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Audio Components Chef Adib Khavari ist einer der dienstältesten Strippenzieher im deutschen High End. Der Begriff „alter Hase“ passt nicht, „Fuchs“ wäre wohl richtiger, weil Khavari nicht nur Mitbegründer der High End Society ist, sondern in den nun fast 50 Jahren seiner Vertriebstätigkeit immer die großen Marken bei sich versammeln konnte. Und es gehört zu seinem Job, seine Marken stets in den höchsten Tönen zu loben – was ihm meist sehr überzeugend und blumig gelingt. Doch bei Norma Audio kommt bei ihm noch ein anderer Zungenschlag rein. Man spürt, der Audio-Components-Chef mag diese Komponenten wirklich. Und nicht ganz zu Unrecht, zieht Khavari Parallelen zu seiner „all time favorite Marke“ Spectral…
Norma: Den deutschen Sparfuchs lenkt der Name natürlich erst einmal zum Lebensmittel-Discounter. Das hat Norma-Gründer und -Mastermind Enrico Rossi nicht verdient. Er benannte die kleine, feine Highend-Schmiede nach seiner Lieblingsoper. Und an seinen Vorzeige-Produkten ist zwar so gut wie alles lecker, aber sicher nichts billig: Sobald man den REVO IPA-140 in den Fingern hat, ist jede Assoziation von „Discount“ vom Tisch. Genauso, wenn man die Norma-Manufaktur betritt: Alles blitzblank und die Mitarbeiter brennen für ihre Produkte – fast so wie der Chef.

Spricht man mit Rossi über HiFi, Musik und Co., kommt er schnell ins Schwärmen: Über diese und jene Oper, über diese und jene fantastische Aufnahme – und fast immer landet er bei Spectral. Die außergewöhnlichen (und außergewöhnlich raren) Verstärker von Keith Johnson gelten bei vielen HiFi-Freunden – und so auch bei Rossi – als Maß der Dinge im Transistor-High-End. Und so versucht Rossi in seiner feinen Manufaktur zu Cremona mit seinen Komponenten die möglichst große Annährung an das ehrwürdige US-Vorbild.
Aber ein anderer Name fiel: Cremona. Cremona? Da war doch was. Stimmt. Sonus faber hat hier ebenfalls seinen Firmensitz und wenn die Legende stimmt, dann hat Livio Cucuzza, der langjährige Chef-Designer und aktuell der ranghöchste Mitarbeiter von Sonus faber, die REVOs mit ihrer markanten Formgebung entworfen. Man hilft sich halt unter Cremonesi…
Die Besonderheiten des Norma Audio REVO IPA-140
Wir hatten ja bislang nur den Norma CD-Player DS-2 im Test. Schon als wie den aufschraubten, wurde der immens hohe Norma-Anspruch deutlich. Doch der REVO IPA-140 toppt den CD-Player noch einmal um Längen. Würden sich ein paar Leute (die sich auskennen) zusammensetzen, um den perfekten Aufbau eines Verstärkers auszutüfteln, käme wahrscheinlich eine Blaupause für diesen Norma-Vollverstärker heraus: allerbeste Bauteile-Qualität und ein blitzsauberer Aufbau mit verschiedenen, effizient getrennten Sektionen und natürlich in strikt vollständiger Dual-Mono-Konfiguration.

Sprechen wir einmal über Leistung: Der IPA-140 bringt – und so erklärt sich auch der Name – bis zu 2 x 140 Watt (Sinus) an 8 Ohm. Und an 4 Ohm exakt das Doppelte, also 280 Watt pro Kanal. Aber das sind ja nur Sinus-Töne: Rossi verspricht, dass der IPA-140 bis zu 150 Ampere und 1.500 Watt dynamische Leistung erzielen kann. Das ist eine Menge. Und der Umstand, dass bei 4 Ohm-Boxen einfach mal das Doppelte an Leistung anfällt, zeigt auch wie enorm stabil das Netzteil ist.
Diese Stabilität kann man förmlich sehen: Entfernt man den vorderen Metalldeckel, kommen die beiden 400VA-Trafos (einer pro Kanal) sowie die 24 Kondensatoren mit zusammen 70.000 μF Netzstabilisierungs-Kapazität zum Vorschein. Und bei einem Netzteil belässt es der Chef in einem solchen Verstärker sowieso nicht: Auch die Treiber- und Ausgangsstufe ziehen ihren Saft aus eigenen Stromquellen.
Doch der entscheidende Punkt scheint mir die große Bandbreite der Schaltung zu sein – und hier sind wir wieder bei Spectral. Die Amerikaner verwenden für ihre Komponenten ebenfalls extrem hohe Bandbreiten. Der Übertragungsbereich des Norma IPA-140 reicht von 0 Hertz bis 1,8 MHz. Vor dem Hintergrund, dass wir kaum noch die 20 Kilohertz hören, scheint das zunächst maßlos übertrieben. Aber Rossi verspricht sich von der hohen Bandbreite eine perfekte und ultraschnelle Signalverarbeitung und damit auch damit auch die perfekte Signalkontrolle und ein „schnelles, unangestrengtes“ Klangbild.
Die meisten Konstrukteure schrecken vor einer solchen Breitbandigkeit ab, weil man sich mit ihr auch eine Menge Probleme ins Verstärkerhaus holt – mal ganz davon abgesehen, dass man auch die entsprechenden Bauteile (die natürlich teurer sind) dafür einsetzen muss. Rossi aber hat sich von Spectral inspirieren lassen und verfolgt diesen Weg tapfer – mit Erfolg, wie wir nachher noch sehen werden.

Ein ebenfalls zentraler Baustein des IPA-140 ist sein Mikroprozessor. Der regelt die Lautstärke in höchster Präzision und kann zwischen „fein” und „schnell” umschalten. Sehr nett. Zudem erlaubt er verschiedene Variationen bei den Eingängen – beispielsweise kann man die Eingänge für Heimkino-Nutzung konfigurieren.
Weiterhin ist es möglich, den IPA-140 durch verschiedene Module aufzubohren. Das Phono-Board (war in unserem Testmodell leider nicht installiert) scheint mir dabei besonders attraktiv. Rossi baut dieses nämlich ebenfalls konsequent dual-mono auf. Das nachrüstbare Digital-Board folgt den gleichen Idealen wie der DAC des kürzlich getesteten CD-Players REVO DS-2.
Im DAC-Modul verwendet Rossi Chips, bei denen die Norma-Software-Ingenieure auch inhouse weitgehende Anpassungen umsetzen können – was man wohl gemacht hat und worauf man sehr stolz ist. Und weil Rossi ein Freund großer Bandbreiten ist, kommt der Musikfreund nur per USB-Eingang auf den DAC – wobei ich nur einen einzigen Eingang als etwas karg empfinde …

Ein Streaming-Modul bietet Norma erst gar nicht an. Das ist clever, weil die Entwicklungen in diesem Bereich von Firmen der Norma-Größe nicht in entsprechender Geschwindigkeit nachgeholt werden können. Also: anderen überlassen.
Hörtest
Nach den Ausführungen von Signor Rossi, vor allem aber nach dem, wie der IPA-140 aufgebaut ist, waren die Erwartungen hoch – und wurden dennoch fast durchweg übertroffen. An der Dynaudio Contour 20 Black Edition (seit Monaten aus dem Hörraum nicht mehr wegzudenken) zeigte der Norma aus dem Stand eine Feinzeichnung und Eleganz, dass ich mich ernsthaft fragen musste, ob ich das überhaupt schon mal so gut gehört habe. Beispiel: Auf Anne Clarks außergewöhnlichem Album „Borderland“, dieser einzigartigen Mischung aus feinsten Harfenklängen, einer sonor gespielten Geige und der brüchigen Stimme der ehemaligen New-Wave-Ikone, beginnt das Stück „The Stolen Child“ dezent mit einer Harfe. Deren einzelne Saiten schwangen geradezu „sichtbar“ im Raum – unterlegt von den lang gezogenen Streicherklängen, deren Ton der Norma ebenfalls ganz wunderbar zelebrierte: satt-voll und doch auf eine besondere Weise luftig zart.

Richtig packend wurde es dann, als Anne Clark ihre Texte mehr sprach denn sang: Wie fein, wie plastisch modelliert die Sängerin im Hörraum zwischen den Boxen stand und wie gewissenhaft der IPA-140 die charakteristischen Eigenheiten von Anne Clarks Stimme herausarbeitete… Ich musste erste einmal die Kollegen rufen, um auch von denen zu hören: „Das ist jetzt mal richtig gut“.
Auf der anderen Seite ließ der Italiener auch dynamisch nichts anbrennen. Für eine wirklichkeitsgetreue Wiedergabe des sehr originellen Albums von „Kapelle So&So“ (bei der vier Bläser, unterstützt von Gitarre und Akkordeon, die Hit von Bob Marley covern) ist impulsive Dynamik und Schnelligkeit gefragt: Bläser halt. Und vor allem dann, wenn Stefan Huber an der Tuba mal richtig Gas gibt und die Transistoren plus Netzteil des angeschlossenen Verstärkers fordert. Die Selbstverständlichkeit, mit welcher der IPA-140 hier Kraft mit Schnelligkeit und der Schönheit des Tons verband, muss man einfach als große Kunst bezeichnen.

Trotz aller Begeisterung mussten wir natürlich ermitteln, wo in etwa der Norma steht. Der Versuchsaufbau dafür sah folgendermaßen aus: Neben der Dynaudio kamen noch verschiedene, andere Lautsprecher an die Klemmen – unter anderem die LS 3/5a von Harwood und die Opera Diamond von AudiaZ. Verstärker-seitig bemühten wir zwei LowBeats Referenzen: den Röhrenverstärker Octave V70 CA mit Super Blackbox (Preis: etwa 13.000 Euro) und den Cambridge Audio Edge A für 5.000 Euro. Tatsächlich vernaschte der IPA-140 den Cambridge nach allen Regeln der Kunst. Er klang offener, feiner, schneller und bot zudem mehr bei wuchtigen Bassdrum-Einsätzen mehr Punch und letztlich auch den höheren, unverzerrten Schalldruck.

So leicht machte es der Octave dem Italiener nicht. Zum einen, weil die geringere Leistung des Octave erst bei brutalen Pegeln zutage trat. Zum anderen, weil der Octave durchaus noch etwas dynamisch-rühriger und offener zu Werke ging – wodurch er lebhafter und Live-haftiger klang. Doch an die absolute Parade-Disziplin des – insgesamt etwas „wärmer“ klingenden – Norma reichte auch er nicht heran: An diese besonders seidige, hoch transparente Feinauflösung im gesamten Mittelhochton, die Instrumenten wie Gitarren, Harfe, Klavier oder Glockenspiel etwas wunderbar Perliges gibt. Die erfreut das Herz. Ungemein!
Fazit Norma Audio REVO IPA-140
Schon lange habe ich nicht mehr so gern Musik mit einem klassischen Transistor-Vollverstärker gehört. Dessen elegant-schlüssige Spielweise ist auf besonderen Weise verführerisch und verlangt schnell nach mehr. Ist er so gut wie seine Vorbilder von Spectral? Vielleicht nicht in dem Spectral-Maß präzise. Aber ganz sicher ist der IPA-140 sehr viel günstiger und klanglich eindeutig sympathischer. Aus meiner Sicht ist der Norma – neben dem etwas zackiger aufspielenden Soulnote A-2 – einer der beiden weit herausragenden Transistor-Vollverstärker der Klasse bis 10.000 Euro.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse |
| Wunderbar körperbetont, dennoch sehr feiner und „schneller“ Klang |
| Großartige Verarbeitung, doppel-Mono-Aufbau |
| Mit Phono- und DAC-Module nachrüstbar |
| Bedienung per RC manchmal etwas umständlich |
Vertrieb:
Audio Components Vertriebs GmbH
Leverkusenstraße 3
22761 Hamburg
Tel.: 040 / 40 11 303 – 80
Fax: 040 / 40 11 303 – 70
www.audio-components.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Norma Audio Revo IPA-140: 7.000 Euro
PH2-IPA 140 Revo Phono-Board MM&MC: 470 Euro
USB2-IPA DAC-Board DSD: 785 Euro
Die technischen Daten
Norma Audio Revo IPA-140 | |
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Konzept: | Transistor-Vollverstärker in AB-Technik |
Leistung (4 / 8 Ohm): | 2 x 280 / 2 x 140 Watt) |
Eingänge: | 4 x RCA, 1 x XLR Balanced, optional 1 x Phono, 1 x USB DAC optional |
Bandbreite: | 0 Hz – 1.8 MHz (-3dB, nicht gefiltert) |
Besonderheiten: | Dual-Mono-Aufbau |
Farben: | Silber & Schwarz |
Abmessungen (B x H x T): | 43,0 x 11,0 x 36,5 cm |
Gewicht: | 25,2 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test Octave V70 Class A: Röhrenvollverstärker mit dem feinen Ton
Erster Test: Vollverstärker Cambridge Audio Edge A
Test Kompaktbox Dynaudio Contour 20 Black Edition: die schwarze Scharfe
Test Kompaktbox Harwood LS 3/5a: der BBC-Klassiker für unter 1.000 Euro
Test AudiaZ Opera Diamond: what a difference a „D“ makes…
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