Quizfrage: Was haben Martin, Anne, Daniel, Claus und Kalin gemeinsam? Man kommt nicht sofort drauf, deshalb löse ich: Alle fünf sind Dynaudio-Mitarbeiter im dänischen Skanderborg. Und es handelt sich um jene Fachleute, die in den vergangenen Monaten liebevollst per Hand 1.000 Paar der brandneuen Dynaudio Contour Legacy zusammengebaut haben. 1.000 Paar. Damit soll es gut sein. Schade. Denn alle, die sich wie der Autor dieser Zeilen immer mal wieder dabei ertappen, dass sie sich mehr vom „alten“ Dynaudio zurückwünschen, werden von dieser Standbox perfekt abgeholt.

Das Erbe der Dynaudio Contour Legacy…
…fußt auf der Contour 1.8 aus den 1990er Jahren. Der Lautsprecher war auch in seiner MK-2-Version ein Riesenerfolg. Dynaudio war ja immer stark im Bereich der highendigen Monitore – also den Kompakt-Lautsprechern. Ihre Natürlichkeit und Abbildungsstärke waren immer Maßstab-setzend und die Contour 1.8 quasi die Entsprechung in die Welt der dezenten Standboxen. Teil des Nimbus war natürlich dieses liebevolle „Handmade in Denmark“, die hohe Kunst der dänischen Schreiner, die lange Zeit überlegene (eigene) Treibertechnik und – damit man es nicht vergisst, dass man hier bei Dynaudio ist – inklusive der auffälligen Längs-Nut auf der Front.

Und damit sind wir wieder bei Martin, Anne, Daniel, Claus und Kalin, die die Contour Legacy eben auf Jütland zusammenbauen. Das spürt man sofort. Eine Contour Legacy ist – gleich, wo man hinschaut – handwerklich schön gemacht und solide ausgeführt. Zudem scheint sich auch bei Dynaudio die Erkenntnis Bahn gebrochen zu haben, dass „Masse“ beim Gehäusebau klangfördernd sein kann. Ich habe jedenfalls nicht schlecht gestaunt, als die ich Contour Legacy aus dem Karton hieven wollte und diesem Vorhaben stolze 32,5 Kilo entgegenstanden.
Sieht man davon einmal ab, sieht die Contour Legacy „beruhigend altmodisch“ (O-Ton Dynaudio Werbetext) und rundum bekannt aus. Wir sprechen von einer Standbox mit zwei 18 Zentimeter Tiefmitteltönern der Evidence-Platinum-Klasse, bei denen die riesige Schwingspule außerhalb des Magnetsystems schwingt.

Die Idee der außenliegenden Schwingspule hatte Dynaudio lange Zeit exklusiv – wohl, weil es recht aufwändig umzusetzen ist und die Vorteile nicht immer überwiegen. Deshalb war es aus meiner Sicht nur konsequent, dass Dynaudio in den vergangenen Jahren auch vermehrt klassische Tieftöner mit kleineren, innenliegenden Schwingspulen verwendete. Doch für die Contour Legacy besann man sich auf die alten Tugenden; bei der von uns ja sehr geschätzten Heritage Special wird ebenfalls einer dieser Tiefmitteltöner eingesetzt.

Wie überhaupt die Heritage als kompakte Blaupause für die neue Standbox gelten könnte: Die Ähnlichkeit ist unübersehbar und auch der Hochtöner ist glatt der gleiche: Es handelt sich um die aktuell beste Variante des Typs Esotar 3.

Praxis
Wenn man sich früher auf etwas sicher verlassen konnte, dann war es die hohe Treiber-Qualität und -Harmonie der Dynaudio Modelle. Und darauf, dass deren Wirkungsgrad durchweg schwach ist, denn hochdämpfende Membranen (MSP) und riesige (damit hochbelastbare, aber schwere), außerhalb des Magnets liegende Schwingspulen fordern nun einmal ihren Tribut in Sachen Effizienz. Diese Zeiten scheinen vorbei: Die Contour Legacy sieht zwar aus wie früher, doch die Motorisierung ist offenkundig hochmodern. Das LowBeats Messlabor ermittelte einen Wirkungsgrad von 89,7 Dezibel. Das liegt mal locker sechs (!) Dezibel über dem, was Dynaudio früher aus seinen Standboxen dieser Klasse holte. Hier wird der hohe Forschungsaufwand der Dänen deutlich, die durch ihr starkes Engagement in Sachen Auto-HiFi immer aufgefordert sind, Gewicht zu sparen und den Wirkungsgrad hochzusetzen.
Neben dem für Dynaudio höchst untypischen Wirkungsgrad überrascht der hohe Maximalpegel dieser doch recht dezent auftretenden Standbox. 107 Dezibel Dauerpegel und fast 120 Dezibel mit Musik traut man so einem Böxchen kaum zu.
Da ist es natürlich hilfreich, dass Dynaudio-Treiber seit jeher hoch belastbar sind; das liegt ihnen in den großen Schwingspulen. Ebenfalls hilfreich für ein langes Hochtönerleben ist die erstaunlich hoch liegende Übergangsfrequenz zwischen Tiefmittel- und Hochton. Sie liegt bei etwa 3.500 Hertz. Der Esotar 3 würde auch einen deutlich tieferen Übergang zulassen, aber manchmal passt es energetisch (vor allem in Bezug auf lineares Abstrahlverhalten) einfach besser, wenn höher getrennt wird.
Früher wurden bei Dynaudio möglichst flache Filter, also mit einer Sperrwirkung von nur 6 Dezibel / Oktave, eingesetzt. Auch das gehört zur Philosophie, auch das wurde im Laufe der Zeit angepasst. Wie das Frequenzweichen-Bild der Contour Legacy zeigt, ist sie üppig bestückt – übrigens nur mit besten Bauteilen von Duelund und Mundorf.

Etliche der Bauteile dienen zur Impedanz-Linearisierung, die den Dynaudio-Ingenieuren tadellos gelungen ist: Für einen passiven Lautsprecher ist das Verhalten von Impedanz, Phase und EPDR so linear, dass selbst kleinere Röhren-Amps an der Contour Legacy zu Höchstform auflaufen.

Und so kam es dann auch an einer kleinen Röhre zu einer echten musikalischen Sternstunde im Hörraum. Ich wollte eigentlich nur die Unison Simply Italy in der brandneuen Black Edition (ca. 2 x 10 Watt, Test in Kürze) einspielen und verwendete dafür die Contour Legacy – die praktischerweise gerade im Hörraum stand. Schon nach kurzer Zeit dachte ich: hoppla – und musste ich mich erst einmal hinsetzen und mehrere Alben durchhören. So schön, so stimmig und mitreißend klang es mit dieser Kombination, dass schnell die Frage aufkam, ob man wirklich mehr braucht…
Hörtest
Nun muss man vorwegstellen, dass Dynaudio-Lautsprecher ja fast immer sehr vollmundig, harmonisch und fein klingen. Das gilt erst recht für die Contour Legacy. Chöre und Einzelstimmen sind mit ihr die reine Freude, gut aufgenommene, kleine Jazz Ensembles sind fast schon per se ein räumlich-packendes Erlebnis. Ihre Bässe kommen dabei nicht immer mit der allerletzten Präzision, aber satt, voll und mit viel Energie. Und hier will ich auch die Frage beantworten, ob man für die Contour Legacy wirklich mehr als 10 Röhrenwatt braucht: Nicht immer, aber manchmal eben doch. Letztendlich hatten wir mit den Referenz-Monos (Canor Virtus M1, 150 Watt pro Kanal) vor allem bei Percussions- und Bigband-Aufnahmen noch mehr Spaß, weil da so viel Energie in den Hörraum gedrückt wurde.

Der erste Vergleich lag auf der Hand: Unterscheidet sich die Contour Legacy überhaupt von der (ja optisch wie technisch sehr ähnlichen) Heritage Special? Ja. Und sie ist tatsächlich besser. Wenn wir bei Tonalität und räumlicher Abbildung ein Patt attestieren können, punktet die neue Standbox mit souveränerem und festerem Tiefbass wie auch mit der deutlich höheren Maximal-Lautstärke.
Das war bei verdoppelter Bass-Fläche und dem erheblich höheren Wirkungsgrad zu erwarten. Was mich indes überraschte, war die höhere Feinheit und Präzision in den Mitten. Das European Guitar Quartett entfacht auf „Fortune“ ein wahres Gitarren-Feuerwerk. Die Darstellung der kompakten Heritage Special ist fantastisch: prächtige Klangfarben treffen auf hohe Darstellungspräzision. Doch die Contour Legacy legt noch einen drauf. Bei ihr kamen die Impulse noch genauer und dynamischer. Das hat an dieser Stelle nichts mit höherem Pegel zu tun, sondern mit einer noch größeren Mühelosigkeit, Schallereignisse umzusetzen. Die Contour Legacy stellte die einzelnen Gitarrensaiten nicht nur mit noch größerer Plastizität in den Raum, sondern ließ sie auch noch beherzter schnalzen…

Ein Vergleich zur kürzlich getesteten (und ebenfalls sehr pegelfesten) T+A Criterion S230 machte noch besser deutlich, wo die wiederaufgelegte Contour steht. Die T+A ist eine äußerst gelungene Transmissionline-Konstruktion und verführt den Zuhörer mit überragend sauberem Tiefbass. Das bleibt bei gut aufgenommenem Electro-Pop kein Auge trocken. Insgesamt wirkt die T+A auch in den Mitten noch etwas agiler, aber auch flacher. Die Stimmen waren zwar besser verständlich, aber sie kamen mit weniger Inbrunst und Wärme und eben nicht mit dieser klanglichen Schönheit, welche die Dynaudio-Sondermodelle nun einmal auszeichnen.
Eine Studie des Harman Akustik Think-Tanks um Dr. Sean Olive hat einmal herausgefunden, dass 70% der damals Befragten ihre Lautsprecher aufgrund der bessern räumlichen Darstellung kaufen würden. Würde die Studie noch Bestand haben, müsste die Dynaudio längst ausverkauft sein. Was diese kleine Standbox an glaubhafter Plastizität auch im Vergleich zur T+A zaubert, ist schlicht großartig.

Fazit Dynaudio Contour Legacy
Für alle Dynaudio-Fans ist dieser Lautsprecher so etwas wie ein Nach-Hause-Kommen. Sie sieht aus wie früher eine Dynaudio aussah (bestens verarbeitetes Danish Design mit der umlaufenden Nut auf der Schallwand) und sie erfüllt das Klangversprechen (hohe Homogenität, tolle Stimmen, tolle Räumlichkeit), das Dynaudio seit Jahrzehnten gibt – aber keineswegs immer einhält.
Die LowBeats Leser mögen es mir nachsehen, dass ich hier so schwärme. Aber dieser Lautsprecher bedient eine tiefe Sehnsucht nach dem Dynaudio-Charakter alten Zuschnitts. Was allerdings ein Rätsel bleibt, ist die Frage, warum Dynaudio seine besten Modelle stets als Limited-Editions verpacken muss. Von der Contour Legacy wurden nur 1.000 Paar produziert und die sind bereits alle in den Handel verkauft.
Für alle, die es mit dieser Marke halten, heißt es deshalb: Luft anhalten, Konto checken und versuchen, beim Händler eines der letzten Paare zu ergattern. Billig ist sie nicht. Doch in Zeiten, in denen vor allem im HiFi die Preise nur so wegfliegen, wirken die 12.000 Euro der Contour Legacy geradezu erfreulich reell…
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Dynamisch-natürlicher, räumlicher Klang mit sattem Bass |
| Elektrisch gutmütig + hoher Wirkungsgrad = Röhren-tauglich |
| Enorm pegelfest: bis zu 119 dB Maximalpegel |
| Edel gemachtes Gehäuse „Made in Denmark“ mit Stahlfuß |
Vertrieb:
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
www.dynaudio.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Dynaudio Contour Legacy: 12.000 Euro
Technische Daten
Dynaudio Contour Legacy | |
---|---|
Konzept: | 2,5 Wege Bassreflex |
Bestückung: | 1 x HT = 28 mm (Esotar3), TMT = 2 x 18 cm MSP-Membran |
Trenn-Frequenz: | 3.400 Hertz |
Wirkungsgrad (2,83 V / m): | 89,7 Dezibel |
Impedanz: | 3,3, Ohm |
Besonderheiten: | Limitiert auf 1.000 Paar, 10 Jahre Garantie |
empf. max. Raumgröße: | 50 Quadratmeter |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 107 / 119 dB |
Mindest-Leistung für Max.-Pegel (Dauer): | > 180 Watt (4 Ohm) |
Abmessungen (B x H x T): | 20,8 x 99,5 x 34,7 cm |
Gewicht: | 32,5 Kilo (Stück) |
Alle technischen Daten |
Mehr von Dynaudio:
Test Streaming-Standbox Dynaudio Focus 30
Erster Test Kompatkbox Dynaudio Emit 10: der tonale Massstab
Test Dynaudio Heritage Special: in der Tradition der großen Sondermodelle
Erster Test Dynaudio Contour 20i: die Messlatte noch höher gelegt
Test Dynaudio Evoke 50: viel Bass, viel Spaß?
Test Dynaudio Music 1 und Music 3: kleine Klangriesen
20 Jahre Dynaudio SE: 4 Kompaktboxen im Online-Klangvergleich