Röhrenverstärker sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Und das ist gut so. Röhrenverstärker früher: Aufbau wie aus dem Bastler-Laden, Betriebssicherheit höllennah, Leistung unterirdisch. Röhrenverstärker heute: Gebaut wie eine Trutzburg, dank Mikroprozessor-Steuerung hochsicher und langlebig, ordentlich Leistung auch für notorisch anspruchsvolle Lautsprecher. So wie der Westend Audio Monaco, dessen Erstausgabe schon für Lobenshymnen bei LowBeats sorgte. Und dessen Zweitauflage, der Westend Audio Monaco Mk2, hier nun zum Test ansteht: Satte 46 Kilogramm schwer und mit 47 Zentimetern von links nach rechts auch standesgemäß breitbeinig auftretend. Der Test von LowBeats Autor Lothar Brandt.

Alles so schön bunt hier: der Westend Audio Monaco MK2 bleibt individuell
In Deutschland entwickelt und gefertigt – und mit entsprechend selbstbewussten Preisschildern. In pulverbeschichtetem Schwarz sind 24.000 Euro zu berappen, in Weiß mit geschliffenen Aluminium-Applikationen 25.000 Euro, nickelbeschichtet (unbedingt mal ansehen, cool) 27.000 Euro. Und wer schon immer eine leicht dekadente Neigung zu Oligarchen-HiFi hatte, kann auch eine Ausführung mit 24karätiger Goldbeschichtung ordern – für dann 40.000 Euro. Aber das nur nebenbei. Schon die Normalausführungen zeigen eine Verarbeitungsqualität vom Feinsten und müssen sich überhaupt nicht verstecken. Für unsere Schweizer Leser: Die gut sortierten High-Ender von Aug & Ohr in Zürich haben den Westend Audio Monaco Mk2 spontan in ihr Portfolio aufgenommen und offerieren ihn ab 25.900 Franken. Und dann ist das ganze Zoll-Gedöns schon erledigt.
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Der grundsätzliche Gehäuse-Aufbau in mehrlagiger Schicht-Struktur, rundturmhaft bewehrter Transformatoren und vorgelagertem Röhren-Oktett hat sich beim Mk2 gegenüber Mk1 nicht geändert. Was sich änderte von der ersten zur zweiten Generation, ist die Resonanz-Optimierung des Gehäuses. Das dass nicht L´art pour L´art ist, wird jedem einleuchten, der um die Mikrofonie-Empfindlichkeit der Glaskolben weiß. Die Gehirne hinter Westend Audio, Geschäftsführer Stefan Trog und Entwickler Günter Mania, steckten eine Menge Schmalz hinein, um eben diesen, aber auch den anderen Bauteilen, jegliches schwingendes Unbill vom Leib zu halten.

Auch wenn es von außen nicht sichtbar ist. So sind sämtliche Bolzen in dem Gehäuse nun mit Silikonringen verspannt. Was man von außen schon eher sieht: Die dünnen Zwischenrippen zwischen den Schichten sind nicht mehr aus Aluminium, sondern aus Holz.
Wie groß die Mechanik auf den Klang der Geräte sein können, zeigen ja nicht nur die bestens beleumdeten Komponenten von Soulnote mit ihren klirrenden Deckeln. Und so war Trogs Suche nach dem besten Material für die Zwischenrippen keine kurze. Nach langen Versuchen schied Vollholz genauso aus wie MDF – beides nahm zu viel Energie aus dem Klangbild. Erst das spezielle, jetzt verwendete HDF brachte die richtige Mischung aus Dämpfung und Energie

Die grundsolide Basis
Der eigentliche Traum wurde schon mit dem Mk1 wahr. Bei der Realisierung half mit Günter Mania ein Entwickler, den man in deutschen High-End-Landen eigentlich als Transistor-Maniac (bitte das Wortspiel zu verzeihen) kennt. Für die badische Firma AVM hob er seit den 1980ern reihenweise bezahlbare, klangstarke und betriebssichere Transistor-Amps aus der Taufe. Noch heute ruht sein Entwickler-Standbein fest in der Halbleiter-Technik. Der Röhre blieb er als Messtechniker (AVM kürzte ursprünglich die Worte Audio-Video-Messtechnik ab) jahrzehntelang abhold. Bis er sie als durchaus klanglich gleichwertig oder gar überlegen entdeckte – und viel Ehrgeiz entwickelte, den Glaskolben auch adäquate Betriebssicherheit anzuzüchten.

Westend Audio gab seinem Spielbein entsprechenden Raum bis hin zur Programmierung von Mikroprozessoren, zur Überarbeitung und Verfeinerung der Schaltung zur Auslegung des überdimensionierten Schaltnetzteils. Die hocheffizienten Umwandler der Netz- in Nutzspannung sind längst nicht mehr grundsätzlich im Nachteil gegenüber ihren linearen Mitbewerbern. Möglicherweise können wir in einem späteren LowBeats-Test mal näher darauf eingehen. Hier reicht es, mit einem ehemaligen Kanzler zu sagen: Es kommt darauf an, was hinten rauskommt. Und das ist beim Westend Audio Monaco Mk2 eine ganze Menge.
Apropos näher darauf eingehen: Der Kollege Holger Biermann hat schon beim Test des Mk1 vieles zum Gerät ausführlich dargelegt und mit Zitaten unterlegt. Das müssen wir hier nicht alles wiederholen. So bleibt die Möglichkeit, hier ein wenig ins Eingemachte zu gehen.
Kleine Röhrenkunde
Also leisten wir uns hier einen kurzen Abstecher in die kleine Röhrenkunde: Eine Röhre einfachster Bauart, die Diode, hat zwei elektrische Teile (Elektroden): Die heizbare Kathode und die Anode. Legt man eine elektrische Spannung an (negativ an Kathode, positiv an Anode), fließt ein Strom von der Kathode zur Anode. Bei der Triode kommt als dritte Elektrode das Steuergitter hinzu, über dessen Gitterspannung sich der Anodenstrom leistungslos regeln lässt. In der High Fidelity haben die Trioden meist als Doppeltrioden wie die 6SN7, ihre Quasi-Nachfolger ECC 81, ECC 83 oder die hier im Monaco Mk2 in der Eingangs- und Treiber/Phasenschieberstufen genutzten ECC 82 Karriere gemacht. Als Leistungs-Triode berühmt ist auch die 300B. Bei der Tetrode kommt eine vierte Elektrode, das Schirmgitter, zwischen Steuergitter und Anode hinzu. Der Name Schirmgitter rührt daher, dass dieses positiv geladene Gitter das Steuergitter von der Anode abschirmt. Tetroden können wesentlich höhere Verstärkungen als Trioden erreichen. Probleme können so genannte Sekundärelektronen bereiten. Denen versuchen Pentoden mit der fünften Elektrode, dem Bremsgitter, einen Riegel vorzuschieben. Beam Power Tetroden oder Strahlpentoden nutzen aus Kostengründen statt Bremsgittern gebogene Elektronenstrahl-Leitbleche. Für Audio-Anwendungen nutzen Entwickler meist die Pentoden EL34 oder die Strahl-Pentoden/Tetroden 6L6, 6550/KT88 sowie Derivate und eklatant leistungsstärkere Weiterentwicklungen davon. Wie die KT 150 der unlängst hier getesteten Stereo-Röhrenendstufe Octave RE 320.
Die besondere Endröhre
Der Monaco geht hier seinen eigenen Weg. Trog und Mania wollten Leistung, also Spannung mal Strom. Und beides stabil und ausreichend, auch wenn die Lautsprecher beziehungsweise ihre Frequenzweichen in relevanten Frequenzbereichen mit unverschämt niedrigem Scheinwiderstand oder abenteuerlichen Phasendrehungen die Stromlieferfähigkeit der naturgemäß eher spannungsfreundlichen Kolben fordern. Die beiden kamen auf eine Leistungsröhre, die man zumindest hierzulande kaum im highfidelen Umfeld findet. Die E130L ist eine echte Pentode, in der Steuer- und Schirmgitter als Spanngitter ausgeführt sind.
Ohne hier noch tiefer in die faszinierende Technik der Kolben einzudringen: Spanngitter sollen die gefürchteten Serienstreuungen minimieren und für sehr lineare Verstärkung sorgen. Viele, leider nur zu viele Röhren, ja, auch welche aus jüngster Fertigung, weisen extrem hohe Streuungen ihrer Daten auf. MitarbeiterInnen von HiFi-Herstellern, die jeweils zwei aus normaler Serienfertigung stammende Röhren für einen bestimmten Verstärker zu passenden Pärchen „matchen“, wissen ein Lied davon zu singen.

Ihre lineare Verstärkung, die hohe Steilheit ihrer Kennlinie, bereiteten der E130L – neben Einsätzen in der Ultraschalldiagnostik oder zur Spannungsstabilisierung in den Netzteilen empfindlicher Messgeräte – schnell auch den Weg in Audio-Gegentakt-Endstufen. Bis zu 1,5 Ampère Spitzenstrom soll die E130L locker machen können. Was für eine Endröhre dieser Größe schlicht phänomenal ist.
Enge Serientoleranz, Strom satt, extrem linear: Das sind doch ideale Voraussetzungen für Leistungsröhren in der High Fidelity, zumal wenn sie wie im Monaco pro Kanal zu zweit im Push-Pull-Betrieb arbeiten. Nur: Wahrscheinlich sind die Dinger nicht ganz so leicht zu fertigen, damit sehr teuer – und knapp auf dem Markt. Soweit der Autor das weiß, baut zurzeit offiziell nur Western Electric in den USA die 7534 – und das ausschließlich fürs Militär. Westend Audio sind nach eigener Aussage die einzigen lizensierten Nutzer im HiFi-Bereich.
Verarbeitung und Bedienung: top
Das lassen wir mal so stehen. Und schauen uns die Peripherie der Wundertüten an. Da sind zunächst mal Sockel, die einen ganz hervorragenden Eindruck machen. Ein Blick ins Innere offeriert eine gut durchdachte Architektur für einen erheblichen Bauteile-Aufwand inklusive der eingangs erwähnten Prozessoren in Form Integrierter Schaltkreise. Die aber zahlreiche Sicherheits-Funktionen und Klangfördermaßnahmen wie den automatischen Bias-Abgleich automatisieren. Und nicht zuletzt der satt in der Hand liegenden Vollmetall-Fernbedienung die Befehlsübergabe ermöglichen.

Man legt aber ehrlich gesagt gerne auch Hand an die drei Bedien-Elemente an der Front, deren hochveredelte Oberflächen schon ein haptisches Versprechen für die Dinge abgeben, die da akustisch kommen. Der zentrale Lautstärkesteller mit Mute auf Knopfdruck befehligt kein konventionelles Motor-Poti, sondern fungiert wohl als so genannter Inkrementgeber für ein IC-basiertes Netzwerk. Und das in zwei Pegelsprunggrößen, je nachdem, wie schnell man dreht. Muss man erlebt haben. Auf jeden Fall fasst er sich fantastisch an.
Beim Blick auf die Rückseite bedauert man fast, dass einem das Gerät normalerweise nur die Frontansicht bietet. Solch eine Verarbeitungs-Qualität aller Anschlüsse würde man sich auch von manch teurerem Mitbewerber wünschen. Mit einer USB-Buchse hätte man nicht unbedingt gerechnet: Die dient aber keineswegs als Schnittstelle zu einer heimlich intern verbauten DAC-Abteilung (die gehört im HighEnd sowieso möglichst an die Quelle und nicht in den Verstärker), sondern zum Beispiel für den Anschluss eines externen Displays. Und natürlich – wir stecken schließlich im Digitalzeitalter – zur Aktualisierung der intern genutzten Software. Die im Übrigen auch Farbe und Helligkeit der eigenen Frontbeleuchtung regeln kann.

Ein Riesenlob, weil unverständlicherweise noch immer im Highend nicht selbstverständlich, verdient die Indikation der richtigen beziehungsweise falschen Phase beim Netzanschluss. Hier erkennt der Nutzer sofort, ob er den Netzstecker „richtig rum“ eingesteckt hat. Die Bedienungsanleitung für die zahlreichen Funktionen im Haupt- und Untermenüs geriet übrigens vorbildlich. Da können sich manche andere Röhrenverstärker-Bauer (und nicht nur die) eine Scheibe von abschneiden.
Klang und Leistung: auch top
Was dem Autor als bekennendem Vinyl-Liebhaber für einen kurzen Moment sauer aufstieß, war der fehlende Phono-Eingang beziehungsweise die fehlende Option dafür. Der leichte Ingrimm verflog sofort, als der Monaco (italienisch übrigens für München) Mk2 im LowBeats Hörraum in eben besagtem München aufspielte. Dann eben mit erlesenem Digital-Material, das ihm der CD/SACD-Player oder der hauseigene Streamer zuspielte. Da war von Anbeginn eine Selbstverständlichkeit und Gelöstheit im Spiel, die gute Röhrenverstärker auszeichnet. Und es kam eine Souveränität und Stabilität auch bei richtig satten Lautstärken dazu, die man nun eher im Transistor-Lager verortet hätte, hätten da nicht völlig ungerührt acht Glaskolben auf der Tragfläche des Monaco geglimmt.
Der Autor fängt indes seine Hörtest grundsätzlich auf leisen Sohlen an – sein wie unser aller Gehör würde bei Vollbedröhnung von Anfang an schnell „zumachen“ für zarteste Details. Doch egal, nach welch zartem Schmelz ihn verlangte, der Tester kam sowohl bei einem Streichsextett von Brahms wie auch bei wundersamen Weisen der Gruppe Weather Station voll auf seine Kosten. Ohne mit übersüßen Klang-Kalorien zugeklebt zu werden, vielmehr sponnen ihn hauchzarte Nuancen sozusagen ein.
Einige Hörstunden später erfolgte der Befreiungsschlag mit den herben Hieben von April-Wine-Drummer Jerry Mercer. Klar, die dazugehörige Platte heißt „Harder Faster“, die kanadische Truppe knüppelt aber eben nicht nur drauf los, sondern bietet schönen melodischen Rock. „Say Hello“ ist ein ausnehmend starkes Stück, wo Mercer und Co einen fantastischen Groove hinlegen. Und der Monaco Mk2 legte ordentlich Feuer nach. Übrigens auch, wenn durchaus leistungshungrige Schallwandler vom Schlage einer Fink Team Borg an den Lautsprecherklemmen hingen. Das hatte Biss!

Und wie viel besser als der die Mk1-Variante ist nun der Neue? Trog hatte eigens für diesen Test noch einen früheren Monaco vor der kompletten Revision für uns zurückgehalten. Und so hatten wir ausreichend Zeit, die Unterschiede herauszuhören. Die brauchten wir aber gar nicht, weil die Unterschied sofort ohrenfällig waren. Tatsächlich ist der klangliche Zugewinn zum Mk1 erstaunlich groß. Feine Details kamen mit der Mk-2-Version selbstverständlicher, spürbar “leichter”. Der neue Monaco zeichnete die einzelnen Instrumente nochmals genauer, spielte einen Tick körperhafter und öffnete auch den Raum in allen Dimensionen. Egal, welche Maßnahmen das Gespann Trog/Mania für ihre Mk2-Version ausgeheckt haben: Sie greifen allesamt und lassen den Neuen deutlich gereifter und offener klingen.

Fazit
Mit der Mk2-Ausgabe ihres Röhrenvollverstärkers Monaco gelingt Westend Audio tatsächlich nochmal ein nennenswerter Fortschritt. War der Mk1 nun wahrlich schon kein Kind von Traurigkeit hinsichtlich Power und Gestaltungsmacht, legt der Nachfolger in Sachen Finesse und Akkuratesse nochmal ein wenig zu. Für sich gesehen ist der Westend Audio Monaco Mk2 ein überragend verarbeiteter, technisch exzellenter und klanglich begeisternder Vollverstärker und bleibt somit auch weiterhin LowBeats Vollverstärker-Referenz.
Dass der Monaco durch das Upgrade und über die letzten vier Jahre gleich 4.000 Euro teurer wurde, lässt den HiFi-Freund natürlich etwas schlucken. Aber man kauft hier nicht nur hervorragend klingende 100 Watt pro Kanal, sondern auch das gute Gefühl, auf Lebenszeit gut investiert zu haben.
Übrigens: Für alle, die den Monaco MK2 mal sehen oder hören wollen, ergibt sich auf der HiFi Tage Darmstadt (19. / 20 Oktober) womöglich eine schöne Gelegenheit. Wo? Raum 3.08 Neon.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Herausragend lebendiger und selbstverständlicher Klang |
| Hohe Präzision, sehr gute Kontrolle |
| 2 x 100 Watt und Stabilität bis 2 Ohm |
| Überragende Verarbeitung, große Oberflächenvielfalt |
Vertrieb:
ATR Audio-Trade
Villa Belvedere
Walluferstr. 2
65343 Eltville am Rhein
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Westend Audio Monaco MK2: ab 24.000 Euro
Gehäuse-Varianten auf Anfrage
Die technischen Daten und Messungen
Westend Audio Monaco Mk2 | |
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Technisches Konzept: | Röhren-Vollverstärker (Push/Pull) |
Bestückung: | 4 x ECC 82, 4 x E130L |
Leistung: | 2 x 100 Watt / 4 Ohm |
Analog-Eingänge: | 3 x XLR, 2 x Cinch |
Analog-Ausgänge: | 1 x XLR, 1 x Cinch |
Garantie: | 2 Jahre (Gerät), 6 Monate (Röhren) |
Abmessungen (B x H x T): | 47,0 x 22,3 x 37,3 cm |
Gewicht (B x H x T): | 46,2 Kilo |
Alle technischen Daten |
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