Subwoofer sind bei HiFi-Fans nicht selten verpönt: Sie gelten als Bass-Schleudern, die den Klang oft mehr verschlechtern als verbessern. Tatsächlich gibt es viele mäßig gemachte und dröhnende Subwoofer am Markt. Oder eben solche, die vor allem im Heimkino den Eindruck im subsonischen Bereich verstärken sollen. Oder besonders smarte, die nicht nur kabellos und fernbedienbar, sondern auch noch automatisch einmessbar sind. REL-Subwoofer sind dagegen teuer, aber aufs Wesentliche reduziert. Und trotzdem (oder deshalb) bewegen sie sehr viel – wie wir im Test von zwei REL S/812 feststellen durften.
Die Besonderheiten des REL S/812…
…gelten im Grunde für alle REL Modelle. Es sind einfach gut gemachte, extrem sauber abgestimmt Subwoofer, die keinen Boh-Ey-Effekt erzielen, sondern den Klang um audiophile Qualitäten erweitern wollen. John Hunter, der 2005 REL zusammen mit seinem Compagnion Donald Brody von Richard Edmond Lord (Gründung 1990) kaufte, überraschte im Interview mit den Kollegen von StereoLife mit folgendem Statement: „Lassen Sie mich so sagen, ich hasse Subwoofer. Dennoch liebe ich REL und was sie für Musik und Kino tun. Es ist genau der Grund, warum wir die Firma gekauft haben.“
Der REL-Chef hasst also Subwoofer? Nicht wirklich. Was er meint, sind Subwoofer klassischen Zuschnitts mit viel zu sattem, teils dröhnenden Bass und klapprigen Gehäusen. Er sieht REL als Gegenentwurf zu den klassischen Subwoofern am Markt.
Das geht bei der Solidität des Gehäuses los. Das fast würfelförmige Gebilde (Abmessungen: 43,0 x 45,5 x 51,4 cm) ist rundum aus 30 mm MDF aufgebaut und durch Streben verstärkt. Die Treiber und die Elektronik sind durch eine Vielzahl von Gewindeschrauben unverrückbar fest im Gehäuse verankert; der Bass und die Passiv-Membran sind zusätzlich noch verklebt. Da wackelt buchstäblich nichts.

Noch ein bisschen konsequenter wäre es gewesen, die REL-Leute hätten für die Elektronik ein eigenes Kämmerchen eingerichtet. Der Druck im Subwoofer-Gehäuse kann nämlich immens werden. Aber eine zusätzliche Kammer hätte den S/812 noch größer werden lassen. Und klein ist er ja schon so nicht…
Der S/812 ist ein Subwoofer mit 30 Zentimeter Bass (vorn) plus gleichgroßer Passiv-Membran (zum Boden). Anders als die Grundidee der frühen RELs handelt es sich hier also um eine Bassreflex-ähnliche Konstruktion – eine Passiv-Membran funktioniert im Grunde wie ein Bassreflexkanal. Anhänger geschlossener Gehäuse müssen sich dennoch keine Sorgen machen: Auch Bassreflex-Konstruktionen kann man extrem sauber und „trocken“ klingend abstimmen – so wie den S/812.
An der Seite der exzellent verarbeiteten Woofer haben die Macher Griffe eingelassen. Das sieht so ein bisschen nach tiefergelegtem Opel Manta aus, hat aber durchaus seinen Sinn. Wir werden später darauf zurückkommen…

Der erste Eindruck: Egal, wo man hinschaut, ist alles sehr solide gemacht und hochwertig umgesetzt, auch der achtlagige Hochglanzlack. Stefan Rauch, der Chef von Rauch & Schall in München und sicherlich der größte REL-Spezialist der Stadt sagt dazu: „Die Dinger halten einfach. Während ich viele andere Subwoofer schon in ihrer Garantiezeit zur Reparatur bekomme, halten RELs locker 20 Jahre.“ Das ist natürlich ein starkes Argument, denn Subwoofer werden ja per Konzept besonders stark beansprucht.
Praxis
Das Konzept der meisten anderen Subwoofer am Markt sieht vor, dass die bereits bestehenden Lautsprecher-Systeme im Tiefton entlastet werden sollen; aktive Frequenzweichen – entweder im Subwoofer oder im Prozessor der Vorstufe – sorgen in diesen Fällen dafür, dass der Subwoofer den Energie-fressenden Bassbereich übernimmt und die eigentlichen Lautsprecher davon entlastet sind. Das führt in der Regel zu einer höheren Belastbarkeit und damit zu weniger Verzerrungen.

Trotz dieser unbestreitbaren Vorteile ist das nicht der Weg von REL. Natürlich könnten REL-Woofer auch in dieser Form eingesetzt werden, nur entspricht das nicht der „reinen“ Lehre. Denn REL Subwoofer werden immer nur parallel hinzugeschaltet. Schon beim Wort „Hochpassfilterung“ für die angeschlossenen Hauptlautsprecher werden die REL-Macher nervös. Kirill Nenarokomov, der rege REL-Vertriebsleiter für die ganze Welt außer USA und UK, sagt dazu: „Auf keinen Fall! Die Hochpassfilter klingen schlecht und erzeugen Phasenfehler, die du nie wieder herausbekommst. Bitte nur parallel anschließen.“

So haben wir es dann auch getan. Der S/812 bietet die üblichen Vorstufen-Eingänge per Cinch oder XLR, aber auch noch den sogenannten High-Power-Anschluss, der am Woofer mit dem robusten Neutrik-Stecker Zugang findet. Die Idee dahinter: Man greift das Signal an der Endstufe oder (noch besser) an den Lautsprecher-Klemmen ab; das mitgelieferte Kabel ist 10 Meter lang, ermöglicht also beide Varianten. Die Verbindung über Cinch ist Brumm-anfällig, die über XLR ist besser, erfordert aber entsprechende Ausgänge.
Die Variante mit Neutrik ist in meinen Augen ideal. Auch der Subwoofer-Spezialist Stefan Rauch favorisiert diesen Anschluss: „Man bekommt über diesen Umweg noch den Charakter der Endstufe mit in den Subwoofer-Klang. Das finde ich immer ganz schön.“ Recht hat er.
Viele Subwoofer am Markt schöpfen die Bassenergie aus bewusst in Kauf genommenen Resonanzen. Die brauchen dementsprechend nicht viel Leistung. Anders sieht der Fall beim komplett linear abgestimmten REL S/812 aus: Weil er sauber bis unter 20 Hertz spielen soll, braucht er extrem viel Leistung. Die eingebaute Class-D-Endstufe leistet 800 Watt Sinus. Das sollte reichen.
Da ein REL ja nur parallel angeschlossen werden soll, er also nicht wesentlicher Bestandteil eines HiFi- oder Surround-Systems ist, muss er im Pegel auch nicht zwingend auf dem Level der System-Lautstärke liegen. Sein Bass-Beitrag kommt ja einfach nur obendrauf. Also machten wir verschiedene Versuchsaufbauten, in denen die LowBeats Referenzbox FinkTeam Borg Episode 2 stets gesetzt war.
Der erste Durchgang war mit dem kleineren Bruder S/512 (25er Bass, Abmessungen: 40,0 x 41,0 x 46,4 cm), den wir uns von unserem benachbarten HiFi-Händler Zur 3. Dimension ausborgten. Er stand zunächst genau zwischen den beiden Borg und brachte schon einiges Entzücken in die Runde. Allerdings hatten wir alle das Gefühl, dass diese Kombination dynamisch nicht so richtig passte.
Also wechselten wir den S/512 gegen einen S/812 – und hörten kaum einen Unterschied. Da war zwar der nochmals tiefere Bass, doch der Durchbruch kam erst mit dem zweiten S/812. Beide stellten wir in direkte Nähe zu den Lautsprechern. Noch einmal Stefan Rauch: „REL-Woofer müssen nicht unbedingt bei den Lautsprechern stehen. Man kann sie einfach auch an die Wand oder in die Ecke stellen. Die RELs sind die einzigen Subwoofer, die diesbezüglich absolut unkompliziert sind. Fast alle anderen fangen in der Ecke an, zu dröhnen.“

Wir aber wollten es perfekt und hatten vorab schon einige bestens geeignete Plätze gefunden. Anschließend luden wir Mister-REL-Europe, also Kirill Nenarokomov ein, damit er ein originales REL-Setup erstellte. Erst einmal befand er Anschluss (per Neutrik-Kabel), die Ankopplung (bei 40 Hertz, weil dort der Bassbereich der Borg anfängt, abzufallen) und Position der S/812 grundsätzlich in Ordnung, wollte aber noch ein Positions-Feintuning vornehmen.
Dafür ließ Nenarokomov Musik laufen und nutzte die Seitengriffe, um in Pendelbewegungen die optimale Position der Subwoofer zu finden. Ich bin ja bei solchen Dingen, wo es im Bassbereich mit den vergleichsweise großen Wellenlängen (20 Hertz hat eine Wellenlänge von 17 Metern) um nur wenige Zentimeter geht, immer etwas befangen. Aber ich muss zugestehen, dass es nach Nenarokomovs „Einpendeln“ nochmals griffiger klang.

Wir hatten nun neben jeder Borg einen Subwoofer stehen – was nach einem längeren Pegel-Abgleich absolut schlüssig klang. REL-Chef John Hunter plädiert jedoch bei jedweder Gelegenheit auf den „Sixpack“: also drei gestapelte (der Angelsachse sagt: „gestackte“ Subwoofer pro Kanal – was letztendlich sechs ergibt. In verschiedenen Interviews unterstrich Hunter seine Meinung, dass man High End noch nicht in seiner umfänglichen Form erlebt hätte, wenn man noch nie die Gewalt eines REL-Sixpacks im Lautsprechersystem erfahren habe.

Nun: Unter merkantilen Gesichtspunkten würde ich auch so argumentieren. In unserem Testfall würde sich der Subwoofer-Bereich dann auf gut 23.000 Euro auftürmen. Aber Hunters Plädoyer gilt der Akustik: Neben dem deutlich reduzierten Verzerrungsverhalten der einzelnen Subwoofer werden die Raumresonanzen mit einem solchen Turm viel gleichmäßiger angeregt.
Aber dann könnte man doch konsequent gleich fünf bis unter die Decke türmen, oder? Nein, jedenfalls nicht in der REL-Vorstellungswelt. In der dürfen die Subwoofer-Türme die Boxen nicht überragen, weil dann das Klangbild künstlich groß würde. Das ist eigenwillig. Mein Argument, dass das Abstrahlverhalten von Bässen unter 100 Hertz (wenn sie nicht per Prozessor gerichtet werden) immer kugelförmig ist, ließ Nenarokomov nicht gelten: „Nicht über die Höhe der Lautsprecher hinaus.“ Nun denn.
Bei der Einrichtung empfand ich das Fehlen einer Fernbedienung etwas inkommod – zumal in dieser Preisklasse. Gut: In der Regel macht man es ja nur einmal und lässt es dann gut sein. Aber allein einen Subwoofer ohne Fernbedienung perfekt einzustellen, ist mühsam. Und dann gibt es ja vielleicht auch noch jene Momente (nämlich nachts), wo man die Subs ganz leise drehen möchte. Also, liebe REL-Leute: Bei diesem Preis sollte eine Fernbedienung wohl drin sein…
Hörtest: ein Ausflug in die Psycho-Akustik
Zwei potente Subwoofer mit üppiger Bass-Bestückung und jede mit einer 800-Watt-Endstufe im Rücken: das schreit nach Musik-Material à la Marcus Miller, Hans Zimmer, Underworld oder der Teldec Aufnahme von Tschaikowskys „1812“. Haben wir alles gehört und waren durchaus erfreut über das dezente Mehr an Bassgewalt. Aber das hat uns nicht umgehauen.

Schlichtweg atemberaubend dagegen war, was die beiden RELs in den Mitten und bei der Abbildung bewegten. Als ob man uns eine 3D-Brille aufgesetzt hätte, wurde das Klangbild viel farbiger, lebendiger vielschichtiger und vor allem plastischer. Aber auch Details wie das Ausschwingen von Gitarrensaiten oder einzelne Klavier-Anschläge klangen luftiger, müheloser und um einiges feiner nachgezeichnet.
Am Ende haben wir nur noch Stimmen, Violinen und Querflöte gehört – allesamt „Instrumente“, die definitiv nicht im eingestellten Übertragungsbereich der S/812 lagen. Und alles klang plastischer, anfassbarer, ein Tick wärmer, vor allem aber feiner-mühleloser, einfach – ich kann es nicht anders ausdrücken – schöner.
Wie kann das sein? Hier kommt die Psychoakustik ins Spiel: Muss das Gehirn bei der Musik nicht die letzte Oktave selbst ergänzen, scheint es das genau mit diesem mehr an „Leichtigkeit“ und Schönheit zu goutieren. Und REL-Subwoofer bedienen diesen Wohlfühl-Faktor des Gehirns besser als die meisten anderen Woofer, weil bei ihnen schlicht nichts scheppert, dröhnt oder rappelt.

Ich habe viel und lange gehört – glücklicherweise stehen die S/812 ja noch im Hörraum. Und ich kann sagen, dass ich bei uns im Hörraum noch nie so glücklich mit dem Klang war. Natürlich sind die Borg Episode 2 von sich aus fantastische Lautsprecher. Aber die RELs setzen ihnen noch einmal ein Krönchen – Quatsch, was schreibe ich? – eine Krone auf.
Fazit REL S/812
Wie oben schon beschrieben, machen die RELs etwas Zauberhaftes. Sie verbessern zwar den Tiefton noch einmal, aber ihr eigentlicher Vorzug besteht darin, die Mitten feiner klingen zu lassen, den Raum nach hinten aufzuziehen und alles plastischer und anfassbarer zu gestalten. Ich bin mir sicher: Wer es mal gehört hat, will dieses Plus an Wohlfühl- und Mehrerleben-Klang nicht mehr missen.
Funktioniert das mit anderen guten Subwoofern auch? Natürlich. Ich wage nur zu sagen: wahrscheinlich nicht mit dieser Überzeugungskraft. Ein Vergleich macht es womöglich deutlich: Mit REL-Subwoofern ist es wie mit dem Grounding-System von Shunyata. Da gibt es viele andere Anbieter, die mit einer zweiten Erde „Noise“ vom Metall der Komponenten abführen. Aber so gut und so effizient gefiltert wie Shunyata können es nur die wenigsten. Und deshalb klingen die anderen Systeme auch nicht so abbildungsscharf und mühelos.
Der Test der REL S/812, beziehungsweise das Ergebnis im LowBeats Hörraum ist ein starkes Plädoyer für Subwoofer überhaupt. Aber der Königsweg, mit einem perfekt gemachten Subwoofer parallelgeschaltet ausschließlich die audiophilen Tugenden zu verbessern, dafür bedarf es wohl eines (oder besser zweier) REL-Subwoofer…
Bewertungen
Klang-PotenzialPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Mehr Schwärze und Kontur im Tiefbassbereich |
| Deutlicher Gewinn in der Feinzeichnung und der Abbildungstiefe |
| Problemlose Aufstellung, robuster Aufbau, sehr gute Verarbeitung |
| Keine Fernbedienung |
Vertrieb:
REL Acoustics, Ltd
North Road
Bridgend CF313TP
[email protected]
www.rel.net
Preis (Hersteller-Empfehlung):
REL S/812: 3.800 Euro
Die technischen Daten
REL S/812 | |
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Technisches Konzept: | Aktiv-Subwoofer, Bassreflex |
Bestückung: | 30 cm + 30 cm Passiv-Membran |
Übertragungsbereich: | 19 – 150 Hertz (-6dB) |
Regelbereich: | 20 – 120 Hertz |
Leistung: | 800 Watt Sinus |
Eingänge: | High Level: 1 x Neutrik Speakon, Low Level stereo: 1 x RCA, Low Level LFE: 1 x RCA + 1 x XLR |
Pass-Through-Ausgänge: | 1 x High Level Neutrik Speakon, 1 x LFE RCA, 1 x LFE XLR |
Besonderheit: | REL AirShip (Kablellos-) System (optional) |
Farben: | Klavierlack schwarz, glänzender Weißlack, 8 Schichten |
Abmessungen (H x B x T): | 43,0 x 45,5 x 51,4 cm |
Gewicht: | 34,2 Kilo |
Alle technischen Daten |