Auf der Suche nach dem “passenden” Testlautsprecher waren wir bei LowBeats dieses Mal nicht angemessen ausgestattet. Aber wir wurden bei unseren Nachbarn fündig: in Münchens schönstem HiFi-Laden “Zur 3. Dimension”. Hier nämlich steht eine Sondervariante der Gauder Akustik Berlina RC7. Ein großartiger Lautsprecher. Dank Diamant-Mitteltöner außergewöhnlich detailreich und in der Lage, noch so kleine Unterschiede perfekt auszuleuchten. Und einer, der im Tieftonbereich anspruchsvoll ist. Seine Hochpassfilterung sorgt für recht niedrige Impedanzen, die schlappe Verstärker nicht schultern können. Genau das richtige Terrain für Kraftprotze wie die Rotel Michis. Und außerdem steht in der 3. Dimension noch ein ganz rarer Lautsprecher: die JBL Everest DD 67000. Doch dazu später mehr.

Die Rotel Michi im Hörtest
Wir starten zunächst mit der “kleinen” Kombination P5 + S5 + Gauder RC7/9. Und mit Klassik: Die Deutsche Grammophon hat ganz frisch in die Wunderkiste gegriffen. Wäre man böse, könnte man sagen: Die DG lebt von den Schätzen der Vergangenheit. Stimmt natürlich unter finanziellen Bedingungen. Denn abermals sind vier Klavierkonzerte Mozarts mit Friedrich Gulda an den Tasten erschienen. Diesmal auf BlueRay-Audio und im HighRes-Download. Die CD klingt annehmbar, die LP großartig, doch mit dem Download sind wir direkt am Herzen der analogen Bänder.

Eigentlich das Gegenteil eines Spektakels, für das die Michi-Serie so schön geboren zu sein scheint. Aber im Kleinen, Feinen gibt es wunderbare Schwankungen – hier muss die Elektronik nicht nur dicke Backen aufblasen, sondern ganz agil der dynamischen Entwicklung folgen. Und die Michis machten das sehr gut. Schon in der Kombination mit der S5 Stereo-Endstufe.
Wer sich fragt, ob es einen Gott gibt, der sollte diese Aufnahme von Mozarts 20. Klavierkonzert mit den Wiener Philharmonikern unter Claudio Abbado abspielen. Hier ändert sich Musik zu einem religiösen Happening. Der zweite Satz verändert das Bewusstsein aller sensiblen Menschen. Eine mittelmäßige Elektronik würde es zerstören. Mozart, Gulda, die Wiener, Abbado haben hier Himmlisches vollbracht. Dazu die Tontechniker der Deutschen Grammophon. Ebenso ultimativ muss die Energie an die Boxen gelangen. Toll, wie die Michis Sinn, Erotik und Drive verbinden.
Gehen wir mal die Einzelvergleiche an. Die Vorstufe P5 ist tonal das volle Gedeck. Satte Töne, ein bisschen getragen, sehr stabil in Fundament und Abbildung. Die Questyle CMA 800P, lange Zeit unsere Vorstufen-Referenz und mit 3.500 Euro exakt genau so teuer wie die P5, spielt quirliger und macht ganz oben mehr auf. Aber sie hat untenherum nicht diese Kraft und Stabilität der Rotel.

Vom Charakter her ähnelt die Rotel Michi P5 der ebenfalls überragenden SPL Director Mk2: satte Klangfarben treffen auf stabile Abbildung. Die aus der Studiotechnik stammende Director Mk2 (ebenfalls 3.500 Euro günstig) zeigt sich bei dynamischen Vorgängen noch einen Hauch schwungvoller und präziser. Ansonsten ist das in etwa die gleiche Liga: ziemlich weit oben.
Um auszuloten, wo die Stereo-Endstufe S5 steht, mussten wieder viele Kilo bewegt werden: Die Nubert nuPower A (42 Kilo, 3.750 Euro) und die SPL Monos Performer m1000 (30 Kilo, 4.200 Euro pro Stück) kamen hinzu. Die Nubert, der P5 ja in Auftritt und Gewicht nicht unähnlich, zeigte fast den gleichen Schub von unten, wirkte aber im Mittelhochtonbereich weniger geschmeidig. Die LowBeats Referenz-Endstufen m1000 indes erwiesen sich als härtere Gegner. Obwohl die Kraft von unten bei der S5 noch greifbarer war, punkteten die SPL mit höherer Genauigkeit bei den Impulsen und bei den Klangfarben.
S5 oder M8?
Normalerweise lassen wir Lady Gaga links liegen und schielen eher auf die audiophile Nische. Doch das neue Album Chromatica ist ganz große Kunst. Schon der erste Track trifft uns unvorbereitet. Das dicke Orchester umschmeichelt den Zuhörer, dann haut uns der Tiefstbass in die Lungen. Wie traurig, wenn unsere Kinder diese Musik nur über eine Mono-Tröte per Bluetooth hören. Holen sie die Kleinen in den großen Hörraum und spielen sie diesen Song über die Michi S5: Hell, dunkel, leicht, gewaltig – hier lässt sich die ganz große Pop-Symphonie der Moderne erleben.
Können die Monos das wirklich toppen? Aber hallo. In einer Deutlichkeit, die ich mir nicht hätte träumen lassen. Wir reden hier nicht nur über eine erheblich bessere Präzision im Bass, sondern vor allem über einen sprunghaften Anstieg der Agilität und Spielfreude. Sicher sind S5 und M8 tonal weitgehend ähnlich. Und doch klingen die Monos frischer, ausgeschlafener, ja sogar ein Stückchen “heller”.
Im Hör-Team war erst einmal ungläubiges Staunen angesagt. Liegt das an der gleichermaßen punktgenauen wie anspruchsvollen Gauder? Nein. Beim Umschalten auf die gewaltige JBL Everest DD 67000 ergab sich das gleiche Bild. Die Monos waren in allen Belangen besser. Ohne zu sehr an der wirklich exzellenten, aber eher gemütlich spielenden S5 herumzumäkeln: Der Auftritt der Monos ließ selbst den letzten Kritiker verstummen. Was da noch an griffiger Energie in den Mitten hinzukam…
Die 125 dB Experience mit JBL
Und damit sind wir bei den JBL Everest DD 67000. Das größte Modell des JBL HiFi-Programms ist eigentlich eine 2-Wege Box, ausgestattet mit 38 Zentimeter Tieftöner und einem riesigen Mittelhochtonhorn, das von 850 bis 15.000 Hertz läuft. An beiden Frequenz-Enden gibt Unterstützung: unten ein weiterer 38 cm Bass, der nur bis etwa 150 Hertz läuft, oben ein Superhochtonhorn, das oberhalb 15.000 Hertz für ein bisschen mehr Hochtonenergie im Raum sorgen soll. Der Lautsprecher hat einen recht hohen Wirkungsgrad und ist absurd pegelfest. Und so wird er zum Haupt-Akteur des letzten Kapitels.

Denn wir wollten die Leistungsgrenze der Endstufen auch mal bis zur Gänze ausloten. Ein Pärchen Rotel Michi M8, immer nur mit üblichen Lautsprechern auf mäßigem Wohnzimmerpegel-Niveau gehört, sind wie ein Bugatti Veyron 16.4, der immer nur um den kleinen Dorfteich gefahren wird. Man muss bei einem solchen Aggregat doch auch mal das Gas durchdrücken…
Das haben wir getan. Und gleichzeitig die Frage beantwortet: Was macht das eigentlich mit dem Zuhörer, wenn er sehr laut unverzerrt mit genialen Aufnahmen beschallt wird? Nach einigen Vorversuchen hatte ich am Pegelregler der Vorstufe die Einstellung bei etwa 16 Uhr als definitiv maximal herausgefunden. Dann berührte der Zeigefinger das Play-Symbol auf dem iPad. Und dann brach die Hölle los.
Auch wenn Sie, liebe Leser, die ein oder andere Formulierung in Bezug auf höhere Pegel auf LowBeats schon so oder sehr ähnlich gelesen haben: Dieses hier war eine komplett andere Nummer. Die Bässe auf den schon hundertmal gehörten Hörtest-Stückne à la Infected Mushroom, Underworld oder Yello kamen mit einer solch staubtrockenen Tiefe, dass einem Angst und Bange werden musste.
Das war wirklich körperlich. Die Impulse wurden unvermittelt hart und präzise in den Raum geschossen. Auch die feinen Hochton-Verästelungen auf Felix Labands “Miss Teardrop” hatten eine unfassbare Energie. Und trotz der immensen Lautstärke – mein Pegelmesser hatte im Maximum 125 Dezibel stehen – erzeugte die Kombi aus JBL + Rotel Monos kaum hörbare Verzerrungen. Wir waren allesamt perplex. Keiner hatte diese Musik jemals in dieser Form erlebt.
Man kann solche Pegel nicht lange fahren, ohne die Ohren ernsthaft zu schädigen. Nach spätesten 5 bis 6 Minuten muss man das Inferno wieder dimmen. Um es dann wieder zu entfachen. Grossartig. Überirdisch.
Kommen wir zurück zum Irdischen. Mit der Nubert ist dieses Erlebnis nicht erreichbar. Mit der P5 auch nicht. Und selbst die SPL Monos, klanglich durchaus ebenbürtig, kamen bei diesem Pegel-Contest an ihre Grenzen. Das sagt schon einiges. Aber für diese Art Hochpegel-Amt mit höchster Präzision scheint es die Leistung der M8 zu erfordern.

Im HiFi sind solche Erlebnisse naturgemäß selten, denn HiFi ist für solche Pegel nicht gemacht. Die Kombination aus JBL und M8 ist nicht nur unter diesem Blickwinkel ein Glücksfall. Denn die Michi Monos sind richtig gute Endstufen. Für das, was sie leisten – und bitte nicht nur im Hochleistungsbereich – sind sie trotz ihres fünfstelligen Preisschildes günstig.
Fazit Rotel Michi
In der bezahlbaren Transistor-Welt hat Rotel die Messlatte mit seinen Michi Komponenten erstaunlich weit nach oben verschoben. Die Vorstufe P5 ist eine audiophile “Ich-kann-alles-Maschine”. Mehr geht fast nicht. Die Endstufe S5 ist das wahrscheinlich größte Kraft- und Klang-Monster, das in dieser Preisklasse zu haben ist. Doch es sind die Monos, die alles in den Schatten stellen. Hier hat alles Eleganz, Feinheit und unfassbare Kraft. Doch die Kraft bleibt dezent, wie ein schlafender Vulkan.
Wer sein Geld und sein Ohr in den Michis anlegt, wird umfassend belohnt. Gold, Immobilien? Ich rate zu diesen Rotel-Bausteinen. Es sind Meilensteine der Firmengeschichte.
| Wunderbar reiche, minimal bedeckte Wiedergabe |
| Das Maximum an Optionen: Vinyl, DAC, Bluetooth |
| Exzelle Verarbeitung, symmetrischer Aufbau |
| Superbes Preis/Leistungs-Verhältnis |
Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rotel Michi P5: 3.500 Euro
| Druckvoller, geschmeidiger Klang |
| Gewaltiges Energiepotential mit 2 x 800 Watt |
| Exzellente Verarbeitung, kluges Wärme-Management |
| Überragendes Preis/Leistungs-Verhältnis |
Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rotel Michi S5: 6.000 Euro
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lebendiger, souveräner Klang, höchste Kontrolle |
| Extrem hohe Leistung: 2 x 2.000 Watt, hohe Stabilität |
| Exzellente Verarbeitung, kluges Wärme-Management |
| Überragende Preis/Klang-Relation |
Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Rotel Michi M8: 12.000 Euro
Mit- und Gegenspieler:
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