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SPL s900 Front
Mit der s900 haben die Studio-Profis von SPL nun ihre vierte Endstufe im Programm. Und die klanglich beste... (Foto: SPL)

Test Stereo-Endstufe SPL s900: Hochvolt-Technik at its best

Manchmal ist doch alles eine Frage der Größe. Beim Studio-Profi SPL (Sound Perfomance Lab), der ja mit seiner Pro-Fi-Linie schon unlängst auch das HiFi für sich entdeckt hat, war man der Meinung, es fehle zwischen den Stereo-Endstufen s1200 (6.500 Euro) und s800 (3.300) noch ein weiteres Modell – nicht nur von der Leistung her, sondern auch von der Bauhöhe. Heraus kam die dezente SPL s900, die unter rein klanglichen Aspekten die sogar beste Endstufe der Rheinländer ist.

Das Projekt lag schon länger auf seinem Tisch, aber letztendlich hat es doch einige Zeit gedauert, bis die neue Endstufe fertig war. SPL-Entwickler Bastian Neu: „Es ist doch noch einmal etwas anderes, wenn man so deutlich weniger Platz zur Verfügung hat.“ Die neue s900 wurde am Ende 11,4 Zentimeter hoch, überragt also das Gardemaß der SPL-Komponenten (wie etwa das der Vorstufe Director MK2) um 14 Millimeter.

SPL s900 Größe
Auffällig an der Pro-Fi Line ist die geringe Baubreite von nur 27,8 Zentimetern. Die Bauhöhe: 11,4 Zentimeter (Foto: SPL)

Das Konzept der SPL s900

Tatsächlich ist die s900 keineswegs nur eine geschrumpfte s1200. Weniger Platz ist das eine, der Verzicht auf Lüfter das andere. Die audiophilen Musikfreunde sind beim Thema „Lüfter“ häufig sehr kritisch und mit der lüfterlosen s900 nimmt SPL der Kritik den Wind aus den Segeln. Möglich macht dies ein kluger Aufbau, der einen wirksamen Kamineffekt erzeugt: Auch bei Volllast blieb die Hülle die s900 gerade mal handwarm. Sollte es aber im Endstufen-Inneren zu größeren Erwärmungen kommt, schlägt laut Bedienungsanleitung die Thermo-Kontrolle an. Aber wie gesagt: Es ist mir nicht passiert.

SPL s900 LEDs
Die LEDs auf der Front signalisieren den Zustand der Endstufe (Foto: H. Biermann)

Tendenziell aber ähneln sich die SPL-Endstufen natürlich sehr. Auch die s900 arbeitet im klassischen AB-Design mit einem zweistufigen Verstärkungs-Konzept: Die Spannungsverstärkung geschieht in Stufe Eins, in Stufe Zwei erfolgt die Stromverstärkung. Bastian Neu erläutert die Vorteile dieses Konzepts: „Weil beide Verstärkungskreise weitestgehend getrennt sind, spielt die Gegen-EMK der Lautsprecher (Anm. d. Red.: das sind durch Membran-Nachschwingungen der Lautsprecher induzierte Spannungen) auch bei der SPL Performer s900 kaum eine Rolle.“

SPL s900 innen
Penibel sauberer Aufbau, der dazu komplett im niederrheinischen Niederkrüchten erfolgt (Foto: SPL)

Alle SPL-Komponenten der hübschen ProFi-Linie arbeiten mit Hochvolttechnik (VOLTAIR). Sie gehört mittlerweile zum Markenkern von SPL und wird von den bekannteren Marken in Deutschland nur noch von T+A in den Spitzen-Serie (HV für Hochvolt) der Westfalen verwendet. Die Vorteile der höheren Betriebsspannung (in diesem Fall von +/- 60 Volt) liegen auf der Hand. Sie verspricht mehr unverzerrte Ausgangsspannung und eine höhere Rauscharmut. Allerdings müssen die Bauteile für die interne Hochvolt-Ansteuerung deutlich spannungsfester sein – und werden dadurch um einiges teurer. Zum Vergleich: Fast alle anderen Transistor-HiFi-Komponenten arbeiten mit einer Betriebsspannung von vielleicht 30 Volt. Da ist die Dynamik zwangsweise kleiner.

Und wenn wir gerade beim Vergleichen sind: Die deutlich höhere und mit 2 x 520 Watt (4 Ohm) auch deutlich kräftigere Endstufe arbeitet mit 12 bipolaren Transistoren – und die SPL s900 kommt nur auf acht. Ordnungsgemäß ist auch der zentrale Ringkerntrafo kleiner und auch die Siebkapazität fällt mit 48.000 Mikrofarad (s1200: 70.000 Mikrofarad) erkennbar geringer aus.

SPL s900 Trafo
Der stattliche Ringkerntrafo versorgt beide Kanäle (Foto: SPL)

Aber es sind ja nicht immer nur die Muskeln, die den guten Klang machen. SPL-Entwickler Neu hat in den vergangenen Jahren immer wieder entscheidende Fortschritte gemacht: Große, wie die VOLTAIR-Technik, aber auch kleinere, wie die Erfahrung, dass eine ganze Batterie kleinerer Kondensatoren besser klingt als ein Kondensator-Bigblock. Und so finden wir im Netzteil der s900 natürlich viele kleinere Kondensatoren…

Der Blick auf die Rückseite zeigt, dass die Praxis-Erfahrungen, die SPL schon seit Jahrzehnten im Studio-gesammelt hat, auch in der HiFi-Anlage sinnvoll anwendbar sind. Als Eingang sind Cinch-, aber auch symmetrische XLR-Buchsen vorhanden; bei längeren Leitungen ist XLR in jedem Fall vorzuziehen.

SPL s1200 Eingangspegel
XLR oder Cinch? Beides ist bei der s900 möglich. Der Eingangspegel ist in 11 Schritten bis -5,5 dB anpassbar (Foto: H. Biermann)

Aber man kann die Eingänge auch im Pegel anpassen: in 11 Schritten bis hin zu -5,5 Dezibel. Das kann in vielen Situationen hilfreich sein. Bastian Neu erreicht diese Pegelanpassung, indem er den Verstärkungsfaktor der Endstufe behutsam heruntersetzt. Stellt man den Regler auf die niedrigste Stufe, rauscht die Endstufe theoretisch noch weniger.

Hörtest

Ich muss zugestehen, dass ich ein Rauschen bei der s900 weder in diesem noch in jenem Eingangspegel-Bereich wahrgenommen habe. Vielmehr war auch bei ihr der klassische SPL-Klang sofort durchhörbar, der stets etwas sehr Neutrales und Farbiges hat – wie es im Studio gefordert ist. Wie auch die anderen Modelle aus diesem Stall gehört die s900 nicht zu jenen Endstufen, die den Zuhörer augenblicklich mitreißen. Die SPL überzeugt nach und nach. Je länger man mit ihr hört, umso mehr erahnt man, dass dieser Klang womöglich „richtig“ ist.

SPL-s900-im-LowBeats-Hoerraum
Eine ganze SPL-Phalanx im kleinen LowBeats Hörraum. Von links: s1200, s800, Director MK2, s900 (Foto: H. Biermann)

Um einzuschätzen, wo die neu s900 steht, musste sie gegen die betagte s800 und die bärenstarke s1200 ran. Das Ergebnis war verblüffend: Die kleinere s800 hatte hörbar weniger Luft, vor allem aber weniger Punch als die kaum größere s900. Doch auch im Vergleich zur s1200 schlug sich die Neue hervorragend: Bei gleicher tonaler Ausgewogenheit klang sie doch noch eine Spur lebendiger und detailreicher. Gut zu hören war dies bei  „Fortune“ vom European Guitar Quartet. Auf der (wirklich der exzellenten) Aufnahme sirren die Gitarrensaiten, dass es nur so eine Freude ist. Die s900 behielt hier noch besser die Übersicht und schien die räumlichen Abstände der vier Gitarristen noch genauer zu wahren.

Gut: bei diesem Durchgang wurde ja auch keine Leistung abgefordert. Da können kleinere Endstufen schon einmal im Vorteil sein. Also Yello (The Expert) im Hochpegel-Modus. Für solche Fälle haben wir immer noch eine Canton A45 im Fundus. Sie ist äußerst pegelfest und in Bezug auf Impedanz und Phase durchaus fordernd. Die schiere Kraft und die etwas höhere Kontrolle der s1200 waren tatsächlich erst bei mörderischen Pegeln zu hören. Am Ende des Tages würde ich, weil ich die hohe Leistung der s1200 in keiner meiner Anlagen ernsthaft brauche, den auch bei hohen Pegeln noch etwas feineren Klang der s900 so gut wie immer vorziehen.

Nach den Tests sprach ich noch einmal mit Bastian Neu und wollte seine Einschätzung zu unseren Hörergebnissen. Er kommentierte das Ganze recht trocken: „Ich komme zum gleichen Schluss. Ich mag die s900 ebenfalls sehr gern. Es sind halt weniger Transistoren…“

Stimmt, da war doch was: Ein gewisser Nelson Pass plädiert ja ebenfalls auf möglichst wenige Transistoren und feiert durchschlagende Erfolge mit Endstufen (Aleph 0, My First Watt), die sogar nur einen Transistor pro Seite haben…

Bastian Neu SPL
SPL-Entwickler Bastian Neu. Das Bild entstand auf der HIGH END 2024 (Foto: H. Biermann)

Fazit SPL Performer s900

An dieser Endstufe ist irgendwie alles sympathisch: die kompakten Abmessungen, die tolle Verarbeitung, die hohe Praxis-Freundlichkeit und nicht zuletzt der Klang. SPL-Endstufen bewegen sich ja vom Klangcharakter her immer zwischen den Extremen von Cambridge Audio (ruhig, besonnen) und AVM (aufgeräumt, präzise energisch). Dass SPL hier immer ein Stückchen enger am gemütlichen Cambridge- als am energetischen AVM-Sound liegt, werden vor allem Klassik-Hörer zu schätzen wissen.

SPL s900 Farben
Die aktuelle Farbpalette: Schwarz, Rot, Silber (Foto: SPL)

Was aber alle Musikfreunde schätzen werden, ist die enorme Stabilität auch bei kritischen Lautsprechern. Leider werden in den Firmen-eigenen Beschreibungen der Lautsprecher die Themen Impedanz und Wirkungsgrad bisweilen recht freizügig ausgelegt. Da ist es schön zu wissen, dass die s900 in fast allen Lebenslagen ausreichend Power in der Hinterhand haben wird.

Und noch so ein Sympathie-Punkt: Alle SPL-Komponenten werden im niederrheinischen Niederkrüchten, dem Sitz der Firma, liebevoll per Hand aufgebaut. Auch das ist lobenswert.

SPL Performer s900
2021/11
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Erdiger, energiereicher Klang, hohe Natürlichkeit
Kompakte Bauform, adrette Farben
Eingänge im Pegel anpassbar
Gute Preis-/Klang-Relation

Vertrieb:
SPL electronics GmbH
Sohlweg 80
41372 Niederkrüchten
spl.audio/de/professional-fidelity

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
SPL Performer s900: 4.500 Euro

Technische Daten

SPL s900
Konzept:Stereo-Endstufe
Leistung:2 x 200 / 2 x 370 / 2 x 420 Watt (8 / 4 /2 Ohm),
Besonderheiten:Anpassung der Eingangsempfindlichkeit
Dämpfungsfaktor (1 kHz, 8 Ω):< 280
Übertragungsbereich:10 – 80.000 Hertz
Abmessungen (H x B x T):27,8 x 11,4 x 34,5 cm
Gewicht:
14,6 Kilogramm
Alle technischen Daten
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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.