Alexey Korf ist gebürtiger Moskauer und hat zu UdSSR-Zeiten als Ingenieur an einem Raumfahrtprogramm gearbeitet. Da durfte nichts schiefgehen. Nach Stationen in Houston und London ist er heute HiFi-Hersteller im niederösterreichischen Klosterneuburg. Und findet, einen guten Job hat er nur dann gemacht, wenn seine Kreationen helfen, den Musikfreund in dessen Innerstem zu berühren. Seinen erschwinglichsten Tonarm, einen 9-Zöller mit dem Namen „Korf Audio TA-SF9“ und einer nicht alltäglichen Lagerkonstruktion, hatte unser Autor Uli Michalik im – wie er es nennt – „Emotionstest“.
Erstmals auf den Namen Korf gestoßen bin ich, wie vermutlich etliche andere, bei der such-maschinellen Recherche zum Thema Tonarm/Abtaster-Resonanzfrequenz. Die sollte, so die gängige Gospel, grob zwischen 8 und 12 Hertz liegen und ergibt sich aus der Nadelnachgiebigkeit (Compliance) des Abtasters und der effektiven Masse des Tonarms, eines klassischen Masse-Feder-Systems mithin.
Um im besagten optimalen Zielkorridor zu landen, kombiniert man Tonabnehmer mit hoher Nadelnachgiebigkeit mit leichten Tonarmen, also solchen mit geringer effektiver Masse. Tonabnehmer mit niedriger Nadelnachgiebigkeit hingegen fühlen sich an schweren Tonarmen wohl, also solchen mit hoher effektiver Masse. Dazwischen rangieren, wie könnte es anders sein, Vertreter der güldenen, weil weit verbreiteten Mitte, Tonabnehmer mit mittlerer Nadelnachgiebigkeit und mittelschwere Tonarme.
Hat man den Herstellerangaben die jeweiligen Werte für Compliance und effektive Masse entnommen, reicht ein Blick auf die zahlreichen im weltweiten Netz kursierenden Resonanzrechner, Formeln und Diagramme – besonders beliebt: jenes von Ortofon –, und schon weiß man, ob Abtaster und Tonarm der Wahl aus physikalischer Warte eine harmonische Ehe eingehen.
Genauer gesagt, man glaubt es zu wissen. Denn geht es nach Alexey Korf, dann haben konventionelle Berechnungsmethoden einen bedauerlichen Haken. Sie sind, überspitzt formuliert, bessere Schätzeisen. Weil sie, so Korf, allesamt auf einer altertümlichen Formel basieren, deren ermittelter Zahlenwert, z.b. 10 Hertz, weder mit den Ergebnissen moderner Messverfahren korreliert, noch häufig mit dem, was ein Paar gesunder Ohren wahrnimmt.
Korf hat daher einen sogenannten Compliance/Effective Mass Calculator entwickelt, der auf Basis von Nadelnachgiebigkeit, Tonabnehmergewicht und Tonarmmasse inkl. Headshell nicht einfach einen dürren Zahlenwert ermittelt. Stattdessen gibt er unter weiterer Berücksichtigung von Beschleunigung (accelleration) am Headshell sowie Auslenkung (excursion) am Headshell zwei Charts aus, aus denen auf einen Blick ersichtlich wird, ob bzw. wo im grünen Bereich die Abtaster/Tonarm-Kombination sich tummelt. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte:

Nun habe ich weiland im Physikunterricht zu häufig gepennt, um mir ein fundiertes technisches Urteil anzumaßen, und in bald 40 Jahren High-End-Branche zu viel Parallelphysik ertragen müssen, um noch an neu erfundene Räder zu glauben. Was mich neugierig machte, waren die ureigenen Erlebnisse mit nicht wenigen Tonarm/Abtaster-Ehen, die nach Alter-Väter-Berechnungsmethodik niemals hätten funktionieren dürfen und es ohrenscheinlich trotzdem taten. Und solchen, die es hätten tun müssen und es eben nicht taten. Nach Eingabe von Unmengen an Werten und Studium der Ergebnisse war eines klar: Alexey Korf kann kein Scharlatan sein. Was sein Kalkulator ausspuckt, stimmte weitestgehend mit meinen Höreindrücken überein.
Wie schon angedeutet, hat Korf zu UdSSR-Zeiten als Ingenieur an einem Raumfahrtprogramm mitgewirkt. Nach dem Kalten Krieg und Ausflügen in diverse Branchen, darunter Consulting und HiFi-Reparaturservice vorzugsweise für japanische Top-Analoglaufwerke, landete er über London und Houston vor ein paar Jahren in unserem Nachbarland Felix Austria. HiFi-Reparaturen lehrten ihn, was funktioniert und was nicht, Consulting für Industrie und Fachhandel, dass kein Klient an wirklich bahnbrechenden Lösungen interessiert schien.

Seine erste Kreation unter eigener Flagge war laut Korf etwas, was es vorher so noch nicht gegeben hatte: ein in einem einzigen ununterbrochenen Arbeitsgang und ohne Verbindungsstellen im Gussverfahren produziertes Vollkeramikheadshell. „Die Leute lieben es“, strahlt Korf. Dass der Mann für bezahlbares Geld hochinteressante Tonarme baut, hat sich inzwischen ebenfalls herumgesprochen.
Der Korf Audio TA-SF9…
… ist mit 1.895 Euro (im Direktvertrieb) das erschwinglichstes Modell und gleichzeitig das für mich interessanteste. Weil es mit einem fest installierten Headshell aufwartet. Obwohl ich mehr als ein Dutzend davon besitze, treiben mich Arme mit abnehmbarem Headshell regelmäßig zur Weißglut. Weil keiner, kein einziger – weder von Ortofon, SME, Micro Seiki, Alfred Bokrand oder Fidelity Research – auf Anhieb und ohne Verrenkungen einen bombenfesten Sitz garantiert. Ich pfeife auf feinjustierbaren Nadelazimut – das ist und bleibt für mich Sache des Abtasterherstellers –, wenn ohne Spiegeleinsatz, ohne verrenkten Hals und zugezwicktes linkes Auge, ohne leidiges Rumgepopel und Würgegriff an der Überwurfschraube kein wirklich perfekter 90-Grad-Sitz zu erzielen ist.

Der TA-SF9, die „9“ steht für seine Länge in Zoll, wird entweder mit einer soliden Metallbasis für Arme nach Jelco/Linn-Norm (28mm Bohrloch), dem praktischen SME-Schlitten oder gegen Aufpreis mit beiden Varianten geliefert. Er ist statisch ausbalanciert und trägt am vorderen Ende seines Edelstahlrohrs das robuste hauseigene Keramikheadshell. Die Lagerung – vertikal mit gestapelten Hybridwälzlagern, horizontal mit Biegedrehlager – schlägt finanziell laut Korf mit einem Vielfachen selbst hochwertiger konventioneller Kugellager zu Buche und ist fingerspitzengefühlsmäßig tatsächlich absolut spielfrei. „Wers einmal gehört hat, für den gibts kein zurück“, berichtet Korf.
Damit auch ja nichts passiert, wird für Transport und gefahrloses Hantieren ein pfiffiger Abstandshalter mitgeliefert. Druck von oben aufs Lager sowie lässiges Jonglieren an Armrohr oder Gegengewichtsstutzen sollte man dennoch tunlichst unterlassen. Packen Sie den TA-SF9 bei Ein- und Ausbau sowie für allfällige Umbauaktionen einfach wie Dirty Harry seine 44er Magnum unten am Schaft, dann werden auch die Erben noch ihre Freude daran haben.

Die Antiskating-Einstellung erfolgt auf magnetischem Wege, die Höhenverstellung für den gewünschten vertikalen Abtastwinkel (VTA) besorgt nach Lösen eines Schräubchens via mitgeliefertem 3mm-Inbusschlüssel ein gegenüber liegendes Drehrädchen. Die rechte Überhangposition im Headshell ist mithilfe einer mitgelieferten Cliplehre im Handumdrehen gefunden. Nur um der Chronistenpflicht zu genügen, sei auf die Möglichkeit zum Geraderücken scheps (schief) montierter Abtasternadeln verwiesen. Ich habe, wie Sie richtig vermuten, nie davon Gebrauch gemacht, zumal Alexey Korf dringend empfiehlt, die Azimut-Werkseinstellung nicht anzutasten, weil die Gefahr, das empfindliche Horizontallager dabei zu beschädigen, für Grobmotoriker wie mich viel zu groß ist.

Die interne Verkabelung besteht aus OCC-Kupfer, wogegen ich nichts einzuwenden habe, seit Rega-Mastermind Roy Gandy nachgewiesen hat, dass mit theoretisch noch leitfähigerem, aber eben auch steiferem Silber schlechterdings keine optimale Spielfreiheit realisierbar ist. Ein Armkabel auf Basis der bewährten Mogami-Mikrofonleitung 2525 gibt es inkl. 5-Pol-Normanschluss und anständiger Cinchstecker fertig konfektioniert für, nein, ich habe mich nicht vertippt, sondern es gekauft, hoch anständige 85 Euro. Das zweigeteilte Gegengewicht, dessen vibrationsarmer Konstruktion Korf besonderes Augenmerk schenkte, erlaubt das Ausbalancieren von Tondosen bis maximal 25 Gramm. Mit einer effektiven Masse von 19 Gramm inklusive Headshell ist der Korf also ein klarer Fall für…
Die üblichen Verdächtigen
Ganz gleich, ob Testobjekt oder Privatakquisition, jede HiFi-Komponente landet zunächst in der Anlage meines 12-qm-Büros, welches zusätzlich eine Miniwerkstatt beherbergt. Die Kette besteht aus mehreren einsatzbereiten Plattenspielern, diversen Tonarmen und Abtastern, der MM/MC-Phonostufe iPhono 2 mit potentem Nachrüst-Linearnetzteil sowie einem bald 30 Jahre alten japanischen Röhrenvollverstärker, dessen ECL82-Endstufe putzmuntere 2 Watt mobilisiert. Was völlig ausreicht, um ein Pärchen Klipsch Heresy 1 problemlos aus der Reserve zu locken. Nur was sich in dieses Umfeld funktionsmäßig unfallfrei und vor allem klanglich vielversprechend integriert, hat eine reelle Chance, ein Stockwerk höher in meiner Hauptanlage zu landen.
Der Korf-Tonarm bestand seine erste Bewährungsprobe mit Aplomp. Die Montage auf einem restaurierten Thorens TD 124 ging ruckzuck über die Bühne, im Keramikheadshell landete zunächst ein im Handumdrehen installiertes Denon DL103. Ich liebe diesen Evergreen aus dem Land der aufgehenden Sonne heiß und innig. Und wie so viele seiner unzähligen Fans rund um den Globus frage ich mich, wie verflixt nochmal ein im Hochlohnland Japan von Künstlerhand komponiertes Kleinod für kaum 300 Euro Straßenpreis über den Tresen wandern kann. Sehen Sie sich dieses Video an, und staunen Sie mit mir:
Seine Warm-up-Runden drehte die Korf/Denon-Kombi mehr zur Funktionskontrolle und ohne jeglichen audiophilen Hintergedanken auf der allerersten Single der Rolling Stones, „Come On“. Ich weiß nicht, wie oft ich diese Monoscheibe vom Mai 1963 schon gehört hatte, sooooo allerdings noch nie. Selbst zwei Zimmer entfernt war ein derart rasanter Speed der unsterblichen Rhythmussektion Wyman/Watts wahrnehmbar, dass ich zunächst eine unbotmäßige Geschwindigkeitsübertretung witterte. Nix da, der TD 124 rotierte laut integriertem Stroboskop exakt mit vorschriftsmäßigen 45 UpM.
Ein Stockwerk höher dasselbe Szenario, diesmal hoch zwei: Das Denon marschierte nicht nur wie von der Tarantel gepiekst, es legte zudem eine Finesse an der Tag, die ich ihm nie zugetraut hätte. Mit stereophoner Kost gefüttert, verteilte der Haudrauf aus Shirakawa seine berühmt ansatzlosen (Ober-)Basshiebe und nagelte den groovig relaxten Gesang unverrückbar zwischen die Lautsprecher. Obendrein befleißigte sich das DL103 einer beinahe schöngeistigen Ziselierung von Becken und Hi-Hats (Jack Johnson, On And On sowie Gillian Welch & David Rawlings, Woodland Studios). Azimutfeinjustage? Ich bitte Sie! Mir ist noch kein DL103 mit weniger als bolzengerade eingesetzter Rundnadel untergekommen.
Als nächster üblicher Verdächtiger kam das Ortofon SPU an die Reihe, und zwar in Gestalt des ATR C 40, eines Sondermodells mit Halbzollbefestigung zu Ehren des 40. Geburtstags des vormaligen Ortofon-Vertriebs Audiotrade. Gleich, in welcher seiner zahlreichen Varianten, das SPU verlangt nach gestrenger Führungshand, der Korf mit seinen austrainierten 19 Gramm Kampfgewicht liegt da eher am unteren Ende der opportunen Masseskala. Fliegengewichtler, die selber kaum mehr auf wie Waage bringen als jene 4 Gramm Auflagekraft, mit denen das SPU durch die Rillen pfügt, scheiden definitiv aus. Auch das ATR SPU mit seinem elliptisch geschliffenen Diamanten verlangt nach diesen 4 Gramm, was mir, um ehrlich zu sein, gelegentliches Unbehagen bereitet. Zumal bei nagelneuen Boutiquepressungen bzw. deren auf Ultrageräuscharmut getrimmten Vinylrezepturen. Diese Weichlinge haben wenig gemein mit dem gefühlt unzerstörbaren Materialmix der 1950er und 60er Jahre, aus dem sich das Gros meiner Sammlung rekrutiert.

Doch sämtliche Bedenken lösen sich in Wohlgefallen auf, sobald das C 40 am langen Ende des Korf-Arms Platz genommen hat und mit fast schon aufreizender Nonchalance musiziert, mit einer an hubraumstarke Saugmotoren erinnernden Souveränität und Gelassenheit, die selten geworden ist, zu selten im Zeitalter der Immer-weiter-immer-tiefer-immer-höher-Superlative. Auf wundersame Weise ist es einem völlig egal, ob da eventuell die eine oder andere Nuance auf der Strecke geblieben, der Raum in irgendeiner Dimension geschrumpft oder anderweitig mutiert zu sein scheint.
Das Frappierende daran: Zwingt man sich zum analytischen Hören, was mir zunehmend schwerfällt, stellt man erstaunt fest, dass die dänische Wuchtbrumme im Korf-Arm eigentlich gar nix Nennenswertes unterschlägt, weder ganz oben oder unten noch zwischendrin. Sie tut es nur entschieden weniger ostentativ nicht als jene windigen Hi-res-Giftspritzen, die einem ihren Auflösungsspleen permanent meinen ins Gesicht plärren zu müssen (T Bone Burnett, The Other Side).
Der dritte übliche Verdächtige, den ich zitieren möchte, ist das Zyx RS10M 02, ein gut 25 Jahre junger japanischer Monoabtaster mit sphärischer Nadelgeometrie, den ich ungespielt für beglückend wenig Geld aus der Nippon-Bucht fischte. Gottseidank. Mein erstes Exemplar hatte ich nämlich in einem Moment geistiger Umnachtung verkauft, um es durch ein angesagtes modernes Monosystem zu ersetzen, von dem ich heute weiß, dass es dem Zyx nicht den Spucknapf hätte leeren dürfen. Das Datenblatt legte nahe, dass aus technischer Warte keine unangenehmen Überraschungen zu befürchten waren. Überraschend wäre jedoch kriminell untertrieben, um die heroischen Taten zu beschreiben, zu denen sich das Zyx im Korf-Arm aufschwang.
Obwohl es so naheliegend wie lohnend wäre, mal wieder mit Ella and Louis einzusteigen und haarklein zu schildern, wie Louis liebestrunken am Mikro knabbert, Ella von romantischen Mondscheinnächten in Vermont schmachtet. Hören wir stattdessen rein in eine der ältesten Heldentaten der audiophilen Klassikliteratur, Gaite Parisienne. RCA LM-1817 ist die Monoausgabe von LSC-1817, einer der im Original seltensten und teuersten Stereo-RCAs überhaupt. Ich hatte schon früher verschiedentlich publiziert, dass man die Monopressung wachen Sinnes niemals stehen lassen dürfe. Doch mit dem Zyx im TA-SF9 hat mich diese mittlerweile über 70 Jahre alte Produktion des Produzent/Tonmeister-Teams Jack Pfeiffer/Leslie Chase komplett aus den Socken gehauen.
Es ist kein Geheimnis, dass alte Monos ihren Zweikanal-Pendants aufgrund limitierter zeitgenössischer Stereo-Schneideapperaturen in Sachen Dynamik und Frequenzumfang häufig deutlich bis gelegentlich haushoch überlegen sind. Gaite Parisienne ist ein Paradebeispiel dafür: Auf der LM rummst es über entsprechend rüstige Schallwandler derart heftig, dass in der Bostoner Symphony Hall buchstäblich die Wände wackeln, der Stuck, metaphorisch gesprochen, pfundweise von der Decke regnet. Auf der LSC, für sich betrachtet ein veritables Schätzchen, weht ein vergleichsweise laues Lüftchen. Ebenfalls keinen Stich bekommt diesbezüglich die Neuauflage von Chesky aus den späten 1980ern, die, obwohl angeblich ohne Nachbehandlung 1:1 von den 2-Spur-Work Parts gezogen, tonal merkwürdig blass tönt. Deutlich besser machts Bernie Grundmans Remastering für Classic Records, auf dessen Presswerkzeug übrigens auch Chad Cassems Reissue für Analogue Productions basiert.
Beide Nachpressungen ziehen jedoch klar den Kürzeren, wenn es um die absolute Schokoladenseite der Mono geht, den Hochtonbereich. Ich kenne kaum eine Aufnahme, egal welchen Alters, welchen Genres, ob Einkanal oder Zweikanal, ob analog oder digital, auf der der extreme Hochton bis an meine Hörschwelle und vermutlich weit darüber hinaus derart luftig, sauber, glöckchenklar und unverzerrt in den Raum projiziert wird, wie der Triangel auf etlichen Passagen dieser unfassbaren Aufnahme.
Dass selbst modernste Technik und Grundmans behutsame Equalisierung der 3-Spur-Session Tapes den Mono-Oldie nicht erreichen, geschweige denn zu toppen vermögen, muss, ich habe keine plausiblere Erklärung, am Alter der Bänder liegen. Die hatten zum Zeitpunkt der ersten Reissues immerhin gut 30 Jahre auf dem Buckel. Wie auch immer, luftig, sauber, glöckchenklar und unverzerrt hatte ich es vorher schon gehört. Was mit dem Zyx im Korf-Tonarm hinzukommt, ist das schier nicht enden wollende Ausklingen, die Aura ums Instrument herum, die farblichen Schattierungen, das ätherische Schweben, das, ja, Livehaftige. Himmlisch!
Seine bisher makellose Klangvorstellung mal kurz außer Acht gelassen – aus Kompatibilitätswarte ist es kaum überraschend, dass sich der Korf mit Systemen wie dem Denon DL103, dem SPU und dem Mono-Zyx keine Blöße geben würde. Alle drei mögen Arme seiner Gewichtsklasse, wenngleich beinharte Freaks das Denon wie das Ortofon bedenkenlos unter wesentlich rustikalere Prügel schnallen und beim SPU auch vor 5 und ein paar Zehntel Gramm mehr Auflagekraft nicht zurückschrecken. Aber wie sieht es mit handelsüblicher Konfektionsware aus, mit Systemen des demographischen Zentrums, solchen, die in aller Regel in Armen vom Kaliber mittelschwer landen?
Bestens! Das Audio Technica AT-OC9XML, mein unangefochtenes Lieblings-MC in der Preisregion um 500 Euro, spielt im Korf, als wären die beiden für einander geboren. Was keineswegs ausgemachte Sache schien, schließlich wartet das AT, obschon genetisch ein waschechtes Moving Coil, zumindest laut Papierform mit einer Compliance auf, die eher an leichtfüßige MMs und Arme vom unteren Ende der Kategorie mittelschwer denken lässt. Wie grau ist doch alle Theorie, auf dem Platz bilden die beiden eine Traumpaarung.
Es ist einfach alles da: Tempo und Timing, Groove und Schmelz, Detail und Drama, Bass und Breitbandigkeit, Raum und Rasanz (Eric Bibb, Spirit & The Blues). Wüsste man nicht, dass es darüber noch ein paar Killer-MCs gibt, man käme gar nicht auf die Idee, jemals tiefer in die Tasche zu greifen. Für mich ist das OC9XML das Lyra Kleos für die schwäbische Hausperson. Und vor allem bleibt es im Korf ein prototypisches Audio Technica: abtastsicher, standfest, zuverlässig, jeglicher Esoterik abhold, tonal strikter Neutralität verpflichtet. Ähnlich gut hab ich es schon gehört, im Linn Ekos SE, aber nie besser. Wenn das mal keine Nachricht ist.
Das MC, das ich dem fiskalischen Mittelständler ans Herz lege, kennen Sie jetzt, das entsprechende MM kommt aus England und heißt Rega Nd7. Das Topmodell der Nd-Reihe verdankt seine Initialen dem aktuell potentesten Magnetwerkstoff Neodym, es hat relativ wenige Spulenwicklungen, was Induktivität und Impedanz klangförderlich niedrig hält, der kornorientiert blitzblank polierte nackte Diamant weist das Schliffmuster so vieler Top-MCs auf, Fine Line, und folgt den Rillenauslenkungen wie auf Samtpfötchen, subjektiv beinahe lautlos.
Dass Rega in den vergangenen Jahren auch fertigungstechnisch enorme Fortschritte gemacht hat, beweisen die stupende Räumlichkeit und die rasiermesserscharfen Konturen von Schallquellen, die das Nd7 in Kooperation mit dem Korf-Arm zum Greifen plastisch auf die imaginäre Klangleinwand pinselt. Und es kommt noch besser. Das große Rega-MM liefert die überzeugendste Bassperformance, die ich je von einem Magnetabtaster vernommen habe. Es reicht nicht nur erschreckend tief, es musiziert dabei auch rhythmisch mit paramilitärischem Zack und bringt vor allem mit, was man sonst nur von blaublütigen MCs kennt: Textur. Das Ding ist ein Knaller! Und diese beiden Scheiben auch (Kirsten Edkins, Shapes & Sounds sowie Bobby Jaspar, Sam Records).
Das Unverdächtige
Im Vorfeld dieses Testberichts hat mich Alexey Korf ermuntert, ruhig auch Tonabnehmer in Betracht zu ziehen, die auf den ersten Blick alles andere als eine glückliche Partnerschaft mit einem Tonarm von strammen 19 Gramm effektiver Masse verheißen, von Shure etwa die legendären Flaggschiffe Ultra 500 und V15MR oder ein Audio Technica VN760SLC. Davon ausgehend, dass Korf, der schlaue Fuchs, die genannten drei Kandidaten zuhause in Klosterneuburg längst erfolgreich hatte laufen lassen, entschloss ich mich, innerlich diabolisch grinsend, zu einem megafiesen Härtetest.
In einem meiner Plattenspieler für die einsame Insel, einem genial modifizierten Lenco L75, ist in einem tiefgreifend frisierten Thorens-TP21 mit Karbonrohr von geschätzt 6 oder 7 Gramm effektiver Masse ein bis aufs Permalloy-Skelett gestrippter MM-Body eines steinalten Shure M75 6S mit nagelneuer, von allem Plastikballast befreiter Jico SAS-Nadel montiert. Diese Kombi tastet mit 1,1 Gramm Auflagekraft und ohne auch nur ansatzweise mit dem Boronnadelträger zu zucken alles, aber auch wirklich alles ab, was man ihr zum Fraß vorwirft.
Mehr Infos über diese verboten preisgünstige Supertondose, die aus derselben südfranzösischen Hexenküche wie der gedopte Lenco L75 sowie ein phänomenaler kleiner Röhrenhybrid-Vollverstärker namens Arno stammt, bleiben einer künftigen LowBeats Reportage vorbehalten. Hier und heute kann ich berichten, dass der TA-SF9 selbst vor der hundsgemeinen Hürde, einem von der Papierform her ausschließlich Leichttonarmen vorbehaltenem MM-System straffe Zügel anzulegen, nicht kapitulierte. Es klang etwas fülliger und wärmer als gewohnt, ganz obenrum vielleicht eine Idee zurückhaltender und räumlich kompakter, aber – und das verwunderte mich am allermeisten – von der berückenden Natürlichkeit und tonalen Geschlossenheit, der rhythmischen Geschmeidigkeit und beispielhaften Trittsicherheit der Shure/Jico-Kreuzung blieb im Korf so gut wie nichts auf der Stecke. Beeindruckend.
Meine Frage nach drei Klangattributen, die ihm als Entwickler besonders wichtig sind, beantwortete Korf, ansonsten Ingenieur durch und durch, bemerkenswert untechnokratisch: „Eine Anlage, die mächtig Eindruck schindet, aber den Hörer völlig kaltlässt, ist keine Kunst. Was zählt, ist am Ende allein der holistische, der ganzheitliche Ansatz. Meinen Job habe ich nur dann gut gemacht, wenn Musik den Kunden auf unterschiedlichste Weise zu berühren vermag.“
Was den Autor dieser Zeilen angeht: mission accomplished.
Die Moral von der Geschicht
Falls Sie jetzt der Eindruck beschleicht, ich hätte mehr über die verwendeten Tonabnehmer als über den Testtonarm geschrieben, kann und will ich nicht widersprechen, es war volle Absicht. Was den Korf für meine Ohren so aufregend macht: Er ist ein Tausendsassa. Schauen wir uns an, in Armen welch unterschiedlicher Konstruktionen die aufgeführten Systeme normalerweise bei mir laufen: Das Denon DL103, das ATR SPU sowie das Mono-Zyx sind jeweils in einem meiner drei Zwölfzöller von Alfred Bokrand montiert, zwei J-förmigen AS-309 und der Banane AB-309 .

Alle drei basieren auf dem legendären Ortofon AS-212, jedoch sind die resonanzoptimierten langen Armrohre qualitativ standesgemäß innenverkabelt und verfügen über moderne Kugellager der höchsten ABEC-Güteklasse. Je nach verwendetem Headshell landet man da in Regionen zwischen 25 und gut 30 Gramm effektiver Masse. Ich persönlich mag sie klanglich noch etwas lieber als die graue Eminenz aller Zwölfzöller, den SME 3012. Der TA-SF9 spielt oberhalb des Niveaus der Bokrands, je nach System einen bis zwei Zacken.
Das Audio Technica OC9ML logiert abwechselnd in einem SME 3009 2 (unimproved) und einem handverlesenen Linn Akito 2B. Beide verspeist der Korf zum Frühstück. Beim Rega Nd7 wird es schon enger. Mit dem RB880, meiner Tonarmreferenz bis 1.000 Euro, im Planar 8 hält der Korf noch mühelos mit, was für sich betrachtet eine reife Leistung darstellt, sind doch die drei Rega-Komponenten bis aufs Milligramm und die dritte Stelle hinterm Komma perfekt aufeinander abgestimmt.
Mit dem Nd7 dreipunktbefestigt im RB3000 meines Planar 10 hat der Korf im TD 124 jedoch eine ähnlich harte harte Nuss zu knacken, wie es mit einem beliebigen Linn-Abtaster im Ekos SE eines Sondek LP12 der Fall wäre. Aber spätestens hier hat ja die Fairness nicht nur pekuniär ein Loch. Schließlich vergleichen wir dann nicht mehr unterschiedliche Abtaster in unterschiedlichen Tonarmen, sondern unterschiedliche Abtaster in unterschiedlichen Tonarmen auf nicht identischen Laufwerken.
Zur Erinnerung: Der Korf war auf einem Thorens TD 124 montiert, die Vergleichsarme von Ortofon/Bokrand, Linn und SME auf einem anderen TD 124 mit drei Basen. Dank an Konnedesign für das speziell angefertigte Doppeldeckerboard für zwei Zwölfender sowie in die Schweiz an Sascha Zeiler von Riverside Audio für das geniale Adapterboard zur Montage eines dritten Tonarms.
Fazit Korf Audio TA-SF9
Dieser Tonarm ist ein bis ins Detail intelligent konstruiertes, hervorragend verarbeitetes, einfach zu handhabendes, nahezu universell einsetzbares, im Betrieb problemloses und klanglich grandioses Musikinstrument. Müsste ich mich für den Rest meiner Tage mit einem einzigen Tonarm bescheiden, es wäre, Stand heute, der TA-SF9. Nicht, weil er immer, unter allen Umständen und in jedem halbakademischen Kleinkrämerkriterium der „Beste“ wäre. Sondern weil er mit Tonabnehmern unterschiedlichster Couleur – jenen, die mir ans Herz gewachsen sind, und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch solchen, die es noch tun werden – eine glücklichere Paarung eingeht bzw. einzugehen verspricht, als jeder andere mir bekannte Arm. Für die geforderten 1.895 Euro ist er in Zeiten zunehmend obszönerer Preisabzocke exaktement das, was der Volksmund einen „Schnapper“ nennt.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Hohe Klangreinheit, irrsinnige Dynamik |
| Universell für fast jeden Tonabnehmer einsetzbar |
| Gute Ausstattung, hilfreicher Calculator |
| Günstig |
Vertrieb:
Korf Audio
Urberweg 34
A-3400 Klosterneuburg
www.korfaudio.com
[email protected]
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Korf Audio TA-SF9: 1.895 Euro
Technische Daten
Korf Audio TA-SF9 | |
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Konzept: | Drehtonarm mit festem Headshell |
Effektive Länge: | 229 Millimeter |
Versatz-Winkel: | 22° |
Effektive Masse: | 19 Gramm |
Tonarm-Material: | Edelstahl |
Headshell-Material: | Aluminiumoxyd-Keramik |
Empf. Tonabnehmer-Masse: | 5 – 15 Gramm |
Kabel-Anschluss: | 5 Pin MDIN, männlich |
Alle technischen Daten |