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Test Vollverstärker AVM Ovation A8.3 und A6.3

Wird die Vorstufen-Platine ausgetauscht, ändert sich auch die Begrüßung im Display. Und noch so so ein nettes Feature: Die Röhre leuchtet von sich aus nicht. Weil eine durchsichtiges Stück Plexiglas im Deckel eingezogen ist, gibt es eine LED-Beleuchtung: blau für die 6.3 Version mit Transistor, rot für die 8.3-Röhrenversion.

AVM Ovation A6.3 Display
Ist die Transistor-Vorstufenplatine des 6.3 eingebaut, ist das auch im gut lesbaren Diplay erkennbar (Foto: H. Biermann)

Hat man allerdings auf 8.3 hochgerüstet oder gleich die große Version gekauft, muss man vor dem Start erst einmal etwas Geduld beweisen: der Verstärker sieht für die Vorstufensektion eine behutsame Hochlaufphase vor. Gut so.

AVM Ovation A8.3 warm up
Erst nach einigen Sekunden schaltet die AVM Ovation A8.3 hoch (Foto: H. Biermann)

Die Platine selbst ist nicht sehr groß und – wie der ganze Verstärker – sauber gemacht. Sie sitzt noch vor dem Lautstärkesteller und ist tatsächlich eine reine Soundmaschine. Hier wird mit hohem Aufwand angenehm klingender Klirr erzeugt. Das ist kein Gimmick. Auch in Studios wird oft mit solchen Additiven gearbeitet. Udo Besser sagt dazu: „Wir wollen diesen energiereichen Klang, der dich packt und berührt. Und den macht die Röhre.“ Günther Mania, das technisches Mastermind bei AVM, ergänzt: „Es ist ein Wahnsinn, wie stark die Dinger zum Teil klirren. Aber sie klingen nun einmal überragend gut.“

Röhren-Modul
Bei den Röhren des AVM Ovation A8.3 handelt es sich um Doppeltrioden des Typs 803T. Es gibt für jeden Kanal eine (Foto: H. Biermann)

Doch um das richtige Maß zu finden, war einige Forschung nötig. Das Team um Besser und Mania hat sich auch ganz genau angehört, welche Röhre hier den passenden Klang liefert: für den Ovation A ist dies eine Doppeltriode mit dem Namen 803T. Aber was bringt es? Ist das kleine Platinchen den Aufpreis von 2.700 Euro wert?

Brüderduell: Ovation A8.3 und A6.3 im Hörraum

Zuerst einmal lässt sich festhalten, dass das Arbeiten und Hören mit dem Ovation der 3. Generation eine Freude ist. Die Bedienung läuft prima, die Eingänge lassen sich problemlos im Pegel anpassen (und sogar individuell benennen), das Display ist gut zu lesen. Gehört haben wir wie immer an Lautsprechern verschiedener Größen, aber überwiegend an der Canton A55. Wie bitte? Ein Lautsprecher für nicht einmal 5.000 Euro pro Paar mit diesen Top-Verstärkern?

Ganz genau. Erstens ist die A55 ein ziemlich guter Lautsprecher. Zweitens kann man mit ihr so hohe Pegel fahren, dass einem das Grinsen ins Gesicht getrieben wird und drittens hat sie durch die Parallelschaltung ihrer drei Tieftöner eine Impedanzsenke im Bassbereich, die den ganzen Vollverstärker fordert.

Also genau das Richtige für unsere Zwecke. Das Vergleichstestfeld war stark besetzt: Cambridge Audio Edge A, Neukomm CPA155S, McIntosh MA 7900 AC. Das ist alles, wie es im Fußball heißen würde, keine Laufkundschaft, sondern internationale Spitzenklasse.

Der Edge A von Cambridge Audio bewegte sich am filigransten durch die Musik. Kastagnetten, Hochton-reiche Schlagzeug-Passagen oder flirrende Gitarren wie bei David Sylvians „When The Poets Dreamed Of Angels“ meisterte der Brite am elegantesten.

Cover Art David Sylvian The Secret...
Secrets Of The Beehive:  Eines der besten Alben des Ex-Japan-Sängers. Ungemein detailreich aufgenommen: (Cover: Amazon)

Der Neukomm gab sich vor allem im Bass ernergischer und etwas neutraler, der McIntosh ebenfalls kräftig, aber weniger offen. Der AVM kam mit seiner schnellen und hochpräzisen Spielweise dem leichtfüßigen Edge A am nächsten. Aber der AVM machte – wie auch Neukomm und McIntosh – deutlich, dass sehr viel mehr Leistung unter seiner Haube schlummert als beim Briten.

Andere Musik also. Musik, bei der man den Pegel auf Livekonzert-Niveau drehen muss – wenn man kann. Wir konnten. Zum einen, weil wir im großen LowBeats Hörraum beliebig laut hören können. Zum anderen, weil es mit dreien der hier aufgefahrenen Verstärkern möglich ist, auch sehr hohe Lautstärken zu fahren. Allerdings fordert die A55 bei diesem Pegeln den Verstärker alles ab…

James Blood Ulmer
Eine großartige Live-Aufnahme aus einem relativ kleinen Konzertraum: James Blood Ulmer Live At The Bayerischer Hof München (Cover: Amazon)

Bei diesen extremen Pegeln kann der Cambridge nicht ganz mithalten. Seine Transparenz ist klasse, aber bei sehr hohen Lautstärken verlässt ihn untenrum die Kraft. Der Neukomm bringt die Snare und die Gitarre wieselflink und sehr authentisch; ein wunderbar unaufgeregter Verstärker ohne tonale Auffälligkeiten. Der McIntosh lässt seine Kraft ahnen, bleibt aber auch bei so impulsiven Stücken immer eher gemütlich. Ihm fehlt ein wenig die Kernigkeit, die Live-Aufnahmen häufig mit sich bringen.

Die aber hat der Ovation A6.3, der am Ende die Nase vorn hatte. Obwohl laut Papier „nur“ ebenso kräftig wie der bärenstarke McIntosh, schien der AVM deulich mehr Reserven zu haben. Die satten Hiebe auf die Bassdrumm kamen nochmals kraftvoller, mit mehr Nachdruck und direkt in die Magengrube. Die Gitarre rückte der AVM – ähnlich wie der Neukomm – ungemein plastisch und quicklebendig-schnell vor den Sänger. AVM steht ja steht ja für einen frisch-präzisen, sehr aufgeräumten Kang. Den zelebriert der A6.3 in Reinkultur. Und selbst bei den hohen Pegeln, bei den ganz gemeinen Schlägen auf die Bassdrum bleibt er ungemein lässig und signalisiert: hier ist noch vielmehr Leistung. Das macht an.

A8.3 versus McIntosh MA 7900 AC
Der AVM Ovation A8.3 neben dem riesigen McIntosh MA 7900 AC (Foto: H. Biermann)

Doch bei aller Geschwindigkeit und Kraft: Ab und an klang mir der A6.3 etwas crisp. Für alle Lautsprecher, die im Mitelhochtonbereich etwas zurückhaltender abgestimmten sind – etwa eine aktuelle Quadral Titan 9 – ist der A6.3 genau der richtige Partner. Für alle, die es lieber etwas geschmeider und feiner mögen, schlägt dann die Stunde des Röhren-Turbos.

Der Ovation A8.3 mit Röhren-Turbo macht genau das, was Besser und Mania versprechen: er bringt den Schmelz, die Authentizität und etwas mehr Raum in die Wiedergabe. Wer die kleine Platine gesehen hat, mag es kaum glauben. Die Streicher klangen auf einmal wärmer, schöner, aber auch natürlicher. Der Raum öffnete sich ein Stückweit und die Sänger, aber auch die Instrumente wurden eindeutig plastischer.

In der Testerrunde gab es keinen, der den AVM Ovation A8.3 nicht bevorzugt hätte. Aber allen ging es wie mir: Man sträubt sich zu glauben, dass eine kleine Platine im Signalweg, ein bewusstes Sound-Tuning also, so viel mehr „Echtheit“ und Zufriedenheit bringt. Aber was soll ich sagen? Genauso ist es.

Fazit Ovation A8.3 und A6.3

Der AVM Ovation A ist in beiden Ausführungen absolut top und das Beste, was AVM zum Thema Vollverstärker je angeboten hat: Leistung und Ausstattung satt, Verarbeitung und Klang auf Weltklasse-Niveau. Es ist ein Verstärker, der in der Liga der guten 10.000er souverän mitspielen kann, aber von der Ausstattung her den meisten anderen Amps deutlich überlegen ist. Damit schlägt er gekonnt die Brücke zwischen High End und modernem Wohnzimmer. Und dass er dank modularen DACs dauerhaft nachgerüstet werden kann, ist ebenfalls ein nicht zu vernachlässigender Pluspunkt.

Bewertung AVM Ovation A6.3

In der Version als AVM Ovation A8.3 beherrscht er alles, was auch der „kleine“ Bruder kann, klingt aber spürbar besser. Heißt: Die Idee des Röhren-Tunings funktioniert tatsächlich und macht aus einem klanglich sehr guten Verstärker einen exzellenten. Doch das hat seinen Preis und selbst der geneigte Betrachter fragt sich, ob das kleine Platinchen wirklich 2.700 Euro kosten muss.

Weil bei LowBeats alle Einstufungen immer auf den Preis bezogen sind, liegt die Bewertung des A8.3 insgesamt etwas unter der des günstigeren A6.3. Klanglich aber bekam der A8.3 bei LowBeats einen halben Stern mehr – was in dieser Liga eine kleine Galaxie ist…

 

AVM Ovation A8.3
2019/04
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Satter natürlicher, schneller und feiner Klang
Praxisnahe Vollausstattung, enorm leistungsstark
Piekfeine Verarbeitung
Verglichen mit A6.3 etwas teuer

Vertrieb:
AVM Audio Video Manufaktur GmbH
Daimlerstraße 8
76316 Malsch
avm.audio/de/

Preis (Hersteller-Empfehlung):
AVM Ovation A6.3: 10.000 Euro
AVM Ovation A8.3: 12.700 Euro
Chrom-Ausführung: plus 700 Euro

Mit- und Gegenspieler:

Test Vollverstärker Neukomm CPA155S – der kompakte Favoritenkiller
Erster Test: Vollverstärker Cambridge Audio Edge A
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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.