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Audeze LCD-2
Der Audeze LCD-2 ist eine Wuchtbrumme von einem Kopfhörer: mit Planar-Membran, mit Top-Verarbeitung und superbem Klang. Sein Preis: 1.230 Euro (Foto: Audeze)

Test Over-Ear-Kopfhörer Audeze LCD-2: der Evergreen in aktueller Version

Der Audeze LCD-2 ist eines der Ur-Modelle des US-amerikanischen Kopfhörer-Spezialisten und somit schon gut 15 Jahre alt, oder? Ja und nein. Denn die Amerikaner haben ihren Evergreen nun unter demselben Namen auf den neuesten Stand gebracht. Und das hat sich echt gelohnt.

Ein Blick zurück: Vor etwas über 15 Jahren drang eine neue Marke in das etablierte Kopfhörer-Universum ein, das bereits in den 1970er Jahren von Brands wie Peerless oder Yamaha besiedelt wurde. Die Regie über die friedliche Invasion führten damals zwei Technik-Asse in den USA: Sankar Thiagasamudra und Alexander Rosson fokussierten ihr Know-how auf die Magneplanartechnik, während ihrer ungewissen Start-Up-Reise zum anvisierten Wohnort der Klang-Götter, den High-End-Olymp. Klingt vielleicht ein bisschen pathetisch – aber heute wirkt diese „Audez’e“, sprich Odyssee, der Amerikaner faktisch sehr erfolgreich. „Unser Ziel war es, den genauesten Kopfhörer der Welt zu bauen“, so Thiagasamudra damals. Und damit lag er zumindest angesichts der Spitzenmodelle LCD-4 und LCD-5 ziemlich richtig.

Das enthusiastische Newcomer-Duo wurde damals rasch von hervorragenden Kritiken im HiFi-Bereich und Wertschätzungen bei Studio-Cracks belohnt. Bis heute, wo Profis Modelle von Audeze (das ist die heutige Schreibweise) schätzen, so zum Beispiel Gavin Lurssen, Mastering-Ingenieur für Stars wie Ringo Starr oder Krauss & Plant. Und auch Alex Lifeson, Gitarrist der Prog-Rock-Legende Rush steht auf den voluminösen Kopfschmuck aus Südkalifornien – wo übrigens auch die Manufaktur mit Handarbeit vonstattengeht, genauer verortet im Orange County, südlich von L.A.

Audeze LCD2 Chef
Hört, hört: Rush-Gitarrist Alex Lifeson nutzt Audeze-Hörer bei seiner Ton-Arbeit (Foto: C. Dick)

Relativ neuer Regent im Hause sind jedoch die japanischen Unterhaltungselektronik-Spezialisten von Sony Interactive Entertainment. Die Japaner übernahmen Audeze 2023 für ihre Playstation-Produkte. Da scheint sich ohnehin Grundsätzliches anzubahnen: Hört man sich um, dann setzen immer mehr Gamer auf gut klingende HiFi-Kopfhörer, respektive Headsets …

Das Audeze-Team von einst feierte mit dem LCD-1 auf der CanJam-Messe 2009 in Los Angeles Weltpremiere. Hinzu kam der „kleine“ Bruder LCD-2. Letzteren konnte ich 2011 für AUDIO ausführlich testen – und war als Kopfhörer-Freund sofort begeistert. Nun liegt die neueste Version des Magnetostaten auf dem Arbeitstisch.

Audeze LCD2 POlster
Massive Attack: Mächtig, klanglich schicksalsträchtig – der Magnetostat Audeze LCD-2 vereint audiophile Kompetenz mit opulenter Bauweise (Foto: C. Dick)

Die Besonderheiten des neuen Audeze LCD-2

Optisch so gut wie nicht verändert wirkt der LCD-2 wie ein Kopfhörer alter Schule: eher voluminös, über ein Pfund wuchtig, gerahmt an den Muscheln mit Padauk-Holz, das warmen Glanz in die Hütte zaubert. Das voluminöse Outfit ist natürlich Absicht, denn das Muschelgehäuse definiert exakt den „Hörraum“, in dem es audiophil was auf die Ohren geben soll. Dafür sorgt in der neuesten Version des LCD-2 evolutionäres Feintuning: „Im Laufe der Jahre gab es viele kleine Änderungen, aber der Hauptunterschied zwischen dem Original (und jetzt dem ‚Classic‘) sowie dem aktuellen LCD-2 sind die von Audeze entwicklten „Fazor-Waveguides“, die hinzugefügt wurden, um die Abbildung und die Höhenerweiterung zu verbessern und gleichzeitig die Phasengenauigkeit zu erhalten. Im Klartext: Mit den Fazors klingt es ein bisschen so, als wären alle Musiker einen Schritt näher an Sie herangekommen: mehr Details, Präsenz und Klarheit im Hochtonbereich“, sagt Chris Berens, seines Zeichens „Head of Artist Relations“ bei Audeze und seit 2016 an Bord der kalifornischen Manufaktur.

Fazer Zeichnung
Klar strukturiert: Hinter der Muschelverblendung liegen parallel angeordnete Elemente über der Membranabdeckung – hier in der Zeichnung

Man solle sich die Schallwellen wie eine Reihe von Kräuselungen in einem Teich vorstellen, so das Intro der Audeze-Erläuterung in punkto Welleninterferenz. Nicht nur für Lautsprecher, sondern auch für Kopfhörer ein „großes Hindernis“. Und genau hier setzen die präzise gelegten „Fazer“ an – als patentierte Schallführungen, die Interferenzen und die Streuung der Schallwellen unterbinden sollen, indem sie letztere „in einer gleichmäßigeren und parallelen Richtung“ austreten lassen. Die Elemente sitzen dabei direkt vor den Magneten, die die Membran antreiben. Diese bestehen aus hauchdünnen Folien, bedampft mit mäanderförmigen Leiterbahnen. Die sind zwischen vorne und hinten positionierten Anordnungen aus Dauermagneten eingeloggt. Das soll harmonische und nichtharmonische Verzerrungen minimieren. Wenn Wechselstrom, den Tonsignale generieren, durch die Leiterbahnen fließt, setzen sich die Membranen durch das magnetische Feld in Bewegung – Schall entsteht.

Magnetostat-Prinzip

Die Vorteile: Zum einen die gleichmäßige Kraftwirkung über die gesamte Membranfläche. Zudem sollen gegenphasig schwingende Bereiche, berüchtigt für Pegeleinbrüche, vermieden werden. Und last but not least kann der Signalstrom die ultradünne und extrem leichte Folie quasi in Echtzeit anregen und so ein exzellentes Impulsverhalten zeitigen.

Audeze LCD2 Magnetostat
Klar strukturiert: Hinter der Muschelverblendung liegen parallel angeordnete Elemente über der Membranabdeckung (Foto: C. Dick)

Die Haptik macht an. Die stattlichen Muscheln liegen satt in der Hand, flankiert von Padauk-Holz, das in den Tropen gedeiht und wegen seiner Festigkeit und Farbpracht geschätzt wird. Wir sprechen hier von über 500 Gramm. Der Sitz auf und am Kopf: Trotz des Gewichts recht angenehm, da sich die Last prima verteilt, auch bei längeren Hör-Sessions geht das völlig in Ordnung.

Das gefederte Kopfband lässt sich zudem einfach verstellen, die aktualisierten Ohrpolster schmiegen sich weich um Ohren, Haut und Haar. An den Muscheln docken vierpolige Mini-XLR-Stecker links und rechts an, die das Kabel am anderen Ende mit dem Kopfhörerverstärker verbindet – mit einem XLR-Stecker oder einer Klinken-Fraktion mit 6,3mm- und 3,5mm-Adaptern.

Audeze LCD2 Stecker
An diesem Kopfhörer ist alles solide – natürlich auch die Steckverbindungen (Foto: C. Dick)

Der edle Kopfschmuck kommt übrigens sauber gebettet in einem Stoffkuschelnest – in einem schwarzen Kunststoffkoffer mit Tragegriff im Studio-Profilook. Auf einem kleinen Zettelchen steht „Made In USA“. In heutigen Zeiten von Strafzöllen hebt sich dabei leicht eine Augenbraue. Aber warum so ein massives Case? „Wir liefern mit allen unseren Premium-Kopfhörern ein Etui zur sicheren Aufbewahrung und zum Transport. Als jemand, der viel mit Pro-Audio zu tun hat, betrachte ich unsere Kopfhörer wie ein Bändchenmikrofon: Sie sind robust und anpassungsfähig, aber man muss mit der dünnen Membran vorsichtig sein“, erklärt Chris Berens. Aha.

Audeze LCD2 mit Koffer
Heimatschutz: Als sichere Behausung kommt der Amerikaner mit einem stabilen Kunststoff Case im Set daher. Und – um ganz sicher zu sein – ist der Koffer sogar abschließbar… (Foto: C. Dick)

Die Impedanz legten die Ingenieure auf 70 Ohm fest, was den LCD-2 prinzipell auch zum Spielpartner für weniger potente Quellen wie Smartphones oder Laptops macht. Aber will man das ernsthaft machen? Das wäre massiv verschenktes Klangterrain, denn ein kapitaler Kopfhörer wie dieser spielt seine Trümpfe erst mit einem potenten Kopfhörerverstärker aus.

Audeze LCD2 made in USA
Vor allem dieser Punkt macht die Audeze-Kopfhörer außergewöhnlich: die Modelle sind “Made in USA” (Foto: C. Dick)

Hörtest

Für den Hörtest von Streaming bis HiRes dockte der LCD-2 deshalb am exzellenten Lehmann Audio Linear SE an. Die „untere“ Abgrenzung stellte der Preis-/Leistungsschlager ifi Zen DAC V2 vorwiegend für Online-Sessions aus dem Netz. Um optimale Voraussetzungen zu schaffen, durfte sich der LCD-2 erstmal rund 50 Stunden mit verschiedensten Tonsignalen warmlaufen.

Lassen wir uns verführen: Aglaophonos, „die mit der schöneren Stimme“, Himeropa, „die sanfte Stimme“ oder Legeia, „die Heiltönende“: Die drei Sirenen wussten laut Odysseus-Sage einst genau, mit welchen Wohlklängen man gestandene Seebären verlocken konnte. Ob’s der Audeze LCD-2 ihnen in ähnlicher Weise mit highendigen Tönen gleichtun kann?

Starten wir mit den kanadischen Progressive-Rockern Rush, die gerade eine opulente Werkschau ihres „50“-jährigen Schaffens auf die Bühne brachten: „50“ besticht mit klasse, teils raren Studio- und Live-Tracks. Gitarrist Alex Lifeson schätzt wie erwähnt Audeze als Arbeitstools: „Es ist schwer zu erklären, aber alles klingt so klar und präzise… Bis zu den Audeze habe ich noch nie einem Paar Kopfhörer so weit vertraut“, so der Rush-Gitarrist über sein Modell LCD-X. Nun gut.

Opulente Rush-Hour: Der kanadische Prog-Rock-Dreier Rush feiert mit dem Box-Set „50“ mit raren Songs, tollem Hardcover-Buch und weiteren Goodies ihr Bandjubiläum

Und los: Der LCD-2 lockte sofort mit einer packenden Inszenierung der Songs: Studio-Takes wie „Red Barchetta“, „Tom Sawyer“ oder „Subdivisions“ brachten Spaß pur, dank knackigem Bass und schöner Auflösung. Highlights der Box stellen allerdings Live-Tracks aus der Band-Historie. Und hier sticht zum Beispiel das Konzert vom „World Music Theatre Tinley Park“ vom 14. Juni 1987 mit klasse Atmosphäre und Auffächerung heraus – der LCD-2 lieferte eindrucksvoll ab. Das galt auch für die dynamische Klassenreferenz Sennheiser HD 800. Dieser öffnete den Raum noch etwas weiter, hatte dafür aber im Bassdrive das Nachsehen.

Dann betraten Blues-Ass B.B. King sowie die Jazzer Tab Benoit und Dave Gruisin oder Chick Corea die Bühne – mit dem abendfüllend heiteren Album „Happy Anniversary, Charlie Brown!“ des audiophilen GRP-Labels, einem Geburtstagsständchen für die Peanuts von 1989. Packend-frisch legte der LCD-2 los, zudem körperhaft. Der Sennheiser punktete wiederum mit etwas mehr Plastizität und Schmelz, hatte aber wiederum weniger Punch. Als weiterer Check-Kandidat lag der Magnetostat Hifiman X dazwischen: einen Tick feiner aufgelöst als der LCD-2, aber mit etwas weniger Schmelz als der HD800.

Charlie, Snoopy, Schröder & Co hauen in die Tasten: Das audiophile GRP-Label hielt den Peanuts 1989 mit „Happy Anniversary, Charlie Brown!“ ein jazziges Geburtstagsständchen mit Größen wie David Benoit, Dave Brubeck, Chick Corea, Dave Grusikn, B.B. King, Lee Ritenour oder Patti Austin. Mit dabei „Joe Cool“, „Little Birdie“ oder „Red Baron“ – cool! (GRP-Records)

In Sachen Schnelligkeit und Filigranität stellte dann das European Guitar Quartet mit ihrem Album „Fourtune“ den Audeze auf die Probe. „D’artagnan“ brachte der LCD-2 unerhört zackig ans Gehör, man wähnte die Saiten förmlich schwingen zu sehen. Der HD800 gab sich dabei noch etwas präziser, jedoch etwas weniger sonor.

Die Singer-Songwriterin Sara K., mit ihrer Hammer-Aufnahme des audiophilen Labels Stockfisch als XRCD, brachte der LCD-2 beeindruckend nah an den Kopf, mit klasse Artikulation und schön aufgefächerten mehrstimmigen Background-Vocals. Der HD800 verlieh dem ganzen wiederum etwas mehr Luft und Feindynamik, allerdings minimal auf Kosten der Körperhaftigkeit. Der Hifiman X blieb insgesamt wieder in der „Mitte“, unterm Strich jedoch unter der Performance von LCD-2 und HD800.

Eine weitere Rock-Rund brachte Peter Gabriel mit seinem aktuellen Album „I/O“ und dem Song „The Court“ ins Spiel, ebenso wie die guten alten Supertramp mit ihrem „Logical Song“. Packend, mitreißend ging der LCD-2 ran, toll prägnant wie die Drums rollten. Der HD800 hatte bei der Artikulation minimal die Nase vorn, konnte aber dem Spaß-Faktor des LCD-2 nicht ganz das Wasser reichen.

Fazit Audeze LCD-2

Ein Planar-Klassiker, der evolutionär zugelegt hat: Der Audeze LCD-2 besticht in seiner neuesten Form als offener Magnetostat mit einer herrlich ganzheitlichen Klangperformance. Wir sprechen von leicht warmer Tonalität, Tieftondruck und Facettenreichtum. Ein echter Spaß-Macher.

Audeze LCD-2
2025/04
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ausgewogen-feines, druckvoll-warmes und ganzheitliches Klangbild
Sehr wertige Verarbeitung
Niedrige Verzerrungen
Guter Tragekomfort trotz des relativ hohen Gewichts

Vertrieb:
Mega Audio GmbH
Feldborn 3
55444 Waldlaubersheim
Mega Audio Homepage

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Audeze LCD-2: 1.232 Euro

Technische Daten

audeze lcd-2
Konzept:Stationärer Over-Ear-Kopfhörer in akustisch offener Bauweise
Impedanz:70 Ohm
Empfindlichkeit:101dB/mW (@1kHz, 1mW)
Frequenzgang:10 Hz – 50 kHz
Min. -Leistung:<100mW
Gewicht (ohne Kabel):
595 Gramm
Ausführungen:
Padauk-Holz, Rosewood
Lieferumfang:
Stabiles LCD-Reise-Hard-Case, 4-poliges XLR-Kabel, 4-poliges XLR auf 1/4’’ TRS Adapterkabel, 1/4’’ auf 3,5mm Adapter / Garantiekarte, Echtheitszertifikat
Alle technischen Daten
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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.