Man muss wissen, wo das moderne Scansonic herkommt: Die Marke steckt unter dem gleichen (Dantax-) Dach wie Raidho, der noblen dänischen Lautsprecher-Marke, die technisch, aber auch optisch schon immer Vorreiter war. Scansonic ist in diesem Verbund der Versuch, Raidho-Ideale auch für schmalere Geldbeutel umzusetzen. Deshalb waren die meisten Lautsprecher der Marke auch immer eher zierlich-schlank, dezent, kultiviert. Mit der neuen M.2-Serie aber ändert sich der Zungenschlag. „Macht sie lebensfroher“, hatte man den Entwicklern mit auf den Weg gegeben, „mehr aus dem Bauch heraus.“ Und das Flaggschiff Scansonic M30.2 ist das womöglich lebensfroheste Modell dieser Serie…

Das Besondere an der Scansonic M30.2
Waren bei früheren Modellen eine Vielzahl von Mini-Bässen angesagt (um die Schallwand schmal zu halten), zeigt die M30.2 gleich einmal deutlich mehr Fläche: Zwei 17-Zentimeter Bässe zieren die Front. Und in gewisser Weise kommen noch die beiden ovalen Passivmembranen auf der Rückseite hinzu, welche als Edelvariante des Bassreflex-Systems für mehr Tiefgang sorgen.

Mehr Saft & Kraft also im Bass. Scansonic hat für die neue Serie ein neues Sandwich-/Verbund-Membranmaterial entwickelt, das aufgrund seiner hohen Steifigkeit und hohen Dämpfung für die Bässe wie auch für den 11 Zentimeter großen Mitteltöner gleichermaßen geeignet ist.

Ergänzt werden die beiden Bässe und der Mitteltöner durch Air Motion Transformer-Hochtöner (AMT), der jetzt sehr oft zum Einsatz kommt. Anders als die Bändchen-Hochtöner früherer Tage sind AMTs etwas weniger aufwändig, können aber sehr viel lauter sein. Heißt konkret: weniger Verzerrungen, höherer Maximalpegel.

Doch entscheidend für den Klang ist natürlich nicht nur die Bestückung eines Lautsprechers, sondern vor allem seine Abstimmung über die Frequenzweiche. Die Scansonic-Entwickler entschieden sich hier für einen Impuls-optimierten 12dB-Entwurf, der bei 600 und 3.500 Hertz trennt. Und wie unser Bild zeigt, ist die Frequenzweiche wegen etlicher Linearisierungen recht groß geraten und durchweg mit ordentlichen Bauteilen bestückt.

Als optische Auffälligkeit sind Mittel- und Tieftöner hübsch in einem ovalen Korb eingebettet, die allerdings etwas großzügig in die Schallwand eingefräst sind. Das sieht durchaus OK aus, aber Ex-VW-Chef Ferdinand Piëch hätte als gestrenger Verfechter des quasi nicht sichtbaren Spaltmaßes (sein damaliger Spitzname: „Fugen-Ferdl“) bei unserem Testmuster der M30.2 wahrscheinlich etwas zu Murren gehabt…

Ansonsten aber gibt es beim Aufbau der Scansonic nichts zu mäkeln: Das Gehäuse sind perfekt lackiert und umlaufend aus 19 Millimeter starkem MDF, die Schallwand sogar aus 25 Millimeter starkem MDF aufgebaut. Weil die M30.2 nach hinten spitz zuläuft und auch der Deckel mit etwa 15° nach hinten schräg steht (und es somit so gut wie keine parallelen Wände gibt) werden im Inneren stehende Dröhnwellen schon qua Konstruktion klein gehalten.
Praxis
Die M30.2 wird mit ihrem Verkaufspreis von 3.500 Euro in der Regel an Verstärkern oder Receivern der Klasse um 1.000 Euro laufen – brutale Netzteil-Stabilität ist in dieser Klasse nicht zu erwarten. Und tatsächlich ist die elektrische Verträglichkeit hoch: Impedanz, Phase und EPDR verlaufen absolut unauffällig, auch kleinere Verstärker dürften mit ihr keine Probleme haben.

Zumal auch der Wirkungsgrad der Dänin mit über 89 Dezibel recht hoch ist; das würde ich mir von sehr viel mehr Lautsprechern (nicht nur dieser Klasse) wünschen. Wir nutzen während der Hörtests auch einen Marantz Cinema 50 (ca. 2.000 Euro) sowie einen Arcam Radia A5 für 850 Euro: Die Scansonic performte mit beiden einwandfrei.
Der Wirkungsgrad beschreibt, wie effizient ein Lautsprecher mit der zugeführten Leistung umgeht: Im Falle der Scansonic M30.2 kommen halt bei einem Watt zugeführter Leistung etwas mehr als ein Schalldruck von 89 Dezibel (in einem Meter Abstand) heraus. Der Wirkungsgrad sagt aber nichts über den maximal erreichbaren (noch unverzerrten) Pegel aus, den LowBeats als eine von wenigen Redaktionen weltweit ermittelt – siehe Messungen:
Doch auch diesbezüglich darf man von der M30.2 einiges erwarten.106 Dezibel unter Labor-Bedingungen entsprichen 116 Dezibel im Stereopaar mit dynamischer Musik. Das ist für eine durchaus dezente Standbox dieser Klasse sehr ordentlich.
Was die Aufstellung angeht, gibt sich die Scansonic ziemlich normal: Das heißt, es gelten die Regeln für basskräftige Standboxen dieser Größe, die ich mit mindestens 50 Zentimeter Abstand zur Rückwand platzieren würde. Sonst könnte es im Bass schnell zu fett werden…
Hörtest
Auf der diesjährigen HIGH END in München hatte Scansonic ebenfalls einen Auftritt – und zwar mit der M30.2. Tatsächlich hörte ich von mehreren Besuchern, dass sie diese Vorführung für herausragend gut befanden – auch, weil die sympathischen Dänen überwiegend sehr zeitgenössische Tanzmusik mit ordentlich viel Bass spielten.
Solche Musik hatten wir natürlich ebenfalls im Repertoire, als die M30.2 zum Hörtest antreten musste. Immer gern genommen ist dabei das „End Of The Road“ (Album: Legend Of The Black Shawarma) der Klangtüftler von Infected Mushroom. Weil die rhythmischen Basshiebe in ihrer Intensität kaum nachlassen, kommen die Verstärker-Netzteile schnell schon einmal an ihr Limit. Nicht aber die Scansonic. Mit ihr machte dieser Sound totalen Spaß, weil sie die Impulse mit so viel Saft und Kraft, vor allem aber mit so viel Pegel in den Hörraum hämmerte, dass man als Zuhörer aus dem Grinsen kaum herauskam.
Unsere Klassen-Referenz dieses Segments, die Canton Karat GS, ebenfalls kein Kind von Traurigkeit und in der Lage, enorme Pegel zu erzeugen, wurde aber diesbezüglich von der Dänin um eine Nasenlänge geschlagen. Der Vorzug der Canton liegt – was diese Art von Musik angeht – im größeren Tiefgang und der höheren Präzision. Die Basshiebe kamen mit der Canton stets etwas genauer und trockener, mit der Scansonic satter, aber nicht ganz so tief.

Diese Charakterzüge der beiden Kontrahentinnen zogen sich durch alle Musik-Genres. Die Canton immer dieses Stück genauer und direkter, die Scansonic etwas relaxter, minimal wärmer und in den Mitten ein Stückweit zurückgenommener. Herausragend gut aber ist der Hochtonbereich der M30.2, der sich erfreulich detailreich und luftig präsentierte – was dazu führt, dass der gesamte Mittelhochtonbereich im Vergleich zu dem der Canton etwas feingliedriger, geschmeidiger klingt.
Ein Beispiel aus der Klassik: Beim „Danse Macabre“ von Camille Saint-Saëns projizierte die Karat GS die Geige direkt vor den Zuhörer und ließ die Saiten sehr habhaft, aber auch etwas sehr harzig schwingen. Die M30.2 agierte hier zurückhaltender, aber eleganter und feiner. Man hörte mit der Dänin noch ein bisschen mehr von dem, was in dem großen Orchester passiert, weil sie auch kleinste Details wunderbar luftig herausarbeiten kann. Unterm Strich klang das alles ziemlich gut und zeigt, dass die neue Scansonic viel mehr kann, als nur mit zeitgenössischer Musik zu punkten…
Fazit Scansonic M30.2
Die M-Serie gab es ja schon länger und die Namensgebung mit .2 lässt eigentlich nur kleine Korrekturen erwarten. Aber Irrtum. Die neue M30.2 ist eine komplette Neu-Entwicklung mit einem neuen Zungenschlag: mehr Bass, mehr Saft, mehr Freude, mehr Musik für den Bauch.
Damit ist die M30.2 ein moderner Lautsprecher, der mit moderner Musik enorm viel Spaß macht, aber auch sehr feinsinnig spielen kann. Klangliche Modernität und elektrische Gutmütigkeit ergibt zusammen eine überzeugende, absolut stimmige Standbox.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
| Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| | Warm-eleganter und feiner Klang mit großzügiger Räumlichkeit |
| | Erstaunlich satter und tiefer Bass |
| | Elektrisch anspruchslos |
| | Hoher Wirkungsgrad |
Vertrieb:
DANTAX Radio A/S
Bransagervej 15
9490 Pandrup / Denmark
www.raidho.dk
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Scansonic M30.2: 3.500 Euro
Technische Daten
| Scansonic M30.2 | |
|---|---|
| Konzept: | 3-Wege Standbox, Passiv-Membranen |
| Bestückung: | HT: 1 x AMT, MT: 1 x 11,5 cm, TT: 2 x 16,5 cm |
| Trennfrequenzen: | 600 / 3.500 Hertz |
| Wirkungsgrad: | 89,5 dB (2,83 Volt/Meter) |
| Impedanz: | 3,6 Ohm |
| Max. Schalldruck (Dauer / kurzfristig): | 106 / 114 Dezibel |
| Mind. empfohlene Leistung für Max.-Pegel: | >120 Watt |
| Ausführungen: | Seidenweiß oder Seidenschwarz |
| Gewicht: | 25,2 Kilo |
| Abmessungen (B x H x T): | 24,0 x 108,5 x 38,0 cm |
| Alle technischen Daten | |
Mit- und Gegenspieler:
Test Vollverstärker Arcam Radia A5: die Wiederentdeckung von Stereo
Test Standbox Canton Karat GS
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