Obwohl der Schweizer Lautsprecher-Spezialist schon seit 14 Jahren am Markt ist, erlebt er erst in den letzten Monaten hierzulande einen Durchbruch. Das liegt einerseits am emsigen Vertrieb (ATR Audio-Trade), aber auch an einem Münchener Händler (Zur 3. Dimension), der mit den Schweizer Alu-Schallwandlern so eine Art “perfekt match” gefunden hat und das gekonnt vermarktet. Aber auch an den Schweizer Entwicklern um Jean-Pascal Panchard, die ihre sehr spezielle Kombination aus hohem Wirkungsgrad, mitreißender Impulsfreudigkeit und atemberaubendem Feinsinn immer weiter auf die Spitze treiben. Ihr neuestes Werk ist die Stenheim Alumine Two.Five, die wir besonders gern testeten, weil sie auch noch der erschwinglichste Standlautsprecher des Programms ist…

Man tut den Schweizern sicherlich kein Unrecht, wenn man ihnen Klischee-mäßig unterstellt, im Preisregal immer etwas höher zu liegen. Das gilt vor allem für die Komponenten von Stenheim-Chef Jean-Pascal Panchard. Der Mann kommt ursprünglich aus dem Nagra/Goldmund-Dunstkreis, hat also keine Scheu vor echt teurem und wirklich schwerem Zeug. Insofern ist die zierliche Two.Five mit ihrem Paarpreis von 26.000 Euro erfreulich “volksnah”, weil sie ja trotzdem alle klassischen Stenheim-Merkmale in sich vereint.

Zudem hat die Schweiz mehr noch als andere europäische Länder das Problem der hohen Löhne. Das bringt Panchard aber nicht von seinem Ideal der hohen Fertigungstiefe im eigenen Haus ab. Warum auch? Jede Stenheim ist nahezu makellos gemacht und erfüllt das Versprechen des “Made-in Switzerland”.

Stenheim Alumine Two.Five: 45 Kilo High End
Das offensichtlichste Merkmal eines jeden Stenheim-Schallwandlers sind die Gehäusewände aus Aluminium – das ja eigentlich für Leichtbauweisen steht. Aber nicht in diesem Fall: Die Alu-Platten der Two.Five sind durchgehend zehn Millimeter (Schallwand: 15 mm) stark – genug, um die noch zierlichen Standboxen auf ein Gewicht von 45 Kilo zu hieven.

Die einzelnen Platten werden aufwändig miteinander verschraubt und verklebt. Allein schon das hohe Gewicht und die effiziente Verbindung der Platten untereinander reduzieren Resonanzen. Zusätzlich sind alle Aluminiumplatten mit verschiedenen Akustikmatten beklebt. Klopft man auf Deckel oder Seitenwände, ist das entstehende Geräusch erfreulich leise und trocken. Das ganze Gebilde ist so unnachgiebig, dass hier – anders als bei vielen Holzboxen – kein Jota akustischer Energie verlorengeht.
Die hohe akustische Energie (beziehungsweise ein hoher Wirkungsgrad) ist ebenfalls ein elementarer Bestandteil der Stenheim-Philosophie. Knapp über 90 Dezibel ermittelte das LowBeats Messlabor. Das ist für eine HiFi-Box immens und ermöglicht selbst mit schwächlichen Röhren-Amps ein Pegel-Feuerwerk – wie wir es auch erlebten… Aber auch leistungsstarke Verstärker freuen sich, wenn die Transistoren nicht so schwitzen müssen. Ein hoher Wirkungsgrad reduziert in der Regel die Verzerrungen deutlich.
Möglich wird die hohe Effizienz, weil Panchard in der Two.Five einen sehr lauten Hochtöner mit zwei effizienten Tiefmitteltönern aus dem Profibereich verbindet. Wir hatten ja bereits die kompakte Alumine Two im Test. Deren Bestückung ist fast identisch. Nur dass die Two.Five über einen zweiten Tiefmitteltöner verfügt und doppelt so viel Volumen hat – was ihr einen größeren Dynamik-Headroom von drei zusätzlichen Dezibel einbringt.
Praxis
Bleiben wir beim Thema Pegel. Ein Pärchen Two.Five bringt es in einem Mess-Abstand von einem Meter mit dynamischem Signal (also Musik) auf 114 Dezibel. Das ist für einen Lautsprecher dieser Größe ein Machtwort.
Wie die kompakte Stenheim Two ist auch die kleine Standbox der Schweizer nicht sonderlich Tiefbass-kräftig; unterhalb 50 Hertz nimmt der Pegel schnell ab. Ich bevorzuge solch “schlanke” Abstimmungen prinzipiell, weil sie a.) meist für einen sauberen Bass stehen, b.) einen hohen Wirkungsgrad und nicht zuletzt c.) die Aufstellung an der Rückwand ermöglichen, ohne dass der Bass ungebührlich aufdickt. Genauso ist es mit der Two.Five: Die besten (also ausgewogensten) Ergebnisse erzielte ich mit einer Aufstellung direkt vor der Wand.
Um den perfekt passenden Verstärker zu finden, ist man klug beraten, die LowBeats Impedanz-Messung genauer anzuschauen. Die Impedanz sollte keine Probleme bereiten, herausfordernd sind allenfalls die Phasensprünge und der teils recht niederohmige EPDR-Wert.

Obwohl sie elektrisch nicht ganz anspruchslos ist, haben aber doch alle Versuche mit unterschiedlichsten Verstärkern funktioniert. Mit dem 300B-Vollverstärker Mira Ceti von Fezz Audio klang es erwartbar schön rund, aber etwas zu müde. Mit einem Hybrid-Verstärker wie dem Vouvray von Supravox ertönten schon ganz feine Klänge und mit unserem Transistorverstärker-Liebling Soulnote A-2 waren wir gefühlt schon fast zuhause. Aber es geht noch besser. Stefan Trog, der Chef der 3. Dimension in München und in Personalunion auch Chef von Westend Audio, gab uns den Tipp die Two.Five mit dem Westend Audio 300B-Vollverstärker Leo (Preis: 12.000 Euro) zu kombinieren. Bei ihm im Laden sei das der “perfect match”.

So war es auch im LowBeats Hörraum: Schöner, feiner, aufgeräumter geht es in dieser Preisklasse wahrscheinlich nicht. Während der Hörtests wechselten wir also überwiegend zwischen Leo und A-2. Letzteren vor allem für das Hören mit sehr hohen Pegeln. In einem letzten Durchgang schleppten wir die Stenheim Alumine Two.Five auch noch in den großen Hörraum, wo sie an der großen Canor Verstärker-Kombi (Preis: 40.000 Euro) ebenfalls überragend gut und souverän klang. Aber das ist ja keine sehr realistische Kombination…
In den Hörtests…
…ging die kleine Stenheim-Standbox ab wie die Feuerwehr. Ihr Klangcharakter hat eine kernige Direktheit und Schlackenlosigkeit, die an beste PA-Systeme erinnert. Aber sie hat gleichzeitig eine so audiophile Note, dass auch akustische Instrumente mit hoher Geschmeidigkeit, vor allem aber mit einer frappierenden “Echtheit” in den Raum gestellt werden.
Beim Titel “Tyna Jama” der Weltmusiker von Orange (Album: Bounka) fehlte nur den großen Trommeln etwas der satte Schub von unten. Aber mit ihrer Impulsivität – beispielsweise bei den einzelnen Conga-Schlägen – beeindruckte sie auch jeden meiner Mithörer nachhaltig. Gleiches gelang ihr beim Gast-Solo von Kraan-Frontmann Helmut Hattler, der hier besonders beherzt zu griff und dessen Bassgitarren-Saiten genauestens zu verfolgen waren. Auch den eigenwilligen Obertongesang von Reiner von Vielen stellte die kleine Schweizerin außergewöhnlich vielschichtig, kraftvoll und plastisch in den Raum.

Mich hatte die kleine Schweizerin jedenfalls schon nach kürzester Zeit um den Finger gewickelt: Neben der hohen Präzision der einzelnen Anschläge beeindruckte mich vor allem die Übersicht, die die Stenheim auch während des Crescendo-artigen Endes von “Tyna Jama” behielt. Liegt es am Gehäuse, an dessen geringer Nachgiebigkeit und dem resonanzarmen Aufbau? So viel Klarheit schaffen die meisten Holzboxen jedenfalls nicht.
Auch klassische Musik profitiert von so viel Durchsichtigkeit. Selten habe ich die “12 Études d’exécution transcendante” (Daniil Trifonov plays Franz Liszt) derart gern gehört wie mit der Two.Five. Selbst beim wilden Stakkato am Flügel hat man das Gefühl jeden einzelnen Ton fast schon zu sehen – großartig.
Manchem Musikfreund, der vielleicht die “wärmeren” Abstimmungen à la Harbeth, Spendor & Co. schätzt, wird die schlackenlose Direktheit der Stenheim womöglich etwas zu forsch sein. Deshalb ist die Kombination in der Kette – und hier natürlich die richtige Auswahl des Verstärkers – eminent wichtig. Und etwas Besseres als den Westend Audio Leo fand ich tatsächlich nicht. Die beiden versprühten (verbunden mit Lautsprecherkabel Classic Legend LS 680) so viel Lebendigkeit und Eleganz, dass ich mich schwertat, irgendetwas anderes zu hören.

Doch zwei Vergleiche standen noch an. Zunächst jener mit der kompakten Schwester namens Alumine Two. Deren Klangcharakter ist erwartungsgemäß ähnlich impulsschnell, griffig und authentisch. Der Vorteil der Two.Five ist das größere Pfund im Bass und der nochmals kernigere Antritt. Im direkten Vergleich klingt die Standbox “kompletter”: nämlich etwas sonorer-freundlicher und nochmals dynamischer und letztendlich realistischer.
Der Vergleich zur etwa gleichteuren Dauer-Referenz FinkTeam Borg konnte unterschiedlicher nicht ausfallen: Hier die fast zierlich-schüchtern aussehende, eher schlichte Stenheim, dort die vielfach größere, durch allerlei Anfasungen auf der Schallwand sehr auffällige Borg. Und auch klanglich liegen die beiden weit auseinander: Die Borg (vor allem in der Episode-2-Variante) fasziniert durch ihre wunderbar homogene Mittenwiedergabe, die sehr luftige Hochtonwiedergabe und ihrem habhaften Bass-Fundament, das mal locker eine Oktave tiefer reicht als das der kleinen Stenheim. Die wiederum punktet mit ihrer unglaublichen Quirligkeit, ihrem Hochgeschwindigkeits-Antritt, ihrer genial plastischen Abbildung und der nochmals höheren Präzision.
Fazit Stenheim Alumine Two.Five
Schweizer High End ist teuer, dieser Wahrheit kann sich auch die Two.Five nicht entziehen. 26.000 Euro für eine noch zierliche Standbox ist eine Menge – Vorsicht Wortspiel – “Holz”. Und doch sprechen viele Argumente für diesen Lautsprecher. Vor allem dieses: Seine Kombination aus Pegel-, Impuls- und Auflösungsfreudigkeit ist nicht nur in dieser Preisklasse Maßstab-setzend.
Und dass er wegen seines sehr hohen Wirkungsgrades zur großen Spielwiese mit kleinen, klangstarken Röhren-Verstärkern wird, ist ein weiteres, ganz gewichtiges Pfund. Röhrenfreunde, denen die üblichen Hochwirkungsgrad-Speaker zu grobschlächtig sind, werden hier ihre (zudem vergleichsweise dezente) Erfüllung finden.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Hochdynamischer, energischer, griffig- authentischer Klang |
| Hoher Wirkungsgrad, hoher Maximalpegel |
| Extrem robustes Gehäuse |
| Nur wenige Farb-Ausführungen |
Vertrieb:
ATR AUDIO-TRADE Hi-Fi Vertriebsgesellschaft mbH
Schenkendorfstraße 29
D-45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Stenheim Alumine Two.Five: 26.000 Euro
Die technischen Daten
Stenheim Alumine Two.Five | |
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Technisches Konzept: | Passiver 2-Wege Standlautsprecher, Bassreflex |
Bestückung: | TMT: 2 x 17 cm, HT: 1 x 26 mm |
Impedanz (nominal): | 3,3 Ohm |
Wirkungsgrad: | 90,3 Dezibel |
Maximalpegel (Dauer/kurzfristig): | 102 / 114 Dezibel) |
Empf. Mindestleistung für Max.-Pegel (Dauer): | >55 Watt |
Empf. maximale Raumgröße: | 40 Quadratmeter |
Besonderheiten: | Aluminiumgehäuse |
Standardfarben: | Metallic Hellgrau oder Dunkelgrau. Gegen Aufpreis: Vollschwarz, Elfenbein oder Mocca, jeweils mit schwarzer Vorder- und Rückseite |
Maße (H x B x T): | 94,5 cm x 23 cm x 27,5 cm |
Gewicht: | 45,2 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test 300B-Röhrenverstärker Fezz Audio Mira Ceti
Test Hybrid-Vollverstärker Supravox Vouvray
Test Vollverstärker Soulnote A-2
Test Westend Audio Leo: 300B Röhren-Amp mit 2 x 20 Watt
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Test Kompaktbox Stenheim Alumine Two: höchste Schweizer Präzision