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Startbild Volumio Motivo
Ist es ein Flugzeug, ist es ein Vogel? Nein, es ist der Volumio MOTIVO! (1.749 Euro) Ein Streaming-DAC-Kopfhörerverstärker der besonderen Art. (Montage: F. Borowski)

Test Volumio MOTIVO: Streaming-Pult (nicht nur) für Kopfhörerfans und Desktop-Audiophile

Volumio aus Italien gilt als einer der „offensten“ Hersteller, wenn es um die Gestaltung und Funktionen ihrer Streaming-Plattform geht. Das Volumio OS wird stark von der Community beeinflusst und kann kostenlos beispielsweise auf Raspberry Pi oder PC installiert werden. Auch OEM-Partner können das System nutzen. Marken wie Kii Audio, Pro-Ject, Musical Fidelity und andere machen davon Gebrauch. Nutzer können funktionale Plug-Ins oder EQ-Kurven beisteuern. Auch mit seiner KI-gestützten Suchfunktion hat sich Volumio Lorbeeren verdient. Zuletzt wurde mit „MyVolumio“ noch eine Cloud-basierte Plattform geschaffen, die kostenlos oder in zwei Abo-Modellen Zusatzfeatures bietet. Nun bringt der Hersteller mit dem Volumio MOTIVO eine sehr außergewöhnliche Hardware-Plattform in den Handel, die alle Möglichkeiten des Volumio OS ausnutzt und in einem kompakten, pultartigen Device mit 8“ Touchdisplay, Streamingfunktionen, DAC, Vor- und Kopfhörerverstärker vereint. LowBeats wägt die Vor- und Nachteile des Konzepts ab.

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Mit seiner Pultform und dem integrierten Display in Mini-Tablet-Größe tanzt der Volumio Motivo aus der Reihe (Foto: Volumio)

Volumio MOTIVO: das Konzept

Um Monty Python zu zitieren: „And now for something completely different.“

Bei digitalen Audiogeräten mit Streamingfunktion erfolgt die Bedienung normalerweise auf eine oder mehrere von drei Arten: Am Gerät selbst (etwa über Knöpfe oder ein Touch-Display), per App auf einem Smartphone oder Tablet, oder mittels einer IR- oder Bluetooth-Fernbedienung. Letztere eignet sich oft nur für die grundlegende Titelsteuerung (Play, Next etc.), sowie die Lautstärkeregelung und Eingangswahl. Will man jedoch in der Musikauswahl von Streaminganbietern oder in der eigenen Sammlung stöbern, sind Smartphone oder Tablet (oder ein Computer) meist die beste Wahl. 

Immer mehr Streamer haben mehr oder weniger große, ins Gerät eingebaute Touch-Displays, die ebenfalls das Stöbern im Musikkatalog ermöglichen. Doch Geräte und deren Displays sind nicht immer in Armreichweite und die Bildschirme sind oft auch nicht so komfortabel und übersichtlich, wie etwa ein Tablet. Bei niedrig im Rack stehenden Teilen ist die Touchbedienung auch physisch und visuell wenig komfortabel. Wer kauert schon gern auf allen Vieren um nach Musik zu stöbern? Selbst auf dem Desktop sind die meistens vertikal verbauten Displays der Geräte nicht immer sonderlich ergonomisch zu nutzen.

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Auch für Sideboards und Tresen ist das Konzept des MOTIVO ideal (Foto: Volumio)

Mit dem MOTIVO hat Volumio ein Gerät geschaffen, dass schon seit einigen Jahren in der Entwicklung war und nun endlich Serienreife erlangt hat. MOTIVO verbindet durch seine spezielle Form und Ausstattung Eigenschaften lokaler Geräte mit dem Komfort eines Tablets. So zumindest der Plan. Aber geht das Konzept in der Praxis auf? 

Konkret ist der MOTIVO ein Audio-Streamer mit integriertem DAC, sowie einer Vorstufenfunktion und einem Kopfhörerverstärker. Davon gibt es heute hunderte Modelle in allen Preisklassen. Doch anstatt die Hardware in ein HiFi-typisches rechteckiges Gehäuse zu stecken, verpflanzten die Entwickler diese beliebte Hardware-Kombination in ein recht handliches pultförmiges Gehäuse, setzten ein Display in der Größe eines iPad mini (8 Zoll) obendrauf und ergänzten lediglich einen einzigen großen roten Knopf: Nein, das ist nicht der Panik-Knopf! Er dient zum Ein-/Ausschalten oder durch Drehen zur Lautstärkeregelung. Alles andere spielt sich auf dem Bildschirm per Touch-Bedienung ab.

Zur Verbindung mit dem Rest der Wiedergabekette besitzt dieser Hybride aus Tablet und HiFi-Streamer an seiner leicht erhöhten Rückseite diverse Anschlüsse. Neben einem Hauptschalter und Gleichstromanschluss (9V Netzteil mitgeliefert) finden sich:

    • RJ45 Gigabit-LAN für kabelgebundene Netzwerkverbindung
    • 2 x USB 2.0 für Speichermedien, externen DAC oder CD-Laufwerk
    • I²S Digitalausgang über eine HDMI-Verbindung
    • Toslink und Coax S/PDIF-Digitalausgang
    • 2 x kombinierter Analogausgang XLR oder Klinke/Kopfhörer
    • 1 x Stereo Cinch-Analogausgang

Für eine drahtlose Verbindung unterstützt der MOTIVO natürlich auch WLAN (802.11a/b/g/n/ac; 2,4 und 5 GHz) und Bluetooth (5.0).

Im Inneren des (für ein HiFi-Gerät) sehr flachen Gehäuses stecken eine Menge feiner Zutaten, die einen hochklassigen Klang vor allem für Kopfhörerfreunde versprechen. Darunter ein ESS Sabre DAC ES9038 mit Unterstützung für 32Bit/384 KHz und DSD256, galvanische Trennung von Baugruppen und zwei Texas Instruments TPA6120A2 Kopfhörertreiber mit Dual-Rail-Linearregler.

Für Kopfhörer stehen an der Rückseite zwei kombinierte XLR-Klinke-Anschlüsse bereit, wobei einer für Hörer niedriger Impedanz vorgesehen ist, der andere für hochohmige Kopfhörer. Der gleichzeitige Betrieb von zwei Kopfhörern ist damit nicht vorgesehen.

Die recht selten anzutreffenden XLR-Klinke-Kombibuchsen sparen einiges an Platz, aber sie haben auch einen Nachteil: Gleichzeitig eine Endstufe/Aktivlautsprecher per XLR und Kopfhörer anschließen geht nicht. Wer den Kopfhörer ständig eingesteckt lassen will und gleichzeitig Speaker betreiben möchte, kann natürlich die Cinch-Ausgänge nutzen.

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An der hochgestellten Rückseite finden sich zahlreiche Anschlussmöglichkeiten für Kopfhörer, Endstufen/Aktivlautsprecher, externen DAC, Festplatten und Netzwerk (Foto: F. Borowski)

Viel Hype wird derzeit um den I²S-Ausgang gemacht, der eine besonders jitterarme Verbindung mit höchster Auflösung für externe DACs verspricht. Tatsächlich sind DACs mit I²S-Input nach wie vor eher selten anzutreffen. Und wenn, dann ist die Kompatibilität nicht immer gewährleistet, weil die Pin-Belegung der meistens genutzten HDMI-Stecker nämlich nicht genormt ist. Der MOTIVO hat dafür einen besonderen Trick in petto. In den Wiedergabeoptionen kann der Nutzer seinen I²S-fähigen DAC einfach aus einer Liste auswählen, womit die Pin-Belegung automatisch konfiguriert wird. So komfortabel geht das bei keinem anderen mir bekannten Streamer mit I²S-Schnittstelle. Das setzt natürlich voraus, dass alle bekannten I²S-DACs gelistet sind. Derzeit sind es 22 Geräte. Ein schönes Beispiel für die zahlreichen Detaillösungen im Volumio-Setup.

Volumio unterstützt auch eine umfangreiche Liste an Streamingdiensten, Internetradio, Netzwerkprotokollen und Dateiformaten. Mit dabei sind die HiFi-Streamingdienste Tidal (Connect), Qobuz, Spotify und HighResAudio. Amazon Music und Apple Music fehlen. Letzteres natürlich wegen der Linux-Basis des MOTIVO. Die unterstützt Apple nicht. Dafür können sich Roon-User schon mal auf den „Ready“-Status freuen, auch wenn noch nicht klar ist, wann genau das passieren wird.

Praxis: Think different

Der alte, weltberühmte Apple-Slogan aus der Zeit in den Neunzigern, als Steve Jobs zum Unternehmen zurückkehrte und alles auf den Kopf stellte, passt auch für den MOTIVO – und irgendwie auch nicht. Denn ganz so andersartig ist er gar nicht, auch wenn das auf den ersten Blick so scheint. Im Kern funktioniert das Gerät wie fast jeder andere Musikstreamer der heutigen Zeit. Nur seine Form ist anders.

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Anders als andere Streamer: Seitenansicht des MOTIVO (Foto: Volumio)

Zur Installation wird der MOTIVO zunächst über sein externes Steckernetzteil mit Strom versorgt. Nach dem Einschalten über den großen, roten Knopf braucht das System relativ lange zum Booten. Knapp 30 Sekunden dauert es, bis zum ersten Mal kurz der Volumio-Schriftzug auf dem Bildschirm auftaucht. Danach verstreichen noch weitere fast 60 Sekunden, bis der MOTIVO endlich einsatzbereit ist. Als Multiroom-fähiges System, das auch als Server dienen kann, ist der MOTIVO ganz klar für den Dauerbetrieb ausgelegt und soll nicht jedes Mal nach dem Musikgenuss heruntergefahren werden (was übrigens durch einen langen Druck auf die rote Taste klappt).

Geräte, die 24/7 am Netz sind, sollten möglichst wenig Strom verbrauchen. Der MOTIVO hat die besten Voraussetzungen dafür, aber Kontrolle ist besser als Nachsicht. Am Messgerät zeigt der MOTIVO in seinen drei Betriebsarten folgende durchschnittliche Verbrauchswerte:

    • Runtergefahren: 1,2 Watt
    • im Betrieb (Leerlauf und auch bei Kopfhörerwiedergabe): 9-10 Watt
    • Netzwerk-Standby: rund 7 Watt

Insbesondere der Verbrauch im Netzwerk-Standby könnte besser sein. Andere setzen hier die Pace mit Werten von deutlich unter 2 Watt, wie etwa der Vollverstärker Technics SU-GX70, der bei voller Netzwerk-Bereitschaft gerade einmal 1,2 Watt benötigt. – So viel, wie der MOTIVO im komplett runtergefahrenen Zustand.

Die Netzwerkverbindung erfolgt wahlweise per LAN, was in der Regel keiner weiteren Konfiguration oder Anmeldung bedarf, oder über WLAN mit Eingabe des WLAN-Schlüssels in den Netzwerkeinstellungen. Normalerweise empfehle ich LAN als Verbindung, aber hier ist WLAN die bessere Wahl. Warum? Der MOTIVO kommt nicht komplett ohne Kabel aus, aber anders als herkömmliche HiFi-Streamer ist er nicht auf einen Platz fixiert. Im Betrieb auf dem Desktop schiebt man ihn gerne mal ein wenig hin und her. Dafür hat er an der Unterseite extra Filzgleiter statt Gummifüße. Diese Beweglichkeit wird aber eingeschränkt, je mehr Kabel mit ihm verbunden sind. Im Idealfall (und mit WLAN) sind es nur zwei Strippen: Strom und Kopfhörerkabel oder Pre-OUT.

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Dank Filzgleitern lässt sich der MOTIVO leicht verschieben und in Position bringen. Zwei Kabel, wie hier im Bild, sind das absolute Minimum (Foto: Volumio)

Mit seinem vergleichsweise großen Display und der Pultform ist die Bedienung sehr komfortabel. Bei Bedarf können die Anzeige und die Steuerung natürlich auch aus der Ferne per Smartphone oder Tablet erfolgen. (Eine IR-Fernbedienung gibt es für den MOTIVO nicht.) Ein iPad ist hierfür besonders geeignet, weil es mit der MOTIVO-App das Display des MOTIVO exakt spiegelt. Alles ist genau am selben Platz.

Wie auch an Kopfhörern schlägt sich der MOTIVO an Endstufen oder Aktivlautsprechern gleichermaßen gut – was auch sein Einsatzspektrum ordentlich erweitert. Ich könnte ihn mir sehr gut in Bars oder Restaurants auf dem Tresen vorstellen. Dort ist er optimal bedienbar und er nimmt nicht viel Platz weg. Auch seine Multiroom-Fähigkeiten kann er dort bestens ausspielen.

Ein paar kleine Mankos

Bei der Bedienung am Gerät sind mir ein paar Dinge negativ aufgefallen. Nichts Dramatisches, aber es fällt wohl unter die Kategorie „nicht ganz zu Ende gedacht“. Das Glas über dem Display ist im Gegensatz zu iPads nicht beschichtet, um Fingerabdrücke zu vermeiden oder zumindest leicht abwischen zu können. Der MOTIVO ist in nullkommanix mit Abdrücken und Wischstreifen übersät, die sich auch nicht so einfach wie vom iPad gewohnt wegwischen lassen. Außerdem spiegelt das Glas erheblich. Eine Schreibtischlampe oder ein Fenster hinter dem Tisch vermindern die Ablesbarkeit durch die Spiegelungen enorm.

Mit 8 Zoll ist das Display des MOTIVO zwar vergleichsweise groß (wie ein iPad Mini), aber ich habe den Eindruck, als wäre das gesamte Interface auf einem großen PC-Monitor entwickelt und für das MOTIVO-Display einfach 1:1 verkleinert worden. Was auf einem großen Desktop-Monitor mit 20 oder mehr Zoll vielleicht noch gut lesbar ist, wird auf dem MOTIVO schnell winzig klein. Dieser Kritikpunkt steht allerdings schon auf der To-Do-Liste der Macher. Es soll demnächst auch Einstellmöglichkeiten für die Darstellungsgröße geben. Updates lassen sich natürlich ganz leicht „Over The Air“ einspielen.

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Screenshot vom iPad. Hier beim Software-Update (Screenshot: F. Borowski)
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Die iPad-Anzeige entspricht 1:1 der des MOTIVO-Displays (Screenshot: F. Borowski)
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Beim Vergleich der Bedienung am Gerät und über das iPad fällt noch etwas auf. Während am iPad jede Display-Bewegung beim Scrollen butterweich und verzögerungsfrei abläuft, geht das am MOTIVO-Bildschirm leider nicht ganz ohne Ruckeln ab. Auch das ist nicht wirklich schlimm, aber wer die grafische Performance moderner Smart-Devices gewohnt ist, dem fällt es eben auf. 

Das Volumio-Benutzerinterface ist schnell und intuitiv erlernt. Mit einer Ausnahme: Ich vermisse einen „globalen“ Home-Button. Die große rote Taste böte sich dafür an, doch die schaltet den MOTIVO bei einem Druck lediglich in Standby (oder regelt durch Drehen die Lautstärke). Um beispielsweise die Quelle umzuschalten, muss in besagtes Home-Menü gewechselt werden. Aber wo ist das? Erst nach einigen Versuchen habe ich entdeckt, dass dazu ein Swipe nach links erforderlich ist und im Anschluss ggf. noch ein kleiner Pfeil links oben angetippt werden muss. Ein Häuschen-Symbol in jeden Screen würde die Sache direkter machen. Oder der rote Knopf wird zum Home-Button umfunktioniert. Die Power-Funktionen könnten mit einem langen Druck gefolgt von einer Bildschirmauswahl aufgerufen werden.

Im Home Screen erfolgt nicht nur der Zugriff auf die Quellen (lokale Musikbibliothek, Streamingdienste, Internetradio, Favoriten etc.). Hier gibt es auch ein Suchfeld, über das bei Bedarf durch Umlegen eines kleinen Schalters die Volumio KI-Suche genutzt werden kann.

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Das Home-Menü auf dem iPad (Screenshot: F. Borowski)
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KI-Suche mit dem MOTIVO. Der Text ist teilweise sehr klein und mit grauer Schrift auf schwarzem Grund schwer zu erkennen (Screenshot: F. Borowski)
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Hat man sich mit den kleinen Besonderheiten erst mal vertraut gemacht, geht die Bedienung des MOTIVO wunderbar von der Hand. Auf dem Gerätedisplay übrigens genauso, wie auf dem iPad, weil die Anzeigen weitgehend identisch sind. Auf kleineren Smartphone-Displays, die meist hochkant gehalten werden, muss die Anzeige naturgemäß etwas anders aussehen. Aber auch hier findet man sich sofort zurecht. Dazu ein paar Screenshots:

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Screenshots vom iPhone: Hier bei der Musikwiedergabe (Screenshot: F. Borowski)
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Das Home-Menü auf dem iPhone (Screenshot: F. Borowski)
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Das Einstellungsmenü (Screenshot: F. Borowski)
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Bleibt nur noch die Frage zu klären, wie er denn klingt …

Hörtest: Für Kopf und Herz 

Der MOTIVO eignet sich gleichermaßen für Endstufen/Aktivlautsprecher wie für Kopfhörer (siehe auch das Interview weiter unten). Ich habe mich in diesem Test nicht ausschließlich, aber überwiegend auf seine Fähigkeiten als Kopfhörerverstärker konzentriert. Dazu stand eine ganze Reihe von Kopfhörern unterschiedlichster Preisklassen und Impedanzen zur Verfügung. Darunter der kürzlich getestete Focal Hadenys (700€, 26 Ohm, 100 dB/mW), bis hin zum hier getesteten Yamaha YH-5000SE (5.500 Euro, 34 Ohm, 98 dB/mW). Als High-Impedance-Referenz diente der beyerdynamic T 1 der 2. Generation mit super-leichter 600 Ohm Schwingspule. Der wird nicht mehr produziert. Stattdessen gibt es ihn in der 3. Generation mit jetzt nur noch 32 Ohm Impedanz. Extrem hochohmige Kopfhörer gibt es heute nur noch selten.

Der deutsche Volumio-Vertrieb audioNEXT (audiodomain.de) hat mir außerdem zusammen mit dem MOTIVO noch den geschlossenen magnetostatischen Kopfhörer Dan Clark Audio E3 (2.459€, 27 Ohm, 90 dB/mW) mitgeschickt, der eine komplette Neuentwicklung des Ether C Flow ist.

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Der Motivo im Test-Setup. Hier mit dem Dan Clark Audio E3. Auffällig: die starke Spiegelung von der Schreibtischlampe (Foto: F. Borowski)

Als Vergleichsbasis für den DAC/Kopfhörerverstärker diente mir der Questyle CMA fifteen (2.500€) und der kürzlich zum Test eingetroffene, sehr extravagante und rund 4.000 Euro teure Yamaha HA-L7A. Mehr zum Yamaha demnächst…

Die beiden analogen, Chip-basierten TI TPA6120A2 Kopfhörerverstärker im MOTIVO leisten je 1,5 Watt, was reichlich Power für nahezu jeden dynamischen oder magnetostatischen Kopfhörer des Planeten bedeutet. Und das bestätigte sich. Mit allen getesteten Kopfhörern, einschließlich des recht unempfindlichen Dan Clarks, waren jederzeit genug Pegelreserven vorhanden. Doch Pegel allein sagt nichts über den Klang aus.

Der KHV des MOTIVO überzeugt allgemein mit einer ausgezeichneten Kontrolle und Feinzeichnung, was sich einerseits in wunderbar kraftvollen wie gleichermaßen präzisen Bässen äußert. Aber auch in einer gelungenen Feinauflösung und Natürlichkeit. Tonale Abweichungen erlaubt er sich keine. Ohne einen direkten Vergleich mit den wesentlich teureren KHVs, wie den genannten von Questyle und Yamaha, dürften auch bei anspruchsvollen Kopfhörer-Genießern kaum Wünsche aufkommen. Erst recht, da wir es hier mit einem voll integrierten Streamer, DAC und Kopfhörer-Amp in einem relativ kleinen Gehäuse zu tun haben. (Questyle und Yamaha haben keine integrierte Streaming-Funktion).

Natürlich ist noch Luft nach oben. Die High-End-Boliden kitzeln jederzeit noch mehr Durchhörbarkeit, Dynamik und Natürlichkeit heraus. Egal mit welchem der getesteten Kopfhörer. Der MOTIVO klingt demgegenüber einen Tick flacher und schält feinste Details nicht genau so sorgfältig heraus. Der Preisunterschied ist also nachvollziehbar.

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Don’t Panic! Der Rote Knopf dient zur Lautstärkeregelung und für On/Off (Foto: F. Borowski)
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Die Lautstärke wird beim Verstellen kurz groß im Display eingeblendet (Foto: F. Borowski)
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Mit seiner leicht geneigten Form ist der MOTIVO insbesondere auf Tischen und Sideboards ohne Kniefall nutzbar. Oder als oberste Komponente auf dem HiFi-Rack (Foto: F. Borowski)
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Womit sich die Frage nach dem passendsten Kopfhörer für den MOTIVO stellt. Auch wenn technisch nichts dagegen spricht, teure Top-Kopfhörer wie den Yamaha YH-5000SE oder den Focal Utopia an ihm zu betreiben, so kann er deren Fähigkeiten doch nicht ganz ausreizen. Und mit dem recht Wirkungsgrad-schwachen Magnetostaten Dan Clark E3 fehlte es mir am MOTIVO ein wenig an Verve und Feuer. Unter den mir zur Verfügung stehenden Kopfhörern ist der Focal Hadenys ein Perfect Match für den MOTIVO.

Allgemeiner gesprochen läuft es für den MOTIVO auf eine Empfehlung für nicht allzu hochohmige Kopfhörer mit möglichst hoher Empfindlichkeit hinaus. Der Markt ist voll davon.

Fazit: Einer flog über das Kuckucksnest?

In Miloš Formans gleichnamigen Film aus dem Jahr 1975 stellt der Insasse einer psychiatrischen Anstalt die dort herrschende Ordnung in Frage und lässt sie aus den Fugen geraten. Ob das auch dem Volumio MOTIVO im Zirkus der Audio-Streamer gelingt? Ich denke nicht. Nicht etwa, weil es ihm am nötigen Potenzial fehlt, aber dafür ist er doch etwas zu speziell.

Aber vielleicht ist er genau die richtige Lösung für Sie? Mit seiner kompakten Pultform hat der MOTIVO definitiv seinen Reiz auf dem Desktop oder auf Sideboards. Auch für Bars und Restaurants ist seine außergewöhnliche Konstruktion meiner Meinung nach sehr interessant, weil er dort gut auf den Tresen passt und dank Multiroom die Steuerung mehrere Aktivlautsprecher bzw. Gruppen ermöglicht.

Die Bedienung über das 8 Zoll große Touch-Display ist weitgehend intuitiv und übersichtlich. Und klanglich erfreut der MOTIVO garantiert so manchen Kopfhörerfan. Und vielleicht gefällt das Konzept auch denjenigen, die dem Klassiker Logitech Squeezebox nachtrauern (siehe Interview unten). Anders gedachte Konzepte wie diese gibt es in letzter Zeit viel zu selten im Audiomarkt. Daher ein fettes Dankeschön an Volumio und ihre an der Entwicklung des MOTIVO nicht ganz unbeteiligte Community für diesen außergewöhnlichen Streaming-Impresario. 

VOLUMIO MOTIVO
2024/06
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.

 

einzigartiges Konzept
guter DAC und Kopfhörerverstärker integriert
Tablet-ähnliche Bedienung
gut gereifte App mit vielen Optionen
Display empfindlich für Fingerabdrücke und Spiegelungen

Vertrieb:
audioNEXT GmbH
Isenbergstr. 20
45130 Essen
www.audiodomain.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Volumio MOTIVO: 1.749 Euro

Technische Daten

VOLUMIO MOTIVO
Konzept:Streaming-DAC mit Vor- und Kopfhörerverstärker
Streaming:u.a. Tidal Connect, HIGHRESAUDIO, Tidal, Qobuz, Roon ready (i. V.), YouTube, Bandcamp, Pandora, Fusion DSP
Besonderheiten: kompaktes, pultförmiges Konzept, KI-Suche, Cloud-Funktionen
Maße (B x T x H):195 x 195 x 55 mm
Gewicht:ca. 2,5 kg
Alle technischen Daten

Kurzinterview mit Michelangelo Guarise, CEO und Gründer von Volumio

LowBeats: Herr Guarise, wie sind Sie auf die Idee für dieses Design gekommen?

Michelangelo Guarise: Das Hauptkonzept für das MOTIVO-Design besteht darin, die physische Verbindung zur Musik wiederherzustellen, die seit dem Aufkommen der digitalen Musik verloren gegangen ist. Ich persönlich wollte in einem digitalen Produkt die Art von physischer Beziehung wiederherstellen, die ich mit einem Plattenspieler hatte. Er verlieh dem Hörerlebnis etwas Mystisches, und das fehlte mir einfach. Eines der Audiosysteme, das wirklich eine neue Generation darstellte, war die Squeezebox touch. Nachdem die Produktion der Squeezebox eingestellt wurde, sah ich keinen wirklichen Nachfolger, und ich wollte dieses Konzept in Bezug auf Design, Qualität und Benutzerfreundlichkeit auf die Spitze treiben. Das war der Grundstein für MOTIVO.

Michelangelo Guarise
Michelangelo Guarise ist CEO und Gründer von Volumio

LB: Was waren die Gründe für die lange Entwicklungszeit bis zum aktuellen Produkt?

MG: Da gab es viele Faktoren. Der erste war, dass wir unsere Community in das Design einbezogen haben. Der Grund dafür war: Wenn man das perfekte Produkt für Audiophile machen will, sollte man besser Audiophile fragen, was ihr perfektes Produkt sein sollte. So sammelten wir die Rückmeldungen von mehr als 600 Personen aus unserer Community. Auf diese Weise entstand MOTIVO, das natürlich vom traditionellen Designprozess abwich und daher mehr Zeit benötigte. Dann gab es einen großen Showstopper, als die Pandemie ausbrach: MOTIVO war kurz davor, in Produktion zu gehen, aber auch die großen Schwierigkeiten bei der Chip-Beschaffung damals machte es uns einfach unmöglich, in Produktion zu gehen, also wurde das Projekt auf Eis gelegt.

Wir haben das Projekt dann wieder aufgenommen und den MOTIVO im Wesentlichen neu konzipiert, um einen inzwischen verfügbaren, schnelleren Prozessor einsetzen zu können. Daraufhin wurden auch viele andere Bereiche noch mal überarbeitet und verbessert. Auch die Vorproduktionsphase war eine Herausforderung: Um die außergewöhnliche Ästhetik des MOTIVO zu erreichen, müssen sehr geringe Toleranzen eingehalten werden, was sich als sehr langwierig und zeitaufwändig erwies.

LB: Wo sehen Sie die Hauptzielgruppe für den MOTIVO?

MG: Wir denken, dass MOTIVO alle Audiophilen gleichermaßen anspricht. Unser Ziel war es, die Bedürfnisse vieler zu erfüllen, ohne dabei Unterschiede zu machen. So werden z. B. ‚Desktop-Audiophile‘, die sich auf Kopfhörer konzentrieren, den MOTIVO ebenso zu schätzen wissen wie ‚Rack-Audiophile‘, die den MOTIVO in Verbindung mit anderem Equipment nutzen, zum Beispiel mit einem Endverstärker oder Aktivboxen.

LB: Herr Guarise, wir danken für Ihre Zeit.

Mit und Gegenspieler:

Test Over Ear Yamaha YH-5000SE: orthofantastische Kopfhörertechnik
Test Focal Hadenys: Der Einstieg in die Welt der Focal Over-Ear-Kopfhörer
Test Questyle CMA Fifteen DAC und Kopfhörerverstärker – Flaggschiff mit Current-Mode-Technologie

Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.