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Cambridge Audio EXA 100 mit FB
Der Cambridge Audio EXA100 ist ein Oberklasse-Verstärker mit vielen Anleihen aus der edlen Edge-Serie. Sein Preis: 2.200 Euro (Foto: Cambridge Audio)

Test Vollverstärker Cambridge Audio EXA100: „Mind the Gap!“

Cambridge Audio ist immer dann die perfekte Wahl, wenn die Elektronik wohltönend, aber erschwinglich sein soll. Allein an der Potenzschraube könnte noch gedreht werden. Doch die Briten bleiben sich treu: Auch der neue Vollverstärker Cambridge Audio EXA100 hat nur 150 Watt (pro Kanal) unter der Haube. Klingt aber trotzdem – oder vielleicht deshalb – ganz vorzüglich.

Wie viele Zylinder braucht es unter der Haube? Die Diskussion kann in unsere Jugendtage führen, da haben wir Auto-Quartett auf dem Schulhof gespielt und die Mitschüler mit mehr PS und extremen Höchstgeschwindigkeiten ausgestochen. Das ewige Mehr hatte glücklicherweise sein Ende gefunden – auch im High-End. Die Tech-Philosophen von Apple beharrten bis vor Kurzem sogar darauf, dass acht Gigabyte als Arbeitsspeicher bei Powerbooks vollkommen ausreichend seien.

Erst kürzlich haben wir den CXA81 MKII vorgestellt. Mit 120 Watt an 4 Ohm pro Kanal, das macht Spaß, man spürt keine Hungergefühle. Oder etwa doch? In der Edge-Serie lässt Cambridge Audio die Mono-Blöcke 200 feinste Watt an die Membranen pumpen. Der Spaß kostet allerdings 3800 Euro pro Stück, die Vorstufe nicht eingeschlossen. Also sagten sich die Firmenlenker: „Mind the Gap“ – da ist eine Lücke im Katalog. Wir benötigen einen Vollverstärker, der noch finanzierbar ist, aber mehr Output aufweist – bei höherer Laststabilität als alle Einsteigermodelle.

Nun kommt brandneu der EXA100. Er ist ein potenzieller Meuchelmörder. Er nutzt die Technologe des Monoblocks Edge M, gibt sich eher klassisch in der Form und zückt gleichzeitig den Dolch. Ein tolles Teil. Das derzeit nur einen Nachteil hat. Cambridge Audio hat so viele Vorbestellungen bei weltweiten Händlern, dass auf der hauseigenen Webseite nur ein laues „Registrieren Sie sich für die Warteliste“ zu lesen ist. Löst sich sicherlich noch vor Weihnachten.

Egal, wir feuern die Nachfrage weiter an – und kennen die Details. Vielleicht das Wichtigste für viele Interessenten: Natürlich ruft Cambridge Audio nicht die 5.199 Euro des Vollverstärkers aus der Edge-Serie auf, sondern „nur“ 2.199 Euro. Weiterer Gedanke: Die Zeiten für großformatige Klangaufbauten neigen sich dem Ende zu, eine zumeist jüngere Zielgruppe mag es geradlinig bis clean. Weshalb viele Optionen im EXA100 schon integriert sind. Die schönen Fotos auf der Webseite sehen nur einen einzigen Spielkameraden an der Seite: den Netzwerkplayer EXN100.

Cambridge Audio Streamer
Das zweite Mitglied der EX-Familie: der Streamer EXN 100 ist preislich ebenfalls gehoben (1.799 Euro) und derzeit ebenfalls nur per „Join the Watchlist“ vorbestellbar (Foto: Cambridge Audio)

Cambridge Audio EXA100: der technische Aufbau

Bleiben wir beim EXA100. Hier ist alles schwerer und edler verarbeitet als am CXA81 MKII. Das Drehrad für die Lautstärke besteht aus massivem Aluminium, mit fein eingefrästen Rillen für das Tresor-Gefühl. Den Eingang wählt man nicht per vergleichbarem Wählrad, sondern per Tipp-Schalter.

Cambridge Audio EXA 100 LS-Regler
Verleiht schon beim Anfassen  das Gefühl hoher Wertigkeit: der hübsch gemachte Lautstärkesteller, der offenkundig aus der Edge-Serie entliehen ist (Foto: Cambridge Audio)

Sehr geradlinig ordnen die Briten hier vier analoge und drei digitale Eingänge an. Dazwischen ein Trio für Bluetooth, die Wahl zweier Ausgänge (A/B) und der Kontakt per USB. Ganz rechts unten prangt noch ein Knopf mit der Aufschrift „TV“. Alle Fragen lösen sich beim Blick auf die Rückseite. „TV“ ist einem HDMI-Port mit eARC-Protokoll zugeordnet.

Bedeutet: Der „Enhanced Audio Return Channel“ pusht die Bandbreite und Geschwindigkeit beim Transfer von/zu einem Fernseher. Wer ganz groß denkt, könnte 32 Audiokanäle hier streamen, in 24/192, komplett frei von Kompression. Das ist nicht zu unterschätzen, insbesondere beim Blick in die mögliche Zukunft im Formatkrieg um Dolby TrueHD und DTS-HD. Nicht wirklich entscheidend aber bei einem reinen Stereo-Verstärker wie dem EXA100, aber eARC integriert in seinem Standard auch einen reinen Datenkanal für den Handshake zwischen unterschiedlichen Komponenten der Medienwelt und erlaubt so beispielsweise auch die simple Angelegenheit, dass die Lautstärkeregelung harmonisch in der Hand nur einer Fernbedienung liegt.

Cambridge Audio EXA 100 Verarrbeitung
Absolut saubere Verarbeitung bis in die Kanten: der EXA100 von oben (Foto: Cambridge Audio)

Was der EXA100 nicht hat: eine integrierte Phonostufe. Seltsam. Überbieten sich doch die Mitbewerber in diesem Segment. MM ist Pflicht, MC in der Preisklasse zunehmend auf Wachstumskurs. Uns egal, sagt Cambridge Audio. Was kein Affront ist, sondern eine bewusste Entscheidung der Auslagerung. Hier kennt der Katalog die externen Blackboxes Alva Solo (nur MM) oder eben Duo (auch mit MC). Vor allem gibt es den großartigen Alva TT2-Plattenspieler, der kommt nicht nur mit einer integrierten Phonostufe daher, sondern auch mit einem Bluetooth-Modul. Er könnte also auf der ganz anderen Seite im Hörraum seine Runden drehen und den Musikfluss kabellos an den EXA100 mit seinem Bluetooth aptX HD Empfänger übermitteln.

Cambridge Audio EXA 100 Ensemble
Dank eingebauter Bluetooth-Strecke könnte der Plattenspieler auch viel weiter weg stehen (Foto: Cambridge Audio)

Nein, auch streamen kann der EXA100 nicht. Dafür gibt es ja nun das Brudermodell EXN100 im Katalog. Aber der Amp birgt einen der neusten D/A-Wandler, einen ESS ES9018K2M SABRE32 DAC. Da liegt für die Besitzer einer großen CD-Sammlung natürlich die Idee nahe, den alten Player hier optisch oder koaxial zuzufüttern. Die mehr der Zukunft zugewandten HiFi-Freunde schließen ihren Rechner an und streamen ihre High-Res-Daten per USB zu. PCM wandelt der EXA100 bis 384 Kilohertz, natürlich bei 24 Bit. Die DSD-Fans werden mit der Option bis DSD256 umgarnt. Wobei Cambridge Audio auch die möglichen Klippen in diesem Szenario ahnt und aushebelt – Klasse und eher selten für die Bauart haben die Ingenieure einen winzigen Schalter für die Erdung des USB-Signals integriert – „liftet“ oder „Signal Ground“, das kann der Problemlöser bei Artefakten und Brummschleifen sein.

Cambridge Audio EXA 100 Anschluss
Auch auf der Rückseite ist alles aufgeräumt. Ganz rechts der HDMI (eARC)- Eingang. Interessant: Man kann die Erdung verändern. Das ist im Betrieb mit diversen Netzfiltergeräten nicht unerheblich (Foto: Cambridge Audio)

Ansonsten ist die Rückseite eher britisch-dezent, aber hochwertig. Die acht Schraubklemmen für die Lautsprecherkabel rastern sauber, doch ohne Edelweihrauch, die XLR-Freunde bekommen einen symmetrischen Eingang. Was wir Tester und Praktiker lieben: Die Beschriftung der Ein- und Ausgänge ist doppelt und in zwei Blickrichtungen aufgedruckt – je nachdem, ob man freien Zugang zur Rückseite hat oder sich darüber beugen muss. Da sind Profis am Werk.

Der Kick kommt natürlich beim Blick unter die Haube. Zu oft haben wir von den Pressemitteilungen gehört, dass hier die hauseigenen Mono-Blöcke die Architektur des Vollverstärkers inspiriert hätten – am EXA100 ist dem wirklich so. Im absoluten Zentrum liegt das Kraftwerk, ein „Custom Audio Grade Shielded Toroidal Transformer“. Kurz: Ein Ringkerntrafo, nur geschaffen und optimiert für die Klangwiedergabe. Darum gruppiert Cambridge Audio die Aussparungen mächtiger Kühlrippen – die nicht nach außen, sondern nach innen ragen. Eine Kamin-Zug-Kühlung fächelt zentral die Luft von unten nach oben.

Cambridge Audio EXA 100 innen
Sauber-symmetrischer Aufbau mit wuchtigem Trafo in der Mitte (Foto: Cambridge Audio)

Die Leistungsstufen liegen an den Außenseiten links und rechts, ein klassisches Schaltungskonzept in A/B. Wobei die Ingenieure aus Great Britain die Class-A-Schaltung ausreizen. Das lässt sich an dieser Stelle nicht in Watt ausdrücken, doch die Überlappung der Kennlinie ist so ausgelegt, dass bei gutmütigen Wohnzimmer-Lautstärken die verzerrungsarme Class-A-Arbeitsweise dominiert. Sechs großformatige EPCOS-Transistoren liegen vor dem Trafo und hinter der Frontblende, alles überaus sauber verarbeitet und dennoch frei von Show und Bling-Bling. Halt der Markenkern von Cambridge Audio. Doch unterm Strich sind 150 Watt an vier Ohm nun nicht gerade der große Leistungssprung in unserem Motorhauben-Quartett. Stimmt, aber die Leistungsbereitschaft und Stromstabilität ist ebenso überzeugend wie die Musikalität. Da genügen wenige Takte.

Hörtest

Womit wir mitten im Hörtest wären. Zuerst olle, aber wunderbare Kamellen. „Ella and Louis“ – das werden die meisten High-End-Fans im Schrank haben. Oder auf der Festplatte. Denn unser Lieblings-Streaminganbieter Qobuz hat beschlossen, neben einem 24-Bit-PCM auch DSD zum Download aufzulisten. Die große Hintergrundgeschichte naht. Aber in diesem Test haben wir bereits verglichen und eben dem EXA100 auf sein Bankkonto gefühlt. Das ist reich gefüllt. Das Cover mit Ella Fitzgerald und Louis Armstrong kennt jeder. Aber nicht die Hintergründe und die Männer im Dunkeln.

Ella & Louis
Vor allem als Remaster eine Sensation: Ella And Louis (Cover: Amazon)

Das Quartett im Studio ist ebenso Weltklasse: Oscar Peterson (piano), Buddy Rich (drums), Herb Ellis (guitar) und Ray Brown (bass). Der Größte und Unsichtbare von allen: der Produzent Norman Granz. Wir sind in der Mitte der 1950er-Jahre – doch gerade das DSD-Master klingt in einer Präsenz, die die Kinnlade fallen lässt. „Cheek to Cheek“ schleicht sich mit einem kleinen Wirbel des Schlagzeugbeckens an. Eine, vielleicht zwei Sekunden – und der EXA100 düpiert viele Konkurrenten. Erstaunlich, wie plötzlich so viel mehr an Rauminformationen die Lautsprecher erreichen. Louis Armstrong hat die ersten zwei Minuten für sich allein; was für eine wunderbare Stimme, alles andere als schön, aber sofort präsent. Ella Fitzgerald markiert die Gegenwelt, elegant, fein – man möchte dieses Duo live im Studio erlebt haben.

Cambridge Audio EXA 100 Vs CA 81 MK II
Der neue EXA 100 mit dem CXA 81 MK II im kleinen LowBeats Hörraum. Dazwischen der CXN 100 (Foto: H. Biermann)

Der neue Cambridge kann das Wunder nicht vollbringen, dennoch entsteht da die Reise durch Raum und vor allem durch die Zeit. Da gibt es das ganz feine Beben, das ist deutlich agiler als beim kleineren CXA81 MKII. Das habe ich häufig erlebt: Ein Mehr an Watt-Potenz und Stromstabilität muss nicht im Rausch der hohen Pegel enden – Souveränität lässt sich nicht in Dezibel messen. Blöder Vergleich (obwohl gut vorstellbar): Wir sind hier nicht im bayerischen Bierzelt, sondern auf einen Tee in Hamburger Nobelhotel geladen.

Bleiben wir bei alten Helden. Weil die Labels uns immer wieder neue Masterings auftischen: Bringt „Zoolook“ von Jean-Michel Jarre in der „40th Anniversary“-Edition (ganz frisch) neue Erkenntnisse? Nein, aber es macht Spaß, eben dieses Mal mit hohen Pegeln. Bei „Diva“ plätschert das Wasser, dann pocht ein Ultratiefbass durch einen Betonkeller, schon das ist kritisch für manche Amps. Säuselnde Frauenstimme, dann die Rakete mit schwerem Schlagzeug im Industrial-Sound.

Jean Michel Jarre
Zum 40 Jahrestag der Veröffentloichung noch einmal remastered und wieder auifgelegt: „Zoolook“ von Jean Michel Jarre (Cover: Amazon)

Der EXA100 schiebt, er drückt nicht, er hechelt nicht – das ist auf den Punkt genau, von einer Souveränität, die in dieser Preisklasse eigentlich nicht zwingend zu Hause ist.

Klassik zum Finale. Auch die EMI (nun Warner) holt legendäre Analogbänder aus dem Schrank und hat sich für PCM in 24 Bit und 192 Kilohertz entschieden. Es klingt besser als jede Erstpressung. Beispielsweise David Oistrach mit dem Cleveland Orchester unter George Szell beim Violinkonzert von Brahms. Oistrach wie Szell waren Vollstrecker des unsentimentalen, energiereichen Klangs – lange bevor die Originalklangszene überhaupt an ihre Gründung dachte. Der dritte Satz braust, rast – Verstärker der Mittelklasse schaffen das Tempo auch, verlieren aber den Kontakt zur Feindynamik. Das sind großartige Momente, wenn die Sologeige messerscharf aus der Menge der Orchestermusiker heraussticht. Hört sich brachial an, muss es aber mitunter auch sein. Ein toller Test für den EXA100, der trotzt seiner englischen Noblesse kein Schmeichler sein will. Das war die große Dosis an Brillanz und Virtuosität – bei den ausführenden Künstlern wie am Cambridge. Oder mit Brahms gesagt, „Allegro giocoso“ – im Sinne höchster Spielfreude.

Fazit Cambridge Audio EXA100:

Lange Zeit waren die Edge-Komponenten von Cambridge Audio herausragende Solitäre in der gehobenen Oberklasse: schön, aber wenig erfolgreich. Von Cambridge erwartet man eben Robin-Hood-HiFi, also besten Klang zum erschwinglichen Kurs.

Mit EX nun bauen die Briten eine Brücke: Mit neuem, aber nicht zu mutiges Design, im Preis bezahlbar geblieben und stärker als jeder andere Vollverstärker dieser Marke je zuvor. Aber darauf kommt es nicht an. Es genügt einem britischen Edelmann, zu wissen, dass er das Leistungs-Potenzial hat… Auch klanglich hat er zugelegt: Klar besser als der kleinere CXA81 MKII, aber auch als viele Mitbewerber. Und dann halt mit diesem Cambridge-Sound gesegnet, der eigentlich fast immer passt. Kurz: eine dicke Empfehlung!

Cambridge Audio
EXA 100
2024/11
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Schubkraft plus zurückhaltende Eleganz, very british
Seltene Kombination von digitalen Möglichkeiten und viel Class-A
XLR, Erdungsoptionen, HDMI eARC – sehr zukunftssicher
Stabile, gute Preis-/Klang-Relation

Vertrieb:
Cambridge Audio Deutschland
Telefon: 0410 18099810
www.cambridgeaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Cambridge EXA 100: 2.199 Euro

Technische Daten

CAMBRIDGE AUDIO EXA 100
Konzept:DAC/Vollverstärker mit Class A/B-Schaltung
Wandler-Bestückung:ESS ES9018K2M
Eingänge analog:1 x symmetrischer XLR-Eingang, 4 x Cinch
Eingänge digital:1 x S/PDIF koaxial, 2 x TOSLINK optisch, 1 x USB-Audio, Bluetooth
Ausgänge:1 x Vorverstärker, 1 x Subwoofer
Leistung 4 / 8 Ohm:2 x 155 / 2 x 100 Watt
Farbe:
Lunar Grey
Abmessungen (B x H x T):43,0 x 11,5 x 34,1 cm
Gewicht:12,8 Kilogramm
Alle technischen Daten
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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.