magnetgitter vor und hinter der Membran. Das bedeutet schon eine gewisse Dämpfung – und auch Interferenzen. Dahinter sitzt dann noch das kupferfarbene Außengitter, welches im Poet dieses schicke Muster aufweist. Das dient als eine Art Dämpfungsschicht und zur Resonanzkontrolle. Mittels aufwändiger Berechnungen – hier auf Grundlage der Technologie von Dan Clark Audio – wurde mit gezielten Maßnahmen dafür gesorgt, dass beispielsweise keine harten Resonanzen oder zu spitze Höhen ans Ohr des Hörers gelangen. Wo und wie das im Detail eingesetzt wird, verrät die Herstellerbeschreibung leider nicht. Bei Dan Clark Kopfhörern, wie etwa dem geschlossenen E3, den ich hier übrigens auch im Vergleich verwendet habe, wird eine Dämpfungsschicht mit exakt berechneter Form eingesetzt, die u. a. Gehäuseresonanzen unterdrückt und den Klang insgesamt optimiert. Beim Poet kommen ähnliche Maßnahmen zum Einsatz, nur eben speziell auf die offene Konstruktion berechnet.

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Acoustic Metamaterial Tuning System (AMTS) von Dan Clark im E3. Im Poet kommen ebenfalls angepasste 3D-Strukturen zur Bedämpfung zum Einsatz, aber natürlich angepasst an die offene Konstruktion des Poet (Foto: Dan Clark Audio)

Alle Maßnahmen zusammengenommen verspricht Meze für den Poet praxistaugliche Eigenschaften für nahezu jedes Einsatzszenario. Mit einer Impedanz von 55 Ohm und seiner im oberen Mittelfeld angesiedelten Empfindlichkeit von 101 dB SPL/mW bei 1 kHz ist der Poet tatsächlich nicht zu anspruchsvoll im Hinblick auf den Kopfhörerverstärker. Nur für die Perspektive: Der besagte DCA E3, den ich zum Vergleich verwendet habe, liegt bei einer Empfindlichkeit von nur 90 dB/mW bei 27 Ohm. Der dynamische Referenzkopfhörer Focal Utopia (2022) kommt auf 104 dB/mW bei 80 Ohm.

Praxis: Klasse Tragekomfort

Der Poet hat auf dem Kopf einen relativ festen Sitz, aber ohne unangenehmen Druck. So hält er auch bei andächtig geneigtem oder bequem zurückgelehnten Haupt sowie bei schnellen Kopfbewegungen sehr gut. Seine relativ geringe Masse (im Vergleich zu vielen anderen Kopfhörern dieser Klasse) unterstützt das. Das Kopfband ist kaum spürbar. Die beweglichen Teile sind praktisch komplett spielfrei und es gibt keinerlei Knarz- oder Quietschgeräusche. Die Liebe zum Detail bei der Gestaltung zieht sich durch alle Bereiche, bis hin zu den Gehäuseaufhängungen oder den Steckern des Kabels.

Wie steht es mit Kabelgeräuschen? Fast gleich null! Rascheln und Rumpeln übertragen sich so gut wie gar nicht über die Leitung in die Hörer. So und nicht anders muss das sein. Einen kleinen Dämpfer gibt es aber von anderer Stelle. Die dünnen Titanbügel, welche die Bügel-Band-Konstruktion auf Spannung halten, benehmen sich wie die Saite einer Bassgitarre. Die kleinste Berührung der Bügel oder auch der Aufhängung versetzen sie hörbar in Schwingungen. Genau das kenne ich auch schon vom DCA E3. Es ist kein Problem, solange man im Betrieb die Finger von besagten Teilen lässt. Trotzdem würde ich mir dafür irgendeine Form von Bedämpfung wünschen.

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Das Gehäuse des Poet (die Teile in Silbergrau) bestehen aus Magnesium. Verarbeitung und Haptik sind ausgezeichnet (Foto: F. Borowski)
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Noch etwas näher am Objekt … (Foto: F. Borowski)
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Die Aufhängung der Treibergehäuse im Detail (Foto: F. Borowski)
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Das geflochtene Kabel überzeugt in seiner mechanischen Qualität. Wie von ähnlich geflochtenen Kabeln dieser Art gewohnt, ist es sehr flexibel und in keiner Weise störrisch. Es fällt stets weich und glatt, wie ein gekochtes Spaghetto. (Ja, das ist die Einzahl von Spaghetti.) Für Transport und Lagerung kann es recht eng aufgewickelt und in seinem Beutel zusammen mit dem Kopfhörer im Hardcase verstaut werden. Auch die Stecker machen einen sehr hochwertigen Eindruck, passen bestens zur edlen Gesamterscheinung des Poet und sind blitzsauber konfektioniert.

Klang: Ausgewogen und warm

Für den Hörtest kam primär folgendes Setup zum Einsatz: Als Quelle spielte Roon Musik überwiegend gestreamt via Qobuz, sowie von lokal gespeicherter Musik von SSD ab. Als Roon Ready Device diente der neue eversolo DMP-A10. Dieser verfügt zwar über keinen Kopfhörerverstärker, hat aber einen galvanisch isolierten USB-Audio-Ausgang. Daran habe ich den Questyle CMA fifteen als DAC und Kopfhörerverstärker angeschlossen. Der wurde zwar inzwischen von dem Modell CMA Eighteen Master abgelöst, aber das macht den „fifteen“ ja nicht schlechter. Der Tester nimmt, was er dahat.

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Beim Test am Desktop wurde es eng. Als Kopfhörerverstärker kam der Questyle CMA fifteen zum Einsatz (Foto: F. Borowski)

Das gilt auch für die Kopfhörervergleiche. Bereits erwähnt hatte ich den Dan Clark E3. Der liegt mit 2.459 Euro in einem noch ähnlichen Preisbereich wie der Poet, ist aber ein geschlossener Kopfhörer. Anders der dynamische Fostex TH909 (knapp 2.000 Euro), den ich seit seinem Test in 2021 als „Studio“-Referenz hier habe. Der TH909 ist ein offener Over-Ear. Als Kopfhörerkabel kamen jeweils die mitgelieferten Varianten zum Einsatz, was im Falle der drei genannten Kandidaten auf den guten, alten 6,35-mm-Klinkenstecker hinauslief. Natürlich wurde bei den Vergleichen sorgfältig auf einen exakten Pegelausgleich geachtet.

Und noch etwas: Auf etwaige DSP-Korrekturen wie etwa Crossfeed oder Kopfhörer-EQ in Roon Muse wurde in der Vergleichsphase selbstverständlich verzichtet. Im Einzeltest habe ich die Muse-Optionen am Poet aber ebenfalls ausprobiert. Allerdings nur Crossfeed. Opra-Filter sind dort für den brandneuen Poet derzeit noch nicht zu finden.

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Seine rundlich organischen Formen machen den Poet auch zu einem Handschmeichler (Foto: F. Borowski)

Bei den Vergleichen mit den genannten Kandidaten stellte sich schnell eine gewisse charakterliche Ähnlichkeit des Poet mit dem DCA E3 heraus, obwohl es sich hier um einen offenen und dort um einen geschlossenen Hörer handelt. Den E3 habe ich mit der Zeit sehr zu schätzen gelernt. Zu seinen besten Eigenschaften gehört, dass er trotz geschlossener Bauweise und ganz klar dank seiner AMTS-Abstimmung nicht dieses typische Gefühl der akustischen Abschottung wie die meisten anderen Closed-Backs aufweist. Er klingt stets ausgewogen, ehrlich und für einen Folienwandler ordentlich dynamisch. Seine größte Schwäche: er ist sehr anspruchsvoll, was den Kopfhörerverstärker angeht. Nur die allerbesten sind dem E3 gut genug.

Der Poet ähnelt dem E3 in vielen klanglichen Eigenschaften. So ist auch er in seiner Abbildung dynamischen Schallwandlern viel ähnlicher als anderen Folienwandlern, insbesondere Elektrostaten. Sein vollmundiger Auftritt ist auch für Pop/Rock/Electro bestens geeignet, wobei er, wie der E3, völlig frei von lästigen Druckspitzen oder Schärfen ist. Allerdings manchmal auch etwas zu zurückhaltend, vornehmlich wenn es um feinste Transienten oder auch dynamisch-explosive Impulse geht. Möglicherweise nimmt ihm die AMTS-Bedämpfung hier etwas von seiner Lebendigkeit.

Mit seiner tendenziell warmen Abstimmung ist er für stundenlanges stressfreies Hören prädestiniert. Der E3 ist eine Spur heller und auch transparenter, luftiger als der Poet, der seinerseits den E3 mit mehr Substanz im Tiefbass und Grundton übertrumpft. Und das trotz offener Bauweise. Last but not least ist der Poet etwas weniger kritisch, wenn es um den vorgeschalteten Signal- und Leistungslieferanten geht. Natürlich profitiert auch er von absoluten Spitzen-Kopfhörerverstärkern, aber ein guter Dongle-DAC, wie der iFi GO Bar Kensei, oder ein potenter Mobilplayer, wie der FiiO M23 reichen ihm dank seines besseren Wirkungsgrades auch für viel Musikspaß.

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Am iPad betreiben? Mit passendem Dongle-DAC kein Problem (Foto: F. Borowski)

Der Vergleich mit dem heller und studiomäßiger abgestimmten Fostex TH909 endete recht schnell. Zu unterschiedliche Charaktere. Wer einen Transparenz- und Analytik-Experten sucht, greift zum Fostex. Dessen extreme Durchhörbarkeit wirkt zunächst wie ein klarer Vorteil gegenüber dem zurückhaltenderen Poet, aber der Fostex kann unter ungünstigen Bedingungen auch schon mal etwas anstrengend werden. Ist er der ehrlichere Kopfhörer? Ja. Aber für Langzeithörer ist der Poet (und auch der E3) die bessere Wahl. Wer eine Kombination aus den besten Eigenschaften des Fostex und des Poet sucht, muss noch deutlich höher ins Regal greifen. Den Meze Elite kenne ich (noch) nicht, aber der Focal Utopia (2022) bietet ganz eindeutig solche All-Round-Qualitäten.

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Im Test nutzte ich den iFi Audio GO Bar Kensei am iPad. Der liefert ausreichend Leistung, um dem Poet ordentliche Pegel zu entlocken (Foto: F. Borowski)

Die Klangeigenschaften des Meze Poet kurz zusammengefasst:

  • wohl abgerundeter, nie anstrengender Klang
  • tendenziell eher etwas wärmere Klangfarben
  • Basskräftig und belastbar für einen offenen Folienstrahler
  • kein Auflösungswunder, aber verheimlicht oder verschluckt nichts
  • mit mittlerem Kennschalldruck von 101 dB und 55 Ohm Impedanz auch an vielen portablen Kopfhörerverstärkern nutzbar

Fazit Meze Audio Poet: ein noch bezahlbarer Luxuskopfhörer

Hervorzuheben ist ganz klar die Ausgewogenheit des Meze Audio Poet über alle Disziplinen hinweg. Seine gelungene Formgebung und Farbgestaltung in fantastischer Material- und Verarbeitungsqualität lässt den Meze Audio Poet luxuriös, aber nicht protzig wirken. Ich habe selten so ein geschmackvolles Kopfhörerdesign gesehen. Kombiniert mit dem tollen Tragekomfort, der 1A-Verarbeitung, dem angenehmen Kabel und seinem herrlich kraftvollen Klang wird daraus eines der attraktivsten Kopfhörerangebote in der 2.000-Euro-Klasse.

Leider war das Gastspiel des Poet vergleichsweise kurz. Es handelte sich um das erste Exemplar in Deutschland, für das noch viele weitere Auftritte geplant sind. In Kürze zum Beispiel auf der World of Headphones am 15. März 2025 in Heidelberg, wo der deutsche Meze-Vertrieb headphone.shop mit Meze und anderen Marken vertreten ist.

Geschafft! Keine Wortspiele oder an den Haaren herbeigezogene Vergleiche mit oder über Poeten oder Poesie.

Meze Audio POET
2025/03
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
dynamischer, farbstarker Klang, tendenziell warm
ordentlich substanzieller aber nie aufgedunsener Bass
einzigartig und edel wirkendes Design
ausgezeichneter Tragekomfort
Kabel beim Kauf nicht wählbar

Vertrieb:
headphone.shop
Showroom: Langer Anger 201-203
69115 Heidelberg
https://headphone.shop/de/

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Meze Audio POET: 2.000 Euro

Technische Daten

meze audio poet
Konzept:Over-Ear, offen, kabelgebunden
Wandler:Magnetostatisch
Ausstattung:Kabel: 2,5 m unsymmetrisch, 6,3 mm Klinke, Transport-Case
Impedanz:
55 Ω
Empfindlichkeit:101 dB/mW @ 1 kHz
Gewicht:405 g, ohne Kabel
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

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Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.