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Der LowBeats HiFi Hörraum: hier hört man alles

Die Umstände sind perfekt: eine alte Nähmaschinenfabrik im Herzen der Stadt, jede Menge Platz und – weil die Mauern so dick sind und das Areal recht groß – kann man hier Pegel fahren, bis die Ohren Überlastung signalisieren. Die Nachbarn jedenfalls beschweren sich nicht. Es geht um den LowBeats HiFi Hörraum, den Dreh- und Angelpunkt der Redaktion – kurz: das Herzstück. Er liegt in Sicht-, aber nicht in Hörweite des LowBeats Büros im gleichem Gebäudekomplex.

1883 wurde die ehemalige Nähmaschinenfabrik erbaut und man baute damals fest – sehr fest. Die Böden mussten schwere Maschinen tragen und auch die Wände sind äußerst solide. Beim Einzug und bei der Installation der verschiedenen Akustik-Elemente haben wir eine ganze Batterie von teuren Diamantbohrspitzen verschlissen.

Der Raum, den wir als LowBeats HiFi Hörraum hergerichtet haben, hat verschiedene Vorteile. Vorteil Nummer 1: Er ist mit 68 Quadratmetern groß genug, um auch wirklich große Lautsprecher hier aufzustellen. Vorteile Nummer 2: Unsere Nachbarn sind mehrere Tanzstudios und ein Lebensmittelmarkt.

Da kann man dann die großen Lautsprecher auch mal richtig laut spielen, ohne jemanden ernsthaft zu stören. Vorteil Nummer 3: Eine lange Seite des Raumes ist mit vielen großen Fenstern besetzt.

Akustisch haben wir die großen Glasflächen gut in den Griff bekommen und haben nun viel Tageslicht und bei Bedarf auch viel Luft. Da ich in den letzten 25 Jahren bei Audio, Video oder Stereoplay zum Testen immer in den Keller gehen musste (weil die Hörraume stets im Untergeschoß lagen) kann ich diesem Umstand nicht genug würdigen.

Vorteil Nummer 4: außer Decken und Boden gibt es in diesem Raum keine parallelen Wände und somit weniger störende Raumresonanzen.

Grundriss LowBeats HiFi-Hörraum
Der Grundriss des LowBeats HiFi-Hörraums zeigt die Größe und die Asymmetrie der Wände. Gut zu sehen ist auch die breite Fensterfront (unten), die für helles Licht und frische Luft sorgt (Foto: H. Biermann)

Dachten wir. Stimmte aber nicht. Der Akustik-Profi Farshid Shahlawandian von RTFS (Raumakustik Tools Farshid Shahlawandian) hat schon bei der ersten Begehung die Stirn gerunzelt und meine Begeisterung für die Asymmetrie des Raumes gedämpft. Er sollte Recht behalten.

In asymmetrischen Räumen wie diesem liegen die Resonanzfrequenzen zwar nicht wie so oft bei rechteckigen Räumen übereinander (und addieren sich so in ihrer Wirkung), dafür aber hat man sehr viele unterschiedliche Dröhnfrequenzen.

RFTS-Chef Farshid Shahlawandian bei den Messungen im LowBeats-Hörraum
RFTS-Chef Farshid Shahlawandian bei den ersten Messungen im LowBeats-Hörraum. Im Vordergrund der Oktaeder, mit dem der Raum mit Mess-Signalen gleichmäßig angeregt wurde (Foto: H. Biermann)

So war es auch im LowBeats HiFi Hörraum. Allein in dem Bereich zwischen 50 – 60 Hertz hatten wir drei unangenehme Stör-Resonanzen. Insgesamt waren es vor allem sieben Helmholtz-Resonatoren, mit denen wir die Bassresonanzen eingedämmt haben, indem wir für jede stärkere Resonanz einen Helmholtz-Resonator aufgestellt haben. Der quer unter der Decke befestigte, längliche Helmholtz ist beispielsweise auf die dominante 26-Hertz-Resonanz abgestimmt.

Die Helmholtz-Resonatoren im LowBeats HiFi-Hörraum
Helmholtz-Resonatoren funktionieren wie Bassreflexboxen ohne Tieftöner. Im LowBeats HiFi-Hörraum haben wir sieben dieser Helmhöltzer und einen Plattenabsorber (die Kiste mit der dunklen Fläche). Nur so war der Bass im Hörraum in den Griff zu bekommen (Foto: H. Biermann)

Die Probleme mit der Nachhallzeit hatte ich schon in dem Aufbau-Artikel LowBeats HiFi-Hörraum Phase 2 beschrieben. Doch nach den Maßnahmen mit den Helmholtz-Resonatoren wurde der Hörraum auch im Bass so „trocken“, dass wir hier die Aufnahmen für das LowBeats Klang Orakel machen können.

Damit auch im Mittelhochtonbereich ein akustisch gutes Raumklima entsteht, hat RTFS-Chef Shahlawandian eine schlüssige Kombination aus Diffusoren und Absorbern entwickelt. Im Mittelpunkt steht dabei die fest installierte, schallharte Wand mit 18 Sirrah-Diffusoren so wie zwei ebenfalls schallharte Seiten-Elemente links und rechts davon.

Diese beweglichen Elemente haben je eine reflektierende und eine absorbierende Seite (Bild). Je nachdem, ob man diese Elemente hinter oder neben die Lautsprecher stellt, und je nachdem ob die reflektierende Hinter- oder die absorbierende Vorderseite nach vorn zeigt, kann man verschiedene Raumsituationen simulieren. Sehr kleine Lautsprecher etwa brauchen immer die Elemente in ihrem Rücken – mit der reflektierenden Seite nach vorn.

Sirrah Diffusoren Im LowBeats HiFi-Hörraum
Eine schallharte Rückwand mit 18 quadratischen Diffusoren vom RTFS-Typ Sirrah reflektieren und verteilen den nach hinten angestrahlten Schall oberhalb 400 Hertz. Unterhalb 400 Hertz wirken die Sirrahs als Absorber (Foto: H. Biermann)

Die Fensterfront und die gegenüberliegende Wand sind lediglich an je einem kritischen Punkt mit Diffusoren besetzt. Hinter dem Hörplatz haben wir eine ganze Wand an Diffusoren gestellt; das hält den Klang lebendig.

Früher hat man gern eine Seite des Hörraums – also entweder hinter den Lautsprechern oder hinter dem Hörplatz – mit Absorbern komplett zum „Dead End“ gemacht. Davon ist man heute abgekommen und auch für LowBeats machte das keinen Sinn, weil kaum ein „normaler“ Musikhörer eine solche Situation zu Hause hat.

Der Hörplatz im LowBeats HiFi Hörraum
Der Hörplatz im LowBeats HiFi Hörraum von den Lautsprechern aus gesehen. Hinter dem akustisch günstigen Schaumstoff-Sofa befindet sich ein ganzer Wall von Diffusoren unterschiedlicher Tiefe (Foto: H. Biermann)

Die Planungs-Skizze von RTFS gibt eine ganz gute Übersicht über die akustischen Maßnahmen im LowBeats HiFi Hörraum.

 

Die Planung des LowBeats HiFi Hörraums
Die Planung des Akustik-Büros RTFS zeigt die wichtigsten Maßnahmen für eine perfekte Wiedergabe (Planung: RTFS)

Die fünf Kästen oben links sind Helmholtz-Resonatoren. Zwei schwere, gummierte Vorhänge (schwarze Linien) begrenzen den großen Raum im Mittelhochtonbereich auf etwa 40 Quadratmeter. Vor beiden Vorhängen sind Batterien von Diffusoren angebracht. Zwischen den beiden beweglichen Paneelen (braun) stehen die Lautsprecher, das Sofa gegenüber knapp einen Meter vor der Diffusor-Wand.

Die Absorption findet ausschließlich über neun quadratische Deckenabsorber, verschiedene Kantenabsorber in den Raumecken und einen etwa 30 Quadratmeter großen, niederflorigen Teppich statt. So bleibt genügend Energie erhalten.

Sirrah Diffusoren
Links und rechts schräg vor den Lautsprechern sind an beiden Seiten noch einmal vier Sirrah Diffusoren auf Ohrhöhe angebracht. Die bringen noch etwas mehr Räumlichkeit (Foto: H. Biermann)

Mit all diesen Maßnahmen erreichen wir eine durchgehende Nachhallzeit oberhalb 200 Hertz von 0,25 Sekunden; selbst im Bass konnten wir sie dank der Maßnahmen von RTFS von fast 2 Sekunden auf 0,6 Sekunden reduzieren. Das ist sehr gut und versetzt uns ins die Lage, Unterschiede bei den Test-Probanden schnell und sehr genau heraus zu hören.

Und weil RTFS Chef Farshid Shahlawandian ein wirklich großer Experte in Sachen Diffusoren & Co ist, ist auch die räumliche Abbildung im LowBeats HiFi Hörraum – wenn die Komponenten es hergeben – überwältigend plastisch. Es macht jedenfalls immer wieder Spaß, hier zu hören. Nicht nur, weil es hier so gut klingt, sondern auch, weil die Atmosphäre dieses Raumes und dieses Gebäudes stets zum langen Verweilen einlädt.

Hier kann man den Klang der bei LowBeats getesteten und im HiFi Hörraum aufgenommenen Lautsprecher und Soundbars einfach per Mausklick vergleichen:
Hörtests nachvollziehen im LowBeats Klang Orakel

Und hier testen wir alles zum Thema Heimkino:
Umbau des LowBeats Testkinos: Mehr Atmos trotz Auro

Mehr Infos zu unseren Testmethoden:
Das Multiton Lautsprecher- Messverfahren bei LowBeats
Das Tonabnehmer-Messverfahren bei LowBeats