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Auch Grammy-Preisträgerin Norah Jones steuert auf "Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen“ ein Stück zur Verbeugung vor Lenord Cohen bei

„Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen“ – unser Album der Woche

Leonard Cohen gilt als einer der beeindruckendsten Singer-Songwriter mit Wurzeln in den 1960er Jahren. Keine Frage. Aber natürlich ist er nicht der einzige, denn da sind ja auch noch MusikerInnen wie Bob Dylan, Paul Simon oder Joni Mitchell, die für kreative Furore sorgten. Bis zu seinem Tod 2016 entwarf der Kanadier gerne tiefgründige, melancholische, anrührende Musiktrips. Nun zollt das renommierte Blue-Note-Label dem Mann mit der sonoren Brummstimme eine Ehrerbietung – mit „Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen“, auf dem sich Hochkaräter der Musikszene wie Norah Jones, Peter Gabriel, Gregory Porter, James Taylor oder Iggy Pop und Bill Frisell versammeln. Unser ehrenvolles Album der Woche.

Bereits mit seinem Debütalbum und dem bescheidenen Titel „Songs Of Leonard Cohen“ landete er 1967 einen Volltreffer, dank Klasse-Stücken wie „Suzanne“ oder „So Long, Marianne“, gewidmet seiner Muse Marianne Ihlen. Fein auch das Frühwerk „Songs of Love And Hate“ (1971).

Bis zu seinem Tod 2016 in Los Angeles veröffentlichte der Kanadier 14 Studioalben. Auch sein letztes Werk, „You Want It Darker“ besaß diese typische tiefgründige Ausstrahlung wie der Blick in einen tiefen Ozean, gleichzeitig kann man sich wie in einem wärmenden Bad poetischer Melancholie fühlen. Cohen erhielt für seine Notenkunst viele Auszeichnungen, unter anderem auch hierzulande – den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“ in den Genres Pop, Rock und Jazz. 2008 stieg Cohen in den Olymp der „Rock and Roll Hall of Fame“ auf und posthum erhielt er sogar noch einen Grammy. Seine zaghaften musikalischen Anfänge bildeten Konzerte in Großbritannien, wie im „Haymarket Folk Club“ in Edinburgh oder später beim legendären „Newport Folk Festival“ 1967.

Leonard Cohen lebte und arbeitete jedoch als interdisziplinärer Künstler. Zunächst verdingte er sich seine Dollars als Dichter und Schriftsteller und veröffentlichte Werke wie sein Gedichtband-Debüt „Let Us Compare Mythologies“ von 1956. Es folgten Werke wie „The Favourite Game“, entstanden in den 60er Jahren auf seinem langjährigen griechischen Insel-Domizil Hydra, wo er mit der Norwegerin Marianne Ihlen lebte. Cohen malte zudem und stellte seine Porträts, Stillleben oder Akte in Norwegen, Kanada oder Spanien aus.

Kein Wunder, dass sich MusikerInnen über die Dekaden hinweg seiner Songs in zig Cover-Versionen annahmen. Auf der Liste stehen dabei Größen wie R.E.M., Jeff Buckley („Hallelujah“!), John Cale, Bono von U2, Bon Jovi, oder Nick Cave.

Cohen litt unter Depressionen. Und schaffte es dennoch immer wieder, immense Kraft aufzubringen, kreative Energie zu fokussieren und diese für sein Leben und für die Kunst – und damit für andere – fruchtbar einzusetzen. Braucht es weitere Coverversionen seiner genialen Songs? Nicht wirklich. Wenn aber ein High-End-Label wie Blue Note, im Prinzip eine Institution wie das Montreux Jazz Festival, hochkarätige MusikerInnen versammelt, um sein Werk zu würdigen, ist das zumindest ein interessantes, hörenswertes Unterfangen.

Die Musik von „Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen“

Das Klangbild dieser Blue-Note-Einspielung gelang superb: Auflösung, Farbtimbre, Dynamik, Raum – passt. Larry Klein, seines Zeichens Jazz angehauchter Musiker, Produzent sowie langjähriger Freund und Wegbegleiter Cohens, übernahm die Arrangements. „Er war seit ungefähr 1982 ein Freund und in den letzten 15 Jahren seines Lebens wurde er ein enger Freund“, so Klein. „Er war wahrscheinlich der weiseste und lustigste Freund, den ich je hatte …“ Und weiter: „Nach seinem Tod coverte ich immer wieder seine Songs mit anderen Künstlern, mit denen ich arbeitete. Ein Grund dafür war natürlich, dass diese Songs so gut waren – auf eine Art ist Leonard der beste Pop-Songwriter überhaupt – aber der andere Grund war, dass es mir half ihn um mich herum zu haben“.

Die Rhythmusgruppe von „Here It Is“ formten Klasse-Musiker wie Immanuel Wilkins (Saxofon), Bill Frisell (Gitarre), Kevin Hays am Piano, Scott Colley (Bass), Nate Smith (Drums) sowie Greg Leisz (Pedal Steel, Gitarre) und Larry Goldings (Orgel).

Singer-Songwriter James Taylor war sofort dabei. „Als Klein mich zu dem Album einlud, hab’ ich gleich zugesagt“. Cohens Songs hätten einen „maßgeblichen Einfluss“ für seine eigene Entwicklung als Songwriter gehabt. Seine jugendforschen Jahre hat der Amerikaner längst hinter sich gelassen, auch den Ehezwist mit Carly Simon – hier erleben wir ihn mit einer gereiften Stimme, die Ruhe ausstrahlt. Der Song „Coming Back To You“ eignet sich dazu prima. Ein schwoofiges Ambiente, Piano, Besen. Im Original stammt das Stück vom Album „Various Positions“ aus dem Jahr 1984.

Soul-Body Gregory Porter ist schon ein rundes halbes Jahrhundert auf dem Planeten unterwegs und verehrt Cohen. „Suzanne“ („Songs Of Leonard Cohen“, 1967) hat es ihm angetan – mit schmusebärig, beinahe verliebter Akzentuierung. Peter Gabriel inszeniert das melancholische „Here It Is“ mit dunkel lodernder Stimme, nah am Timbre Cohens, begleitet von Piano und Saxofon (Album „Ten New Songs“, 2001).

Soul-Man: Gregory Porter intoniert das fantastische „Suzanne“ in einer ganz eigenständigen, chilligen Version.

Sarah McLachlan stimmt das herzzerreißende „Hallelujah“ („Various Positions“, 1984) himmlisch an – mit sanften Gitarren- und Pianotupfern, das Saxofon pastellig, Besen. Basta.

„Now I’ve heard there was a secret chord /
That David played, and it pleased the Lord /
But you don’t really care for music, do you?!

Norah Jones intoniert „Steer Your Way“ aus dem Album „2016er Album „You Want It Darker“subtil, fragil, beinahe zärtlich. Den Titelsong des Spätwerks, „You Want It Darker“ schnappte sich Rock-Ikone Iggy Pop – rüde rumpelnd, dunkel gurgelnd, schnoddrig. Passt. „Famous Blue Raincoat“, das einst auch Jennifer Warnes coverte, stammt aus dem Album „Songs Of Love And Hate“ von 1971. Americana-Held Nathaniel Rateliff verleiht dem Song ein wärmendes Ambiente inklusive veritablem Saxofonsolo. Jazzer Bill Frisell schließt den Reigen des klangvollen Dutzends mit einer Instrumentalversion von „Bird On The Wire“ („Songs From A Room“, 1969) – slow Motion pur, cool gehauchte Saxofondüfte, Bills reduzierte E-Gitarre – betörend.

Americana-Folker: Nathaniel Rateliff interpretiert den Klassiker „Famous Blue Raincoat“ gediegen neu.

„Ich hoffe, dass diese musikalische Sprache, die wir zusammen entwickelt haben und der Kontext drumherum dazu beitragen, dass die Songs Menschen auf eine neue Art und Weise verbindet“, so Larry Klein. Kann sehr gut sein. Und damit ist klar: Wer schon mehrere Alben von Leonard Cohen im Plattenschrank hat, für den bereichert das Tribute-Album von Blue Note die private Sammlung auf smarte Weise. In etwa so, als wenn das Häuschen eigentlich längst schön eingerichtet ist, hier und da aber noch Platz für ein schönes Bild ist.

Und wer noch nicht so tief in Cohens Musikwerk eingetaucht ist, kann sich ja erst mal ein paar der erwähnten Original-Alben zulegen – oder die aktuelle Best-of-Compilation „Hallelujah & Songs From His Albums“ ordern, die gleichzeitig den Soundtrack zur Filmdokumentation „Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song“ bildet. Hallelujah.

„Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen“
„Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen“ erscheint bei MPS – Edel / Kontor New Media als CD, Doppel-LP oder als Stream sowie MP3-Download (Cover: Amazon)

Videoclip:

Trailer zur Filmdoku über die späten Lebens- und Schaffensjahre von Leonard Cohen – „Hallelujah: Leonard Cohen, A Journey, A Song“, kommt am 17. November 2022 in die Kinos

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Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen
2022/10
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
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Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.