Musiksysteme kommen und gehen, aber die Platte bleibt. Wie ein Bogen spannt sich das Vinyl über die gesamte Schar der Musikfreunde – seien es jene aus den HiFi-Anfangszeiten oder die nativ-digitale Jugend. Alle schätzen und lieben diese haptische Seite der Musik mit großem Cover-Art und physischer Scheibe. Deshalb läuft der Phono-Markt durchaus stabil – mit leichten Tendenzen nach oben. Damit einher geht ein wachsendes Angebot preiswerter Einsteiger-Plattenspieler, die sich leicht aufbauen und handhaben lassen. Besonders einfach wird es, wenn diese Modelle auch noch einen integrierten Phono-Vorverstärker haben, dann lässt sich der Plattenspieler an jede Musikanlage oder Aktivbox direkt anschließen. Beim vorliegenden Vergleichstest von 6 Einsteiger-Plattenspieler unter 450 Euro haben wir ausschließlich Modelle ausgesucht, die bereits über einen solchen eingebauten Phono-Entzerrer verfügen – Plug + Play wie man es sich vorstellt. Und zwei von ihnen haben darüber hinaus sogar einen Bluetooth-Sender integriert – dann entfällt auch noch die lästige Verkabelung…

Warum dieser Test federführend ausgerecht vom Surround- und Digital-Kollegen durchgeführt wird? Weil ich meine Liebe zum Vinyl erst vor kurzem wiederentdeckt habe und mich seitdem mit großer Freude auch Dingen wie Plattenwaschmaschinen und anderen Nettigkeiten rund um das Thema Analog widme. Doch gemessen an LowBeats-Kollegen wie Bernhard Rietschel, Andreas Günther oder Lothar Brandt fühle ich mich immer noch eher als Einsteiger und bin somit – laut Konferenz-Beschluss – genau der Richtige für diesen großen Vergleich von sechs Einsteiger-Plattenspielern.
Das Testfeld habe ich dementsprechend komplett nach Einsteiger-Interessen ausgesucht. Die Vorgaben: Der Plattenspieler sollte inklusive vorjustiertem Tonabnehmer deutlich unter 500 Euro liegen, leicht in Betrieb zu nehmen und an jedem Verstärker oder jeder Aktivbox zu betreiben sein.
Das Testfeld: 6 Einsteiger-Plattenspieler unter 450 Euro
Obwohl die Vorgaben ja recht eng waren, kam ein bunter Mix altbewährter und frischer Marken heraus, die erstaunlich unterschiedliche Konstruktionen als auch Charakterzüge aufweisen. Die Testkandidaten in alphabetischer Reihenfolge:
- Dual CS 329 für 369 Euro
- JBL Spinner BT für 330 Euro
- Lenco LBT-215 für 329 Euro
- Pro-Ject E1 Phono für 329 Euro
- Rekkord F110P für 449 Euro
- Reloop RP2000 USB MK2 für 280 Euro

Vor dem Kauf sollte der Gedanke stehen, auf was einem selbst am Wichtigsten ist. Am bequemsten sind natürlich Vollautomaten. Bei Rekkord und Dual reicht es, nur den Startknopf zu drücken und alles funktioniert automatisch: Die Plattenteller dreht sich, der Tonarm fährt an die Anfangsposition, senkt sich und der Hörspaß beginnt. Am Ende wandert alles wieder in Warteposition und stoppt von alleine. Das Gegenteil dazu sind Pro-Ject oder Reloop bei denen man jeden Schritt selbst erledigen muss, dafür aber auch mehr Kontrolle bekommt.
Allen Spielern im Test gemeinsam ist ein Line-Ausgang, fast alle können aber dank Umschaltung auch an einen Phono-Eingang angeschlossen werden. JBL und Lenco lassen sich auch per Bluetooth mit einem entsprechenden Aktivlautsprecher oder einer Soundbar nutzen. Und Reloop als auch Lenco melden sich per USB als Soundkarte bei einem Computer an – etwa, wenn man die Platten digitalisieren möchte.
6 Einsteiger-Plattenspieler unter 450 Euro: die Ausstattung
MM/Line umschaltbar | Automatik | Bluetooth | USB-Audio | |
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Dual CS 329 | | | | |
JBL Spinner BT | | | | |
Lenco LBT-215 | | | | |
Pro-Ject E1 Phono | | | | |
Rekkord F110P | | | | |
Reloop RP2000 USB MK2 | | | | |
Was ich in dieser Liste nicht aufgeführt habe, sind zwei Punkte: 1.) Der Rekkord ist ein Subchassis-Laufwerk und deshalb etwas unempfindlicher gegen Trittschall als die anderen fünf Testteilnehmer, bei denen nur die Gummi-Füße dämpfen. 2.) Der Reloop ist ein Direkttriebler (die Plattenteller der anderen fünf werden über einen Transmissionsriemen angetrieben) und kommt dadurch erheblich schneller auf die richtige Drehzahl. Für DJs ist dieser Punkt wesentlich.
Tipps und Tuning
Alle Plattenspieler des Test-Sextetts kamen transportsicher in verschiedene Bestandteile zerlegt ins Haus und waren ohne Werkzeug oder handwerkliche Kenntnisse in Betrieb zu nehmen. In der Regel muss man nur den Plattenteller auflegen, den Antriebsriemen einfädeln, je nach Modell das Auflagegewicht (nach Anleitung) einstellen, Haube ins Scharnier stecken und dann war das Ganze quasi betriebsbereit. Die Anleitungen waren übrigens durch die Bank gut. Ikea-Möbel aufbauen ist deutlich komplizierter!

Alle Modelle kommen mit einem simplen Steckernetzteil, nur der Reloop wird direkt per Netzkabel angeschlossen. Eine Tuningmaßnahme, wenn man sich klanglich weiter entwickeln möchte, wäre also schon einmal ein besseres Netzteil. Da alle Tonabnehmer Moving-Magnet-Systeme sind, lassen sie sich statt der konischen Standardnadel zur Verbesserung der Feinzeichnung und Auflösung mit einer elliptischen Nadel aufrüsten. Die besseren Ersatznadeln gibt es schon für wenig Aufpreis. Wem also nach einer Weile mit seinem ersten Plattenspielers nach mehr Klangqualität gelüstet, der hat selbst bei diesen einfachen Geräten noch Potenzial – ohne gleich wieder einen teureren Plattenspieler kaufen zu müssen.

Apropos Klangqualität! Für alle Plattenspieler gilt: Damit sie gut funktionieren und klingen, müssen sie unbedingt auf einem stabilen, wackelfreien Untergrund stehen. Ist ja klar, das Ganze ist eine mechanische Abtastung in mikroskopischem Maßstab. Am besten kommt da der Rekkord mit klar. Er ist der Einzige im Testfeld, der über ein Subchassis verfügt und dementsprechend wenig empfindlich auf Trittschall reagiert.
Aber unabhängig vom Trittschall: Absolut waagerecht müssen sie alle stehen. Zur Prüfung und gegebenenfalls Ausrichtung sollte man eine Wasserwaage oder sogenannte Libelle verwenden (im Grunde eine runde Wasserwaage). So etwas gibt‘s im Baumarkt oder bei den üblichen Internetversendern für ein paar paar Euro.
Wie wir getestet haben
Neben den üblichen Tests zum Aufbau und zur Einrichtung, haben wir die wichtigsten Parameter natürlich gemessen. Da ist das Auflagegewicht, der Frequenzgang und wie sich Gleichlauf und Symmetrie verhalten. Also wie genau stimmt die Drehzahl und wie konstant hält der Spieler die Platte auf genau dieser Geschwindigkeit, damit die Tonhöhen stimmen und nichts leiert? Die Werte haben wir mit dem vorzüglich geeigneten AnalogMagik V2 Meßsystem ermittelt. Ergebnis: Die Kandidaten lagen Klassen-gerecht in ähnlichen Größenordnungen.

Die Drehzahlabweichung vom Messton mit 3150Hz war bei allen gering und die Gleichlaufschwankungen lagen durch die Bank bei circa 0,1% nach AES-Norm. Die Kanaltrennung (Crosstalk) schwankte bei allen sechs Kandidaten zwischen 19 und 30 Dezibel. Nur bei der Lautstärkedifferenz zwischen den beiden Kanälen gab es größere Unterschiede. War der Reloop mit 0,01dB praktisch perfekt, wich der Rekkord mit fast 3dB schon hörbar ab; die Mittenabbildung wanderte damit merklich nach rechts. Dennoch: Das sind alles praxisgerechte Werte.
Charakterstudie: Die Klangqualität
Klanglich liegen die Charaktere der Modelle erstaunlich weit auseinander. Der Dual war dabei so etwas wie der „VW Golf“ unter den Vinyl-Rotoren. Er klang ausgewogen und gab keiner Stilrichtung einen besonderen Kick – in jeder Hinsicht gut ausbalanciert. Der JBL gab sich als Rock ’n’ Roller mit eher robustem Klangbild und treibendem Rhythmusgefühl. Egal was man auflegte, da wippte unweigerlich der Fuß. Der Lenco musizierte gemessen am JBL etwas feiner, aber auch unausgewogener. Der Pro-Ject klang genau gegenteilig zum Lenco: er war etwas zurückhaltend, zeigte aber die reichste Palette an Klangfarben und eine feine Musikalität. Den würde ich von allen Teilnehmern am ehesten für Klassik empfehlen.
Der Rekkord gab sich wie der Dual sehr ausgewogen, aber etwas nüchterner im Temperament. Der teuerste Plattenspieler im Testfeld ist meine Empfehlung, wenn jemand vorwiegend unaufdringlich Hintergrundmusik spielen möchte. Da kommt ihm auch zugute, dass er ein Vollautomat ist.
Wenn ein Gerät irgendwie alles eine Nummer besser konnte, dann traf das auf den Reloop zu. Er spielte musikalischer, umriss die plastischste Klangbühne, zeichnete Klangfarben und Texturen reicher und wirkte gar nicht wie ein Einsteigermodell. Rein klanglich stellte sich das DJ-Laufwerk klar als Sieger dar. Hier alle Ergebnisse in der Slideshow:
Hier geht es zu den Einzeltests mit den ausführlichen Beschreibungen:
Dual CS 329 – komfortabler Vollautomat für 369 Euro
JBL Spinner BT – Halbautomat der auch Bluetooth kann für 330 Euro
Lenco LBT-215 – Hochglanz-Schick und Bluetooth für 329 Euro
Pro-Ject E1 Phono – Elegante Zurückhaltung für 329 Euro
Rekkord F110P – komfortabler Vollautomat für 449 Euro
Reloop RP2000 USB MK2 – Profilaufwerk mit voller Kontrolle für 280 Euro
Zusammenfassung
Es gibt also einen überraschenden Sieger (Reloop), drei exzellente Spezialkönner (Dual, JBL, Pro-Ject) und den besonders Trittschall-festen, aber – gemessen am Klang – eigentlich zu teuren Rekkord. Der Lenco LBT-215, eigentlich mit einem sehr guten Tonabnehmer ausgestattet und ansich ordentlichem Klang, kam wegen seiner (auch in dieser Klasse unüblicher) Mechanikschwächen nur auf Platz sechs.
Noch ein paar Tipps auf den Weg
Wer auf Dauer mit seinem Plattenspieler und den Vinyls Spaß haben möchte, der kommt um die Pflege nicht herum. Beim Abspielen fährt ein unglaublich winziger Diamant durch eine wenige Mikrometer breite Rille. Man kann sich leicht vorstellen, dass Staub und andere Ablagerungen schnell ein Hindernis darstellen. Das macht sich einerseits als Knistern und Knacken im Lautsprecher bemerkbar, geht aber auch auf den Klang und die Lebensdauer. Das Mindeste zur Pflege ist daher eine entsprechende Bürste, mit der man vor dem Abspielen die Rillen fegt und am besten auch noch die elektrostatische Aufladung entfernt.
LowBeats hat bereits eine Reihe von Pflege- und Reinigung-Lösungen aller Preislagen ausprobiert und bewertet: Testübersicht: Gründliche Vinyl-Schallplatten-Reinigung für jedes Budget