Townus ist die jüngste Passiv-Serie bei Canton und die Townus 100 ist das noch neue Flaggschiff. An diesem Lautsprecher gibt es nichts, was wirklich überrascht, denn bei Canton arbeiten die Meister des Downsizing: Alle Treiber haben sich schon in vorherigen, größeren Serien bewährt. War es also vorhersehbar, was da herauskommt? In gewisser Weise ja. Wir haben viel erwartet und die Erwartungen wurden fast noch übertroffen: Die Canton Townus 100 ist die wahrscheinlich universellste Standbox der 3.000 Euro Klasse.
Es gibt eine nette Geschichte, die die Verarbeitungsqualität bei Canton gut beschreibt. Beim seinem jüngsten LowBeats Besuch strich Canton-Geschäftsführer Christoph Kraus mal über diese, mal über jene Box und war meist enttäuscht, weil kaum eine seinen Anforderungen entsprach. Nicht, um sie schlechtzumachen; das ist nicht seine Art. Sondern, weil seine Vorstellungen von „guter“ Verarbeitung einfach extrem hoch sind. Wie eben bei fast allen Modellen von Canton. Auch bei der Townus.

Die Besonderheiten der Canton Townus 100
Es wurde oben bereits erwähnt: Bei Canton nutzt man gern Technologien der oberen Serien. Das Linien-Flaggschiff ist – wenn man genau hinschaut – eine Vento 90 (Preis: 4.000 Euro) im Townus-Gehäuse. Also eine 3-Wege-Kombination mit dem aktuell typischen Canton-Hochtöner (mit 25 mm Keramik-Kalotte und Waveguide), einem mit 17 Zentimeter sehr großen Mitteltöner sowie zwei Tieftönern mit 19 Zentimeter Durchmesser. Unterstützt werden die Tieftöner durch eine Bassreflex-Konstruktion, deren Öffnung quasi unsichtbar im Boden sitzt. Dieses „Downfiring“ genannte Konzept hat den Vorteil, dass die Entwickler schon einmal zwei Parameter mit einberechnen können: den Abstand der Bodenplatte zur BR-Öffnung und das sichere Wissen, dass die Box direkt auf dem Boden steht, der ebenfalls eine Anhebung bewirkt.

Zurück zum Gehäuse, beziehungsweise dessen penibel-sauberer Verarbeitung. Es macht Spaß, mit dem Finger die Fläche und die (perfekt abgerundeten) Kanten abzufahren oder mit geschlossenen Augen nach Spaltmaßen zu fahnden. Aber das ist sinnlos: Es gibt keine. Die Verarbeitungsqualität von Canton ist in dieser Preisklasse einfach Maßstab-setzend. Hier spürt man die europäische Fertigung.
Die Townus 100 gibt es in den Ausführungen Schwarz-Hochglanz, Weiß-Seidenmatt und Nussbaum (200 Euro Aufpreis). Und dann sind da noch diese netten Kleinigkeiten, die einen Lautsprecher zum Klangmöbel machen: Die Schrauben sind unter einer Metallblende versteckt, die Abdeckung hält natürlich magnetisch.

Praxis
Vielleicht das Beeindruckendste vorweg: Die Townus 100 ist für einen HiFi-Lautsprecher enorm verzerrungsarm – und damit sehr pegelfest. Die LowBeats Messungen ergaben (Mess-Situation: ein Lautsprecher im Abstand von 1 Meter) mit Mess-Signalen einen Wert von 109 Dezibel. Da man aber normalerweise mit zweien hört und ja auch gemeinhin keine Mess-Signale, sondern dynamische Musik, schaukelt sich die Townus 100 auf stattliche 121 Dezibel hoch. Respekt!
Und weil auch die Townus 100 (wie fast alle Canton-Modelle) einen Hochpass im Bass eingebaut haben, reicht der Tiefton auch bei Extrempegel erfreulich tief. Ein solcher Hochpass (bei Canton heißt er „SC“) hat – wenn man ihn beherrscht – eigentlich nur Vorteile. Erstens: Die ganz tiefen Bässe werden weggefiltert, während der Bereich darüber mehr Energie bekommt. Zweitens: Die Gehäuse können – verglichen mit Konstruktionen ohne Hochpass – kleiner ausfallen. Im Grunde also mehr „sinnvoller Bass“ aus kleineren Boxen: Win-Win.
Leider haben solche Hochpass-Filter oft eine unschöne Impedanzsenke im Gefolge. Aber nicht bei Canton: Die Hessen machen das schon so lange, dass man ihren Modellen den Einsatz dieser Filter kaum ansieht:

Im Fall der Townus 100 verlaufen Impedanz und Phase so linear, dass sie auch mit kleinen Verstärkern oder Receivern harmoniert. Für einen solchen Bad-Case nehmen wir gern den Cambridge AX A25, der gerade einmal 250 Euro kostet und sich dafür sensationell schlägt – auch an der Canton. Allerdings haben wir während der Hörtests immer wieder den neuen Atoll IN300 Evolution (Preis: 2.800 Euro) aus dem Regal gezogen. Eine Kombination, die vom Start weg mit viel Feinsinn und Authentizität überzeugte – zumal der bärenstarke Atoll die große Townus bis an die Pegelgrenze brachte, was übrigens ohrenbetäubend laut und trotzdem echt geil war…
Hörtest
Sofort hörbar: Es ist eine Canton. Schon längst hat Canton-Entwicklungsleiter Frank Göbl für die Marke einen speziellen Canton-Klang erarbeitet. Das Klangbild ist – ganz im Gegensatz zum Taunus-Sound der Gründerjahre – immer sehr lebendig, offen und verlässlich tiefbassstark. Das zieht sich quer durch alle Modelle. Und Göbl versucht immer, das Beste aus jedem Modell herauszukitzeln; da weichen manchmal Serien-Hierarchien auf.
Die Townus 100 lief mehrere Tage im Hörraum und ich habe beim Musikhören einfach nichts vermisst. Nach den Mess-Ergebnissen wusste ich ja bereits, dass ich hier sehr hohe Pegel fahren können würde. Ich habe das leidlich ausgenutzt und gleich mal zum Warmwerden „Bounka“ von Orange fast komplett durchgehört – laut natürlich. Das recht gut aufgenommene Album erfreut mit einem ungewöhnlichen Mix aus Didgeridoo und elektronisch erzeugten, satten Synthie-Bässen. Das hat eine brutale Energie und die Townus intoniert das Werk auf Live-Pegel schier mitreißend: Großartig, wie die akustischen Instrumente allesamt herauszuhören sind, wie die Townus auch den eigenwilligen Obertongesang von Sänger Rainer von Vielen so akzentuiert rüberbringt.

Seit ihrem Test im Sommer 2023 hat die elegante Canton Karat GS den Referenz-Status dieser Klasse bei LowBeats inne und hat ihn bislang souverän behaupten können. Natürlich können Lautsprecher, die so unterschiedlich aufgebaut sind, nicht gleich klingen. Aber die Familien-Ähnlichkeit zur Townus 100 wird sofort ohrenfällig: die gleiche Akribie beim Aufschlüsseln feiner Details, eine ähnliche Präzision beim Nachschwingen von Gitarrensaiten oder Paukenfellen.

Im LowBeats Hörraum wirkte die Karat bei geringen Pegeln noch etwas akkurater und einen Tick räumlicher, ihre Townus-Schwester dafür etwas dynamischer, verzerrungsärmer und pegelfester. Aber die Unterschiede sind wirklich nicht sehr groß. Und für alle, die jetzt die noch größere Sympathie für die Karat GS entwickeln: Das limitierte Sondermodell ist leider nur noch vereinzelt zu haben…
Ebenfalls ganz neu indes ist die Scansonic M30.2, die wir kürzlich im Test hatten und die uns ebenfalls verzückte. Denn auch die Dänin ist recht pegelfest und klingt genauso breitbandig wie feingliedrig – im Hochton sogar noch ein bisschen feiner, sanfter und in den unteren Mitten/oberen Bässen etwas „wärmer“ als die Canton. Doch deren direkte Lebendigkeit, ihre Energie bei der Wiedergabe scharf geschlagener Snaredrums, ist schwer zu toppen. Die Scansonic klingt etwas schöner, die Canton anspringender und echter.
Fazit Canton Townus 100
Es ist wie so häufig bei Canton: Zählt man alles zusammen, kommt auch bei der Townus 100 das Prädikat Klassenbester dabei heraus. Klanglich ist das Flaggschiff mit seiner Canton-typischen, dynamisch-offenen und sehr bassstarken Spielweise exzellent. Man könnte sagen: allgemeintauglich. Aber Klang ist Geschmack und diesbezüglich gibt es am Markt dankenswerterweise noch einige Konkurrenz.
Aber dann gibt es noch diese Punkte, wo die Konkurrenz ganz dünn wird: die saubere Verarbeitung, die elektrische Genügsamkeit und eine Pegelfreudigkeit, die man im HiFi und in dieser Preisklasse nur ganz selten findet. Kein Wunder also, dass das Ergebnis-VU-Meter von LowBeats ziemlich weit ausschlug…
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Neutral-offenes, sehr feines „komplettes“ Klangbild |
| Stabil im Bass und sehr pegelfest |
| Elektrisch anspruchslos |
| Exzellente Verarbeitung |
Vertrieb:
Canton Elektronik GmbH + Co. KG
Neugasse 21 – 23
61276 Weilrod
www.canton.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Canton Townus 100 schwarz/weiß: 3.400 Euro
Canton Townus 100 Nussbaum: 3.600 Euro
Technische Daten
Canton Townus 100 | |
---|---|
Konzept: | 3-Wege-Standbox, Bassreflex |
Bestückung: | TT: 2 x 19,2 cm, MT: 1 x 17,4cm, HT: 1 x 25 mm |
Nominelle Impedanz: | 3,8 Ohm |
Wirkungsgrad (2,83 V/m): | 89 Dezibel |
Max. Pegel (Dauer/kurzfristig): | 109 /121 Dezibel |
Min.-Leistung für Max.-Pegel (Dauer): | >250 Watt |
Oberflächen-Varianten: | Schwarz-Hochglanz, Weiß-Seidenmatt und Nussbaum |
Abmessungen (B x H x T): | 27,0 x 110,0 x 37,2 cm |
Gewicht: | 24,6 Kilogramm |
Alle technischen Daten |
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