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Spatial-MC-Series-No-5-Aufmacher
Die neue MCS No 5 ist ein Pegelmonster, kann dabei aber echt schick aussehen. Der Preis: 17.500 Euro (Foto: Spatial)

Test Open-Baffle-Speaker Spatial MC Series No 5: Highspeed aus Ingolstadt

Die Welt hat Vorurteile gegen Schallwandler mit offener Wand. Spatial befeuert diese und legt gleichzeitig den audiophilen Gegenbeweis hin. Ganz frisch mit der Spatial MCS No 5.

Der äußerliche Faktor: Spatial Audio sitzt in Ingolstadt, die Geschäfte laufen gut, die kleine Manufaktur im Stadtzentrum kommt mit der Befriedigung der weltweiten Kunden kaum hinterher. Zudem hat man von den US-amerikanischen Gründervätern die Markenrechte an eben „Spatial“ erworben und auf „Spatial Europe“ geändert. Die Webseite ist ungewöhnlich aufwändig: umfassend-informativ und ansprechend.

Robert Andorf
Robert Andorf ist Chef und Motor von Spatial Europe (Foto: H. Biermann)

Firmenchef Robert Andorf ist ein Junkie des Wirkungsgrads. Die Krux und das Alleinstellungsmerkmal von Spatial liegen eng beieinander. Die Ingolstädter bauen Schallwandler in der „Open Baffle“-Architektur. Die Amerikaner pflegen dazu den Spruch: „Take a wooden board, cut a hole, put the speaker in, a bit of soldering and it works.“ Wir reden von der Faszination einer offenen Schallwand. Also keine dröhnende Kiste, sondern eher ein tönender Paravent. Die Deutschen haben dafür das böse Wort vom „Klingenden Brett“ gefunden. Das galt lange als verpönt, die Ingenieure schrieben Arbeiten mit erhobenem Zeigefinger. Alles egal: Es kommt darauf an, wie man es macht.

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Das Bild von der Seite zeigt das Konzept: Die Treiber in der offenen Schallwand strahlen den Schall nach vor wie nach hinten ab. Weil die Schallwand nicht unendlich groß ist, kommt es unweigerlich zum akustischen Kurzschluss, der im Bass Schallenergie zum Teil auslöscht (Foto: Spatial)

Spatial MC Series No 5: Die Technik

Eine offene Schallwand kämpft immer mit dem Problem des „akustischen Kurzschlusses“. Ist die Konstruktion schlecht gemacht, dann habe ich zwar einen netten Dipol-Charakter, aber die Bässe löschen sich gegenseitig hörbar aus. Auch endlose Computer-Simulationen bringen nichts, dessen ist sich Robert Andorf sicher. Die analoge Funktionsweise eines Open-Baffle-Lautsprechers lässt sich nur in Erfahrung und Protokollen erfassen. 6.000 Messungen hat Spatial angehäuft und das Konzept perfektioniert. „Die vermeintlichen Probleme haben wir in Vorteile umgewidmet“, sagt Andorf.

Spatial-MC-Series-No-5-Boden
Die Frequenzweiche sitzt in einem massiven Aluminiumgehäuse, die als stabilisierende Bodenplatte fungiert (Foto: H. Biermann)

Das Modell No 5 entspringt der aktuellen Forschung und der neuen Aufstellung von Spatial Europe. Die Schallwand ist ein Monolith – 7,6 Zentimeter dick, fest, aus zwei MDF-Platten aufgebaut. Stahlplatten sind mit dem Fuß verschraubt.

Spatial-MC-Series-No-5-Schallwand
Da wackelt nichts: Die aus mehreren Schichten aufgebaute Schallwand der No 5 ist 7,6 Zentimeter stark (Foto: H. Biermann)

Diese hinten liegende Bodenplatte besteht aus massivem Aluminium, das wiederum ist ausgefräst und beherbergt die Frequenzweiche. Eine schwere Kupferplatte übernimmt die Hauptleiterfunktion, die Widerstände hat Spatial nochmals aufgestockt – das ist die Königsklasse von Mundorf, ohne Angriffsfläche für externe Einstreuungen, Kupfer-Manganin-Folien ohne Eigenresonanzen, von größter Robustheit.

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Hier liegt das größter Geheimnis und die meiste Abstimmarbeit der No 5: Die serielle Weiche wurde fast ausschließlich im Trial-and-Error-Verfahren ermittelt. Die Bauteile sind allesamt vom Feinsten und selbstredend frei verdrahtet Foto: H. Biermann)

Robust sind auch die Chassis selbst, allesamt Sondermodelle aus der Beschallungstechnik. Die Papiermembran der 30 Zentimeter großen Tieftöner ist steif und sehr fest, der Hub groß und der Magnet-mit Doppelschwingspule gewaltig. Ohne Verluste soll es hier bis 32 Hertz in den Keller gehen. Das ist erstaunlich tief für die Bauform. Da braucht es doch sicherlich auch einen Berserker unter den Verstärkern? Am besten fette Transistor-Mono-Blöcke? Nö, sagt Robert Andorf und schwört, dass bei ihm daheim ein Röhrenvollverstärker mit gerade einmal acht Watt Wunderbares vollbringt.

Einen wesentlichen Beitrag zur großen Dynamik und zum hohen Wirkungsgrad leistet dabei das neue 10-Zoll-Koaxialsystem mit Kugelwellendipolhorn. Das ist die Killermaschine der Hoch-Energie mit über 100 Dezibel Wirkungsgrad und verzerrungsarmen Maximalpegeln weit jenseits der Schmerzgrenze.

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Spatial-MC-Series-No-5-Koax
Harte Papiermembran, eine mehrfach gefaltete Sicke für großen Hub und das mittige Hochtonhorn: der Mittelhochtonbereich der No 5 ist potent bestückt (Foto: H. Biermann)
Spatial-MC-Series-No-5-Dipol
Und weil es ja ein Dipol ist, werden die gleichen Frequenzen auch nach hinten abgestrahlt – hier allerdings ohne Schall-verstärkendes Horn. Gut zu sehen: der 44 mm große Hochtontreiber (Foto: H. Biermann)
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Jetzt kommt der Wohnraum-Clou hinzu, der Faktor, der auch Frauenherzen erweicht – ich kenne keine Open-Baffle-Inszenierung, die schöner aussehen kann. Alle RAL-Farben sind möglich, edle Furniere – vor allem sind die Frontblenden der drei Chassis identisch groß und ebenfalls farblich abgestimmt zu haben. Der einzige Haken ist naturbedingt: Ein Lautsprecher, der nach hinten abstrahlt, braucht auch Platz zur Rückwand, unter 65 Zentimetern geht gar nichts, auch die Raumgröße selbst sollte nicht zu klein sein. Zwar wird keine barocke Bibliothek gefordert, aber über 25 Quadratmeter sollten es schon sein…

Spatial MCS No5
Die MCS No 5 ist gar nicht klein, kann aber echt elegant aussehen (Foto: Spatial)

Nebenthema im Nebenthema: Alle Spatial-Lautsprecher entstehen unter vorbildlicher Haltungsform – die Zulieferer und Handwerker kommen aus der unmittelbaren Umgebung, alle Transportverpackungen sind komplett frei von Kunststoff. Da geht es um weit mehr als nur gute Gefühle.

Spatial Europe No.5 Zuschneiden der Mollton-Säcke
Die Fertigungstiefe ist ungewöhnlich hoch bei Spatial Europe,.Auch sucht Andorf die Zulieferer für die Gehäuse und für die Verpackung in der direkten Umgebung. Er steht für „Made in Bavaria“ (Foto: Spatial Europe)

Stellen sich diese beim Hören ein? Wir beobachten und schätzen Spatial seit Jahren, viele Modelle haben ihren ersten internationalen Testlauf in unserem Hörraum absolviert. Macht uns das zu unkritischen Fans der Marke? Nein. Fans ja, unkritisch nicht. Wir staunen regelmäßig über die Messwerte, den Wirkungsgrad. Aber bei der Aufstellung im Raum und im Winkel zum Hörplatz braucht es Wissen und Muße. Aus diesem Kontext schert auch die neue No 5 nicht aus.

Praxis

Die Spatial MCS No 5 wurde uns nicht „naturbelassen“ geliefert, sondern fix und fertig eingespielt. Darauf beharrt Andorf. Rund 500 Stunden sind Pflicht. Diesen Aufwärmprozess kann man selbst erledigen – oder den Profis überlassen, in Ingolstadt steht dafür eine eigene Schallkabine.

Nur weil Spatial uns den Ball so schön in den Strafraum gespielt hat: Funktioniert das Hören tatsächlich mit einem kleinen Röhrenverstärker? Wir hatten just den Unison Simply Italy „Black Edition“, in Neuauflage in unserem Hörraum – 10 Watt pro Kanal. Das kann nicht funktionieren, sagen uns schon die Augen. Eine mittlere Schuhschachtel an zwei mannshohen Standboxen. Aber wieder einmal erstaunt Spatial trotz des Schallenergie-fressenden Prinzips mit hohem Wirkungsgrad: 92 dB (2,83 V/m) ermittelte das LowBeats Messlabor. Das liegt zwar deutlich unter den von Andorf prognostizierten Werten, ist aber dennoch weit über dem, was klassische HiFi-Boxen heute so hergeben. Und so kamen wir auch mit dem kleinen Unison Verstärker auf Pegel von weit über 100 Dezibel.

Impedanzprofil Spatial MC series No 5
Die Messungen von Impedanz, Phase und EPDR weisen die MCS No 5 als auch für kleinere Verstärker problemlos zu betreibende Lautsprecher aus (Messung: J. Schröder)

Aber wir wollen ja ALLES aus den No.5 herausholen. Deshalb nutzen wir das ganz große Verstärker-Gedeck in unserem Hörraum – eine Vorstufe und zwei Monoblöcke von Canor, Hyperion P1 + Virtus M1. Damit liegen wir rein in der Kraftaufarbeitung bei über 40.000 Euro. Was die No 5 von Spatial fast klein wirken lässt. Die Ingolstädter rufen in der Grundversion einen Paar-Preis von 17.500 Euro auf.

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MTD-Spektrum Spatial MC Series No 5 @85dBC/1m
Bei unseren Einstiegs-Messung mit einem „Wohnzimmerpegel“ von 85 dB zeigt die No 5 überhaupt keine Verzerrungen (Messung: J. Schröder)
MTD-Spektrum Spatial MC Series No 5 @109dBC/1m (CTA-426-B wtd.)
Der weitgehend verzerrungsarme Maximalpegel der No 5 liegt bei 109 Dezibel (Messung: J. Schröder)
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109 Dezibel als Dauerpegel und über 120 Dezibel mit Musik: Das ist mal ein Wort. Die No 5 tritt damit in die Fußstapfen aller anderen, bereits bei LowBeats getesteten Schallwandler: Leisetreter sind das nicht.

Steht man direkt vor der No 5, ist der Hochtonanstieg ab 4.000 Hertz nicht zu überhören: nicht schlimm, aber auffällig. Die Tonalität und die Abbildung sind bei ihr noch mehr abhängig vom Winkel zum Hörplatz als bei „normalen“ Lautsprechern. Frontal geht nicht (weil sonst der Hochton zu energisch wird), im harten Dreieck ebenfalls nicht. Die Wahrheit liegt bei wenigen Graden – die Reflexion der Seiten- und Rückwände darf und soll mitspielen, sonst wird die Bühne kürzer, das Klangbild weniger imposant.

Ganz wichtig aber ist: Wie alle Open-Baffle-Konstruktionen ist auch die MCS No 5 ein sogenannter „Schnellewandler“, der den besten Bass nicht in Wandnähe, sondern bei möglichst freier Aufstellung im Raum liefert. Wer den Platz hat, stellt die No 5 mit mindestens ein Meter Distanz zur Rückwand auf. Im großen LowBeats Hörraum hatten wir das beste Ergebnis mit einem Abstand von gut zwei Metern…

Spatial MC Series No 5: Der Hörtest

Langsam? Nein, wir fetzen hinein: „Bye Bye Berlin“ von Tocotronic. Da brennt sogar das Berghain ab – die „Golden Years“ der Hamburger Band gehen ab wie Schmidts Katze. Das ist großartig in der Zerstörungswut bei freundlichen Harmonien aber knallhartem Schlagzeug und kreischenden Saiten. Dieses Peitschen tut in 24 Bit nicht weh, aber es muss an die Membranen gebracht werden. Die Spatials sind in diesem Sinne genau richtig: echte Rocker, alles wirkt auf Präsenz getrimmt – eben mit dem Timing-Fetisch des Firmenchefs und viel Druck auf das Gaspedal.

Tocotronic "Golden Years": Cover
Tocotronic „Golden Years“: Das Album ist derzeit mega gefragt! Wer schlau ist, vergleicht die Silberscheibe mit der Vinyl-Pressung, die ist überraschenderweise günstiger zu haben. Es knallt heftig, wenn nicht beim Schlagzeug oder der E-Gitarre, dann sicher bei den Texten. Finster, poetisch, golden (Cover: Amazon)

Aber hätten wir da nicht etwas Behagliches und Gesittetes zum Vergleich? Haben wir, ganz frisch erschienen: „New Dawn“ von Marshall Allen. Der Band Leader wird im Mai – festhalten – 101 Jahre alt. „African Sunset“ schwelgt in eine akustische Welt, die so klingt, wie ein bunter, süßer Cocktail am Strand schmecken müsste. Da muss die No 5 sich selbst zurücknehmen und vor allem abbilden. Das Schlagzeug, die Tom-Toms sind weit im Stereo-Panorama aufgestellt, rechts haucht uns das Saxofon an, die Streicher haben keine Lust, sich auf einen gemeinsamen Stimmton zu einigen. Alles knirscht wundervoll. Zu viel Präzision wäre schädlich. Die Spatials zeigen, dass Ingolstadt auch einmal südlich des Äquators liegen kann. Alles schwingt, atmet frei.

Cover - New Dawn - Marshall Allan
Der Altsaxofonist Marshall Allen kam am 25. Mai 1924 zur Welt, übrigens drei Tage nach Charles Aznavour (Cover: Amazon)

Das Paradebeispiel für eine Frauenstimme, die in den Ohren brennen muss: „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“. Die Neuaufnahme der Zauberflöte mit dem „Orkester Nord“ ist sicherlich nicht von epischer Größe, aber gerade das knallige, kleine, fast auf Krawall gebürstete Orchester (das sich tatsächlich „Orkester“ schreibt) und der Koloratursopran von Pauline Texier – das ist ein Laserstrahl der Hochenergie. Nicht zu leise hören. Da spielt die Spatial alle Vorzüge des Kugelwellendipolhorns aus. Das hat Peng – mehr haben wir selten in unserem großen Hörraum erlebt.

Fazit Spatial MCS No 5

Das Offensichtliche ist auch das offen Hörbare: Eine Open-Baffle-Konstruktion war noch nie und wird auch nicht ein Lautsprecher-Konzept für jedermann. Aber für Unangepasste und Kenner. Die Energieausbeute in Kombination mit dem Dipol-Charakter schafft Druck und Weite im Hörraum. Der muss aber mitspielen – er sollte symmetrisch ausgelegt sein und insbesondere Platz nach hinten, zur Rückwand bieten. Der Winkel zum Hörplatz findet sich so nicht leicht, da braucht es einige Hörsitzungen. Aber: In den Anforderungen an die verstärkende Elektronik ist die No 5 von Spatial von einer erstaunlichen Problemlosigkeit. Auch mit den von Andorf (und mir) so geschätzten „kleinen“ Röhren-Amps lassen sich mit der No 5 Pegel fahren, die jenseits von Gut & Böse und ziemlich nah am Konzerterlebnis sind.

Spatial Europe MC Series No. 5
2025/04
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Extrem offen-detailreicher, räumlicher Klang mit straffem Bass
Großartige Verarbeitung, viele Farbkombinationen
Hoher Wirkungsgrad, erstaunlich hoher Maximalpegel, unkritisch im Zusammenspiel mit Verstärkern
Die richtige Aufstellung im Hörraum braucht Zeit, Position in Wandnähe ist keine Option

Vertrieb:
Mach One Classics
Brunnhausgasse 2
85049 Ingolstadt
www.machone-classics.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Spatial Europe MC Series No. 5: 17.500 Euro
(Aufpreise bei Finish-Details und Sonder-Furnieren möglich)

Technische Daten

Spatial Europe MCS No 5
Konzept:3-Wege Dipol-Box mit Koax
Bestückung:TT: 2 x 30 cm Bass, MHT: 1 x 25 cm Koax mit Kugelwellenhorn
Wirkungsgrad:92 dB (2,83 Volt / Meter)
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig):109 / 121 dB
Mindest-Leistung für Max.-Pegel (Dauer):>120 Watt
Nenn-Impedanz:3,1 Ohm
Abmessungen (H x B x T):110,2 x 45,7 x 7,6 (Schallwand) cm
Gewicht:
48,2 Kilogramm
Alle technischen Daten
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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.