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Stax SR-L Familientest Aufmacherbild
Drei starke Kombis: Stax SR-L300 mit SRM 252S, SR-L500 mit SRM-353X und SR-L700 mit SRM-006tS (Foto: C. Dick)

Test Stax SR-L Familie: L700 Pro, L500 Pro, L300

Gibt es so etwas wie den ultimativen Kopfhörer? Wenn sich die audiophile Gemeinde auf einen Typ einigen sollte, käme wohl nur der Stax SR-009 (Preis: 5.000 Euro, mit dem entsprechenden Verstärker fast 8.000 Euro) in Frage. Kein anderer Kopfhörer hat weltweit so viele absolute Top-Kritiken eingefahren wie dieser offene, elektrostatische Over Ear Hörer aus dem Jahre 2011. Normalerweise kommt aus dem Stax Werk im japanischen Fujimi-shi/Saitama gefühlt maximal alle 10 Jahre eine ernsthafte Neuerung. Doch nun hat der SR-009 mit der Stax SR-L Familie unerwartet früh eine bezahlbare Konkurrenz aus eigenem Haus bekommen. Der SR-L300, der SR-L500 Pro sowie der SR-L700 Pro kamen 2015/2016 auf den Weltmarkt, gelten also in Stax‘ schen Dimensionen noch als blutjung. Was die drei Youngsters können und mit welchem der dazugehörigen (notwendigen) Kopfhörer-Verstärker sie am besten klingen, haben wir in dem folgenden Vergleichstest der Stax SR-L Familie herausgearbeitet. So viel sei schon einmal verraten: alle drei klingen atemberaubend gut. Und vor allem der Stax SR-L700 Pro kommt dem SR 009 ganz schön nahe…

Stax SR-L Familie L500 Totale
Äußerlich sind L700, L500 und L300 nicht zu unterscheiden. Hier im Bild der der L500 (Foto: C. Dick)

Die technischen Daten der Stax SR-L Familie in der Übersicht.

 Stax SR-L Familie Stax SR-L300 Stax SR-L500 Stax SR-L700
 Übertragungsbereich 7 Hz – 41 KHz 7 Hz – 41 KHz 7 Hz – 41 KHz
 Kabel OFC Kupfer OFC Kupfer versilbertes 6N Kupfer
 Maximaler Pegel k.A. 118 dB bei 400 Hz 118 dB bei 400 Hz
 Gewicht mit Kabel 448 Gramm 465 Gramm 496 Gramm
 empf. Speiseteil Stax SRM-252S Stax SRM-353X Stax SRM-006ts
 Preis ohne/mit Speiseteil (Bundle) 525 / 998 Euro 900 / 1.950 Euro 1.700 / 3.375 Euro

Alle drei Mitglieder der Stax SR-L Familie kommen im schwarzen, traditionell „rechteckig“ gestylten Stax-Design daher. Und zu jedem der SR-L Modelle empfehlen die Ingenieure jeweils passende Amps (in der sperrigen Deutsch-Übersetzung heißen diese kleinen Verstärker „Speiseteile“) als potente Spielpartner.

Stax SR-L Familie Speiseteile
Die Verstärker zu den Stax SR-L sind sauber aufgebaut. Hier im Bild: SRM-006ts (Röhre, unten) und der Transistor-getriebene SRM-535X (Foto: C. Dick)

Die von den Japanern empfohlenen Kombinationen haben im Stax Programm eigene Namen und heißen:

Stax SR-L300: 525 Euro + SRM-252S: 550 Euro; im Bundle SRS-3100: 1.000 Euro
Stax SR-L500 Pro: 900 Euro + SRM-353X: 1.350 Euro; im Bundle SRS-5103 Pro: 1.950 Euro
Stax SR-L700 Pro: 1.700 Euro + SRM-006tS: 1.850 Euro; im Bundle SRS-7106 Pro: 3.375 Euro

Die sogenannten Speiseteile sind prinzipbedingt Pflicht: Anders als die elektrodynamische oder magnetostatische Konkurrenz arbeiten die ESL-Membranen ohne Spulen und Leiterbahnen. Ihre extrem dünne Folie ist dank der rechteckigen Muschelform recht großflächig und trägt ein bedampftes Material, das Ladung aufnehmen kann. Diese ist –  nomen est omen – statisch und benötigt ordentlich Verstärkung, damit sie sich durch die Impulse der Audiosignale bewegen kann. Die sehr leichte Membran besitzt aber tendenziell einen geringeren Hub, was den Bassbereich theoretisch etwas limitiert.

Stax SR-L Familie Treiber
Eine hauchdünne, ovale Folie schwingt im Rechteck der Stax Ohrmuschel (Foto: Stax)

Eine kleine Begriffs-Suche, woher der Begriff „Stax“ stammt oder was er bedeutet, führt übrigens eher ins Leere. Weder können die Heinrich von Kleist angedichteten Sätze „Ich gratuliere, Stax, denn ewig wirst du leben; wer keinen Geist besitzt, hat keinen aufzugeben“, als hier zielführend verstanden werden, noch haben die Japaner irgendetwas mit dem traditionellen US-Label Stax Records aus Tennessee  gemein, das in den 60ern für die Entwicklung des „Memphis-Soul“ steht. Sei’s drum. Naotake Hayashi hatte jedenfalls vor nunmehr 80 Jahren die geniale Idee, das elektrostatische Arbeitsprinzip auf den musikalischen Weg zu bringen; angesichts der damaligen technischen Möglichkeiten wahrlich eine Pioniertat. Denn es galt, ultradünne Folien mit Metall zu bedampfen. Dabei entwickelte der Toningenieur auch Kondensatormikrofone und Tonabnehmer. 1960 debütierte dann mit dem SR-1 der erste Elektrostat-Kopfhörer. Und im Verstärkersegment bevorzugte Hayashi schon damals Speiseteile mit Röhrenbestückung…

Rein optisch sehen sich die Mitglieder der Stax SR-L Familie sehr ähnlich: Alle drei arbeiten als ohrumschließende, offene Modelle, deren jeweiligen Korpus die Japaner aus leichtem Kunststoff fertigen und beim 300er und 500er mit Kunstlederpolster polstern. Der 700er ist an dieser Stelle mit feinem Nappaleder ausgestattet.

Stax SR-L Familie L700 Nappaleder
Beim SR-L700 ist die Ohrmuschel mit Nappaleder gepolstert (Foto: C. Dick)

Der Sitz lässt sich beim 300er stufenlos, bei den anderen beiden Brüdern via gut dosierbarem Zehnerraster auf die individuelle Kopfform einstellen.

Stax SR-L Familie L700 Bügel
Die Bügelkonstruktion der SR-L Modelle – also mit aufliegendem Kopfleder – ist uralt, aber immer noch mit das Angenehmste, was es für Kopfhörer am Markt gibt (Foto: C. Dick)

Und das funktioniert in der Praxis in der Tat mit beiden Varianten hervorragend. Zudem sitzen die Hörer sehr, sehr bequem auf dem Haupte, was längere Hörsessions beflügelt. Da muss man sich eh fragen, warum nicht auch andere Mitbewerber diese Konstruktion mit auf dem Kopf aufliegendem Leder (oder Stoff) nachahmen; das ist jedenfalls sehr viel angenehmer als den Bügel direkt am Kopf zu haben – egal, wie gut dieser gepolstert ist.

Das „Gehäuse“ der Ohrmuscheln, welches die elektrostatische Membran beherbergt, ist (wahrscheinlich aus Aufladungs- und Gewichtsgründen) aus Kunststoff. Ihre Kunststoff-Gitter liegen weit auseinender, so dass man a.) die Membran gut sehen kann und b.) aber auch als Nachbar die Musik unmittelbar und kaum gedämpft mitbekommt, die der Stax SR-L-Nutzer gerade hört. Das ist bei geschlossenen Kopfhörern natürlich für die Umgebung angenehmer…

Stax SR-L Familie SR-L700 Membran
Im Gegenlicht erkennt man die Wabenstruktur der hauchdünnen ESL-Folie sowie die durchlässige Gitterstruktur des Gehäuses (Foto: H. Biermann)

Und noch eine Eigenheit der Stax SR-L Familie: Das sehr offene Konstruktionsprinzip reagiert sensibel auf Näherungen, will heißen: Hände oder nahe Stuhllehnen am Ohr beeinflussen den Klangcharakter. Am besten, man hört allein, mit freiem Geist und in freier Umgebung, damit sich der charaktertypische feine, luftig-transparente Klang der Elektrostaten voll entfalten kann.

Die Gewichte der drei SR-Ls reichen von 322 über 347 bis 368 Gramm (ohne Kabel), ein leichtes Unterfangen für Home-Modelle. Die Kabel mit den jeweils vergoldeten Spezialsteckern sind jedoch im Aufbau unterschiedlich konzipiert. Während beim 300er ausschließlich sauerstofffreies Reinkupfer (OFC) für den Informationsfluss sorgt, findet sich beim 500er zudem Titan; der 700er lässt sich mit versilbertem, langkristallinem 6N-Reinkupfer und „extrem niedriger Kapazität“ an die Leine legen. In ihrer Konstruktionsweise sollen sich 500er und 700er nahe am Spitzenmodell SR-009 orientieren.

 

Stax SR-L Familie L700 Kabel 2
Die Kontakte der vierpoligen SR-L Kabel sind vergoldet, die Qualität der Leiter je nach Modell unterschiedlich. Das recht dünne, 2,5 Meter lange Kabel selbst ist etwas unpraktisch, weil es dazu neigt, sich zu verheddern (Foto: Stax)

Verstärkung können die drei SR-Ls bei einer großen Anzahl an hauseigenen Amps suchen. Stax gibt jedoch eine Empfehlung ab und bietet die Favoriten als preisgünstigere Bundles an. Auf ein Pfund Lebendgewicht kommt der kleine SRM-252S mit seiner gestrahlten, silbernen Alufront. Mit seiner gleichspannungsgekoppelten Class-A-Ausgangsstufe (ohne Gegenkopplung) und Zweifach-Poti-Lautstärkeregelung soll er dem 300er die nötige audiophile Luft unter den Membranen verschaffen.

Stax SR-L Familie SRM-252S back
Der kleine SRM-525S bietet natürlich nur bescheidene Anschlussmöglichkeiten: 1x RCA (Foto: C. Dick)

Als Sparringspartner für den 500er bestückten ihn die Entwickler mit einem Vierfach-Lautstärkepoti für eine noch größere Störgeräuschfreiheit und zwei Kopfhörer-Ausgängen auf seiner gebürsteten, silbernen Alufront. Die Kanalbalance lässt sich durch getrennte Lautstärkeregelung präzisieren. Zudem besitzt er einen symmetrischen Eingang an seinem 3-Kilo-Gehäuse.

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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.